Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

[1]
Gouvion Saint-Cyr, (Lorenz), -- Trat im J. 1792 in Kriegsdienste; ist alle Grade des Generalstaabs durchgegangen; Divisions-General den 16ten Jun. 1794.

Sehr guter Offizier; er hat sich durch seine Thätigkeit, seine Tapferkeit und seine Talente ausgezeichnet.


Jetziges Schicksal.

[2]
St. Cyr, Generallieutenant der Rheinarmee, verließ dieselbe wegen Streitigkeiten mit Moreau, wurde Staatsrath und zugleich Obergeneral der Armee von Portugal, bekleidet gegenwärtig die Stelle eines Grosbotschafters der französischen Republik am spanischen Hofe, mit Beibehaltung seiner Qualität als ausserordentlicher Staatsrath.


Biographien.[]

(1811) Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811.
(1813) Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. 1813
(1817) Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
(1820) Zeitgenossen. XVII. Leipzig: F. A. Brockhaus. 1820.


Gouvion-St.-Cyr.[]

[3]

PortretStCyr320

St. Cyr.

Gouvion-St.-Cyr, Divisionsgeneral, Staatsrath, gewesener Bothschafter zu Madrid, Generalobrister der Kuirassiere, Großoffizier der Ehrenlegion u. s. w. hatte sich schon in den italienischen Feldzügen von 1793 und 94 ausgezeichnet. Als ein Aufstand der Armee 1798 Massena nöthigte, Rom zu verlassen, übernahm Gouvion das Kommando und ließ mehrere Anstifter der Widersetzlichkeit arretiren. Seine einfache Lebensart in dem Kommando war bemerkenswerth. Das Direktorium setzte ihn 1799 zwar ab, doch kam er durch den ersten Konsul alsobald wieder in Thätigkeit. Gegen Ende 1801 wurde er in den Staatsrath für das Kriegsdepartement berufen. Im May 1803 erhielt er von neuem das Kommando der französischen Armee in Italien und stand lange in den neapolitanischen Staaten bis zum September 1805, wo Frankreich den Neutralitätsvertrag mit Neapel abschloß. Zu Ende 1805 kommandirte er unter Massena, trug zur Niederlage der Generale Jellachich und Rohan bey und wurde zu Anfange 1806 in das südliche Italien zur Einnahme des Königreichs Neapel geschickt. Dann ward er Oberbefehlshaber des Lagers von Boulogne und nun kommandirt er eine Division in Spanien.


Gouvion St. Cyr.[]

[4]
Der während des jetzigen Krieges mit Rußland zum französischen Reichsmarschall ernannte Divisionsgeneral Gouvion St. Cyr zeichnete sich zuerst in den Feldzügen von 1793 und 1794 in Italien aus. Als General Massena 1798 das Commando in Rom abgab, trat General Gouvion St. Cyr an seine Stelle. 1799 ward er vom Directorium abgesetzt, erhielt aber bald wieder eine Anstellung. 1801 ward er zur Section des Krieges in den Staatsrath berufen. Im J. 1803 erhielt er das Obercommando in Italien, und verließ Neapel erst 1805 nach geschlossenem Neutralitätsvertrag. Bereits 1804 zum Colonel-General der Kuirassiere ernannt, machte er alle neueren Feldzüge als Divisionsgeneral mit, und commandirte auch eine Zeit lang in Catalonien.


Gouvion St. Cyr..[]

[5]
Gouvion St. Cyr, französischer Reichsmarschall, Staatsrath, vormaliger Botschafter zu Madrid, Generaloberster der Kuirassiere, Großofficier der Ehrenlegion u. s. w.

