Consul, der Titel des höchsten Staatsbeamten, 1. in der alten römischen, 2. der ehemaligen französischen Republik, und 3. der Titel von gewissen Beamten in den neu-europäischen Staaten.
1.[]
Nachdem man in Rom die Könige vertrieben hatte, führte man eine republikanische Verfassung ein, und stellte an die Spitze des den Staat verwaltenden Senats zwei, jährlich neu zu wählende, Personen, die den bescheidenen Titel Consules, d. i. Rathgeber, Berather, führten. Um wahlfähig zu seyn, mußten sie in Rom gegenwärtig seyn und das 43ste Jahr zurückgelegt haben. Nur drei Mal wich man von dieser letzten Maßregel ab.
Nach dem Willen des Volks erstreckte sich ihre Gewalt auf folgende Punkte. Sie veranstalteten Senats- und Volksversammlungen, worin sie den Vorsitz führten, und vollzogen deren Beschlüsse: denn das Volk hatte sich die gesetzgebende Gewalt errungen, und nur die ausübende war dem Senat geblieben. Im Kriege führten die Consuln das ausgehobene Heer an, sorgten für dessen Bedürfnisse und ernannten die Befehlshaber. War der Staat in Gefahr, so war die Macht der Consuln unumschränkt; denn dann konnten sie, ohne das Volk zu befragen, einzelnen Magistraten uneingeschränkte Gewalt ertheilen. Sie gaben den auswärtigen Gesandten Audienz, nahmen die Staatsbriefe in Empfang, veranstalteten die Kriegserklärungen, hatten die Aufsicht über die Staatscasse, die Provinzen und, vor Einsetzung der Prätoren, über die Staats-Gerichtswesen.
Mit der Regierung und dem Vorsitz wechselten die beiden Consuln monatlich, zuweilen täglich. Ihre Gewalt war ihr Ansehen gemessen. Nicht nur wurden die Gesetze und das Jahr nach ihnen benannt (weßhalb die Staatsannalen consularische Jahrbücher, Fasti consulares, hießen), sondern sie waren auch durch ehrenvolle Insignien ihres Ranges ausgezeichnet. Sie saßen bei ihren Amtsverrichtungen auf einem Prachtsessel (Sella curulis), hatten in der Hand statt des königlichen Scepters einen elfenbeinernen Befehlsstab (Scipio eburneus), waren bekleidet mit einer purpurverbrämten Toga (Toga praetexta, die unter den Kaisern in eine gestickte Toga verwandelt ward), und gingen in Begleitung von zwölf Lictoren, welche die Fastes, (Ruthen-Bündel, mit Lorberzweigen umwunden), vor ihnen hertrugen. In diesen Bündeln waren ehedem auch Beile, das Zeichen der Gewalt über Leben und Tod, die aber seit der Zeit des Valerius Poblicola heraus genommen, wenn sie innerhalb der Stadt erschienen, und nur außerhalb Roms hinzugefügt wurden. So hatten sie königliche Gewalt und königliches Ansehen, nur ohne Königs Namen, und niemand wird bei ihnen an einen Bürgermeiser denken.
Beim Antritt ihres Amtes statteten der Senat und die Vornehmen Roms in ihrem Hause feierliche Glückwünsche ab, und in Begleitung des Senats verrichteten sie dann ein feierliches Opfer auf dem Capitol. Am Ende des Jahres legten sie ihn Amt mit dem Eide nieder, dasselbe den Gesetzen gemäß verwaltet zu haben. Nach dieser Zeit hieß der gewesene Consul Consularis, und hatte als solcher einen Rang vor den übrigen Senatoren, die noch nicht Consul gewesen waren. Zu ihren Vorrechten gehörte, daß sie in römische Provinzen als Gouverneurs gesendet wurden, wo sie den Titel Proconsules, d. i. Vice-Consules führten.
Nachdem Rom seit Cäsar Augustus wieder eine monarchische Regierungsform erhalten hatte, ließ man zwar die alten Würden, um anfänglich das Volk mit dem Schein der Republik zu täuschen; allein ihr Ansehn und ihre Macht sanken mehr und mehr, so daß endlich ein frecher Cäsar seinen Spott so weit trieb, sein Pferd zum Consul zu ernennen. Die ersten, im Jahre Roms 244, waren Junius Brutus und Tarquinius Collatinus, die letzten waren unter dem Kaiser Justinian.
