Biographien.[]
Louis Ferdinand Prinz von Preussen.[]
Louis Ferdinand (eigentlich Friedrich Christian Ludwig) Prinz von Preussen, preussischer Generallieutenant und Chef eines Infanterieregiments, Sohn des Prinzen Ferdinand, jüngern Bruders von Friedrich II., geboren den 18. November 1772, gestorben auf dem Schlachtfelde bey Saalfeld den 10. Oktober 1806. -- Die Natur hatte diesen Prinzen sehr reichlich ausgestattet; er war in allen seinen Anlagen untadelhaft und würde es auch in seiner Entwickelung gewesen seyn, wenn ihn nicht Eins gefehlt hätte, was einem Prinzen gerade am wenigsten fehlen sollte: das Vermögen, Maaß und Ziel zu halten. Sein Ungestüm frohlockte daher laut dem Zeitpunkte entgegen, wo er die Feindseligkeiten zwischen Frankreich und Preussen ausbrechen sah. Ein Mißgriff ertheilte ihm das Kommando von der Avantgarde des Hohenlohenschen Korps, welches den linken Flügel der preussischen Armee bildet. Er stand zu Anfange des Oktobers 1806 bey Saalfeld, und hatte die ausdrückliche Instruktion des Fürsten von Hohenlohe keinen Angriff zu unternehmen. Allein seine glühende Kampfbegierde spottete aller Vorschriften seines Obergenerals, als er am 9. Oktober das Vorrücken der Franzosen in den voigtländischen Grenzpässen erfuhr. Ohne die Stärke des Feindes zu untersuchen, bot er zwey ganzen französischen Armeekorps, dem des Marschalls Augereau und dem des Marschalls Lannes mit 6000 Mann die Spitze. Das Gefecht nahm den 10. Morgens 9 Uhr seinen Anfang und wurde mit aller Hartnäckigkeit 6 Stunden lang unterhalten, bis endlich die Uebermacht siegte, und das Schicksal des Tages durch das traurige Ende des Prinzen selbst vollends entschieden wurde. Er beynahe noch allein stellte sich dem reissenden Strome des Handgemenges entgegen, ward zuletzt von feindlichen Husaren umzingelt, und verschmähete es, sein Leben aus den Händen des Feindes anzunehmen. Eine Pistolenkugel flog durch seine Brust, und rücklings stürzte er vom Pferde.
Ferdinand, Prinz von Preussen.[]
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Ferdinand (Ferdinand Christian Ludwig), Prinz von Preußen, gewöhnlich Louis Ferdinand, oder Prinz Louis genannt, um ihn als Sohn des Prinzen August Ferdinand von den übrigen zu unterscheiden, ward geb. den 18. Nov. 1772 und blieb in der Affaire bei Saalfeld am 10. October 1806.
Dieser Prinz ist für Preußen höchst merkwürdig geworden, da der Krieg von 1806 gegen Frankreich zum Theil sein Werk und das unglückliche Beginnen desselben bei Saalfeld zum Theil seine Schuld war. Seiner übersprudelnden Kraft und seinem glänzenden Talent fehlte nur die richtige Leitung und das Maß.