Gouvion hatte sich schon in den Italienischen Feldzügen von 1793 und 1794 ausgezeichnet. Als ein Aufstand der Armee 1798 Massena nöthigte, Rom zu verlassen, übernahm Gouvion das Kommando und stellte durch zweckmäßige Maßregeln die Ordnung wieder her. Seine einfache Lebensart in dem Kommando war bemerkenswerth. Das Direktorium setzte ihn zwar 1799 ab, doch kam er durch den ersten Consul sogleich wieder in Thätigkeit. Gegen Ende des J. 1801 wurde er in den Staatsrath für das Kriegsdepartement berufen, erhielt im Mai 1803 von neuem das Kommando der französischen Armee in Italien, und stand bis zum September 1805 in den Neapolitanischen Staaten, zu welcher Zeit Frankreich den Neutralitätsvertrag mit Neapel abschloß. Zu Ende des Jahrs 1805 kommandirte er unter Massena, trug zur Niederlage der Generale Jellachich und Rohan bei, und wurde zu Anfang des Jahrs 1806 in das südliche Italien zur Einnahme des Königreiche Neapel beordet. Darauf ward er Oberbefehlshaber des Lagers von Boulogne, kommandirte sodann eine Division in Spanien, befand sich 1812 bei der Armee in Rußland, wo er dem Fürsten Wittgenstein gegenüberstand, war nachher bei den Ueberresten des Heeres unter dem Vicekönig von Italien, und befehligte in dem letzten Napoleonschen Feldzug von 1813 das 14te französische Armeekorps, mit welchem er nach dem Waffenstillstand im Lager bei Königstein stand, und zu verschiedenen Zügen gegen Böhmen gebraucht ward. Als am 6. Oct Napoleon seine Hauptarmee in die Gegend von Leipzig führte, blieb St. Cyr als Gouverneur in Dresden, welches er den 12. Nov. an den österreichischen General Grafen Klenau durch Capitulation übergab. Da der letztere aber ohne Ratihabition der alliirten Mächte gehandelt hatte, so ward St. Cyr, weil die Capitulation nicht genehmigt wurde, freigestellt, ob er wieder in die Festung zurück, oder als Gefangener nach Böhmen gehen wolle. Er wählte das Letztere. Nach dem Frieden ging er wieder nach Frankreich zurück. Als er 1814 nach Paris zurück kam, ward er Pair und Commandeur des Ludwigsordens. 1815 folgte er dem Könige, der ihn dann nach seiner Rückkehr zum Kriegsminister ernannte, was er aber nur bis Ende Septembers d. J. blieb, und dann in den Staatsrath eintrat. Im Anfange des J. 1816 erhielt er die Gouverneursstelle der 5ten Militär-Division in Strasburg.


Graf L. Gouvion Saint Cyr.[]

[6]
Pair und Marschall von Frankreich, Minister-Staatssecretär im Kriegsdepartement und Staatsminister (bis zum 19. November 1819.)

