Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Malmaison.[]

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Malmaison, ein Lustschloß mit schönen Gärten und Wasserkünsten, nordwestlich von Paris, im Departement der Seine und Oise, Bezirk Versailles, unweit des Fleckens Ruel. Bonaparte, dessen Gemahlin Josephine die Besitzerin war, wohnte hier einige Zeit als erster Consul. Es gehört gegenwärtig dem Prinzen Eugen Beauharnois als mütterliches Erbtheil.


Von Reisende.[]

F. J. L. Meyer.[]

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[1801]

Paris. Malmaison liegt über Neuilly hinaus, etwa drei französische Meilen von Paris, am Wege nach S. Germain, nahe von Marly, genau an der Stelle, auf der Karte der Gegenden von Paris, wo der Lauf der Seine einen scharfen Winkel in der Ebene macht. Man erblikt das Gut -- welches das einfache Ansehn eines mittelmässigen Pachthofes hat -- ungefähr eine halbe Stunde weit von der Pariser Seite. An dem Hügel, der mit den Höhen von Marly und S. Germain eine Kette macht, liegt das nicht sehr ansehnliche, aber im innern von dem Baumeister Perrier bequem und geschmakvoll eingerichtete Wohnhaus in einer Vertiefung. Hinter dem Hause lehnt ein kleiner Park sich an den Hügel, und ist mit den Umgebungen und den Gebäuden selbst wie die meisten Landgüter von Frankreich von einer acht Fuss hohen Mauer umschlossen. Der Boden dieser Gegend ist schlecht, und nur kärglich wachsen die neuen Pflanzungen, die an der Heerstrasse hin, um die Ansicht des Gutes zu deken, angelegt wurden. Desto buschigter ist der kleine Park mit seinen hochhervorragenden Pappelgruppen. Um die Mauer her ist noch ein breiter Graben gezogen, an welchem in Zwischenräumen sechs bis acht Wachhäuser, jedes von acht Mann, stehen. Zur Bewachung von Malmaison liegen, eine halbe Stunde von da, vierhundert Mann Consulargarden, und Guiden (ein leichtes Iägerkorps) in den Kasernen bei Ruel, einem Fleken, wo der General Massena sein schönes Landgut hat. Abwechselnd beziehen diese Truppen die Wachen von Malmaison. Dieses ganze wehrhafte und kriegerische Ansehen stört die ländliche Stille der so einfachen Wohnung dessen, der mit grosser Macht Frankreich regiert, und in seiner starken Hand das Ende der europäischen Staatenkette hält. -- -- Nach allen bestimmten Nachrichten, die ich von der strengen Bewachung und von dem äusserst erschwerten Zutritt von Malmaison hatte, erwartete ich schon an dem ersten Gitterthor vor dem Eingang an der Heerstrasse, von der Konsularwache angehalten und befragt zu werden. Ich wagte es drauf, und es geschah nicht. Mein Kutscher fuhr im scharfen Trapp die Wache vorbei, durch das Thor, die erste Allee hinauf, bis an das zweite, wo ich mehrere Equipagen halten sah. Hier gab die Schildwache ein Zeichen anzuhalten. Ein Thorwächter trat an den Wagen, und fragte, wen ich suche? Ich zeigte ihm meinen Brief an Mlle. Beauharnais. Sie sey ausgefahren, sagte er: pour faire ses adieux, (um Abschied zu nehmen) weil sie morgen mit Tagesanbruch verreise. Er bat mich auszusteigen, um in seinem Kabinet am Thor meinen Auftrag auf einen Zettel zu schreiben, welchen er abzugeben versprach. Als ich wieder aus der Thür trat, schallte der Ruf der Schildwachen: aux armes! (ins Gewehr!) Die Konsuln Cambacérés und Lebrun kamen von Paris zur Konferenz zu Bonaparte, welcher nach seiner lezten angreiffenden Krankheit das Haus noch nicht verlassen darf. Von Kavallerie Bedekung begleitet rollte die Kutschen der beiden Konsuln auf den Hof. Ich machte den Rükweg bis an das erste Thor zu Fuss. Als ich nahe an der Schildwache vorbeigieng, fragte der schöne Mann mich halb leise: wie der erste Konsul sich befinde? Ich konnte die Frage nur mit einem: "in der Besserung, wie man versichert" -- beantworten. Ah! tant mieux, sagte er mit sichtbarer Freude. Ich wollte die Unterredung fortsezen, aber ein Officier kam den Weg hinter mir herab, und der Soldat winkte mit freundlich verneinend.


Von Reisende.

