Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Hannöversche Angelegenheiten.[]


Allgemeiner Bericht von den politischen Merkwürdigkeiten.

[1]

Die Schlacht von Austerlitz hat die Ruhe im nördlichen Deutschlande erhalten. Funfzig tausend Mann alliirter Truppen, die im Hannöverschen versammelt waren, wurden durch die Folge dieser Schlacht in Unthätigkeit versetzt. Auch zog die Französ. Nord-Armee, die sich in Holland unter Prinz Louis gesammelt hatte, größtentheils wieder auseinander.

Dem Churfürstenthum Hannover stand eine Veränderung, nämlich eine provisorische Besitznahme durch Preußen, bevor. Der K. Staatsminister, Graf von der Schulenburg, war zu dem Ende von Berlin abgereist, und ward auf dieser wichtigen Reise nach Hannover am 2ten Febr. zu Hildesheim erwartet.

Eine andere Occupation ist vermuthlich schon im südlichen Italien erfolgt, indem seit dem vorigen Monat eine starke Französische Armee auf dem Marsch war, um Neapel zu besetzen.

Sowol Italien, als mehrern Deutschen Gegenden stehen noch merkwürdige Veränderungen bevor. --


Das künftige Schicksal der Hannöverschen Lande.[]

[2]

[1808]

Aus dem strengen Verfahren der französischen Regierung gegen Hannever, daß nehmlich die dem Lande diktirte Kriegskontribution mit Gewalt beigetrieben wird, haben schon mehrere Politiker die Schlußfolge gezogen, der französische Kaiser sei gegenwärtig sehr geneigt, Hannover bei einem künftig zu schliessenden Frieden an England zurück zu geben, und habe also keinen Bewegungsgrund, dieses Land zu schonen, oder sich um die künftigen Wohlstand der Einwohner zu kümmern.

Nach meiner Meinung gründet sich diese Schlußfolge auf falsche Prämissen, denn die Beitreibung der Kontribution ist, wenn man solche genau betrachtet, nicht gewaltsamer, als es von jeher gewöhnlich war, nur mit dem Unterschiede, daß andre Eroberer, Friedrich der Zweite zum Beispiel, von der eroberten Provinz eine Geldsumme foderten, ohne sich darum zu kümmern, wie die Eintheilung gemacht wurde, Napoleon hingegen, unzufrieden mit der von hannöverschen Ständen getroffenen Eintheilung, erklärt, es solle die Kriegslast den Armen nicht drücken, sondern damit nur allein der Wohlhabende im Staate belegt werden. Deshalb fodert der französische Intendant hievon ein genaues Verzeichniß, und wird alsdenn die Begüterten selbst taxiren, welches freilich ungewöhnlich, mit der Billigkeit aber sehr wohl übereinstimmt. Uebrigens kennt man die Verhältnisse der hannöverschen Stände und ihr Betragen gegen die französische Regierung zu wenig, um urtheilen zu können, in wie ferne sich die gedrohten Zwangsmittel entschuldigen lassen, oder ob solche in Betracht des vielen Ungemachs, was Hannover unverschuldet erlitten, nicht zu hart ausfallen. Wir lassen also das alles dahin gestellt sein, und bemerken blos, es sei nicht wahrscheinlich, daß Napoleons Plan dahin gehe, Hannover an England zurück zu geben, im Gegentheil scheint die Trennung des Hannöverschen von England, zur Ausführung der gegen Großbrittanien zu ergreifenden starken Maaßregeln ganz wesentlich zu gehören.

Ein Blick auf die Landkarte wird meine Behauptung bald rechtfertigen. Es befinden sich nämlich im Hannöverschen, die Ausflüsse der Elbe und der Weser. Auch ist die Nordsee mit der Ostsee, durch die Stecknitz im Lauenburgischen verbundev. Die Elbe, die Weser und die Stecknitz, sind also die bequemsten Landungsplätze für Englische Waaren, und das Großbrittannische Hannover das rechte Land zur Einfuhr derselben auf das Continent, und Kaiser Napoleon als ein so guter Geograph, wird also nie England durch Abtretung des Hannöverschen so begünstigrn, daß es seine Waaren bequem auf das Continent einführen kann.

Nach der gegenwärtigen Beschaffenheit des festen Landes, kann selbst die englische Nation keinen großen Werth mehr auf das Hannöversche legen, weil es solches weder zur Handlung noch im Ansehung des Kriegs benutzen kann, welches ehemals der Fall war. Hannover müßte entweder dem Rheinischen Bunde beitreten, oder es würde durch diesen Bund dermaßen eingeschlossen, daß der Beherrscher des Hannöverschen von den Beschlüssen der Rheinischen Bundsgenossen und ihres Protectors lediglich abhängen würde, und das kann ihm weder angenehm noch nützlich sein.

