Patriotismus der Oesterreicher im Jahre 1808.[]
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Beynahe zwanzig Jahre war Österreich in hartnäckige Kriege verwickelt. Die Tapferkeit der Kriegsheere, welche in manchen Treffen sich auszeichneten, konnte den Feind, der sich wie ein Strom ausbreitete, nicht hindern, selbst die Residenz-Stadt Wien im November 1805 zu besetzen. Mit beträchtlichen Länder-Abtretungen, selbst mit dem Verluste von Tirol, welches immer dem Erzhause Oesterreich von ganzen Herzen ergeben war, erkaufte unser gute Monarch seinen getreuen Unterthanen den Frieden, und befreyete sie von den Gewaltthätigkeiten der Feinde.
Nun war Österreich durch die Abtretung der äußersten Provinzen und Festungen jedem feindlichen Einfalle bloß gestellt. Mitten im Frieden sollte es zahlreiche Heere bereit halten, um bey jedem Anscheine des Krieges gerüstet zu seyn, und den Feind dadurch vom Kriege abzuhalten. Aber die Erhaltung solcher überaus zahlreichen Heere würde große Steuern von den Unterthanen erfordert haben. Auch wurde durch die so oft nöthigen Truppenaushebungen während des zwanzigjährigen Krieges die junge Mannschaft in den Erbländern so vermindert, daß es beynahe schon dem Ackerbaue und den Gewerben an arbeitenden Händen fehlte. Mehr Leute konnten also füglich nicht von der Landwirthschaft, von den Handwerken und Fabriken zu Soldaten genommen werden, ohne diese ins Stocken zu bringen.
Die weise österreichische Staatsverwaltung fand Mittel, die Armee in einen furchtbaren Stand herzustellen, ohne daß Ackerbau, Gewerbfleiß und Handlung darunter litt. Die junge dienstfähige Mannschaft wurde ausgehoben, jährlich durch vier Wochen in den Waffen geübt, und dann wieder nach Hause zu ihren Beschäftigungen entlassen. Diese Truppen nennt man die Reserve. Bey Ausbruch eines Krieges waren diese Reserven bereit, als geübte Soldaten an die Regimenter sich anzuschließen, und das Vaterland tapfer gegen jede Gefahr zu vertheidigen.
Mit ungewöhnlicher Schnelligkeit waren diese Reserven gestellt, die Mannschaft fand sich meistens sehr gern ein, und zeigte unter den Waffenübungen den besten Willen. Als die Exercier-Zeit verflossen war, wünschten mehrere Männer, sogleich beym Regimente zu verbleiben. Die Reserve des Regiments Kerpen sollte den Tag vor der Ausführung eines Feld-Manövers entlassen werden; da bath sie dringend, dieses Manöver mitmachen zu dürfen. Bey der Stellung der zweyten Reserve wollten sich mehrere junge Leute, die zum Militär-Dienste als unfähig befunden wurden, durchaus nicht abweisen lassen. Sie wollten mit ihren Kameraden dienen, und die Ehre theilen, das Vaterland mit Leben und Blut zu vertheidigen. Die Officiere wußten aber auch den guten Willen und Eifer der Mannschaft zu schätzen, und behandelten sie so gütig und ehrenvoll, daß ihnen der Wehrstand erst recht angenehm wurde.
Bald darauf wurde die
- Landwehre
errichtet. Dienstfähige Jünglinge und Männer, die nicht in jene Classe gehörten, welche zum Militär ausgehoben werden konnte, sollten freywillig eigene Bataillone bilden, und sich an Sonn- und Feyertagen in den Waffen üben, um in den Tagen der Gefahr das Vaterland, Haus und Hof gegen feindliche Einfälle vertheidigen zu können. Eine herrliche Anstalt, welche dem Vaterlande eben so nützlich, als jedem biedern Österreicher willkommen war!
