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Dessaix, (Ludwig Karl Anton), -- Kommandant der Avantgarde. -- Unterlieutenant im 46sten Regiment im J. 1783; ist alle Grade durchgegangen; Divisions-General den 2. Sept. 1793.
Vortreflicher Offizier, der für ein wichtiges Kommando geschickt ist.
Biographien.[]
Einige Züge aus Desaix's Leben.[]
- (Von Simien Despreaux)
Ludwig Karl Anton Desaix von Veygrux wurde den 17ten August 1768 zu Sankt Hylaire d'Ayat, einem Dorfe des ehemaligen Auvergne, gebohren. Sein Vater, Gilbert Anton Desaix, wohnte in dem Dörfchen Veygrux, welches zu der drey Lieues von Riom in dem Departement des Puy-de-Dome entfernten Gemeinde Charbonnieresles Varennes gehörte, und mit dem Gute gleiches Namens das alte Erbtheil seiner in dieser Gegend seht geachteten Familie war. In seinem siebenten Jahre verließ unser Desaix das väterliche Haus, und ward in der Essiatischen Schule erzogen, einer Anstalt, die sich noch von dem Marquis d' Essiat herschrieb, dem Vater des Cinmars, der erst Günstling Ludwigs des Dreyzehnten war und den dieser König nachher hinrichten ließ. Jedermann weiß, in welchem hohen Rufe diese Schule um die Mitte des achtzehnten Jahrhundert stand. Es machte hier schnelle Fortschritte. Homer und Fenelon wurden seine Lieblingsschriftsteller; jener bildete seinen Verstand und dieser sein Herz.
Im Jahre 1783 erhielt Desaix eine Unterlieutenantsstelle beym Infanterieregiment de Bretagne, von welchem der Graf von Crillon Oberster war. Man muß es diesem Regimente zum Lobe nachsagen, daß es immer aus Männern zusammengesetzt gewesen ist, die sich nicht nur durch militairische Kenntnisse, sondern auch durch ihre Liebe zu andern Wissenschaften, und durch Geschmack an Künsten ausgezeichnet haben. Dieser Regiment hat immer denselben Geist beybehalten, der es vor manchen Klippen während der Revolution bewahrte. Der Oberste desselben hat durch seine Sanftmuth und Freundlichkeit nicht Wenig dazu beygetragen, die größte Harmonie in dem Korps zu erhalten. Desaix, der kaum den Kinderjahren entwachsen war, zeigte schon eine besondere Neigung zum stillen Nachdenken, und hielt sich gern von den lärmenden Vergnügungen entfernt, die gewöhnlich für die Jugend so viel Reiz haben. Auch nannte man ihn in seiner Familie, unter seinen Schulkameraden, und in den Garnisonen immer den Weisen.
Im Jahre 1791 ward er zum Kriegskommissär ernannt, und diese Gelegenheit benutzte er, um die Mittel, für die Bedürfnisse der Armee zu sorgen, kennen zu lernen. Bald darauf wählte ihn Viktor Broglio zu seinem Adjutanten; und da er sich bey jeder Gelegenheit auszeichnete, so rückte er schnell von Stufe zu Stufe bis zum General hinauf. In einem der ersten Feldzüge wurde er mit einigen französischen Soldaten, mit denen er sich zu weit von Landau entfernt hatte, von drey östreichischen Schwadronen überfallen. Er warf sich wüthend unter die Feinde, gerieth einen Augenblick in ihre Gefangenschaft; nachdem er aber von seinen Leuten wieder befreyt worden war, begann der Kampf aufs Neue, und er ließ nicht eher ab, bis er den Feind zum Rückzuge genöthiget, und ihm sogar einen Gefangenen abgenommen hatte.
Bey Lauterbach hatte ihm eine Kugel die Backe durchlöchert; ohne auf den Schmerz zu achten, gab er durch kräftige Zeichen zu verstehen, daß er sich nicht eher verbinden lassen würde, als bis das in Unordnung gerathene französische Heer sich wieder gesammelt hätte; und wirklich konnte er nicht eher, als nach wieder hergestellter Ordnung bewogen werden, die Hülfe des Wundarztes anzunehmen. Den 4ten Prairial des dritten Jahres wurden die Franzosen früh Morgens von einer überlegenen östreichischen Macht angegriffen. Sie bestanden den ungleichen Kampf mit großer Unerschrockenheit bis um Mittag, da der Feind neue Verstärkung erhielt. Die Soldaten stutzten; man war unentschlossen, und ließ den General Desaix fragen, was er befehle." Den Rückzug des Feindes!" antwortete er. Diese Antwort, und sein eignes Beyspiel, da er sich an die Spitze stellte, flößten neuen Muth ein; der Feind wurde mit wiederholter Wuth angegriffen, und nach einem schrecklichen Gemetzel zur Flucht genöthigt. Die Verdienste, die er sich bey dem berühmten Rückzuge Moreaus und dem glorreichen Rheinübergange desselben, so wie bey der Vertheidigung Kehls erworben hatte, sind bekannt. Während der Schreckenszeit, da er an den Gränzen sein Blut für das Vaterland vergoß, und täglich sein Leben auf's Spiel setzte, wurde seine Mutter, der kein anderer Vorwurf, als der ihrer adlichen Geburt, zur Last fiel, eingekerkert. Sie saß zu Rioms mit ihrer Tochter in einem Gefängnisse, wo es ihr nicht nur an den Bequemlichkeiten des Lebens, sondern sogar an den nothwendigsten Dingen fehlte. Desaix gab sich alle erdenkliche Mühe, ihnen ihre Freyheit wieder zu verschaffen; er entzog sich, was er nur konnte, um es ihnen zukommen zu lassen. Als er bey den Linien von Weissenburg verwundet worden war, schrieb er an seine Mutter! ich habe endlich eine Wunde erhalten; aber freue mich darüber, ja ich wünsche mir Glück, weil ich mit meinem Blute ihre Freyheit wieder erkaufe. "Aber er irrte sich: auf die Nachricht von seiner erhaltenen Wunde, begaben sich die in dem Departemente des Puy-de-Dome befindlichen Deputirten in das Gefängniß, um der Mutter Glück zu einem Sohne zu wünschen, der sich so großmüthig für die Republik aufopferte. Dieß war aber auch der einige Trost, den sie ihr brachten; und erst lange nachher ward sie in Freyheit gesetzt.