Dr. Johann Friedrich Droysen.[]

[3]

[1801]

Ungleich reitzender als Versailles ist St. Germain gelegen. Der Weg dahin führt durch die elysäischen Felder, neben Malmaison hin. Die Steinbrüche um Malmaison und in der Nachbarschaft dieses Ortes, die zum Theil unmittelbar am Wege lagen, sind meistentheils zugemauert, weil in den Höhlen die Straßenräuber und Diebe Schlupfwinkel fanden. -- Malmaison selbst ist ein einfaches Landhaus von zwey Stockwerken, welches der erste Consul als National-Gut kaufte, und noch außerdem dem ehemahligen Besitzer bezahlt haben soll; er läßt hier einen Park anlegen; das Innere kann man nicht sehen, starke Wachen besetzen die Eingänge. –


Von Reisende.

Karl Christian von Berckheim.[]

[4]

Paris am 30sten April 1806.

Vorgestern habe ich einen interessanten Spaziergang in den Umgebungen von Paris und zwar nach Malmaison gemacht. Der angenehme Weg, der dahin führt, geht durch das niedliche Dorf Neuilly an den Ufern der Seine, über welche hier eine prächtige steinerne Brücke gebaut ist, die ihre Entstehung Ludewig dem Funfzehnten verdankt. -- Das Schloß Malmaison ist eine Privatbesitzung der Kaiserin, welche sie vor ungefähr zehn Jahre kaufte, die aber, seit der Kaiser zu der höchsten Würde des Reichs gelangte, sehr vermehrt und verschönert worden ist. Hier entäußert sich der Kaiser alles ihn sonst umgebenden Prunks; hier lebt er als Privatmann nur sich selbst, und theilt seine Zeit unter Arbeit, Lustwandeln und Jagd. Sein Gefolge besteht hier nur aus den Personen, die der Dienst nothwendig erfordert, da im Schlosse nicht genug Gelaß für viele Dienerschaft ist.

Das kleine Schloß ist nach der Gartenseite mit einem trocknen Graben umgeben. In diesem Garten sieht man das schönste Geflügel der seltensten Arten; es ist mit vielen ausländischen Gewächsen und mit duftenden Holundersträuchen bepflanzt.

Im Innern gleicht das Schloß wirklich einem Schmuckkästchen, und läßt nichts zu wünschen übrig. Man mag auf die Anordnung oder auf die Zierlichkeit und Pracht des Ameublements Rücksicht nehmen. Mehrere Säle sind von polirtem Stuck, der höchst vortrefflich ist. In demjenigen, der zu den von der Kaiserin bewohnten Zimmern führt, findet man eine interessante Sammlung von Bildnissen aller Scheiks, mit welchen der Kaiser in Aegypten in Verbindung stand, und die zu seinem Conseil gehörten. Diese Bildnisse haben viel Wahrheit des Ausdrucks, und alle Personen, die den Kaiser auf seiner Expedition nach Aegypten begleiteten, versichern einstimmig, daß sie sprechend ähnlich sind.

Der Saal, welchen die Kaiserin gewöhnlich bewohnt, ist mit dem feinsten Geschmack verziert, und man findet hier mehrere anziehende Gegenstände. Unter andern ist hier einer von den beiden schönen Kaminen angebracht, die der Pabst der Kaiserin geschenkt hat. Er ist von weißem Marmor, ganz vortrefflich gearbeitet, und mit Medaillons von Mosaik und ausgelegten florentinischen Steinen geschmückt. Außer dem sieht man hier noch zwei schöne Tische aus Stuck, die in Florenz verfertigt sind, auch schöne Vasen von Berliner Porcellan, die die Königin von Preußen vor einigen Jahren der Kaiserin schenkte, und auf welchen einige der schönsten Partien des Gartens in Malmaison gemalt sind. In diesem Saale hängen auch zwei schöne Gemälde von Girardeau. Eins stellt die Apotheose mehrerer französischen Feldherren vor; das Sujet des andern, das vorzüglich durch eine hohe und edle Komposition sich auszeichnet, ist aus dem Ossian genommen. Seitwärts im Saale ist eine niedliche kleine Gallerie angelegt, die eine Auswahl von Gemälden enthält, unter denen sich ein vorzüglich schöner Claude Lorrain, eine Raphael und einige schätzbare Rubens auszeichnen.

Die Kaiserin bewahrt in einem Zimmer zu Malmaison eine kostbare Antikensammlung auf, die noch nicht geordnet ist, zu welcher sie aber künftig eine Gallerie erbauen lassen wird.