Auch möchte es sich mit dem brittischen Nationalstolze wohl nicht vertragen, daß der König von Großbrittanien, als Beherrscher des Hannöverschen, entweder unter dem französischen Kaiser, in der Eigenschaft eines Protectors des Rheinbundes, stände, oder von ihm abhienge; d. i. daß der König von England, entweder der Form und der That nach, oder in Gemäßheit der Wirkung, rücksichtlich der auswärtigen Verhältnisse des Hannöverschen, wovon die innern zum Theil abhangen, dem Kaiser Napoleon untergeordnet wäre.

Bei der nicht zu verneinenden Wirkung, daß Großbrittannien, unter der Firma von Hannover, gegen Großbrittannien wirken müsse, kann man nach der gegenwärtigen politischen Lage von Altdeutschland eine Trennung des Hannöverschen von England erwarten, zumahl da sich der Rheinische Bund immer weiter ausdehnen, mithin der Einfluß des französischen Protectorats in die auswärtigen Verhältnisse, immer stärker werden wird.

Wenn man auch annehmen wollte, daß unter diesen Umständen der französische Kaiser das Hannöversche an England abtreten würde, so ist es doch nicht wahrscheinlich, daß der englische Nationalstolz sich dem französischen Protectorate unterwerfe, was doch die sehr natürliche Folge sein würde.

Wer die unglückliche Katastrophe für das nördliche Deutschland seit 1803 vor Augen hat, der wird einsehen müssen, daß allen Nachbarn des Hannöverschen, ja ganz Deutschland an Hannovers-Trennung von England gelegen sei, und daß der englische König den Verlust dieses Landes mit Recht verdient habe, weil durch seine angefachten und unterhaltenen Kontinentkriege, Deutschland unglücklich gemacht worden. Man gehe in Deutschland von Westen nach Osten, und ein Jeder wird einen practischen Beitrag zu der Wahrheit liefern können, daß er durch den großbrittanischen Krieg gegen Frankreich gelitten habe.

Wenn es auch möglich wäre, daß der König von England sich entschliessen könnte, zum Rheinischen Bund zu treten (was doch nicht der Fall ist) so müßte dich dieser Bund nicht zugeben, daß ein in seiner Mitte liegender Staat mit einem Reiche verbunden bleibe, daß ein Feind des Protectors dieser Union ist. Die Trennung des hannöverschen von England ist für dieses arme Land höchst nothwendig, weil man nur auf diese Art den Einwohnern Ruhe versprechen kann, kommen sie im Gegentheil aufs neue wieder unter englische Herrschaft, so ist nichts gewisser, als daß ihnen nach wenigen Jahren ähnliche Unglücksfälle wie die gegenwärtigen betreffen müssen, denn an Ruhe ist in solchem Falle gar nicht zu denken.

Die Engländer nannten Hannover gewöhnlich spottweise, den hannöverschen Meierhof, und als solchen hat auch der König von jeher dieses Land behandelt. Man beschuldigt ihn und mit Recht, daß er die Hannoveraner jedesmal wenn sie angegriffen wurden, im Stiche gelassen hat, aber aufrichtig gesagt, so ist er auch nicht im Stande gewesen, Hannover zu schützen. Die Lage war ihm sonst entgegen, und nach der neuern Ländervertheilung, dürfte es ganz unmöglich seyn. Bei Entstehung der geringsten Irrung, würden die Truppen des Rheinbundes ins hannöversche eindringen, ehe der König von England, von dem Schicksale seiner deutschen Stiefkinder Nachricht erhalten könnte, und so bleibt es unbegreiflich, wie ein Hannoveraner im Ernst wünschen kann, daß sein Vaterland, unter welcher Verbindung es auch seyn möge, mit Großbrittanien wieder vereinigt werde.

Bisher konnte ein jeder im Hannöverschen mit seiner Person und mit seiner auf erlaubte Art beförderten Industrie willkührlich verfahren, aber beides muß künftig ganz aufhören, wenn Hannover mit England verbunden bleibt, denn die Nachbarn würden diese armen Halbengländer so einschränken, daß sie sich nach und nach völlig zu Grunde gerichtet sähen, ohne daß ihnen ihr königlicher Stiefvater zu helfen vermögend wäre.