Der gute Monarch kannte die Liebe und Ergebenheit seiner Völker, welche sich so oft durch Wort und That bewähret hat. Er wußte, daß jeder Österreicher sich glücklich fühlte, ein Bürger eines so mächtigen und glücklichen Staates zu seyn, und daß es ihm äußerst kränkend und schmerzlich seyn würde, wenn sein Vaterland von auswärtigen Feinden herabgewürdiget, und durch Abtretung von Provinzen zerstückelt würde. Unser guter Landesvater wußte, daß im Jahre 1797, wo der Feind in Österreich eingedrungen war, eben damahls, wo die Gefahr am größten war, das Volk nur zu den Waffen gerufen werden durfte, und in zahllosen Haufen herbeyströmte, um Haus und Hof zu vertheidigen. Er hatte also nur dafür zu sorgen, daß dieses bereitwillige, patriotischgesinnte Volk in den Waffen geübt, in geschlossene Heere gebildet, und sich mit der Zeit nicht nur an Muth, sondern auch an kriegerischer Einsicht und Gewandtheit mit den feindlichen Heeren messen könnte.
Die Erzherzoge leiteten diese Völkerbewaffnung, und stellten sich an die Spitze dieser Heere. Dieses gab den Wehrmännern Zutrauen, und der Monarch konnte die Landwehre nicht mehr ehren, als daß er diese erlauchten Prinzen zu ihren Führern bestimmte.
Ein Herzerhebender Anblick war es, zu sehen, wie alle Classen und Stände harmonisch zusammen wirkten, um diese herrliche Anstalt, welche schwierig und mit Hindernissen verbunden zu seyn schien, bald zu ihrer Vollkommenheit zu bringen,
Kaum war unterm 2. Julius 1808 der Wille des Monarchen, eine Landwehre zu errichten, kund gemacht, als schon das tapfere Volk sich haufenweise herbey drängte, um ihre Nahmen als Vertheidiger des Vaterlandes in die hierzu eröffneten Einschreibebücher vormerken zu lassen. Aus dem Frohsinne, der sich durch das ganze Land verbreitete, wurde es deutlich, daß der Monarch durch Errichtung der Landwehre dem Volke eine Wohlthat erwiesen und einen Wunsch, den sie schon lange hegten, erfüllet habe. In drey Tagen sah man in der Hauptstadt die derselben vorgeschriebene Anzahl von Wehrmännern ganz durch eigene freywillige Stellung nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Ähnliche Berichte liefen vom Lande ein, und man mußte schon unterm 24. Julius durch eine eigene Kundmachung der übermäßig anwachsenden Anzahl der Wehrmänner Schranken setzen, und jene, welche nicht mehr angenommen werden konnten, vertrösten, daß ihnen das Recht vorbehalten bleibe, für die Zukunft vorzugsweise der Landwehre beytreten zu dürfen.
Brabe's erhabenes Beyspiel wirkt.
Es fehlte hie und da nicht an unzufriedenen boßhaften Menschen, (aber ihre Zahl war sehr gering), welche diese herrliche Anstalt verdächtig zu machen suchten. So brachten diese unter die Leute, man würde die Wehrmänner unter die Recrouten stecken. Dieses boßhaft-verleumderische Gerede war Ursache, daß in einer Vorstadt Wiens die Leute zögerten, sich einschreiben zu lassen; aber die schöne Handlung eines Einzigen regte das schlummernde Ehrgefühl auf. Der Wechsel-Sensal Brabe, ein sechzigjähriger und vermöglicher Mann trat vor, und ließ sich als Gemeiner einschreiben, Sogleich von edlem Schamgefühle ergriffen, strömte eine Menge herbey, und folgte dem aufmunterden Beyspiele. Der Erzherzog erhob sodann Brabe nach Verdienst zum Officier. In der Folge wurde dieses Bataillon so zahlreich, daß man es in zwey abtheilen mußte.
Der hohe Adel und die Landstände zeigen sich als Patrioten.