Von seiner Zärtlichkeit für seine Mutter hat er mache rührende Beweise gegeben. Er hätte gerne geheyrathet; aber ein Gedanke hielt ihn immer davon ab. "Eine junge Frau sagte er, würde vielleicht nicht für meine Mutter die Achtung und Aufmerksamkeit in dem Grade haben, wie es ihre Tugend verdient, und ihre unglückliche Lage erfordert; diese Gleichgültigkeit würde sie tief betrüben. Meine Mutter dürfte um so mehr dabey leiden, da sie sich bemühen würde, ihren Kummer zu verbergen. Meine Besorgniß mag vielleicht ungegründet seyn; aber ich darf die Ruhe einer Mutter nicht auf's Spiel setzen, die mich zärtlich liebt, und die ich über alles verehre."
Dem Herzen eines so guten Sohnes konnte kein menschliches Gefühl fremd seyn. Eines Tages erblickte er einen Soldaten, der ungroßmüthig genug, einen Greis mishandelte. Er eilte auf ihn zu: "Elender! rief er, was thust du? Hast du keinen Vater?"
Nach der Entsetzung Pichegrü's; führte der General Michault, dem man das Kommando bestimmt hatte, den jungen Desaix zum Deputirten Leman. "Hier habt ihr den Mann, sagte er, den wir zum Obergeneral haben müssen. Er wird von den Soldaten angebetet." Was, erwiederte Desaix, habt ihr mich darum hieher geführt? Ich sollte das Kommando der Armee bekommen? ich, der ich der jüngste der Offizier bin? Bürger-Repräsentant, ihr werdet auf einen solchen Vorschlag nicht achten, und keine Ungerechtigkeit gegen alle Militairpersonen begehen, die sich größere Verd enste, als ich um das Vaterland erworben haben. "Nach dieser Aeußerung verließ er das Zimmer; und ließ sich auch nicht überreden, das Kommando anzunehmen.
Desaix hatte das, dem Anscheine nach, so schwere Mittel gefunden, die Soldaten an Entbehrung zu gewöhnen; er versagte sich nämlich selbst alles, was sie nicht auch haben konnten. In der schlimmsten Zeit, als ein schrecklicher Mangel die Republik drückte, war Kommißbrod und Wasser seine einzige Nahrung. Einige Kriegskommissäre versuchten einmal, sich seine Gunst dadurch zu erwerben, daß sie ihm seine Weine und besseres Brod als dasjenige schickten, welches seine Truppen bekamen. Desaix nahm das Geschenk mit kalter Höflichkeit an, und ließ es sogleich unter die in den Hospitälern vertheilen. Durch dergleichen Züge hatte er sich die höchste Liebe und Achtung der Soldaten erworben. Diese Achtung äußerte sich bey jeder Gelegenheit. Ein Reichsfürst hatte die Flucht bey seiner Annäherung ergriffen, und der Kasten mit den Baarschaften, die er zurückgelassen, ward in sein Zelt gebracht. Er befahl, daß man ihn sogleich zum Zahlmeister bringen sollte. Die Soldaten hatten Mühe, ihn zu heben. Desaix warf ihnen ihre Langsamkeit vor. Sie ließen den Kasten fallen, und sagten: "Er ist so schwer, weil er aus ihren Händen kömmt. "Dieses bezeichnet hinlänglich die Meynung, welche die Soldaten von ihm hegten. Er wußte sie auch zu benützen." Ich werde den Feind schlagen, so lange ich von meinen Soldaten geliebt seyn werde!" pflegte er zu sagen. In einem der nächtlichen Gefechte bey der Belagerung von Kehl stieß ein Soldat mitten im Getümmel auf den General Desaix, und erkannte ihn. "Kammeraden, rief er, der General Desaix ist unter uns; lasset uns den Oestreichern alle Zugänge öffnen: wir werden sie nun um so tüchtiger in der Nähe schlagen. "Er war wirklich unermüdlich, und die Oestreicher wußten es sehr gut." "Euer Desaix hat ja wohl niemals geschlafen?" sagte ein Deutscher Gefangener.