Als er im ersten Kriege Preußens gegen das revolutionirte Frankreich seine militärische Laufbahn eröffnete, als er da mit vielem Muthe focht, bei Mainz einen schwer verwundeten Oesterreicher auf seinen Schultern aus dem feindlichen Feuer trug: da erhob sich die Hoffnung auf den jungen Helden. Konnte der Prinz immer nur im Waffenrocke seyn und auf auf den Schlachtfeldern, so wäre er gewiß ein anderer Mensch geworden, als er war. Die Unthätigkeit, die dem bloß auf die Wachtparade beschränkten Generallieutenant bei seinem natürlichen Feuer peinlich werden mußte, ward ihm unerträglich, und so verfiel er auch in manche Ausschweifung. Hierin lag die Quelle zu dem famösen Abenteuer mit Madame de Steen in Hamburg, wohin er diesem Stern der Liebe 1802 gefolgt war; hier suchte man die Ursache seiner ungeheuern Schulden, sein unverantwortliches Benehmen gegen den König, gegen den Grafen Haugwitz, gegen den französischen Gesandten, kurz gegen Alle, die seine excentrischen Ideen nicht billigten oder durch ihre politisches Verhältniß ihm gegenüber standen. Doch davon abgesehen, waltete in ihm eine glühende Liebe zur Freiheit, die nur mit seinen Einsichten nicht im Gleichgewicht stand, und ihn durch kühnes Selbstvertrauen über die Kraft des neuen Imperators von Frankreich und seiner Heere verblendete. Das Schwert wurde gezogen, und der Prinz suchte einen wichtigen Platz bei der Armee; lange blieb, zu seinem höchsten Verdrusse, seine Bestimmung unentschieden; endlich übertrug ihm der Fürst von Hohenlohe, trotz der kräftigen Vorstellungen des Obersten Massenbach, das Commando seiner Avantgarde, und von diesem Augenblicke an näherte sich Louis Ferdinand mit starken Schritten dem unabwendbaren Verhängnisse, das seiner harrte. Das Schicksal hatte ihm eine undurchdringliche Binde vor die Augen gezogen; den daß er selbst jetzt, wo Alles auf der Spitze des Degens stand, noch nicht sah, was eigentlich Noth that, beweis't die Gleichgültigkeit, die ihn fähig machte, zu einem böhmischen Grafen zum Besuch auf die Jagd zu gehen, als die preußische Armee bereits nach Freiberg vorrückte. Dies bewog selbst den Fürsten von Hohenlohe, eine eindringliche Ermahnung an ihn ergehen zu lassen, worin er ihm sagte: "er hoffe, daß der Prinz seit 1794 zum Manne gereift sey, daß er die Truppen der Königs nicht seiner Eitelkeit, nicht dem Zeitungsruhme aufopfern werde; er werde gehorchen, und wissen, daß eine Avantgarde nicht bestimmt sey, Bataillen allein zu liefern; er solle nur richtig sehen, die Bewegungen des Feindes richtig beurtheilen u. s. w." Der Erfolg hat bewiesen, wie wenig diese Instruction vom Prinzen beachtet worden ist. Als am 9. Oct. der General Tauenzien bei Schleiz zurückgeworfen worden, wendeten die Marschälle Lannes und Augereau sich gegen die hohenlohische Avantgarde, welche, etwa 8000 Mann stark, bei Saalfeld stand. Die erste Nachricht hiervon electrisirte den Prinzen in so hohem Grade, daß er sein ganzes militärisches Verhältniß vergaß, und sich mit dem Feinde zu messen beschloß, ehe er noch dem Fürsten von Hohenlohe Nachricht davon gab. Sogleich traf er seine Disposition, und um 9 Uhr früh am 10. Oct. waren schon die Truppen engagirt. Als Louis die Ueberzeugung erhielt, daß er nicht im Stande sey, dem fast vier Mal stärkern Feinde zu widerstehen, ordnete er mit aller Besonnenheit den Rückzug an. Im Begriffe, persönlich die Artillerie durch Saalfeld zurückzubringen, hielt er sich bei der zerbrochenen Asche einer Kanone so lange auf, daß unterdessen eine bedeutende Colonne französischer Cavallerie eingedrungen war, und die preußische und sächsische angreifen konnte. An der Spitze der Husaren brach der Prinz auf sie los; doch der Mangel an Einheit in diesem Manoeuvre ließ es mißlingen; die Schwadronen wurden in Unordnung zurückgeworfen, der Prinz in das Handgemenge verwickelt und von feindliche Husaren umzingelt. Er lehnte mit Heftigkeit den dargebotenen Pardon ab, - eine Pistolenkugel zerschmetterte seine Brust seine kühnen Plane hatten ihr Ziel gefunden; er war das erste Opfer eines Krieges, dessen erste Kanonenschüsse er seit Jahren kaum hatte erwarten können. Der Fürst von Hohenlohe erhielt auf seinem beabsichtigten Marsche zum tauenzienschen Corps eine Viertelstunde vor Casla durch einen sächsischen Husarenoffizier die Meldung des Prinzen; "daß er glaube angegriffen zu werden," und kaum war der Fürst in Casla vom Pferde gestiegen, um einige Depeschen zu expediren, als ein Büchsenspanner Louis Ferdinands die Nachricht von seinem Falle brachte. In der Kirche von Saalfeld wurden die Ueberreste des Bedauernswürdigen beigesetzt. "Sein Tod ist ruhmvoll und zu beklagen: er ist gestorben, wie jeder gute Soldat zu sterben wünschen muß, sagte das zweite französische Bülletin von ihm. Seine beiden natürlichen Kinder, Louis und Blanche, wurden 1810 unter dem Namen von Wildenbruch vom Könige von Preußen in den Adelstand erhoben. Ueber ihn sind verschiedene Urtheile verbreitet, welche wahrscheinlich erst jetzt vollkommen berichtigt werden möchten. Noch ist zu bemerken, daß er eines der größten musikalischen Genies, und nicht nur einer der ersten Clavierspieler, sondern auch trefflicher Componist war.