Der würdige Prälat von Schotten, Andreas Wenzel, versammelte in kurzer Zeit ein ganzes Bataillon auf seinem Grundgerichte, und die treue Kaufmannschaft bildete aus ihren jungen Leuten gleichfalls ein volles Bataillon; und versah es auf eigene Kosten mit allem Nothwendigen.
Die niederösterreichischen Herren Stände, immer gewohnt, zu jeder nützlichen Anstalt alles Mögliche beyzutragen, schafften große Summen Geldes herbey, um die Wehrmänner mit Kleidung und Waffen zu versehen. Die Güterbesitzer trugen zu den übrigen Erfordernissen das Ihrige bey; viele derselben traten als Officiere an die Spitze der Bataillone, die aus ihren Unterthanen gebildet waren, und suchten auf alle mögliche Art mitzuwirken. So haben im Viertel Ober-Manhartsberg der Landgraf von Fürstenberg, die Grafen Veterani und Gilleis durch Anschaffung der Seitengewehre für die Unter-Officiere, durch Zulage für altgediente Soldaten, welche die Wehrmänner in den Waffen übten, durch Unterstützung armer Landwehrmänner, sich die Liebe der Mannschaft erworben, welche die zwey letzteren und der Sohn des gedachten Landgrafen mit rühmlichen Eifer als Hauptleute anführten.
So führte im Viertel Unter-Manhartsberg der erst vor kurzem verstorbene geheime Rath, Graf v. Breuner, der, nachdem er dem Staate als Gesandter wichtige Dienste geleistet, sich zu einer ehrenvollen Ruhe begeben hatte, ein Bataillon, welches zum Theile aus seinen Unterthanen bestand, als Major an, und schaffte mit seinem Hauptmanne, dem Obergespanne Grafen v. Schönborn mit einem ansehnlichen Aufwande alles herbey, was zur besseren Kleidung der Wehrmannes, zur Erhaltung seines guten Muthes und Frohsinnes nur immer beytragen konnte. Zu diesem Bataillon hatten sich Graf Engel, Baron Gudenus, die jungen Grafen Schönborn und Breuner als Officiere gestellt.
Bey dem zweyten Bataillone dieses Viertels war es Graf Ferdinand Colloredo, der unter dem hohen Adel sich der Erste zur Annahme einer Officiers-Stelle bey der Landwehre angebothen hat, und sodann als Hauptmann seine Compagnie mit Gewehren auf seine Kosten versah.
Im Viertel Unter-Wiener-Wald bestand das vierte Bataillon meistens aus Unterthanen des Grafen von Hoyos, der so wie der Graf Cavriani beyde als Hauptleute, sich den guten Fortgang der Landwehre mit Ernst und Eifer angelegen seyn ließen.
So zeichneten sich im Viertel Ober-Wiener-Wald die Abtey Göttweih und der Fürst Starhemberg durch wichtige Anstrengungen aus. Diesen bath der Kreishauptmann, daß er einem seiner Beamten erlauben möchte, in die Landwehre zu treten. "Diente ich nicht als Gesandter, sprach der hochherzige Fürst, so sollten Sie mich selbst bey der Landwehre dienen sehen."
So zeigte sich der Adel, nicht nur im Lande unter der Enns, sondern in allen Provinzen des österreichischen Kaiserstaates durch Vaterlandsliebe der erhabenen Thaten seiner Ahnen würdig, und munterte durch sein schönes Beyspiel die Bürger in unserm glücklichen Staate zur Nachahmung auf.
Veteranen treten zur Landwehre.
Ein herzerhebender Anblick war es, alte, im Kriege ergrauete Soldaten mit ehrenvollen Wunden bedeckt, zu sehen, wie sie, welche Ruhe und Erhohlung schon längst verdient hatten, zum Dienste der Landwehre allenthalben herbeyeilten, um diese angehenden Krieger in den Waffen zu üben, und sie durch ihre Erfahrung zu leiten. Rührend war es besonders, den Hauptmann Koch, einen 79 jährigen Greis mit dem beseelten Eifer eines jungen Mannes bey diesen Übungen rastlos thätig zu erblicken.