In feindlichen Ländern hatte er immer dafür gesorgt, daß das Eigenthum unangetastet bliebe, und beschützt wurde. Er selbst war der Uneigennützigste der Menschen; ja, diese Tugend gieng bey ihm bis zur stoischen Gleichgültigkeit. Nach seinem Feldzuge in den reichsten Gegenden Deutschlands kam er so arm zurück, daß ein Anderer zu Neu-Breisach die Zeche für ihn bezahlen mußte. Wenn mit irgend einem Fürsten Friede geschlossen wurde, war es immer gewöhnlich, Geschenke anzunehmen. Desaix schlug sie beständig aus, indem er sagte: "Was Andern erlaubt ist, dürfen sich diejenigen nicht erlauben, die über Soldaten zu befehlen haben." Dieß verschaffte ihm die Achtung und Ehrfurcht der Feinde selbst. Als eines Tages die französischen Truppen unerwartet in eine Gegend Deutschlands einrückten, glaubten die Bauern, die für ihr Leben zitterten, mit ihren Familien ihre Hütten verlassen zu müssen. Einige unter ihnen erkannten Desaix, und riefen den Uebrigen zu: "Wir können nun bleiben; es ist der General Desaix; er wird unsere Hütten beschützen!"
Wenn dieser General nicht in Gefechten begriffen war, lebte er, von seinen Soldaten umgeben, mit deren Bedürfnissen er sich unabläßig beschäftigte. Er befragte sie nach ihren Umständen, nahm Theil an allen widrigen Ereignissen, die ihnen begegneten, und ließ ihnen Alles reichen, was sie zu ihrem Unterhalte nothwendig brauchten. Wurden ihm Gefangene zugeführt, so begegnete er ihnen mit Freundlichkeit, tröstete und beruhigte sie über ihr Schicksal. Wenn er Abends in sein Zelt zurückkehrte, schrieb er die Geschichte des Tages nieder, nannte alle Diejenigen, die sich ausgezeichnet hatten; sein eigner Name nun war der einzige, den er anzuführen vergaß. War er an der Spitze der Armee, so hielten sich die Soldaten für unüberwindlich; sie pflegten dann zu den Zurückbleibenden zu sagen: "Bis diesen Abend; wir treffen uns beym Essen wieder." Führte sie aber ein Anderer an, so umarmten sie ihre Waffengefährten und nahmen Abschied von ihnen.
Der Traktat von Leoben schien einem Kriege ein Ende machen zu müssen, der Deutschland und Italien verwüstete. Desaix konnte sich endlich von seinen Strapazen erholen. Er benutzte die Muße, um eine Reise nach Italien zu machen, und den Schauplatz so großer Thaten zu besuchen. Bonaparte nahm ihn mit der größten Achtung auf, und ließ folgende Bekanntmachung an die Armee ergehen: "Der General en Chef benachrichtiget die italienische Armee, daß der General Desaix von der Rheinarmee angelangt ist, und die Positionen zu besichtigen gedenkt, wo sich die Franzosen unsterblich gemacht haben."Nach seiner Zurückkunft ward er zum General en Chef der gegen England bestimmten Armee ernannt. Einlge Freunde stellten ihm die Gefahr einer solchen Expedition vor, die nach ihrer Meynung unmöglich gelingen könnte. "Wenn ich den Posten ausgeschlagen hätte, antwortete er, so würdet ihr weit mehr Ursache haben, euch zu beunruhigen. Die größte Gefahr liegt darin, sich für weiser zu halten als sein Schicksal."
Desaix, der einen unternehmenden Geist hatte, war Einer der ersten, die sich für die Expedition nach Egypten erklärten. Er reisete mit Bonaparte im Frühlinge des sechsten Jahres ab, und trug nicht Wenig zur Einnahme von Malta bey, das sich in 24 Stunden ergab. In Egypten erwarb er sich großen Ruhm bey den Schlachten von Chebreiß und den Pyramiden. Aber diejenige, worin er sich am meisten auszeichnete, und die seinen militärischen Talenten die größte Ehre machte war die Schlacht bey Sediman. Desaix hatte nicht mehr wie zwölfhundert Mann unter sich, worunter noch drey hundert fast blind waren. Mit diesen sollte er einen Angriff von zwanzig tausend Mann feindlicher Kavallerie zurückschlagen. Er faßte schnell seinen Entschluß. Er theilte sein kleines Korps in drey Vierecke, die sich ziemlich nahe an einander halten mußten. Der Feind griff wüthend an, und brachte den rechten Flügel in Unordnung. Desaix ließ die Verwundeten augenblicklich wegtragen, und eilte nach dem linken Flügel, mit dem er den Angriff von dieser Seite zurückschlug, und den Feind zur Flucht nöthigte. jetzt begab er sich nach dem Centrum, wo die feindliche Artillerie viele Menschen wegraffte. Er spornte seine Leute an, das Unmögliche zu versuchen, und sich dieser Artillerie mit stürmender Hand zu bemächtigen. Es gelang; sie ward gegen den Feind gerichtet, der sich in der größten Verwirrung in die Wüste zurückzog.