Gouvion St. Cyr, aus einer adeligen, aber nicht begüterten Familie in der Champagne, ward den 13-April 1764 zu Toul geboren. Liebe zur Kunst bewog ihn, den Versuch zu machen, ob er sich als Maler auszeichnen könne. Schon sehr jung machte er zu diesem Behuf eine Reise nach Rom, studierte und arbeitete dort fleißig. Als er aber kurze Zeit vor dem Ausbruche der Revolution nach Frankreich zurückgekehrt war, schien ihm die militärische Laufbahn mehr Befriedigung seines Ehrgeizes zu versprechen, und er entschloß sich als Freiwilliger zu dienen, ward bald Offizier und rückte immer weiter. Im Jahr 1793 war er General-Adjutant bei der Moselarmee. Bei den zahlreichen, blutigen Gefechten, welche auf den wichtigen Punkten Esbach und Kaiserslautern zwischen den Franzosen und Preußen vorfielen, zeichnete er sich sehr aus. Die kommandirende französische General war ein noch ziemlich unerfahrner Militär, die Befehle wurden daher häufig von St. Cyr gegeben, und dieses Armeekorps, großen Theils aus jungen Freiwilligen bestehend, welche noch nie im Feuer gewesen waren, wäre vielleicht ohne ihn verloren gegangen. Bald darauf ward St. Cyr Brigadegeneral. Als solcher zur Alpen-Armee geschickt, vertrieb er am 14. September 1793 die Piemonteser Truppen aus der Maurienne. Im folgenden Jahre zeichnete er sich durch einen kühnen Angriff auf die Ramasse aus, wo achtundzwanzig Kanonen und sechs hundert Gefangene in die Gewalt der Franzosen kamen. Im Jahr 1795 ward er bei der Rhein- und Mosel-Armee angestellt, wo er unter den Befehlen des General P. Moreau stand, der in seinem Hauptquartier vor Luxemburg an einer Krankheit starb. Im November nahm er Zweibrücken wieder ein, welches die Truppen des Generals Clerfayt in ihre Gewalt bekommen hatten. Auch bei Ettingen that er sich hervor, und in den an den Nationalconvent erstatteten Berichten ward damals sein Name sehr oft und ehrenvoll genannt. Bei der Mainzer Blokade, mit welcher man bloß die Absicht hatte die Belagerung Luxemburgs zu decken, kommandirte er den Angriff des Centrums. Der österreichische General Clerfayt, der sich dieses Platzes nach einer Blokade von mehreren Monaten bemächtigt hatte, unternahm wiederholt heftige Angriffe auf die französischen Linien, welche vom Obergeneral Pichegrü, der schon damals für die Royalisten thätig war, durch die Absendung sehr starker Detaschements bedeutend geschwächt worden waren. St. Cyr setzte diesen Angriffen den kräftigsten Widerstand entgegen; da jedoch die Oesterreicher ihm an Zahl zu sehr überlegen waren, so machte er einen meisterhaften Rückzug auf die von Mainz vierzig Lieuen entfernten Linien der Queich, in fortwährendem Gefecht mit dem Feinde, dem er noch eine Menge Gefangene abnahm. Noch bekannter wurde Gouvion St. Cyr im Feldzuge von 1796, wo er unter dem Obergeneral Moreau das Armeecorps des Centrums befehligte, als Beaupuy unmittelbar nach dem Rheinübergang gefährlich verwundet worden war. Als einer von den vornehmsten Befehlshabern der Rheinarmee, nahm er an den Feldzügen in Schwaben und Baiern (1796 und 1800) den thätigsten Antheil. Im Jahr 1798 befand er sich bei der italienischen Armee unter Massena. Als Massena durch eine bei dieser Armee ausgebrochene Empörung gezwungen ward, Rom zu verlassen, übernahm St. Cyr das Obercommando. Strenge Maßregeln hatten die Gemüther erhitzt, aber er war von den unter ihm stehenden Generalen geliebt und von den Soldaten geachtet; die Dämpfung des Aufruhrs gelang daher seiner Unerschrockenheit und Klugheit bald, nachdem er die Haupturheber hatte verhaften lassen. Während seines Aufenthalts in Italien machte er eine Menge neuer Civil- und Polizei-Einrichtungen. Er befahl die Veräußerung der beweglichen Güter des Kirchenstaats, und regulirte die Verwaltung seiner unbeweglichen Nationalgüter. Durch eine andere Ordonnanz theilte er das Gebiet in zwei Militär-Divisionen, deren Hauptstädte Rom und Ancona waren. Diese von den Machthabern der französischen Republik anbefohlenen Veränderungen mußten den Freunden der päbstlichen Regierung mißfallen, und das Murren darüber ward laut; doch die ungemeine Liebe und Achtung, in welcher St. Cyr stand, brachte die Missvergnügten bald zum Schweigen. Im Jahr 1799 ward der vom Directorium nebst mehreren andern Generälen entlassen, doch schon im folgenden Jahre abermals als Divisionsgeneral bei der Armee in Italien in Thätigkeit gesetzt. In dieser Zeit trieb er die Oesterreicher bis über die Marga zurück. Im Monat April desselben Jahres ging er zur Rheinarmee, die unter Moreaus Befehlen stand, bemächtigte sich Freiburgs und trug viel zum Siege von Hohenlinden bei. Indeß entzweite er sich damals, im Sommer 1800, mit Moreau, der ihm den Vorwurf machte, daß er nicht streng genug auf Disciplin hielte. Noch in demselben Jahre berief ihn der Oberconsul in den Staatsrath, und 1801 ward er Lucian Buonapartes Nachfolger als Gesandter am Hofe zu Madrid. Von diesem Posten ward er abgerufen und wieder nach Italien geschickt, wo er das Commando der Occupationsarmee im Königreiche Neapel übernehmen mußte. Er räumte Neapel nicht eher, als nachdem im September 1805 ein Neutralitätsvertrag geschlossen worden war. Im August 1804 ward er vom Oberconsul zum Generalobersten der Kürassire ernannt, und am 1. Februar 1805 erhielt er das große Kreuz der Ehrenlegion. Zu Ende desselben Jahres wieder unter Massena's Befehlen bei der italienischen Armee beschäftigt, machte er beim Rückzuge der Erzherzogs Carl ein von den Generälen Jellachich und Rohan befehligtes Corps von 6000 Oesterreichern zu Gefangenen, und rückte darauf, in Folge des nach der Schlacht von Austerlitz abgeschlossenen Waffenstillstandes, in Venedig ein. Von hier begab er sich zur Armee, die unter Joseph Buonapartes Befehl zum zweiten Male das Königreich Neapel besetzen sollte. Nach Beendigung dieses Feldzuges und nach der Schlacht bei Jena berief man ihn zur großen Armee; 1807 ward er Generalgouverneur in Warschau. Nach dem Frieden von Tilsit ging er nach Spanien, und 1808 nahm er Rosas, Barcellona und Tarragona mit Sturm. Auch die Gefechte bei San Feliz, Equixola und Palamos machten seinem Muth und Talent Ehre. Im Jahr 1812 nahm er am Feldzuge gegen Rußland Theil, und zeichnete sich am 19. August im Gefechte bei Poloc aus. Als der Herzog von Reggio (Oudinot), welcher an der Dwina das zweite Armeecorps anführte, verwundet worden war, übernahm St. Cyr das Commando dieses Corps, und schon am nächstfolgenden Tage schlug er den General Wittgenstein, wofür er durch den Marschallsstab belohnt ward. Auf dem jammervollen Rückzuge von Moskau ward er von demselben russischen General angegriffen, setzte ihm aber einen so tapfern Widerstand entgegen, daß der Feind sich ruhig verhalten mußte. Wegen einer erhaltenen Schußwunde am Fuße übergab er das Commando seines Armeecorps dem General Legrand. Er übernahm es in der Folge wieder, und führte den Oberbefehl in Dresden über das an der Elbe bis Böhmen zurückgelassene französische Heer. Hier ward er von der großen Armee der Verbündeten angegriffen und auf den Mittelpunkt seiner Stellung, auf die Hauptstadt zurückgeworfen. Als hierauf Napoleon in Eilmärschen aus Schlesien ihm zu Hülfe gekommen war, zeichnete sich St. Cyr am 26. u. 27. Aug 1813 in der Schlacht bei Dresden aus. In Folge späterer Ereignisse aber sah sich Napoleon in den ersten Tagen des Octobers gezwungen, mit der Hauptarmee bei Leipzig eine Stellung zu nehmen, und der Marschall St. Cyr blieb mit 30,000 Mann in Dresden zurück, um diesen wichtigen Punkt zu behaupten. Er ward aber bald von allen Seiten eingeschlossen, und ein feindlicher Heerhaufe von 16000 M. unter Tolstoi lagerte sich in der Nähe der Stadt, um den Zug des russischen Heeres unter Bennigsen nach Leipzig zu decken. St. Cyr schlug zwar den Feind am 17. October und nahm ihm 6 Feldstücke und gegen 400 Gefangene ab; allein die Russen und Oesterreicher drangen schon am 20. mit Uebermacht aufs neue vor. St. Cyr war jetzt in Dresden gänzlich abgeschnitten. Vergebens versuchte er am 6. November sich auf dem rechten Elbufer nach Torgau hin durchzuschlagen. Er übergab daher die Stadt mit Capitulation den 11. November und erhielt freien Abzug. Allein der Oberbefehlshaber, Fürst von Schwarzenberg weigerte sich, die Capitulation zu genehmigen, worauf der Marschall mit der Garnison kriegsgefangen nach Ungarn und Mähren sich begeben mußte.