Der Wunsch eines ächten hannöverschen Patrioten kann kein andrer seyn, als der: von einem unumschränkten Monarchen, nach alle Staatsbürger beglückenden Grundsätzen in Zukunft regiert zu werden. Nach einer Regierungsform, welche die Staatsämter nicht nach Stammbäumen, sondern nach den hervorstechenden Eigenschaften des Kopfs und des Herzens vertheilt, alle Staatsbürger dem Gesetze gleich unterwirft, und keine Ausnahmen duldet. Höchst traurig war bisher die Lage der Hannoveraner, die bei einer geringen Bevölkerung einen eignen Staat bildeten, und sich im tiefsten Frieden, in einem beständigen Kriegszustande befinden mußten, in einem Zustande, der wenn der Fall eintrat, daß sich die Hannoveraner als eine zum Kriege gerüstete Macht zeigen sollte, sie nur lächerlich machte. Die Unterthanen wurden durch die militairischen Herrendienste gequält und ihnen die Beutel alle Jahre leichter gemacht, um ein politisches Gespenst zu seyn.

Nichts ist gewisser, als daß Hannover, sobald es wieder an England kommt, in höchst traurigen Zustande versetzt wird, doch der angeführten Gründe wegen, ist solches nicht zu vermuthen, und höchst wahrscheinlich werden die hannöverschen Provinzen andern Staaten einverleibt werden, oder auch einen eignen Regenten bekommen. In beiden Fällen befinden sich die Unterthanen besser, als unter den Scepter ihres Stiefvaters Georg.


Zeitungsnachrichten.[]

1806.[]

Preussen. [3]

Im vorigen Junius hatte sich bekanntlich eine Hannöverische Deputation nach Berlin begeben: die überreichte dem König eine, verschiedene Gegenstände betreffende, Bittschrift. Hierauf erfolgte am 26. Jun. eine Antwort, in welcher besonders folgende Stellen zu bemerken sind. "Die ferner in eurer Vorstellung an den Tag gelegten Gesinnungen sind Mir Bürge, daß ihr Mir und Meinem Hause forthin mit eben der Treue ergeben seyn werdet, die ihr eurem vorigen Landesherrn bewiesen habt." An einer andern Stelle heißt es: "Aus diesem Bescheide werdet ihr entnehmen, und Ich gebe euch mit Freuden darüber die feste Zusicherung, daß Mein ganzes Bestreben ausschließlich darauf gerichtet ist, die Wunden zu heilen, die die bisherigen unglücklichen Ereignisse dem Lande geschlagen haben, und es ganz glücklich zu machen. Weder ehrgeitzige, noch l~~derbegierige Absichten, sondern nur durch Erfahrung begründete Ueberzeugung, daß die Einverleibung der Hannöverschen Lande in die Preussische Monarchie zur beyderseitigen Wohlfahrt und Sicherheit schlechthin nöthig sey, haben Mich zu dieser Vereinigung, und den damit verbundenen grossen Opfern bestimmen können. Die Vergangenheit hat es bewiesen, daß England euch nicht beschützen konnte, und daß ihr nur von Preussen beschützt werden könnt."


Deutschland. [4]

Im Hannöverischen und in den Preussischen Besitzungen von Westphalen wurde stark recrutirt, und die ausgehobene Mannschaft zum Theil an die Depotbataillons zur Einübung, zum Theil aber auch unmittelbar an die Regimenter abgeliefert. -- Es hieß, daß sich bey Hoya in Kurzem ein starkes Preussisches Armeecorps zusammenziehen würde, von Hannover war eine Feldbäckerey dahin abgegangen. Hingegen hatten die Preussischen Truppen die Städte Hamm, Unna, Soest, und überhaupt die ganze Grafschaft Mark, schnell verlassen, und man war überall mit Einpacken der öffentlichen Cassen beschäftigt. Auch die Preussische Besatzung von Münster hatte Befehl, sich marschfertig zu halten, und die dortige Bank war zum Fortschaffen bereit. Der Artilleriepark für die westphälische Armee wurde aus Magdeburg erwartet, von wo er am 19. auf~rechen sollte.


1808.[]

Politische Notizen. [5] [Januar.]

Da die Festungen Hameln und Nienburg geschleift werden, so schliessen viele Politiker daraus, der Französische Kaiser sei nicht abgeneigt, Hannover an England zurückzugeben.

Politische Notizen. [6] [Februar.]

An Demolirung der Hannöverschen Festungswerke wird noch immer thätig gearbeitet, und bei Hameln sind täglich 5000 Bauern beschäftigt.


Quellen.[]

  1. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1806.
  2. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  3. Wiener Zeitung. Nro. 68. Sonnabend, den 23. August 1806.
  4. Wiener Zeitung. Nro 73. Mittewoche, den 10. September 1806.
  5. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  6. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
Advertisement