Nachdem er den ihm zu Theil gewordenen Auftrag erfüllt, und Oberegypten von den Feinden gereinigt hatte, schiffte er sich zu Alexandrien in ein genuesisches Schiff ein, um nach Frankreich zurückzukehren. Der Traktat zwischen dem englischen Befehlshaber, dem Großvezier und dem General Kleber, war geschlossen. Er bekam Pässe von den beyden Erstern; und damit er desto sicherer ungehindert reisen möchte, hatte ihm Sir Sidney Smith einen englischen Offizier mit gegeben. Dennoch ward er vor Livorno angehalten, und auf Befehl des Admirals Keith zum Gefangenen gemacht. Vergebens klagte der englische Offizier über die Unwürdigkeit dieses Betragens, über die Verletzung des Völkerrechts. Alle Vorstellungen blieben fruchtlos; Desaix ward als Gefangener ins Lazareth geschickt, wo ihm eine Art von Gefängniß, das seine Soldaten mit ihm theilten, angewiesen wurde. Es fehlte ihm an den nöthigsten Dingen; er forderte sie; Keith schrieb ihm die ironischsten und beleidigendsten Briefe. Desaix antwortete ihm: "Ich verlange Nichts von Ihnen, als daß Sie mich von Ihrer Gegenwart befreyen. Ich habe mit Mamelucken, Türken, mit den Arabern der Wüste, mit Aethiopiern, mit Negern von Darffur, und mit Tartarn unterhandelt: Alle hielten sich durch ihr Wort gebunden, wenn sie es einmal gegeben hatten, und erlaubten sich keine Beleidigungen gegen ihre Mitmenschen im Unglücke." Der Admiral erhielt endlich den Befehl, den General Desaix in Freyheit zu setzen, und nach dreyjährigen, unglaublichen Anstrengungen, Mühseligkeiten und Strapazen erblickte er endlich den Boden des Vaterlandes wieder. Er war kaum angekommen, so erkundigte er sich schon nach Bonaparte und seinen Waffengefährten. Man berichtete ihm, daß sie Italien bereits in voller Thätigkeit wären. Sogleich schrieb er an den ersten Konsul:
- "Befehlen Sie mir zu Ihnen zu kommen, ob als General, oder Soldat, gilt mir gleich viel, wenn ich nur mit und unter Ihnen fechten kann. Ein Tag, den ich zubringe, ohne meinem Vaterlande nützlich zu seyn, ist in meinen Augen verloren."
Er reisete nun ab, ohne nur seine Familie gesehen zu haben, und den 20sten Prairial langte er zu Pavia, und den 21sten zu Stradella an, wo sich das Hauptquartier der Armee befand. Bonaparte übertrug ihm das Kommando einer Division.
Den Tag vor der Schlacht sagte Desaix wiederholt zu seinen Adjutanten: Es ist lange her, daß ich mich nicht in Europa geschlagen habe, die Kugeln kennen uns nicht mehr; es dürfte leicht nicht gut mit uns gehen.
Den 25sten Prairial gieng der Feind auf drey Brücken über die Bormida. Es war entschlossen durchzudringen. Er kam mit einer großen Uebermacht und überrumpelte die französische Avantgarde. Jetzt begann die denkwürdige Schlacht bey Marengo, die das Schicksal Italiens und der östreichischen Armee entschieden hat.
Viermal wurden die Franken zurück geschlagen; aber eben so oft hatten diese den Angriff erneuert, und endlich den Feind zum Rückzuge gezwungen. Um vier Uhr Nachmittags überflügelte eine zahlreiche östreichische Kavallerie den rechten französischen Flügel. Sie bestand aus 10,000 Mann. Die Grenadiere der Konsulargarde wurden mitten auf die unermeßliche Ebene von St. Julien gestellt. Nichts, weder die Kavallerie, noch die Infanterie, noch die Artillerie vermochte sie zu erschüttern. Aller dieser Angriffe ungeachtet, verlor dieses Bataillon nicht mehr als 40 Mann. Inzwischen unterhielt der Feind ein Kartätschenfeuer aus mehr als hundert Kanonen; man sahe ihn in das Dorf St. Julien vordringen, wo die Division von Desaix mit acht Stück leichter Artillerie und zwey Bataillonen stand, dessen Kolonnen auf beyden Seiten eng aneinander geschlossen waren. Jetzt näherte sich Desaix dem ersten Konsul: General, sagte er, ich kann nicht leiden, daß die Armee sich in Ihrer Gegenwart entehre; es ist Zeit; ich wage Alles daran. "Der Konsul feuerte die Soldaten an, die sich alle wieder unter dem Geschrei: Es lebe die Republik! es lebe der erste Konsul! "Hinter der Division von Desaix sammelten. Es war fünf Uhr Nachmittags, und der Kampf kaum begonnen, als Desaix, von einer Kugel tödtlich getroffen, fiel. Er starb einige Augenblicke nachher, und hatte nur die Zeit noch, von seinem Ende an den jungen Lebrün die Worte zu sagen: "Geht zum ersten Konsul, und sagt ihm, daß ich mit Bedauern sterbe, nicht genug für die Nachwelt gethan zu haben."
