Konvention von Reichenbach.[]
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Der sieben und zwanzigste Julius 1790.
Nachdem Oesterreich und Rußland im Jahr 1789 im Krieg gegen die Türken glückliche Fortschritte gemacht hatten, fürchteten Preussen, England und Holland, daß die Mächte zu ihrem Nachtheil zu groß werden möchten. Dänemark wurde daher vermocht, Schweden gegen Rußland freye Hand zu lassen; Polen wurde geweckt und Preußen verband sich mit der Pforte, um die Höfe zu Petersburg und Wien zum Frieden zu bestimmen. Zwo Partheyen stunden also auf dem Schauplatz; auf der einen Seite Rußland und Oesterreich, die auf Spanien, Frankreich, Dänemark, Portugall, Neapel, Sardinien und Venedig rechnen durften und auf der andern: die Pforte, Preussen, Schweden, England, Holland und Polen, mit Chursachsen und dem deutschen Fürstenbunde, denen die brabantischen und flandrischen Stände beym Ausbruch eines Krieges würden beygetreten seyn. Jetzt bestieg Leopold II. den deutschen Kaiserthron und ward Regent der österreichischen Erbstaaten. Er sah die Niederlande von seinem Reich abgerissen, Ungarn und Gallizien zum Aufstand bereit und alle übrigen Provinzen unzufrieden. Er mußte also, um sich aufrecht zu halten, allenthalben nachgeben und einlenken. Daher ließ er am heutigen Tag zu Reichenbach den berühmten Vertrag unterzeichnen, kraft dessen er sich verbindlich machte, mit der Pforte Frieden zu schliessen, und alles auf denjenigen Fuß zu setzen, wie es vor dem Krieg gewesen war, wodurch einem unvermeidlichen Krieg vorgebeugt worden ist.
Congreß zu Reichenbach.[]
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Den 2. August 1790.
Gleich nach seiner Thronbesteigung schrieb Leopold II. eigenhändig auf eine sehr vertrauliche und offenherzige Weise an den König von Preußen, um sich mit ihm über die Beendigung des Türkenkriegs, und über das künftige gegenseitige Betragen der beyden Souveraine von Oesterreich und Preußen zu verständigen. Der König von Preußen antwortete ihm in einem gleich freundschaftlichen Tone, und so entstand eine vorläufige schriftliche Unterhandlung über die Herstellung des Friedens mit der Pforte. Bald darauf kam der österreichische Gesandte am Berliner Hofe, der Fürst Reuß, und der österreichische Staats-Referendarius, Baron von Spielmann, mit den nöthigen Vollmachten zu Reichenbach in Schlesien an, wo nun der Graf von Herzberg am 27. Juny mit ihnen in mündliche Unterhandlung trat. Leopold II. ratificirte die Reichenbacher Convention schon am 2. August. Er versprach, mit der Pforte einen Waffenstillstand, und sodann einen Frieden nach der Grundlage des stricten Status quo vor dem Kriege, zu schliessen, in der zuversichtlichen Erwartung, daß die Pforte, durch die gute Beywirkung des Königs von Preußen und der Seemächte, sich bey den künftigen Friedensunterhandlungen zu einigen Modificationen zur Sicherheit der Gränzen verstehen werde.
Quellen.[]
- ↑ Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
- ↑ Denkwürdigkeiten aus der Geschichte der österreichischen Monarchie. Auf jedem Tag des Jahrs gesammelt. Von G. A. Griesinger. Wien. Bey J. V. Degen, Buchdrucker und Buchhändler. 1804.