Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Ludwig Maria Reveillere-Lepaux.[]

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Revelliére-Lépeaux.

Ludwig Maria Reveillere-Lepaux, gebohren zu Montaigu, im Departement der Vendée, den 25 August 1753; also gegenwärtig zwischen 43 und 44 Jahre alt.

Sein Leben, ohne glänzend zu seyn, enthält doch eine Menge schöne Züge. Nachdem er zu Angers den Titel eines Advocaten angenommen hatte, übte er diesen Beruf bei dem Parlament zu Paris: er zeigte hier nicht jenes Talent, das zur Bewunderung hinreißt, und eine auffallende Celebrität gewinnt; aber man kannte ihn als einen einsichtsvollen, klaren und gründlichen Sachverwalter. Nicht lange trieb er diese Kunst; ihm ekelte vor der gerichtlichen Chikane; er kehrte in seine Provinz zurük, und beschlos, an den anmuthsvollen Ufern der Loire sich seiner Leidenschaft für die Botanik zu überlassen. Er stiftete zu Angers eine Schule für diese Wissenschaft, und ward selbst deren Lehrer: seine Vorlesungen nahmen nur 4 Monden des Jahres ein; die übrige Zeit lebte er im Schoose seiner Familie, seine friedlichen Tage dem Studium der Natur geweiht. Denker, Philosoph, erschuf er Theorien zur Regeneration der Völker; er war einer von denen, die die Revolution im Geiste vorhersahen. Zu den GeneralStänden erwählt, brachte er in diese Versammlung die ganze Geradheit seiner Charakters und die festen Linien seiner Grundsäze; er focht im ersten Gliede mit für die Bildung der constituirenden Versammlung und für die Abschaffung des Unterschieds der Stände: dann zeigte er sich wenig auf der RednerBühne, und folgte, in freiwilliges Dunkel gehüllt, dem Wege, den die Mehrheit der Gesezgeber, die ihn hochschäzten, gieng, ohne der Rivale ihrer Celebrität seyn zu wollen. Nachdem die Versammlung ihre Sizung geendigt hatte, ward er Verwalter des Departements der Loire, und benahm sich dabei mit Rechtschaffenheit und Bescheidenheit. Als die Royalisten in der Vendee zu den Waffen griffen, sezte er ihnen eine Compagnie von Aposteln entgegen, die er ausschikte, um auf dem Lande die Lehre der Freiheit zu predigen, indem er ihnen den Geist der Mäsigung und Brüderschaft empfahl. Bei dem Zusammenrufe eines NationalConvents ward er abermals zum Deputirten ernannt. Da Robespierre's Grausamkeit jeden empörte, der nur irgend menschliches Gefühl hatte, so konnt' er sich nicht enthalten, gegen diesen schreklichen Demagogen und seine Rotte einen Aufsaz, unter der Aufschrift- der Cromwellism, zu schreiben, der in die Chronik von Paris vom 11ten Februar 1793 eingerükt ward. Nachdem er dis GlaubensBekenntniß, das seinem Herzen Ehre macht, abgelegt hatte, verzichtete er auf seine Stelle, und entgieng dem Dolche der Mörder, indem er sich wieder unter die Menge der unthätigen Bürger verlor. Als den Tyrannen endlich ihr Recht widerfahren war, ward er in den Schoos des Convents zurükberufen, und zeichnete sich darin durch den festen Geist von Mäsigung aus, der in seinen Reden herrschte. Endlich ward er, man kan sagen einstimmig, zum Director erwählt; denn von 218 Stimmen im Rathe der Alten waren 216 für ihn. Uns bleibt hier weiter nichts zu sagen, um seinen Charakter zu zeichnen, der sich in allen seinen Handlungen abgedrükt hat: rein in seinen Sitten; sanft in seinen Empfindungen; mild und menschlich in seiner ganzen Denkart, hat er allgemein den Ruf eines tugendhaften Mannes.