Diese traurige Nachricht ward dem ersten Konsul unmittelbar angezeigt; und bekanntlich rief er aus: "Warum ist es mir nicht erlaubt, zu weinen!" Desaix's Leiche ward sogleich nach den Hauptquartiere gebracht, wo man sie öffnete und fand, daß die Kugel gerade ins Herz gegangen war. Auf Bonapartes Befehl wurde der Körper nach Mayland geschafft und dort einbalsamirt. Seitdem, und durch einen Beschluß der Konsulen vom 8ten Messidor, sind die Ueberbleibsel dieses jungen Helden nach dem Kloster St. Bernhard gebracht worden, wo man ihm ein Grab erbaut hat. Um den Uebergang der Armee zu verewigen, sind die Namen der Halbbrigaden, der Kavallerie- und Artillerieregimenter auf eine Tafel dem Monumente gegenüber, eingegraben worden. Desaix war zwey und dreyßig Jahre, weniger zwey Monate, alt, als er seine Laufbahn glorreich endigte. Er ist gestorben, bedauert von allen Partheyen, und geschätzt von ganz Europa. Es wäre unmöglich, den Schmerz der Soldaten zu beschreiben: er ward von allen denen mitgefühlt, die diesen jungen Krieger gekannt hatten. Er hatte aus Egypten zwey kleine Neger mitgebracht, die ihm vom Könige von Darfur geschenkt worden waren. Diese Kinder, die untröstlich über den Tod ihres Herrn waren, haben ihn, nach der Weise ihres Landes, unter den rührendsten Aeußerungen ihrer Liebe, betrauert.
Die Natur hatte unsern Desaix mit den liebenswürdigsten Eigenschaften ausgerüstet, und ihnen allein verdankt er seine schnelle Beförderung. Er gelangte zu den höchsten militärischen Ehrenstellen ohne heimlich Künste und Intriguen; weit entfernt, sie zu suchen, schien er ihnen vielmehr auszuweichen. Er besaß von seinem Vater ein geringes Vermögen, und hatte nie gesucht es zu vermehren; er war großmüthig, mitleidig, aber vorsichtig bey aller seiner Freygebigkeit. So oft es darauf ankam, zu repräsentiren, und die Würde der Nation zu behaupten, achtete er die Ausgaben nicht; für seine eigene Person aber war er sehr sparsam, und äußerst einfach in seiner Kleidung. Ein blauer Ueberrock war sein gewöhnlicher Anzug, und die große Generaluniform trug er nur an den Tagen, wo Schlachten geliefert wurden.
Da bey einem so großen Manne Alles bis auf die kleinsten Umstände seines Privatlebens interessant ist, so dürfte man vielleicht fragen: ob sein Herz je für Liebe empfänglich war. Man versichert, daß ein Frauenzimmer ihm die stärkste Neigung eingeflößt, daß er aber außer dieser nie eine Andere geliebt hat. Was seine Meynung über religiöse Gegenstände gewesen ist, hat er nie öffentlich geäußert; er scheint aber eine Vorliebe für das System des Fatalismus gehabt zu haben. Sein immer reger Geist erlaubte ihm nicht die Gegenstände, die seine Augen auf sich zogen, mit Gleichgültigkeit anzusehen. Auf allen seinen Reisen hatte er eben so richtige als nützliche Bemerkungen gemacht. Dabey schrieb er sehr gut, und sein Briefstyl war äußerst angenehm. Zur Probe wollen wir nur ein Fragment aus einem Briefe anführen, den er kurz vor seinem Tode an Einen seiner Freunde schrieb.
- "Ich habe viele Länder gesehen; ich bin in allen den Gegenden gewesen, die durch Religionen, Fabel und Geschichte berühmt geworden sind. Egypten, Syrien, Griechenland, Sizilien, Rom. Wie viele Monumente! wie viele Ruinen! wie viele Erinnerungen, ich habe sie durch außerordentliche Beschwerden, durch ungeheure Anstrengungen, durch zahllose Sorgen erkauft; aber ich habe das Vaterland wieder gesehn, und Alles ist ausgelöscht; die Genüsse, die ich gehabt, bleiben mir, und diese sind herrlich!"
Was Desaix vor allen Helden auszeichnet, ist daß die Erkenntlichkeit gegen ihn sich überall ungezwungen und aus freyen Stücken gezeigt hat. Ein Monument soll ihm und Kleber zu Ehren auf dem Platze des Viktoires errichtet werden, und Bonaparte selbst hat den 1sten Vendemiaire im 9ten Jahre den ersten Grundstein dazu gelegt. Durch eine Rede, voll Gelehrsamkeit, Philosophie und rednerischen Feuers, hat Garat, Mitglied des Senats und des Nationalinstituts, dem Andenken dieser Vaterlandsvertheidiger ein Denkmal anderer Art gestiftet. Sein Plan war schwer auszuführen, aber durch geschickte Uebergänge ist es ihm gelungen, das lebhafteste Interesse für beyde Krieger einzuflößen. Man hat eine freywillige Subskription eröffnet, und verschiedene Künstler haben um die Ehre gewetteifert, zur Ausführung des von den Subscribenten entworfenen Planes mitzuwirken. Dieses Monument soll auf dem Platze Thionville errichtet werden. Die Stadt Straßburg hat sich beeifert, diesem Beyspiele zu folgen. Das Fort Kehl, wo er so viel Muth und Geschicklichkeit bewiesen hat, soll dieses vierte Monument aufnehmen. Dasjenige, welches man auf dem St. Bernhard errichtet hat, und das die Ueberbleibsel dieses Helden enthält, ist dazu bestimmt, durch die vielen ehrenvollen Sinnbilder, die es schmücken, sein Andenken und das der Reservearmee zu verewigen.