Nach den großen Ereignissen, welche wieder einen Bourbon auf den französischen Thron riefen, kehrte St. Cyr nach Frankreich zurück, wo er beim Könige die huldreichste Aufnahme fand, und von ihm am 24. Sept. 1814 zum Pair von Frankreich und Commandeur des Ludwigsordens erhoben ward. Als im März des folgenden Jahres die Nachricht von Buonapartes Rückkehr von Elba nach Paris gekommen war, begleitete er Monsieur nach Lyon, in der Hoffnung, dem schnellen Vordringen des Usurpators einigen Widerstand entgegensetzen zu können. Von Lyon schlug er den Weg zum General Düpont ein, welcher königlichen Truppen bei Orleans commandirte. Aber schon Tags zuvor war eine Insurrection bei den Truppen ausgebrochen, welche, durch Buonapartes kühnes Unternehmen aufs Neue für ihn begeistert, die weiße Kokarde unter die Füße getreten und die Nationalkokarde wieder aufgesteckt hatten. St Cyr verweigerte es diesen Truppen, Musterung über sie zu halten, so lange sie nicht die weiße Kokarde wieder aufgesteckt haben würden. Indeß, die Empörung der Truppen war nicht zu dämpfen; sie brach mit erneuerter Wuth aus, und ward so drohend, daß St. Cyr und Düpont sich durch eine schnelle Abreise retten mußten. Am folgenden Tage stürmte das erste Kürassierregiment mit Gewalt durch eins der Stadtthore, und marschirte mit einem Theile seiner Offiziere nach Paris, um dem Buonaparte'schen Heere sich anzuschließen. St. Cyr blieb der Sachse des Königs unerschütterlich treu, und verschmähte es, an Napoleons neuem Hofe zu erscheinen. Er lebte als Privatmann zurückgezogen, bis Ludwig XVIII. wieder in Paris eingetroffen war. Dieser ernannte ihn sofort am 7. Juli zum Kriegsminister; doch schon gegen Ende September übergab St. Cyr, bei der Auflösung der Talleyrandschen Administration, das Portefeuille seines Ministeriums dem Herzoge von Feltre, (Clareke). Er selbst behielt den Titel eines Staatsministers. In dieselbe Zeit fiel auch seine Ernennung zum Mitgliede des Geheimenrathes und zum Gouverneur der fünften Militärdivision. Am 3. Mai erhielt er das große Kreuz des Ludwigsordens. Am 23. Juni 1817 trat er ins Ministerium zurück. Er nahm zuerst, als Dübouchages Nachfolger, den Seeminister-Posten an, damit der Herzog von Feltre, welchem man schonende Rücksichten noch schuldig zu seyn glaubte, nicht auf eine zu brüske Weise entfernt würde. Als aber kurze Zeit darauf des Herzogs von Feltre Abgang dem Publikum nicht mehr verschleiert ward, erhielt St. Cyr sogleich den Kriegsministerposten.