Authentische Nachricht von dem Tode des Prinzen Ludewig von Preußen.[]
Den 10ten Oktober 1806 breitete sich das neunte und zehnte französische Husaren-Regiment nebst dem ein und zwanzigste der chasseurs à cheval nahe bei Saalfeld aus.
Diese drei Regimenter waren 1800 Mann stark und wurden von einer leichten Kanone unterstützt.
Die Franzosen befanden sich der Avantgarde der preußischen Armee gegen über, die aus 6 bis 8000 Mann Infanterie und Kavallerie bestand, mit gutem und vielem Geschütze versehen. Die Franzosen hielten den Angriff der Preußen drei Stunden aus und glaubten einige Zeit über gefangen zu werden; denn alle sind einstimmig der Meinung, daß die Franzosen in die Hände der Preußen gefallen seyn würden, da die beiden Flügel des Korps des Prinzen Ludewig von Preußen sie heftig drängten wenn das Centrum ebenfalls vorgerückt wäre.
Schon lange waren deshalb Ordonanzen an die franz. Infanterie, die weit hinter diesen vorgedachten 3 Kavallerie-Regimentern stand, abgeschickt worden. Der sie kommandirende französische General Suchet, von der Gefahr benachrichtiget, in der sich die französische Kavallerie befand, ließ die Infanterie und Artillerie drei Stunden weit auf das schleunigste anrücken.
Nun erblickte man die französische Infanterie auf den bei Saalfeld befindlichen Anhöhen; die Preußen zogen sich bei ihren Anblick in ihre erste Position zurück, und die französischen aufgepflanzten Kanonen brachten die der letztern zum Schweigen, wodurch viele französische Truppen vorher getödtet worden waren.
Muthig gemacht durch den Anblick der Verstärkung, erhielten das 9te und 10te Husaren-Regiment vom Marschall Lannes den Befehl zum Angriff und das 21ste Regiment der chasseurs à cheval mußte die Reserve bilden.
Das 9te Husaren-Regiment griff die Preußen rechts an, wurde aber mit Macht und Verlust zurückgeworfen. Plötzlich eilte das 10te Husaren-Regiment zum Angriff herbei, ward aber durch einen durch den Weg bewirktes Hinderniß, einen Graben, einige Zeit aufgehalten und auseinander gesprengt.
Der Oberste Brich stellte aber bald die Ordnung wieder her, es sprengte sogleich im schnellsten Gallopp vorwärts, und warf, trotz dem feindlichen Feuer, alles vor sich nieder. Das 9te Regiment hatte sich auch in dieser Zeit dem Feinde gegen über gestellt und beim zweiten Angriff drang es in dessen Glieder ein.
Das 10te Husaren-Regiment war durch einen Graben aufgehalten worden. Der jetzige Lieutenant desselben Guindey setzte aber mit seinem Pferde glücklich hinüber, so daß er sich vor demselben befand und eine Weile fortritt, ohne es zu bemerken. Da es dies endlich gewahr ward, hielt er sogleich an, um sein Pferd umzuwenden. In diesem Augenblick bemerkte er den Prinzen Ludwig mit einem schimmernden Orden dekorirt und da er rechts und links mit großer Lebhaftigkeit Befehle ertheilte, so hielt er ihn für den General en Chef.