Als bey seinem letzten Aufenthalt zu Paris seine Mutter dahin kam, bath er sie inständigst, zu Veygoux ein Denkmal zum Andenken von Zweer seiner Freunde, die an seiner Seite getödtet worden, errichten zu lassen; er bezeichnete sogar die Stelle, wo er es hin wünschte, und er schrieb an seine Schwester, daß, im Fall ihn der Tod mitten in seiner Laufbahn wegraffte, das Monument der Zärtlichkeit seiner Familie neben denjenigen seiner Freunde stehen möchte. Seine Verwandte haben diesen Wunsch erfüllt, und der Ort, den er dazu ausgesucht hatte, ist derjenige, der zu Veygoux der Schauplatz seiner Jugendspiele und Uebungen gewesen war. Die Erkenntlichkeit und die Freundschaft haben sich beeifert, seinem Andenken alle verdiente Ehre zu erzeigen. -- Seine Güte umfieng mit gleiche Wärme, was ihn interessiren, oder was ihm angehören mochte; seine Schwester besonders hat die Wirkungen davon erfahren, er sorgte beständig mit dem regsten Eifer für ihr Glück, und er hat ihr die Hälfte seines Vermögens vermacht, damit sie vor Abhängigkeit geschützt wäre.
Niemand konnte mitleidiger seyn als Desaix. Die Soldaten aus seiner Gegend konnten vorzüglich auf seine Wohlthaten rechnen; er gab ihnen Geld wenn sie es bedurften, ohne die Wiederbezahlung von den Eltern anzunehmen. Während seines Aufenthalts in Maynz wurde ein Soldat gefährlich krank, der ein Eingebohrner seines Wohnorts war; er ließ ihn in seine eigene Zimmer bringen, und ihn hier einen Monat lang aufs sorgfältigste pflegen.
Dasaix hatte sich von jeher die Freundschaft und Achtung aller Derer zu erwerben gewußt, die ihn gekannt haben, weil er mit vorzüglichen Eigenschaften des Verstandes und Herzens einen einfachen, aber zugleich edlen Aufstand, sanfte und angenehme Gesichtszüge und ein liebliches Organ verband. Er sprach mit besonderer Grazie und Annehmlichkeit; die Reinheit seiner Seele malte sich in allen seinen Ausdrücken, mit einem Worte: Nie hat ein Mann ein gerechteres Bedauern erweckt, und mehr verdient, in dem Andenken seiner Mitbürger zu leben, als Desaix.
L. C. A. Desaix.[]
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Desaix (L. C. A.). gebohren den 17ten Aug. 1768 auf dem Schlosse Vegou bey Riom aus einer adelichen Familie, trat 1784 in das Regiment Bretagne Infanterie als Unterlieutenant und fieng während des Feldzuges 1793 in Elsaß an, seine militärischen Talente an den Tag zu legen. Er trug hauptsächlich im Dezember zur Eroberung der Hagenauerlinien bey, in die der linke Flügel, bey dem er stand, zuerst eindrang. Nach einigen andern Vortheilen am Rheine im Jahre 1794 gieng er zur Nordarmee unter Pichegrü und diente einige Zeit bey dieser mit fortwährender Auszeichnung. Zur Rheinarmee zurück berufen, ward er 1796 unter Moreau angestellt, dessen Siege er theilte und vervollkommnete. Die Achtung und das vollkommene Zutrauen des Soldaten wurden der Lohn seiner Talente und Moreau vertrauete ihm im November das Kommando des Brückenkopfs von Kehl an, der gleich lebhaft angegriffen und gleich tapfer vertheidigt wurde. Desaix erhielt bey einem Ausfalle den 22sten eine leichte Wunde und verlohr sein Pferd unter dem Leibe. Nach unterzeichnetem Frieden von Campo formio wurde er zum Unterbefehlshaber der Armee gegen England ernannt und übernahm in der Abwesenheit des General Bonaparte einstweilen das Kommando en Chef. Da diese Zurüstung gegen Aegypten gerichtet ward, begleitete Desaix Bonaparten, hatte gleich an den ersten Siegen Antheil und wurde hierauf zur Eroberung und zum bedeutenden Gouvernement von Oberägypten befehligt, wo er ohne Unterlaß gegen Murat Bey zu fechten hatte, der sich mit den Ueberresten der Mamelucken darin zurückgezogen, und der, Trotz seiner Niederlagen, doch durch Mißvergnügte und durch die Araber immer wieder verstärkt, nicht nachließ, seinen Sieger auf alle mögliche Art zu beunruhigen. Desaix legte bey dieser neuen Gattung des Kriegs, dieselben Talente, wovon er schon so viel Beweise gegeben hatte, und ein unermüdete Thätigkeit und Standhaftigkeit an Tag. Er hatte die Hitze des Klima, den Mangel an Wasser und oft an Nahrung, die Unbekanntschaft mit den Gegenden und Stellungen und ein ganzes, von den gewaltigsten Religionseifers, entflammtes Volk zu bekämpfen. Durch Kunst und Tapferkeit wurden die Anführer der Araber und Aegyptier von der Szene verdrängt. Elphi Bey wurde zurückgeschlagen; Cherif Han verlohr sein Leben zu Benout; Mürat flüchtete sich jenseits der Catarakten des Nils in die gräßliche Landschaft Bribe. Bonaparte war nach Europa zurück und vermöge des Vertrags von Elarisch mit den Türken und Engländern, welchen Desaix unterzeichnet hatte, konnte dieser sich auch einschiffen und zurückkehren. Bey seiner Ankunft in Frankreich