Von Reisende.[]

F. J. L. Meyer.[]

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[1796]

Die Justiz, und die Angelegenheiten des Innern, sind in den Händen des Direktor Reveillère-Lepeaux, aus dem Departement der Vendée. Er war vordem Gutsbesitzer in der Gegend von Angers, wo er mehrere literarische Institute, unter andern einen botanischen Garten, stiftete. Die vereinte Stimme der Unpartheiischen, und selbst derer, welche Gegner der jetzigen Verfassung, und unerschöpflich im Tadel der Personen des Direktoriums sind, nennt ihn vorzugsweise den tugendhaften Mann. Frankreich sagen sie, huldigte dem reinsten Bürgersinne, als Reveillère das erste Staatsamt übertragen ward. Die öffentliche Meinung ist ungetheilt über seine Einsichten als Staatsmann, seine Kenntnisse als Gelehrter, und über seine gesellschaftlichen Tugenden als Mensch. Er war Mitglied der Generalstände, und einer der eifrigsten Beförderer der allgemeinen konstituirenden Versammlung, und der Abschaffung der ständischen Theilungen. -- Beim Anfange der Vendee-Unruhen gerieth sein Leben in eben den Augenblicken in Gefahr, da er dort um Frieden flehete, und seine ganze Beredsamkeit anwandte, um den Bürgerkrieg in seinem Vaterlande zu verhindern. Er bekannte sich nie zu einer Partei, er liebte den Frieden, er schätzt das Verdienst unter allen Ständen und Völkern, und erklärt sich mit biedrer Offenheit für das Gute und Edle. -- Der Anblick des Mannes flösst inniges Zutrauen und Hochachtung ein, auch wenn er bei seiner kleinen, etwas verwachsenen Statur, schwarzem abgestutztem Haar, dicken Augenbrauen und gelblicher Gesichtsfarbe, sich im Pompe der Direktorial-Hoheit zeigt; und wo, und wie er erscheinen mag, spricht der trefliche, liebenswürdige, biedre Mann aus jedem seiner Züge, und aus seinen humanen Äusserungen. Ich sah ihn oft in den Versammlungen des Nazional-Instituts, als Mitglied der zweiten Klasse, in der Sekzion der Moral; und als er am feierlichen Eröffnungstage des Instituts, in der Staatstoga, als Direktor, in seinem Sessel, auf der Estrade des Saals sass, schien er nicht Zwang anlegen zu müssen, um nicht seinen Sitz auf den Bänken der Mitglieder, diesem Ehrenplatze vorzuziehen, und sich zu ihnen zu gesellen. -- Reveillère ward, weil er den wüthenden Demagogen die kühne Stirn zeigte, von Robespierre gehasst und verfolgt. Er legte nun seine Stelle als Deputirter nieder, und entzog sich der Diktatur. Ohne ängstlich verborgen zu sein, lebte er in dieser Zeit des unterdrückten Edelmuths auf dem Lande, in der Gegend von St. Quentin. Bei meiner Rückreise über diesen Ort, wo ich Reveillère 's Freunde besuchte, hörte ich einen der braven Männer, die damals den verfolgten Repräsentanten, mit ihrer eignen und ihrer Familie Gefahr, bei sich aufnahmen, sagen: "Was wir für ihn thaten, ist kein Verdienst: denn welcher gute Franzose würde nicht eben das gethan, und, mit eigner Lebensgefahr, diesen tugendhaften Mann gezwungen haben, einen Zufluchtsort unter seinem Dache anzunehmen? -- Er gehörte zu den vorzüglichsten Mitarbeitern an der jetzigen Konstituzion, nachdem der befreiete Konvent ihn zurückgerufen, und ihm seinen vorigen Platz wiedergegeben hatte. -- Bei der Wahl zum Direktor hatte er, bis auf zwei, alle Stimmen des ganzen Raths der Alten.