Die Wehrmänner waren aber auch unermüdet, sich recht bald zum Kriegsdienste zu bilden. Die Sonn- und Feyertage reichten nicht hin; auch an Werktagen nach der Arbeit strömten sie in Menge zu ihren Officieren, und bathen, von ihnen geübt zu werden. Nicht nur die untergehende Sonne, auch der Mond beleuchtete diese Waffenübungen. So machten sie schnelle Fortschritte, und am vierten Feyertage konnten die Bataillone der Stadt Wien schon in großen Abtheilungen exercieren.
Ein edler kriegerischer Geist ergreift die Oesterreicher.
Durch den Antheil, welchen man so allgemein an der Landwehre nahm, hatte sich ein edler kriegerischer Geist in der ganzen Nation erhoben. Überall versammelten sich selbst die Knaben zu kriegerischen Spielen, und die Ältern sahen ihnen mit Wohlgefallen zu. Selbst die Weiber des Landvolks strömten in ihren besten Sonntagskleidern herbey, sahen die Übungen mit an, und rühmten sich dessen, einen Wehrmann zum Gatten zu haben. Freundschaftlich zogen dann die Wehrmänner aus dem Dorfe, die fremden aus den benachbarten Örtern, die mit ihnen in Reihe und Glied exercirten, mit altösterreichischer Gastfreundlichkeit herzlich und froh an ihren Tisch, und tranken auf das Wohl des österreichischen Kaiserhauses.
Einzelne Züge des Patriotismus.
Viele schöne Züge von Vaterlandsliebe rühren von dem Zeitpuncte der Einrichtung der Landwehre her. Hier folgen einige wenige.
Die Gemeinde von Erdberg, eine minder bedeutende Vorstadt Wiens, welche größten Theils von Küchengärntnern bewohnt ist, bildete allein eine überzählige Compagnie von 308 Mann. Man erwartete, daß bey der Musterung am 4. März mehrere Landwehrmänner, besonders jene, welche Weib und Kinder hatten, ihre Entlassung wünschen würden. Aber nur ein Einziger wagte diesen Wunsch. Kaum vernahmen es die andern, als sie ihn mit Bitterkeit einen Wortbrüchigen nannten. Die Offiziere und Kommissäre erstaunten. Nun erklärten sie: "sie haben einen heiligen Brüderbund unter sich geschlossen, daß keiner von ihnen zurückbleiben sollte, wenn das Vaterland sie zu seiner Vertheidigung rufe, sondern, daß sie bey einander ausharren wollen in Noth und Tod. Wer diesen Schwur verletze, sey ein Meineidiger. Der Beschämte nahm seinen Wunsch zurück, und die Übrigen reichten ihm wieder die Bruderhand.
Andreas Palzer hatte als Feldwebel bey dem Regimente Erzherzog Carl gedient, und als seine Dienstzeit vorüber war, den Abschied gewünscht und erhalten. Er war ohne Vermögen, Gatte und Vater von sechs unmündigen Kindern. Dennoch trat er zum vierten Bataillon der Landwehre, wo er zum Unter-Lieutenant befördert wurde, und zog aus mit demselben, während seine Gattinn, um den wackern alten Krieger dem Dienste des Vaterlandes nicht zu entziehen, durch ihrer Hände Arbeit sich und ihre Kinder ernährte.
Conrad Reschauer, Besitzer einer Seidenzeug-Fabrik auf der Wieden Nro. 320, ermunterte siebenzehn seiner Arbeiter, zur Landwehre zu treten, die er doch zum Betriebe seiner Manufactur nöthig hatte. Nicht zufrieden, dem Staate dieses Opfer gebracht zu haben, sicherte er einem jeden derselben eine tägliche Zulage an Geld und den Wiedereintritt in seine Fabrik zu. Als man diese echtpatriotische Handlungsweise erhob, da wunderte er sich. "So," meinte er, "müsse und werde in diesem Augenblicke jeder gute Bürger handeln."