Unter den hier vereinigten Merkwürdigkeiten ist vorzüglich ein außerordentlich schöner Fußboden von Mosaik erwähnenswerth. Man hat ihn zu Pompeji gefunden; er ist sehr gut erhalten, und ein Geschenk, welches der König Ferdinand von Sicilien der Kaiserin übersandt hat. Zugleich überschickte er ihr mehrere hier aufbewahrte hetrurische Gefäße von seltener Größe und Schönheit, Dreifüße von Bronze, Lampen, Rauchfässer, Opfer-Geschirre und verschiedenes Haus- und Toiletten-Geräth. Unter dem letztern bemerkt man Ohrgehänge, goldne Ringe, Arm- und Fußspangen, sämmtlich in Pompeji und Herculanum aufgefunden. Die Kaiserin will, wie man sagt, ein kleines Zimmer ganz im römischen Styl erbauen lassen, in welchem statt der Dielen der Fußboden von Mosaik angebracht, und das mit den vorhin beschriebenen römischen Antiken meublirt werden soll.

Man findet auch noch in dieser trefflichen Sammlung einen römischen Sarg von Korkholz, worin das gut erhaltene Skelett eines Kindes liegt, nebst einer Trauerlampe und anderem Geräth, was die Römer in die Särge ihrer Todten zu legen pflegten; ferner mehrere gut erhaltene Mumien, unter andern die eines durchaus unbeschädigten Ibis.

Das Arbeitszimmer des Kaisers in Malmaison ist gleichfalls sehenswerth. Es ist mit Acajouholz getäfelt, und enthält eine kleine Bibliothek von klassischen Werken; in einem entlegenen Fensterwinkel ist der Tisch angebracht, an welchem der vertraute Secretair des Kaisers arbeitet, und im Vorgrunde des Zimmers steht ein kleiner runder Tisch, dessen sich der Kaiser als Bureau bedient. Nahe bei demselben hängt ein sehr schönes Bildniß Friedrichs des Zweiten. Mehrere Brustbilder berühmter Männer schmücken dieß Zimmer.

Der Park von Malmaison, der schon mehrmals erweitert worden ist, wird noch sehr vergrößert werden, und sich bis Versaille erstrecken. Er ist nach Art der englischen Gärten eingerichtet, und man findet hier, Hügel, Wasser und hochstämmige Bäume. In dem ganzen Park sieht man hie und da Garten-Beete, die in Rabatten getheilt sind, auf welchen die seltensten und schönsten Blumen und ausländischen Bäume und Sträucher stehen, deren buntes Farbenspiel einen entzückenden Anblick gewährt, und deren liebliche Düfte die Luft mit Wohlgeruch schwängern. Dieser Park enthält auch eine kleine Menagerie von seltenen Thieren, die in abgesonderten Behältnissen aufbewahrt werden. Unter andern sieht man hier die Känguruhs, Thiere aus Neuholland, welche die Kaiserin aus der Menagerie des Pflanzen-Gartens wieder zurück genommen hat, wohin sie sie als eine große Seltenheit verschenkt hatte, wo sie aber, ich weiß nicht aus welchem Grunde, nicht recht gedeihen wollten. Unter den ausländischen Vögeln bemerkt man vorzüglich einen schönen Strauß, eine große Anzahl großer und kleiner Papageien von allen Arten, Kakadu's, schwarze Schwäne, Tauben von den moluckischen Inseln, die sehr groß und schön sind, und deren eigenthümlicher Ton das Wirbeln der Trommel nachahmt; endlich auch ein Paar fliegende Eichhörnchen, deren Weibchen eben geworfen hatte.

Das vortreffliche Treibhaus, das sich in diesem Park befindet, steht unter der besondern Aufsicht der Kaiserin, welche die Botanik sehr eifrig studirt hat, und bei ihrem glücklichen Gedächtnisse alle Kunstnamen der ausländischen Gewächse und Sträucher kennt, die sich in diesem Treibhause befinden. Vorzüglich anziehend war mir der Anblick des Brod-Fruchtbaums, und der ägyptischen Papyrusstaude.

Seitwärts vom Schlosse hat der Kaiser einen niedlichen kleinen Schauspielsaal bauen lassen, den die kaiserliche Familie mehrmals als Gesellschafts-Theater benutzt hat.

Unweit Malmaison hat der Kaiser ein hübsches Gebäude zur Kaserne für ein Detaschement seiner Leibgarde errichten lassen, die, so oft der Kaiser sich hier aufhält, den Dienst versieht.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Briefe aus der Hauptstadt und dem Innern Frankreichs, von F. J. L. Meyer Dr. Domherrn in Hamburg. . . Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1802.
  3. Dr. Johann Friedrich Droysen's Bemerkungen gesammelt auf einer Reise durch Holland und einen Theil Frankreichs im Sommer 1801. Göttingen bey Heinrich Dieterich. 1802.
  4. Paris, wie es jetzt ist, oder Neuestes Gemälde dieser Hauptstadt und ihrer Umgebungen. In Briefen von einem reisenden Deutschen. Chemnitz bei Carl Maucke. 1810.
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