Um sich auf diesem Posten richtig zu benehmen, bedurfte St. Cyr aller seiner Klugheit und Geistesüberlegenheit. Die falschen Maßregeln und der gehässige leidenschaftliche Verfolgungsgeist seines Vorgängers waren nicht geeignet gewesen, bei der Armee Anhänglichkeit an die neue Regierung zu bewirken, die noch nicht ausgerottete alte Anhänglichkeit an Napoleon war vielmehr dadurch grösser geworden. Umgeben von den Intriguen derer, die den alten Emigrantengrundsätzen treu blieben, und der sogenannten Ultras, mußte er seine Schritte sorgfältig abmessen, er mußte Einhelligkeit in die Armee zu bringen wissen. Indeß, nachdem sein Muth vielem heftigen Widerstande getrotzt und ihn endlich glücklich überwältigt hatte, verschaffte er seinem Entwurfe eines organischen Recrutirungsgesetzes den Sieg, dieses berühmten Gesetzes, welche für die Armee ganz dasselbe war, was für die Nation die Ordonnanz vom 5. Sept. und das Wahlgesetz waren. Durch dieses Gesetz, vom 6. März 1818, nach welchem jeder Bürger in der Armee zu allen Aemtern und Stellen gelangen kann, *) lud St. Cyr den Haß jener Faction nach weit mehr auf sich, und er theilte nun mit dem Grafen Decazes das Loos, recht eigentlich der Gegenstand ihrer Verfolgung zu seyn, die es darauf anlegte, sie aus dem geheimen Conseil des Königs zu vertreiben. Beide standen mit ihren Gesinnungen unter den übrigen Ministern ziemlich isolirt, und als einst, ganz im Geiste der Unduldsamkeit jener Faction, im Conseil die empörende Aeusserungen hingeworfen ward, es sey möglich, daß selbst der König die Alliirten noch einmal darum bitten müsse, ihre Truppen wieder in Frankreich einrücken zu lassen, standen Decazes und St. Cyr entrüstet auf, und zogen sich sogleich zurück, von welchem kühnen Schritte die nächste Folge ihre Entlassung aus dem Ministerium war.

