Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Lyon.[]

Rijksmuseum Amsterdam.


[1]

Neopolem

Lyon, ehemalige Hauptstadt des Gouvernements Lionnois, jetzt Hauptstadt im Departement der Rhone, und nach Paris die wichtigste Stadt in Frankreich, liegt am Zusammenfluß der Rhone und Saone, welcher letztere Fluß durch einen Theil der Stadt fließt. Sie hat meistens enge Gassen, doch viele schöne Plätze und prächtige Gebäude, sechs Thore und vier Vorstädte. Der Erzbischoff war Primas über die vier Erzbisthümer Lyon, Tours, Sens und Paris. Er hatte 6 Bischöfe und 941 Pfarrer in seinem Sprengel. Die Domherren führten den Titel Grafen von Lyon. Alle diese Vorzüge endeten durch die Revolution. Seit 1801 stehen unter dem Erzbischofe von Lyon die Bischöfe von Mende, Grenoble, Valence und Chambery; sein bischöfflicher Sprengel verbreitet sich über die Departements der Loire, Rhone und des Ain. Die Zahl der Einwohner war vor der Revolution 160,000, nach derselben 1802 aber nur 109,500. Im J. 1803 wurde ein Lyceum und eine Secundärschule daselbst errichtet. Die meisten Einwohner sind Manufacturisten, und verfertigen eine Menge seidener, goldener und silberner Stoffe, goldener und silberner Treffen, Sammt, seidene Strümpfe, Bänder xc. Man rechnete, daß ehemals wöchentlich 200 Ballen Seide, jeder zu 120 Pfund, in Lyon verbraucht wurden. Nächst Paris wird auch daselbst der stärkste Buchhandel getrieben. Diese blühende Stadt hat, mehr wie jede andere, durch die Revolution gelitten. Viele Tausende der dortigen Einwohner wurden durch die Jacobiner ermordet; den härtesten Schlag aber verursachte ihr der fast gänzliche Stillstand ihrer Manufacturen, und zum Theil auch die Vernichtung der künstliche Maschinen. Sie fängt an, sich wieder zu erholen. In den J. 1725 - 1739 waren daselbst 30,000 Weberstühle vorhanden, kurz vor der Revolution noch 15,000, und im J. 1788 beschäftigten nur noch 9335 Stühle 58,600 Menschen; Im J. 1803 standen sogar von 7000 dergleichen 5447 gänzlich still. Die große Fabrik von gewalkten Hüten, welcher täglich 8 - 10000 Hüte verfertigte, beschäftigte ehemals 8000 Menschen, jetzt nur noch 1500; ehemals brauchte man gegen 12,000 Ballen Seide, jetzt nur noch 4000. Jetzt ist besonders die Fabrication der seidenen Shawls ein wichtige Zweig für Lyon geworden.


Zeitungsnachrichten.[]

1793.[]

Paris, vom 15. Hornung. [2]

In Lyon sind am 5. dieses Haus-Besuche vorgenohmen worden, während welchen die Thore der Stadt verschlossen waren; es sollen über 800. Personen arrettiert, die meisten aber nach einem mit ihnen vorgenohmenen Verhör wieder in Freyheit gesezt worden seyn. Die nähern Umstände von diesem Vorfall muß man noch erwarten.


1806.[]

[3]

Frankreich.

Briefe aus Lyon sprechen von neuen bedeutenden Unterstützungen, welche die Französ. Regierung verschiedenen der angesehensten Unternehmer von Fabriken hat zukommen lassen, um ihre Geschäfte mehr als bisher auszudehnen. Die dortigen Fabriken blühen empor, auch der Handel in Lyon sucht sich von seiner bisherigen Lähmung zu erholen, welches aber bey dem jetzigen Zustand des Handels in Frankreich ziemlich schwer hält. An der Verschönerung Lyons wird indessen immer fortgefahren, und man verwendet dazu grosse Summen. Man bemerkt als etwas Auffallendes, daß sich seit Kurzem eine beträchtliche Anzahl von Kaufleuten aus andern Gegenden Frankreichs in Lyon niedergelassen hat, und daß noch täglich dergleichen Ansiedlungen Statt haben. Manche dieser Personen waren ehemahls in Lyon etablirt, und hatten sich bey den fürchterlichen Revolutionen von dort entfernt, um sich entweder in andern Französischen Handelsplätzen oder auch im Ausland niederzulassen; sie kehrten in der jetzigen Epoche wieder zurück. Indessen etabliren sich auch fremde Kaufleute, besonders Italiener und Deutsche, zum Theil auch Schweizer in Lyon; man thut ihnen von Seiten der öffentlichen Behörden allen möglichen Vorschub. Die Handelsverhältnisse zwischen Italien und Lyon über den Mont-Cenis sind jetzt sehr lebhaft, und weit stärker, als in irgend einer Epoche der Revolution. Während in Lyon Industrie und zum Theil auch Handel täglich gedeihen, herrscht in Marseille eine ausserordentliche Stockung in allen Geschäften, und vieles Elend. Die Ursachen davon sind bekannt. Auffallend aber ist, daß, nach einstimmiger Versicherung der dortigen Kaufleute, die weit grössere Sicherheit des Handels, seitdem sich die Engländer aus den dortigen Gewässern entfernt haben, auf die Geschäfte keinen Einfluß gehabt, und diese eher ab- als zugenommen haben. Die Schwächung des Credits auf dem Platze selbst, und natürlich also auch im Auslande, das daraus entstandene Mißtrauen, und zum Theil auch die Muthlosigkeit der bedeutenden Häuser können dieses Phänomen erklären. Die Rivalität des mit Frankreich vereinigten Genua, das seinen levantischen Handel so viel möglich fortsetzt, und dabey vor Marseille einen grossen Vorsprung gemacht hat, soll hierzu auch vieles beytragen.


1812.[]

Vermischte Nachrichten. [4]

Die Rhone war bey dem neulichen Thauwetter höher als seit Menschengedenken gestiegen. Nicht bloß die Kay's sondern auch viele Straßen von Lyon, standen unter Wasser. In der Vorstadt Guillotiere stürzten mehrere Häuser zusammen, und eins wurde durch eine Feuersbrunst verzehrt, ohne daß man ihm Hülfe leisten konnte. Der Strom gewährte einen fürchterlichen Anblick; er war mit Trümmern von Bauernhäusern, mit ertrunkenem Vieh, mit Bauholz, Tonnen und Ackergeräth bedeckt, die er mit reissender Geschwindigkeit dem mittelländischen Meere zuführte.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 23. Hornung, 1793. Num. 16.
  3. Wiener Zeitung. Nro 74. Sonnabend, den 13. September 1806.
  4. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 74. Dienstag, den 26. März 1812.
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