Der Bürger und Seidenfärber-Meister Andreas Jaure (Besitzer des Hauses Nr. 429 in der Vorstadt Wieden) munterte mit einem beyspiellosen Patriotismus alle seine sechs Gesellen auf, als Schützen an die Landwehre sich anzuschließen. Er selbst gab jedem derselben einen Kugelstutzen. Als sie auszogen, zahlte er jede~ einen doppelten Monathsgehalt aus, und sicherte ihnen eine monathliche Zulage von fünf Gulden zu. Sein Gewerbe stand zwar beynahe ganz still, aber er achtete dieses großen Verlustes nicht, und vergaß sich selbst über der Gefahr des Vaterlandes.
In dem Hause des Bürgers und Hofmüllers Carl Hof (Vorstadt Gumpendorf Nro. 39) wohnten sechs Familien, deren Väter bey der Landwehre standen. Als der wackere Bürger dieses vernahm, erklärte er sogleich, von diesen Familien so lange keinen Wohnungszins zu nehmen, bis die braven Vaterlandsvertheidiger wieder zu ihren Gewerben und Geschäften zurück kehren würden. Damit noch nicht zufrieden, both er den Dürftigeren aus ihnen Unterstützung an, und unterzeichnete noch einen besondern Beytrag zu der allgemeinen Sammlung für die zurückgelassenen Familien der Landwehrmänner.
Auch in der niedersten Hütte zeigte sich die schöne Liebe für das Vaterland und seine Vertheidiger in Wort und That. Sebastian Gruber, ein Lastträger (wohnhaft im Altlerchenfelde Nro. 193) hatte einige Jahre vorher sein ganzes Vermögen verloren. Mühevoll, im Schweiße seines Angesichtes hatte er sich in der Zwischenzeit wieder hundert Gulden erspart. Als die Landwehre auszog, dachte er mit Rührung an das Schicksal der Familien, deren Väter dem Rufe des Vaterlandes folgten. Er nahm, einstimmig mit seinem braven Weibe, sich selbst vergessend, die ersparten hundert Gulden, und übergab sie dem Richter, damit sie dieser unter dreyzehn Familien, welcher er bestimmte, austheile. Segen dem braven Manne, und hohe Achtung von jedem, der das Gute und Schöne zu schätzen weiß!
Wohlthätige Unterstützung der Familien der Landwehrmänner.
Als die Landwehre im Frühling 1809 ins Feld zog, verließen manche Wehrmänner mit Besorgniß ihre Familien, weil sie für den Unterhalt derselben nicht mehr sorgen konnten. Aber dieß Besorgniß war halb unnütz. Man veranstaltete Geldsammlungen für die zurückgebliebenen Familien, man unterzeichnete monatliche bestimmte Beyträge; jeder auch der ärmste Dienstbothe trug seinen Groschen bey, und so hatte man in wenigen Tagen eine so große Summe beysammen, daß man die Angehörigen der Landwehrmänner, welche das Vaterland tapfer vertheidigten, hinlänglich unterstützen konnte.
Ein schönes und großes Beyspiel gab der edle biederherzige Graf von Burgstall, k. k. Kämmerer, und innerösterreichischer Gubernial-Rath. Er legte in die Hände Sr. kais. Hoheit des Erzherzog Johann eine Erklärung nieder, in welcher er sich verbindlich machte, jedem seiner zahlreich bey der Landwehre stehenden Unterthanen, welcher die goldene militärische Verdienst-Medaille sich erringe, drey hundert Gulden, jedem aber, der mit der silbernen Medaille belohnt zurückkehre, hundert Gulden auszuzahlen. Eben so viel versprach er jedem, welcher durch Wunden gehindert würde, sich nach dem Kriege durch Arbeit seinen Unterhalt zu verschaffen.