In dem Moment ergriff ihn der Gedanke, wie ehrenvoll es für ihn seyn würde, wenn er ihn zum Gefangenen machen könnte. Er beschloß also, dies auszuführen, oder zu sterben. Er vereinigte sich nun mit seinem Regimente und befand sich bald darauf neben der sächsischen Infanterie. endlich erblickte Guindey den Prinzen wieder, der mit der größten Lebhaftigkeit ein Bataillon Füsilier wieder in Ordnung stellte, ohngefähr hundert Schritt vor einer Wiese an der Saale. Guindey ritt in Gallopp mit dem Säbel auf ihn zu und rief: Renvez vous, General, ou je vous tue. (Ergeben Sie sich, General, oder ich tödte Sie.) Er antwortete aber mit festem und bestimmten Ton: Non Coquin! (Nein H...tt.) und versetzte dem Husaren einen Hieb mit dem Säbel ins Gesicht.
Da der Verwundete sah, daß sich der Prinz so tapfer vertheidigte und sich durchaus nicht ergeben wollte, griff er ihn noch heftiger an, fest entschlossen ihn nicht aus seinen Händen zu lassen, versetzte ihm mehrere Hiebe, die der Prinz mit Gewandtheit abwandte, aber einen Stich mit dem Säbel in die Brust, so wie einen Säbelhieb hinten am Kopf vermochte er nicht abzuhalten.
Die außerordentliche Gefahr, in der sich Guindey während dies Gefechts befand, wo sein Pferd eine Kugel in den Hals erhielt, eine andere durch seinen Colback, so wie eine dritte durch einen Mantelsack gieng, nöthigten ihn, zu seinem Regimente zurück zu eilen, vor dem er sich bisher befunden hatte.
Er ward jetzt von fünf preußischen Husaren umringt, die ihn gefangen nehmen wollten, als er sich vertheidigte, versetzte sie ihm zwei leichte Säbelhiebe ins Gesicht, sein Colback ward von mehrern Säbelhieben gespalten, dich entkam er ihnen durch den Beistand eines Husaren seiner Kompagnie, nachdem er selbst einen getödtet und einen verwundet hatte.
Guindey hatte sehr gut bemerkt, daß der Prinz mit seinen Wunden sich nicht weit würde entfernen können, denn sie waren ihm tödtlich vorgekommen, er fürchtete aber ihn nicht wieder zu finden, oder daß ein anderer sich diesen Sieg anmaßen möchte.
Bald darauf wurde er von einem Maréchal de logis, einem seiner Freunde, den er von der Sache etwas erzählt hatte, auf den Prinzen aufmerksam gemacht, den er ihm am Ufer eines kleinen Baches auf einer Wiese, nicht weit von der Saale, zeigte, wo er hingesunken war.
Zwei Husaren vom 9ten Regiment beraubten ihn seiner Kleider, Guindey eilte herbei, nahm seinen Orden und seine Papiere, die ihm aber bald darauf von einem Adjutanten des Generals en Chef der leichten Kavallerie abgefordert wurden; nur seinen Degen behielt er. Unter diesen Briefen befand sich ein Brief einer Dame, worin sie ihn bat sich nicht zu sehr der Gefahr auszusetzen, mit dem Zusatz, sie fühle eine traurige Ahndung, daß ihm ein unglückliches Schicksal bevorstehe.
Nachdem Guindey den Prinzen verlassen mußte, hatte ihn einer seiner Adjutanten gefunden und wohl sechzig Schritte fortgeführt, aber doch endlich die Flucht ergriffen, als auch ihn die Franzosen gefangen nehmen wollen. Sobald dieser sich von dem Prinzen entfernte, ist er zur Erde gefallen, ohne ein Zeichen des Lebens von sich zu geben.
Den Manen des Prinzen Ludewig Ferdinand von Preußen.
Glorreich brach der gefallene Held die blutige Kriegsbahn;
Mit Leonidas Muth fand er Leonidas Tod.
Aus des Sparters zersplittertem Speer grünt ewiges Palmlaub,
Ludwigs gesunkener Stahl stammt ein unsterbliches Licht.
Der Tod des Prinzen Louis Ferdinand von Preussen.[]
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Um 9 Uhr Morgens brachten vier fr. Soldaten den Leichnam des Prinzen Louis Ferdinand von Preussen aus dem herzogl. Schloß in die Kirche zu St. Johannis. Er lag auf Seilen, die man an 2 Stangen gebunden hatte, und war mit einer großen Pferdedecke zugedeckt. Ihm folgten mehrere pr. Officiers mit traurenden Herzen.
Dieser Prinz hatte sich nämlich am Ende des Gefechts bemüht, den Rückzug so viel wie möglich in Ordnung zu erhalten. Er befand sich noch auf dem linken Flügel, als der rechte zu weichen anfing, und eilte schnell dahin, um durch seine Gegenwart einen Halt zu bewirken.