erfuhr er, daß Bonaparte als erster Konsul zur Wiedereroberung Italiens abgegangen sey; er eilte zu ihm und erhielt das Kommando von 2 Divisionen. Ein Drittheil der französischen Armee stand ausser dem Gefecht, als Desaix Korps zu Marengo ankam. Trotz eines gewaltsamen Marsches von 10französischen Stunden, Trotz des feindlichen Artilleriefeuers, bildete er die Schlachtordnung, wendete sich zur Rechten auf San Stephano zu und schnitt gänzlich den linken österreichischen Flügel ab. In diesem entscheidenden und ruhmvollen Augenblick, fiel Desaix von einer Kanonenkugel tödtlich getroffen und konnte kaum noch die Worte sagen: "Sagen sie dem ersten Konsul, daß ich mit dem einzigen Kummer sterbe, nicht genug gethan zu haben, um in dem Andenken des Nach welt zu leben." Sein Leichnam wurde mit Post nach Mayland geführt, daselbst einbalsamirt und in das Hospital auf dem St. Bernard gebracht, wo seinem Andenken ein Monument errichtet ist. Desaix vereinigte mit seiner Tapferkeit die strengste Rechtschaffenheit; diese Tugend erwarb ihm unter den Einwohnern von Cairo den Nahmen des gerechten Sultans. Ein anderes Denkmahl steht auf dem ehemahligen Platz Dauphine zu Paris.
Louis Charles Antoine Desaix.[]
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Desaix (Louis Charles Antoine), geboren den 17. August 1768 auf dem Schlosse Vegou bei Riom aus einer adeligen Familie, trat 1784 in das Regiment Bretagne Infanterie als Unter-Lieutenant und fing während des Feldzugs 1793 im Elsaß an, seine militärischen Talente zu entwickeln. Er trug hauptsächlich im December zur Eroberung der hagenauer Linien bei, in die der linke Flügel, bei welchem er stand, zuerst eindrang. Nach einigen andern Vortheilen am Rheine im Jahre 1794 ging er zur Nordarmee unter Pichegru, und diente einige Zeit bei derselben mit fortwährender Auszeichnung. Zur Rheinarmee zurückberufen, ward er 1796 unter Moreau angestellt, dessen Siege er theilte. Moreau vertraute ihm im November das Commando des Brückenkopfs von Kehl an, der gleich lebhaft angegriffen und gleich tapfer vertheidigt wurde. Desaix erhielt bei einem Ausfall den 22. eine leichte Wunde und verlor sein Pferd unter dem Leibe. Nach unterzeichnetem Frieden von Campo Formio wurde er zum Unterbefehlshaber der Armee gegen England ernannt und übernahm in der Abwesenheit des Generals Bonaparte einstweilen das Commando en Chef. Als diese Zurüstung gegen Aegypten gerichtet ward, begleitete Desaix Bonaparte (1797), hatte gleich an den ersten Siegen Antheil und wurde hierauf zur Eroberung und zum Gouvernement von Ober-Aegypten befehligt, wo er ohne Unterlaß gegen Murat Bey zu fechten hatte, der trotz seiner Niederlagen nicht nachließ, seinen Sieger unaufhörlich zu beunruhigen. Desaix legte bei dieser neuen Gattung des Kriegs dieselben Talente, wovon er schon so viele Beweise gegeben hatte, und eine unermüdete Thätigkeit und Standhaftigkeit an den Tag. Elphi Bey wurde zurückgeschlagen; Cherif Han verlor sein Leben zu Benout, Murat flüchtete sich jenseit der Cataracten des Nils in die gräßliche Landschaft Bribe. Bonaparte eilte nach Europa zurück, und vermöge des Vertrags von El-Arisch mit den Türken und Engländern, welche Desaix unterzeichnet hatte, konnte auch er sich einschiffen und zurückkehren. Bei seiner Ankunft in Frankreich erfuhr er, daß Bonaparte als erster Consul zur Wiedereroberung Italiens abgegangen sey; eilte zu ihm und erhielt das Commando von zwei Divisionen. Ein Drittheil der französischen Armee stand außer dem Gefechte, als Desaixs Corps zu Marengo ankam (14. Jul. 1800). Trotz eines gewaltsamen Marsches von zehn Stunden, trotz des feindlichen Artilleriefeuers, bildete er die Schlachtordnung, wendete sich zur Rechten auf San Stephano zu und schnitt dadurch den linken österreichischen Flügel ab. In diesem entscheidenden und ruhmvollen Augenblick aber fiel er von einer Kanonenkugel tödtlich getroffen, und konnte kaum noch die Worte sagen: "Sagen sie dem ersten Consul, daß ich mit dem einzigen Kummer sterbe, nicht genug gethan zu haben, um in dem Andenken der Nachwelt zu leben." Sein Leichnam wurde mit Post nach Mailand geführt, daselbst einbalsamirt und in das Hospital auf dem St. Bernard, auf den höchsten bewohnten Gipfel der Welt, gebracht, wo seinem Andenken ein Monument errichtet ist. Unter den Inschriften des Piedestals bemerkt man besonders: "les ennemis l'appeloient le juste; ses soldats, comme ceux de Bayard: sans peur et sans reproche." Desaix vereinigte mit seiner Tapferkeit die strengste Rechtschaffenheit und Uneigennützigkeit; diese Tugend erwarb ihm unter der Einwohnern von Cairo den Namen des gerechten Sultans. Ein anderes Denkmal steht auf dem ehemaligen Platz Dauphine zu Paris.