Im gleichen patriotischen Geiste handelte der Graf Anton Gundacker v. Starhemberg, Oberst beym Husaren-Regimente Radetzky. Er bestimmte zur Unterstützung der Weiber und Kinder seiner unter der Landwehre stehenden Unterthanen der Herrschaften Haus und Eschelberg (im Lande ob der Enns) jährlich die Summe von fünfhundert Gulden, und verband damit die Versicherung: für die Witwen und Waisen derer, die den schönen Tod fürs Vaterland sterben würden, so viel es in seinen Kräften stünde, zu sorgen. Sollten Söhne von Bauern auf dem Felde der Ehre bleiben, so würde er gleiche Wohlthaten den Vätern angedeihen lassen. Jedem Wehrmanne, der sich vor dem Feinde ausgezeichnet, oder durch Wunden zur Fortsetzung seiner Arbeit gehindert würde, versprach er Nachlaß an Zehenden und Dienstpflichten.
Felix Jaschke ein Patriot.
Als nach der Schlacht bey Austerlitz so wohl österreichische als russische Verwundete und Kranke nach Fulnek (an der mährischen Gränze) gebracht wurden, da both der wackere Bürger und Handelsmann Felix Jaschke unaufgefordert sein eigenes Haus zum Spitale für dieselben an, verpflegte sie, unterstützte sie mit Bettgeräthe, Lebensbedürfnissen, und ward so der Retter, der Wohlthäter von Hunderten tapferer Krieger. Kaum erging der Aufruf zur Landwehre, so ward der patriotische Jaschke ebenfalls der erste, welcher zu derselben übertrat. Sein schönes Beyspiel wirkte. Ihm folgten viele frohen Sinnes nach, und aus seinem eigenen Vermögen unterstützte er jene, die es bedurften. Sr. Majestät der Kaiser, gerührt durch diese Züge der höchsten Vaterlandsliebe, haben dem vortrefflichen Manne die goldene, für Bürgerverdienste bestimmte Ehrenmünze ertheilt.
Carl Würth
war als gebildeter Jüngling in k. k. Kriegsdienste getreten, und hatte sich in 20 Dienstjahren von dem untersten Posten zu dem Range eines Hauptmanns im Infanterie-Regimente Erzherzog Ludwig geschwungen. Bey einem glücklichen Talente und einem eisernen Fleiße bildete er sich durch ununterbrochenes Lesen der zweckmäßigsten militärischen Schriften zu einem der brauchbarsten Männer seines Standes. Immer herzhaft und tapfer vor dem Feinde war er mit mehreren ehrenvollen Wunden bedeckt. Er wurde von seinen Vorgesetzten eben so geachtet, als von seinen Kameraden und seiner untergeordneten Mannschaft geliebt, für die er einen beträchtlichen Theil seines Vermögens verwendete. Er war es, der während der Dauer seiner Kriegsgefangenschaft in Frankreich im Jahre 1805 die ganze gemeine, ebenfalls kriegsgefangene Mannschaft seines Regiments mit Gelde unterstützte. Ja er entlehnte Geld gegen hohe Zinsen, um seinen ermatteten und kranken Waffenbrüdern so gar kostbare Weine zur Stärkung zu verschaffen. Endlich trat dieser wackere Officier um seiner ganz zerrütteten Gesundheit willen in den Pensions-Stand. Einige Zeit darauf erging der Aufruf zur Landwehre. Da ertrug sein immer reger patriotischer Geist die verdiente Ruhe nicht. Würth übernahm das Commando einer Compagnie der mährisch-schlesischen Landwehre, und führte sie tapfer vor den Feind. In der Folge wurde er zum Major befördert.
Schöner Zug zweyer Landwehrmänner.