Sein Angriff auf die fr. Cavalerie mißlang; hierauf wollte er wenigstens den Rückzug der Artillerie zu decken suchen, allein auch hier schlug es seinen Wünschen fehl. Er sahe sich selbst genöthigt, die Flucht zu ergreifen, und war so unglücklich, an dem Ausgang des Hohlwegs bei Wölsdorf einige fr. Husaren zu begegnen.
Schnell wendet er um, einen andern Ausweg zu suchen: allein fr. Reiterei kommt ihm auch hier entgegen. Er setzt mit dem Pferd über einen Zaun: das Pferd wird lahm und bekommt sogleich darauf einen Schuß in den Leib, daß es stürzt. Der Prinz geräth nun zu Fuß mit einem fr. Husaren-Wachtmeister in Kampf, weil er dessen Aufforderung, sich zu ergeben, nur mit dem Degen beantwortet.
Ein gewaltiger Hieb des verwundeten Wachtmeisters dringt endlich durch den unbedeckten Hinterkopf des Prinzen, welcher mit dem Hut seine Orden zu bedecken suchte, bis in das Gehirn ein: er sinkt und verscheidet nach einigen Augenblicken. Der Wachtmeister nimmt ihm seine Orden und Kostbarkeiten ab, und überbringt sie dem Marschall Lannes. Man legt den Leichnam unter einen Baum, entkleidet ihn bis auf das Hemd und die Unter-Pantalons, und überläßt ihn nun dem wüthenden Triumphe des gemeinen Soldaten, deren einer ihm wol noch den breiten Bajonetstich beigebracht haben mag, welchen man in der Brust sahe. Unter dem Jubel einer rauschenden Kriegsmusik, und dem Aufmarsch einer Begleitung von ohngefähr 1000 M. Infanterie und Cavalerie wurde der Leichnam den 11. October Morgens 8 Uhr von 4 Soldaten auf einer Decke getragen, in dem herzogl. Schloßhof, wo der ganze Aufzug dreimal im Kreise herummarschierte, vor die Generalität, und dann auf herzogl. Befehl zur Einbalsamirung und Beysetzung in der Fürstl. Gruft in die St. Johanniskirche gebracht. Unaufhörlich strömten ganze Haufen von den an diesem Tage durchziehenden Truppen zu der Kirche, in welcher der Leichnam des Prinzen auf einer langen Tafel aus der Mädchenschule vor dem Altar zur Schau lag; allein man bemerkte aus sehr vielen Gesichtern der feindlichen Krieger eine ernste Achtung für den mit 10 Wunden bedeckten, für das Vaterland ruhmvoll gefallenen Helden. In feiner weißes Leinen eingewickelt und mit einem Lorbeerkranz um die Schläfe geschmückt, wurde der Leichnam nach der Einbalsamirung, mit welcher bei dem unaufhörlichen Zudrang von fr. Militär sehr geeilt worden war, am 12. Octbr. in der herrschaftlichen Gruft in feyerlicher Stille beygesetzt, wo derselbe späterhin von sehr vielen hohen Fremden gesehen, und woraus er im Jahr 1811 sehr heimlich und still zu den Särgen seiner Familie abgeholet worden ist. Im Jahr 1807 wurde ohnfern des Platzes, wo der Prinz geblieben war, an der neuen Chausse ein Quadratstein mit der Aufschrift gesetzt:
Hier fiel kämpfend
für sein dankbares Vaterland
Prinz LOUIS FERDINAND von Preussen
x. Oct. MDCCCVI.
Ueber den Tod des Prinzen Louis.[]
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Ueber den Tod des Prinzen Louis ist in Saalfeld folgende Sage:
Unterhalb Wohlsdorf, unweit der Saale, ist ein Acker über einem Hohlwege, an welchen eine Wiese stößt (dieser Hohlweg führt auf einem Nebenwege nach Rudolstadt), auf diesen stellte der Prinz die Ueberreste seiner Cavallerie, um den Rückzug zu decken. Sie wurde von den rothen Pariser Husaren zersprengt, Louis war ohne Adjutanten, allein, und sich selbst überlassen.