Le Mémorial de Sainte-Hélène.[]
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Von allen Generalen, die ich unter mir hatte, besaßen Desaix und Kleber die größten Talente; besonders Desaix, da Kleber nur den Ruhm liebte, in so fern er das Mittel war, sich Reichthümer und Ueppigkeit zu verschaffen, Desaix aber den Rhum nur um des Rhumes willen liebte und alles andere verachtete. Desaix lebte ganz für Krieg und Rhum. Reichthum und Vergnügungen waren für ihn werthlos und beschäftigten ihn nicht einen Augenblick. Er war ein kleiner brauner Mann, um einen Zoll kleiner als ich, immer schlecht gekleidet, bisweilen sogar zerlumpt, und Bequemlichkeit und Herkömmliches verachtend. In Aegypten machte ich ihm mehrere male ein Geschenk mit einer vollständigem Feldequipage, aber er verlor sie immer. In einen Mantel gewickelt, warf sich Desaix unter eine Kanone und schlief so zufrieden, als ob er in einem Palaste wohnte. Luxus hatte für ihn keinen Reiz. Gerade und ehrlich in seinem ganzen Wesen nannten ihn die Araber nur den gerechten Sultan. Er war von der Natur zu einem großen General bestimmt. Kleber und Desaix waren für Frankreich ein unersetzlicher Verlust.
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Der Kaiser wiederholte beständig, Egypten müsse Frankreich zugehören, und es würde unfehlbar ihm geblieben seyn, wenn es von Kleber oder Desaix vertheidigt worden wäre. Sie waren, wie er sagte, seine beiden ausgezeichnetsten Feldherrn; beide von großem und seltenem Verdienst, obschon von sehr verschiedenem Charakter und Anlagen. Die Schilderung derselben wird in dem egyptischen Feldzug vorkommen.
Kleber war ein natürliches Talent; bei Desaix war Alles durch Erziehung und Arbeit geregelt. Klebers Genie blitzte nur in Augenblicken auf, wenn er durch eine wichtige Gelegenheit erwachte, aber er ließ sich gleich wider durch seinen Hang zur Weichlichkeit und zu Vergnügungen einschläfern; Desaix's Talent war jeden Augenblick gefaßt; er lebte, er atmete blos in einem edlen Erhgeiz und in dem wahren Ruhme; er war ein vollkommen antiker Charakter. Der Kaiser sagte, sein Tod sey der größte Verlust gewesen, den er hätte erfahren können; bei ihrer gleichförmigen Erziehung und der Uebereinstimmung in ihren Grundsätzen würden sie beständig im Einverständniß geblieben seyn. Desaix würde sich mit dem zweiten Rang begnügt haben, und immer ergeben und treu geblieben seyn. Wäre er bei Marengo nicht gefallen, so würde ihm der erste Consul, statt dem Moreau, den Oberbefehl der Armee in Deutschland übertragen haben. Ein außerordentlicher Umstand in dem Geschicke dieser beider Feldherrn Napoleons bleibt es immer, daß an dem gleichen Tage, und in derselben Stunde, wo Kleber durch die Hand eines Mörders in Cairo starb, Desaix bei Marengo von einer Kanone getödtet wurde.
Quellen.[]
- ↑ Vollständige Rangliste aller Generale und General-Adjutanten in den Armeen der französischen Republik. 1796.
- ↑ Historische Gemälde in Erzählungen merkwürdiger Begebenheiten aus dem Leben berühmter und berüchtigter Menschen. Herausgegeben von einer Gesellschaft von Freunden der Geschichte. Funfzehnter Band. Leipzig, 1807. bey Johann Friedrich Hartknoch.
- ↑ Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Napoleon in der Verbannung. Von Barry E. O'Maera, Esq. Dresden bei Paul Gottlob Hilscher. 1823.
- ↑ Denkwürdigkeiten von Sanct-Helena, oder Tagebuch, in welchem alles, was Napoleon in einem Zeitraume von achtzehn Monaten gesprochen und gethan hat, Tag für Tag aufgezeichnet ist. Von dem Grafen von Las Cases. Stuttgart und Tübingen in der J. G. Gotta'schen Buchhandlung. 1823.