Der Hauptmann v. Schluderer von der zweyten Compagnie des vierten Bataillons der Landwehre bestimmte, um in die Waffenübungen seiner Mannschaft eine höhere Nacheiferung zu bringen, für die zwey vorzüglichsten Schützen einen Preis von 25 Gulden. -- Die Gemeinen Georg Hayn und Franz Ziegelbauer verdienten denselben. Aber mit edlem Selbstgefühle schlugen sie diese Belohnung ihrer Geschicklichkeit aus, und bestimmten dieselbe zur Unterstützung der dürftigen Gattinnen und Kinder einiger ihrer wackern Kameraden.
Patrioten in Mähren und Schlesien.
Der Tag der Fahnenweihe der Landwehr-Bataillone in Mähren und Schlesien waren Feste, bey welchem der hohe patriotische Sinn der Obrigkeiten und der Ortsbewohner auf die mannigfaltigste Weise sich äußerste. So hat die Administration der Güter des durchlauchtigen Herzogs Albert königlicher Hoheit ganz nach dem erhabenen Willen dieses großen Menschenfreundes jedem Kinde der ärmern Landwehrmänner während der Dienstesabwesenheit des Vaters eine bestimmte Unterstützung aus den Renten angewiesen, und die Landwehrmänner während ihrer Dienstesabwesenheit von mehreren Abgaben und Leistungen befreyet. Das Letztere geschah auch auf den Fürstlich v. Salm'schen Herrschaften. Der durch seine Humanität wie durch seine hohe Vaterlandsliebe rühmlich bekannte, und nur leider zu früh als das Opfer seiner seltenen Menschenliebe verstorbene Graf Leopold Berchthold v. Buchlau nahm es auf sich, für alle zurückgebliebenen dürftigen Familien der ausmarschierenden Landwehrmänner väterlich zu sorgen. Der edelmüthige, für die Landwehre mit der Wärme und den Aufopferungen echter Vaterlandsliebe thätige Fürst v. Dietrichstein Proskau übernahm in allen seinen in Mähren liegenden weitläuftigen Besitzungen die Fürsorge der zurückgebliebenen Gattinnen und Kinder, so wie der verwundeten Officiere und Landwehrmänner, und sicherte den Witwen derjenigen, welchen es beschieden seyn sollte, den rühmlichen Tod fürs Vaterland zu sterben, Pensionen zu.
Graf Larisch zu Teschen sicherte bey dem Ausmarsche des braven Regiments Wenzel Colloredo dem Obersten desselben 2000 Gulden für jene braven Soldaten zu, welche sich durch besondere Tapferkeit auszeichnen würden. Der würdige Pfarrer Johann Schmiasko aber bestimmte seinen zweyjährigen Zehend aller Gattung, und einen Betrag, den er an dem Religions-Fond zu fordern hatte, zur Unterstützung der dürftigeren Familien der Teschner-Landwehrmänner.
Graf Ferdinand von Weissenwolf k. k. Kämmerer übernahm gleich bey Errichtung der Landwehre die Stelle eines Bataillons-Commandanten und beförderte auf alle mögliche Art das Gedeihen derselben. Er bestimmte aus dem Ertrage seiner Herrschaften tausend Gulden jährlich zur Unterstützung der Gattinnen und Kinder jener von seinen Unterthanen, welche mit der Landwehre auszogen. Zugleich aber erklärte er alle Landwehrmänner seiner Herrschaften, die im Kriege sich auszeichneten, oder die Ehren-Medaille erringen würden, von allen Abgaben frey, so lange er und sie leben würden.