Er setzte mit seinem Pferde über eine grüne Hecke in dem eben bemerkten Wege, wahrscheinlich um nach Rudolstadt zu entkommen. Indem er diesen Sprung machte, erhält sein Pferd von hinten einen Schuß, und thut noch einige Sätze bis zu einem Busch in der Wiese; hier stürzt es. Louis nimmt seine Pistole besonnen vom Sattel, und statt durch die Saale zu schwimmen, läuft er wieder in seinen Weg, um nach Rudolstadt zu entkommen. Unweit eines Schlagbaums, hart unter dem Dorfe Wohlsdorf, erreicht ihn ein Wachtmeister und ein gemeiner Husar von den Feinden. Er schießt nach ihnen und der Husar flucht. Der Wachtmeister bietet ihm Pardon; er antwortet: Sieg oder Tod. Sie kämpfen, der Franzose ein Herkules und zu Pferde, der Prinz zu Fuß. Lange bleibt der Sieg unentschieden und zweifelhaft: endlich erhält der Prinz einen Hieb ins Genicke und sinkt. Der Husar springt vom Pferde und durchbohrt ihm das Herz. Er ist verschieden. Der Husar entkleidet ihn, und ruft einen Bauer, der dem Kampf mit zusah, um den Leichnam nach Saalfeld zu schaffen. Der Bauer wickelt ihn in ein Betttuch, legt ihn in eine Strohbettstelle und schafft ihn nach Saalfeld. Hier tragen die Franzosen seine Kleider jubelnd umher, setzen aber den Leichnam unter militärischer Begleitung in der Kirche bei. Den Platz, wo er fiel, bezeichnet ein einfacher Stein, den der Rath zu Saalfeld dort eingraben ließ.
Bruchstück aus einem Briefe über den Leichnam des Prinzen Louis von Preussen.[]
Auf meiner Reise von Coburg kam ich mit meinem Gefährten nach Saalfeld, wo wir einen Tag zu bleiben beschlossen, um wo möglich die Ueberreste des hochherzigen jungen Helden zu sehen, der in den Gefilden des Todes hier seine ruhmvolle Laufbahn vollendete, und der Einzige seines erhabenen Hauses war, der dessen Jammer und das verhängnißvolle Schicksal seines Vaterlandes nicht erlebte.
Wir hatten schon früher erfahren, das der Leichnam des Prinzen Louis nicht mehr gezeigt würde, und es kostete uns einige Mühe, um zu dieser Ehre zu gelangen. Wir machten vor allen Dingen mit dem Küster des Orts Bekanntschaft, der von und höflich zu Tische eingeladen wurde. Ein mit Artigkeit angebotenes Geschenk und seine natürliche Gefälligkeit bewirkten es, daß er uns in die Kirche führte, wo der Leichnam in dem mit einer schweren Thüre versehenen Gewölbe der fürstlichen Gruft aufbewahrt wird. Ein schwerer Sarg von Eichenholz umschließt ihn, und drei Personen mußten alle ihre Kräfte anwenden, um den Deckel abzuheben. Thränen entstürzten meinen Augen, da ich den kahlen von einem Lorbeerkranz umwundenen Schädel, die eingefallenen Augenglieder, und den fest geschlossenen Mund, da ich die in weisse Leinen geschlagene Brust, in welcher ein großes und edles Herz geschlagen hatte, da ich die Gestalt des fürstlichen Todten kalt und stumm in ein einfaches Leichentuch eingeschlagen vor mir liegen sah. Er war einst so würdig der Retter seines Vaterlandes und der Herrmann des 19ten Jahrhunderts zu seyn! Unter den Helden der neuern Zeit, die das Loos der Schlachten mitten im Kampf ereilt hatte, war er vorzugsweise derjenige, in dessen ganzem Wesen und besonders in seinem wahrscheinlich freiwilligen Tode etwas Eigenes, und ich möchte wohl sagen, etwas Romantisches für mich gelegen hatte. Ich kann das Gefühl, das mich an seinem Sarge ergriff, nicht beschreiben. Es war eine Mischung von Wehmuth und süsser Schwärmerei, -- vielleicht war es Vaterlandsliebe. Diese Empfindung wurde noch durch äussere Einwirkung erhöht, da unser Führer unvermuthet auf der gegenüber befindlichen Orgel Klopstocks "wie sie so sanft ruhn xc." zu spielen anfieng. Der Eindruck, den die Melodie auf uns machte, ist mit Worten nicht auszudrücken. Dieser exaltirte Zustand, wo alle Nerven zu hoch gespannt waren, konnte indessen nicht von langer Dauer seyn. Er machte ruhigen Betrachtungen Platz, und wir fiengen an, den Leichnam genauer zu untersuchen.