Reveillere Lepeaux.[]

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Louis Marie Reveillere Lepeaux ward am 25 August 1725 zu Montaigne im Departement Vendee geboren. Die Stelle eines Advokaten, zu der er bestimmt war, stand ihm nicht an. Sein Geist überlies sich in früher Jugend dem Studium der Moral, der Politik, der Philosophie, der Naturgeschichte. Bis zur Epoche der Generalstaaten war sein Leben das eines unabhängigen, den Sitten seines Landes und seines Jahrhunderts fremden Menschen. Die Monarchie und ihre Mißbräuche flösten ihm einen so lebhaften Abscheu ein, daß er beschloß, sich mit seiner Familie nach der Schweiz, oder nach dem nördlichen Amerika zu begeben, und er beschäftigte sich ernsthaft hiemit, als im Jahr 1788 die Stimme der Freiheit erscholl.

Er war einer von den Deputierten im Jahre 1789. Er leistete dem Hofe einen hartnäckigen Widerstand, aber seine Gründe stützten sich auf Rechtschaffenheit und Liebe zum Guten. Während der Sitzung der gesezgebenden Versammlung verwaltete er verschiedene öffentliche Aemter, unter andern das eines Geschwornen bei dem hohen Nationalgericht von Orleans. Hier zeigte er denselben Geist, der ihn bei der ersten Nationalversammlung beseelt hatte, aber weder die Festigkeit seiner Charakters, noch die Redlichkeit seiner Gesinnungen konnten ihn vor dem traurigen Einfluß der Faktionen retten. Ihr Haß gegen ihn stieg auf das höchste, als er nebst zweien seiner Kollegen eine gerichtliche Erklärung gegen den 31 May mit seinem Namen unterzeichnet, herausgab. Bedroht, verfolgt, und durch einen Verhaftsbefehl, den der WohlfahrtsAusschuß gegen ihn ausgefertiget hatte, niedergedrücket, war er gezwungen, sich den Nachsuchungen seiner Verfolger durch die Flucht zu entziehen. Ein Freund gab ihm einen Zufluchtsort. Einige Zeit nach den 9ten Thermidor wurde Reveillere Lepeaux wieder zurückberufen. Er wurde im Nationalkonvent auf eine sehr günstige Weise empfangen. Er trug als erwähltes Mitglied der Commission, welche den Plan der Constitution vom 3ten Jahre d. M. revidiren sollte, durch seinen standhafte Thätigkeit zur schleunigen Vollendung dieses Werkes bei. Er stieg von verschiedenen Magistratur-Würden bis zu der eines Mitgliedes des vollziehenden Direktorium's. Hier aber empfand er, wie schwankend ein in der Kunst zu regieren unerfahrner Mann auf einer so hohen Stelle steht. Er war rechtschaffen, höchst moralisch und strenge von Sitten, aber seine Einsichten waren beschränkt, um der Regierungskunst, zu welcher freie, große, vielumfassende Ideen gehören, angemessen zu seyn. Reveillere Lepeaux suchte diesen Mangel, den er fühlte, durch jene Festigkeit, die ihm einst so glücklich beigestanden hatte, zu ersezen; aber jezt war dies nicht mehr Festigkeit, sondern Unbiegsamkeit. Man macht ihm den Vorwurf, daß er auf die Begebenheiten des 18ten Fructidor einen großen Einfluß gehabt habe, wenn das so ist, so hat er zu Entschlüssen, die sich ganz von den Gesetzen der Menschheit entfernen, und zu tyrannischen unerhörten Thaten, welche die Quellen aller Mißbräuche, die ihnen folgten, sind, beigetragen.

Andre Beschuldigungen, z. B. die, daß er ein eignes Religionssystem habe, wurden nicht von Billigdenkenden, sondern blos von seinen Feinden aufgefaßt. Uebrigens ist seine jetzige Armuth, nachdem er eine Laufbahn, wo die Verführung des Gewinnes durch dessen Leichtigkeit in der Erreichung so viele Macht hatte, ein ehrenvolles Zeugniß der Redlichkeit seiner Gesinnungen.