Der Patriotismus der edlen Stände des Königreichs Böhmen
äußerte sich auch auf eine rührende Art. Als am 31. October 1808 die Stände auf einem Landtage zu Prag versammelt waren, und ihnen vorgetragen wurde, daß der Kaiser und König die Summe von 1500,000 zur Uniformirung und Rüstung der Landwehre in Böhmen von ihnen fordere, so erklärte die Versammlung in einem einstimmigen frohen Ausrufe: "nicht nur mit Schnelligkeit diese Summe herzuschießen, sondern mit allem Eifer die Errichtung der Landwehre zu unterstützen, und für die geheiligte Person Sr. Majestät, für Thron und Vaterland Blut und Leben freudig darzubringen. Und die edlen Böhmen haben auch Wort gehalten. Schnell waren die Bataillone organisirt, und viele Divisionen erbothen sich auch außer den Gränzen des Königreichs gegen den Feind zu dienen und haben ihr Wort wacker gelöset.
Patriotismus der hochherzigen Ungarn.
Die gränzenloseste Liebe für Vaterland, König und Thron belebte die hochherzigen Ungarn bey dem Landtage am 3. September 1808. Die immer merkwürdige Scene vom Jahre 1741, wo mit Enthusiasmus die Stände der großen Maria Theresia schwuren "Moriamur pro rege nostro" erneuerte sich. Das ganze Corps der Stände eilte aus freyem Antriebe zu dem geliebten Monarchen, und indem sie seinen Thron umgaben, erklärten sie einstimmig, daß ihnen für ihren König und ihre Constitution kein Opfer zu theuer wäre. Wenn binnen drey Jahren das Vaterland feindlich angegriffen würde, sollten alle Edelleute zu den Waffen greifen, um den König, den Thron und das Vaterland zu vertheidigen. Zugleich bothen sie an, wenn ein Krieg die Vermehrung der Armee erfordern sollte, zwanzig tausend Recrouten unaufgefordert zu stellen, und noch weitere Maßregeln zur Reichsvertheidigung zu treffen, wenn dringende Umstände sie gebiethen sollten. Sie brachten einen Fond von mehreren Millionen Gulden zur Errichtung der schönen Louisens-Akademie zusammen, in welcher die Jugend zu Officieren gebildet werden sollten. Die ganze Nation schien seit diesem merkwürdigen Landtage von edlem Patriotismus begeistert. Einzelne Züge lassen auf die allgemeine Stimmung schließen.
Die drey erhabenen Brüder, Franz, Carl und Stephan Grafen Zichy stellten auf eigene Kosten eine Division zu dem Husaren-Regimente Ott; die jüngst verstorbene Gräfinn Keglevics, vormahls vermählte Gräfinn Caroly, stellte im Nahmen ihrer Kinder aus der ersten Ehe eine fünfte Division zu dem Palatinal-Husaren-Regimente. Ähnliche Anerbiethungen, die mit Schnelligkeit ausgeführt wurden, geschahen von andern Großen des Reichs. Die Neutraer Gespannschaft stellte außer der Insurrection und ihrem Antheile an der festgesetzten Anzahl von Recrouten zu den Linien-Infanterie-Regimentern, noch eine Cavallerie-Regiment von 900 Mann ausgerüstet ins Feld; die Pressburger Gespannschaft ebenfalls außer der Insurrection und der festgesetzten Recrouten-Zahl, 600 Mann zu Pferde und zwey Bataillone Freywilliger zu Fuß, die Barscher Gespannschaft 300 Mann zu Pferde.
Ewig denkwürdig wird diese österreichische Landesvertheidigung in der vaterländischen Geschichte seyn. Alle wackere Soldaten haben die Wehrmänner für das Vaterland gekämpft, das Wohlwollen ihres gnädigen Landesvaters, den Dank ihrer Mitbürger, die Achtung des Auslandes und selbst ihrer Feinde sich erworben. Segen der Asche der Braven, welche den Tod für's Vaterland starben!
Quellen.[]
- ↑ Merkwürdigkeiten der Länder und Völker des österreichischen Kaiserstaates, Beschreibungen nützlicher und wohlthätiger Anstalten, nebst lehrreichen Erzählungen, Fabeln und Gedichten. Ein unterhaltendes Lesebuch für die vaterländische Jugend. Von Leopold Chimani. Wien, 1814. Im Verlage bey Anton Doll.