Von den tausend Neugierigen, die vor uns diesen Ort besucht, hatte fast jeder eine Locke von dem Haupt des Prinzen als Reliquie zu erhalten gesucht, und so ist jetzt der Scheitel alle Haare beraubt. Der Körper scheint übrigens in Hinsicht der Einbalsamirung nicht unter den geschicktesten Händen gewesen zu seyn. Die Verwesung hat ihr Recht an ihm ausgeübt. Die Seiten der Wangen waren zum Theil mit Schimmel bedeckt, und der eine Nasenflügel etwas eingesunken. Dieses alles hatte indessen das Gesicht nicht entstellt. Die edeln Züge und die Spuren der ehemaligen Schönheit waren unverkennbar geblieben.
Ich faßte das Haupt des Prinzen, und hob es in die Höhe. Im Genick befand sich eine tiefe Wunde, die beinahe die Hälfte des Halses vom Körper getrennt hatte. Sie war absolut tödtlich. Fast scheint es, als ob man ihm den Tod nicht von vorn habe geben können, der gräßliche Hieb ist von hinter gekommen. Die übrigen wunden scheinen mir, so weit ich sie habe untersuchen können, minder gefährlich, und am allerwenigsten konnte ich jenen Stich, womit ein feindlicher Säbel sein Herz getroffen haben soll, entdecken. Alle Kupferstiche übrigens, die ihn in Uniform und mit den Abzeichen seines hohen Ranges im Sarge erscheinen lassen, haben stark geirrt. Es ist ein weisses Leichentuch geschlagen, welches auch sehr natürlich zugeht, weil man ihm auf dem Schlachtfelde alle seine Kleider ausgezogen hatte.
Bemerkenswerth ist es übrigens, daß die Einwohner von Saalfeld an jenem Tage so erschüttert waren, daß, als des Prinzen Degen und Feldbinde von einem französischen Kavalleristen im Gasthofe zum Verkauf ausgeboten wurden, Niemand es wagte sie zu kaufen. Es hätte sich warlich der Mühe verlohnt, Besitzer dieser Dinge zu seyn. Mir würden sie wenigstens schätzbarer gewesen seyn als eine Toilette einer römischen Dame vor 2000 Jahren, aus den Gewölben von Herkulanum ausgegraben. Vielleicht sind jene Kleinodien in die Hände eines ehrlichen Israeliten gekommen, der sie nach dem Gewicht des Silbers und Eisens verhandelt hat.
Quellen.[]
- ↑ Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Saalfelds Kriegsdrangsale seit 1792 bis 1815. Beschrieben und herausgegeben von Christian Wagner, Collaborator des geistl. Ministeriums und fünftem Lehrer an der Stadtschule zu Saalfeld. 1816. Zu haben bey dem Verfasser, und in Rudolstadt in Commission der Hof- Buch- und Kunsthandlung.
- ↑ Saalfelds Kriegsdrangsale seit 1792 bis 1815. Beschrieben und herausgegeben von Christian Wagner, Collaborator des geistl. Ministeriums und fünftem Lehrer an der Stadtschule zu Saalfeld. 1816. Zu haben bey dem Verfasser, und in Rudolstadt in Commission der Hof- Buch- und Kunsthandlung.
- ↑ Kleine Begebenheiten und Charakterzüge aus dem französisch-preussischen Kriege 1806 und 1807. Jena, in der akademischen Buchhandlung. 1807.
- ↑ Sammlung von Anekdoten und Charakterzügen auch Relationen von Schlachten und Gefechten aus den merkwürdigen Kriegen in Süd- und Nord-Deutschland in den Jahren 1805 bis 1809. (30. Heft.) Leipzig, in der Baumgärtnerschen Buchhandlung. 1811
Literatur.[]
- Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen mit Hinsicht auf das Charaktergemälde desselben in den vertrauten Briefen über das innere Verhältniß am Preußischen Hofe u. s. w. Berlin, bei Friedrich Maurer, 1807.
Porträten.[]