Indeß, wenn Ludwig XVIII, auf einige Augenblicke von den ihn umlagernden Ultras der rechte Gesichtspunkt verrückt werden konnte, so sprach doch die öffentliche Meinung sich nur zu stark aus, als daß er nicht hätte erkennen sollen, beide Männer seyen in seinem Ministerium unentbehrlich. Es währte daher nicht lange, so erhielten sie in der neuen Verwaltung ganz wieder den Einfluß, den sie in der vorigen gehabt hatten. St. Cyr fuhr jetzt fort, die Armee nach dem neuen Plane wiederherzustellen; zugleich verabschiedete er viele unfähige, aber den Bourbons ergebene Officiere, und stellte eine große Anzahl von Officieren der alten Buonaparteschen Armee wieder an. Dieß alles machte ihn den strengen Royalisten noch mehr verhaßt. Als er nun sich mit Decazes, wie dieser -- neun Monate später -- selbst eine Abänderung des Wahlgesetzes vorschlug, entzweite, weil er den Zeitpunkt dazu für ungünstig ansah, so erhielt er deßhalb, zum großen Bedauern des Heeres und des Mehrtheils der Nation, am 19. Nov. 1819, seine Entlassung. An seine Stelle trat der Marquis Latour Maubourg.

Die Staatsverwaltung des Marschalls Gouvion St. Cyr, als Kriegsminister, zeichnete sich insbesondre auch durch die Ordnung, Klarheit und Regelmäßigkeit aus, mit welcher sein Ausgabe-Budget stets abgefaßt war, was bei den Budgets der übrigen Minister weniger Statt gefunden haben soll. Das höhere Verdienst seiner Verwaltung um den Staat überhaupt läßt sich am treffendsten mit den Worten bezeichnen, mit welchen es der Deputirte, General Foy, in der Sitzung der Kammer am 14. April 1820, ohne Widerspruch zu erfahren, geschildert hat. "Unsere Arsenale, sagte der General, waren leer: Er hat sie gefüllt; unsere Grenzplätze fielen in Ruinen: Er hat sie wieder aufgerichtet, und unsere Vertheidigungsmittel erweitert. Statt eines Heeres hatten wir nur Cadres, mit einigen missvergnügten Soldaten ausgefüllt: Er hat ein Nationalheer gebildet, hat es gelehrt, die Namen König und Vaterland mit einander auszusprechen; Er hat vom Könige ein Militär-Reglement erhalten, geeignet, Soldaten den constitutionellen Geist einzuflößen, der sie auf gleiche Art geschickt machen wird, die bürgerliche Freiheit, die Sicherheit des Thrones und Frankreichs politische Unabhängigkeit aufrecht zu erhalten. Er versuchte es, die edelmüthigen Gesinnungen aller Epochen zu verschmelzen; und wird sein Werk fortgesetzt, so wird Frankreich, stark durch die Hülfsquellen, welche sein Recrutirungsgesetz, seine Nationalgarden und sein Veteranen-Corps ihm darbieten, feindlichen Angriffen mehr als den bloßen Schrei der Angst und des Schreckens entgegen setzen können. Das sind Gouvion St. Cyrs Ansprüche auf Frankreichs Achtung; sie werden ihm dereinst vielleicht auch die Gunst des Königs wieder erwerben."

Es ist allgemein anerkannt, daß Graf Gouvion de St. Cyr zu den besten Taktikern der französischen Armee gehört. Es verdankt den ungemeinen Schatz seiner Kenntnisse großen und entschiedenen Naturanlagen zum Militär neben vieljährigem rastlosem Studium.


Zeitungsnachrichten.[]

1812.[]

Vom Mayn, vom 10ten März. [7]

Durch Stuttgardt sind am 29sten Februar und 1sten März französische Kouriere nach Wien, und der General St. Cyr ist nach München gereist, wo auch der Herzog von Abrantes (Marschall Jünot) bereits eingetroffen ist.


Paris, den 14ten September. [8]

Durch ein kaiserliches Dekret aus dem Hauptquartier Slawkowo, den 27sten August, ist der Divisionsgeneral, Graf Gouvion Saint-Cyr, zum Reichsmarschall ernannt worden. (Er kommandirt bekanntlich jetzt das seit der Verwundung des Reichsmarschalls, Herzogs von Reggio (Oudinot), vakante zweyte Armeekorps der großen Armee.)


Quellen.[]

  1. Vollständige Rangliste aller Generale und General-Adjutanten in den Armeen der französischen Republik. 1796.
  2. Das jetzige Schicksal der vielen französischen und gallobatavischen Generäle die sich bei so manchen Gelegenheiten ausgezeichnet, und den Krieg überlebt haben. 1802.
  3. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
  4. Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. 1813
  5. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  6. Zeitgenossen. XVII. Leipzig: F. A. Brockhaus. 1820.
  7. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 65. Freytag, den 15. März 1812.
  8. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 233. Freytag, den 27. September/9. Oktober. 1812.
Advertisement