Lareveillière-Lepéaux.[]

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Lareveillière-Lepéaux, geboren 1753 zu Montaigu, im Poitou, studirte zu Angers und begab sich sodann nach Paris, in der Absicht, Advokat zu werden. Nachdem er diesem Plan aufgegeben, kehrte er in sein Vaterlande zurück, widmete sich dem Studium der Botanik und lehrte diese Wissenschaft zu Angers, wo er einen botanischen Garten anlegte. Als ernannter Deputirter zur General-Stände-Versammlung arbeitete er in den Ausschüssen und machte sich nur bisweilen durch seinen Haß, welchen er gegen die ersten Stände blicken ließ, bemerkt. Nach dem Falle der Gironde nahm er seine Entlassung, ungeachtet er in keinem Dekrete gegen die Girondisten begriffen war; der Sicherheitsausschuß beschloß hierauf einen Verhaftbefehl gegen ihn, diesem entging er aber und hielt sich während der ganzen Schreckensregierung verborgen. Nachdem er den 8. März 1795 auf Thibaults Vorschlag wieder in die Versammlung berufen worden war, erhielt er etwas mehr Einfluß, als vorher. Man ernannte ihn zum Mitgliede der Kommission, welcher die Vorbereitung der Grundgesetze für die Konstitution übertragen wurde. Hierauf kam er in den Rath der Alten, präsidirte ihn den 27. Oktober und ward der 31ste zum Mitglied des Direktoriums ernannt. Man sah ihn damals als den gemässigtsten der Fünf Direktoren an. Als ein unermüdeter Arbeiter hatte er großen Theil an der gewöhnlichen Ausfertigung der Geschäfte; seine Charakterlosigkeit aber hinderte ihn stets, Einfluß auf die Maaßregeln von Bedeutung zu erhalten, und er machte sich endlich durch seine Grille, Oberhaupt einer Secte zu werden, in den Augen von ganz Frankreich lächerlich. Er erklärte sich als Beschützer der Theophilantropen und verwandte viele Zeit und Sorgfalt auf die Ausbreitung dieser Secte, von der er der Oberpriester zu werden gedachte. Er war es, der eben den Vorsitz des Direktoriums bey den Ereignissen des 18. Fruktidors bekleidete, und hatte gewissermassen einige Tage vor der Katastrophe, in einer Rede, in welcher er sich heftige Aeusserungen gegen die Mehrheit der Räthe erlaubte, das Signal zum Kampfe gegeben. Die Clichipartey hatte sich einen Augenblick Hoffnung gemacht, ihn auf ihre Seite zu ziehen; allein, war es Schwäche, wie Lacarriére will, oder war es Treulosigkeit, wie Carnot behauptet, der in seinen Memoiren die häßlichste Schilderung von ihm macht; kurz er schlug sich zu Barras und Rewbell und gab ihnen also die Mehrheit, die ihren Triumph entschied. Seit diesem Augenblicke fuhr er fort zu arbeiten und zu dogmatisiren, und überließ Barras die Gewalt und Rewbell die großen Gelderschütterungen; sah sich aber am Ende selbst im Juny 1799, ohne daß er einen Widerstand versuchte, aus dem Direktorium gestossen, und lebt gegenwärtig zwischen seinen Büchern und Pflanzen, seinen Lieblingsbeschäftigungen.


Quellen.[]

  1. Europäische Annalen Jahrgang 1797 von D. Ernst Ludwig Posselt. Tübingen in der J. G. Cottaischen Buchhandlung 1797.
  2. Fragmente aus Paris im IVten Jahr der französischen Republik von Friedrich Johann Lorenz Meyer Dr. Domherrn in Hamburg Hamburg bei Karl Ernst Bohn 1797.
  3. Französische Miscellen Erster Band. Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1803.
  4. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
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