2.[]
Nachdem in Frankreich den 21. Jan. 1793 der letzte König des capetingischen Stammes unter dem Beil der Guillotine gefallen war, erklärte man Frankreich, das in der ersten Constitution seit der Revolution für eine beschränkte Monarchie erklärt worden war, für eine Republik unter Volksregierung mit Volks-Souverainetät. Aber auch diese zweite Constitution des Nationalconvents war nicht von Bestand, und eine dritte wurde den 23. Sept. 1795 proclamirt, deren Basis gemäßigte Demokratie war. Eine Vollziehungs-Directorium von fünf Mitgliedern stand an der Spitze, an dessen Stelle aber den 11. Nov. 1799 eine Consular-Commission trat, welche vorläufig aus Bonaparte, Sieyes und Roger Ducos bestand, welche die vierte Constitution entwarfen, die den 15ten Dec. schon proklamirt ward. Nach Umsturz der bisherigen Verfassung in allen ihren Theilen wurde nun Frankreich erklärt zu einer Republik unter consularischer Regierung. Drei zehnjährige Wahlconsuln (Bonaparte, Cambraceres, Lebrün, jeder mit 500,000 Franken jährlichen Gehalts) erhielten die vollziehende und fast unumschränkte Gewalt; der Staatsrath, das Tribunat und die gesetzgebende Versammlung erhielten die gesetzgebende. Den 2. August 1802 wurde Bonaparte zum ersten Consul auf Lebenszeit ernannt, und hiemit die Verfassung des französischen Staates, ihrem Wesen nach, schon wieder vollkommen monarchisch. Er erhielt das Recht, seinen Nachfolger zu ernennen, die beiden andern Consuln vorzuschlagen, die Präsidenten der Volksversammlungen zu ernennen, diese zu berufen, die Dauer ihrer Sitzungen zu bestimmen, das gesetzgebende Corps nach Willkür zu berufen und zu entlassen. Alle peinlichen und Civil-Gerichtshöfe wurden seiner Willkür unterworfen, das Begnadigungsrecht ihm zugestanden, der Senat auf einen untergeordneten Staatsrath beschränkt, die Zahl der Tribunats auf die Hälfte herabgesetzt. Er leitete die Staatseinkünfte und Ausgaben, sorgte für innere Sicherheit und äußere Vertheidigung, hatte Oberbefehl über die Kriegsmacht, unterhielt alle politischen Verbindungen mit dem Auslande, ratificirte alle Verträge, und hatte in Zeiten der Gefahr für den Staat sogar Macht, die Constitution aufzuheben. So vereinigte denn auch hier, namentlich der erste Consul, königliche Macht und königliches Ansehen. Damit er dies um so mehr behaupten können, wurde die Civilliste auf sechs Millionen Franken erhöht, und den 15ten Aug. 1802, als dem Geburtstage des ersten Consuls, ein förmlicher consularischer Hof zu St. Cloud eingerichtet, und an diesem die vormalige Hofetiquette wieder eingeführt. Eine Consulargarde war schon früher errichtet worden, jetzt wurde sie Leibwache beträchtlich vermehrt. Weil in Veranstaltungen dieser Art viele nur die Neigung sahen, unumschränkte Herrschaft wieder einzuführen, entstanden immer wiederholte Verschwörungen gegen das Leben des ersten Consuls, die aber nur beförderten, was sie verhindern wollten, indem sie zu dem Entschluß drängten, des ersten Consuls Regierung noch fester zu begründen. So geschah es, daß in der fünften Constitution die französische Republik gänzlich aufhörte, und ein französisches Kaiserthum errichtet ward, der Bestimmung nach erblich in der Familie Napoleons. Die ersten Consuln dieser Republik waren zugleich auch die letzten, der eine wurde Kaiser, die andern Prinzen.
3.[]
Seit den Zeiten der Kreuzzüge finden wir in verschiedenen Staaten Consuln als Richter in See- und Handelssachen. Besonders waren es italiänische Staaten, welche die Kreuzzüge dazu benutzten, von asiatischen Fürsten das Recht zu erlangen, in deren Staaten solche Richter und Beschützer der dortigen Handelsleute ihrer Nation zu ernennen, welches Beispiel von andern europäischen Staaten für ihre Handelsplätze in der Levante und Afrika, und seit dem 15ten und 16ten Jahrhundert auch zwischen europäischen Mächten unter sich nachgeahmt wurde, so daß ihre Anzahl in- und außerhalb Europa jetzt sehr beträchtlich ist. Das Recht, sie abzuschicken, wird als ein Hoheitsrecht betrachtet; sie können aber nur dahin gesendet werden, wo Verträge oder Herkommen dazu berechtigen.
Die Bestimmung Aller ist, Schutz und Beistand der Handelsleute und Schiffer ihrer Nation zu seyn, auf Beobachtung der Handelsverträge zu sehen, und über den Zustand und das Interesse des Handels ihres Souverains an dem Orte ihres Consulats an ihren Hof zu berichten.
In Ansehung der Vorrechte, aber sind jene in der Levante und in Afrika von den europäischen verschieden. Jene, welche auf den Fuß der Gesandten behandelt werden, haben völlige Civil-Gerichtsbarkeit über die Unterthanen ihres Souverains, selbst oft in Klagen der Ausländer gegen sie; diese haben nur eine sehr beschränkte Civil-Gerichtsbarkeit über die Unterthanen ihres Souverains in deren Handelsangelegenheiten unter einander, wobei sie doch meist bloß Schiedsrichter sind, und ungeachtet man sie als Minister anzusehen hat (wofür sie doch manche gar nicht wollten gelten lassen), so stehen sie doch den Gesandten der untersten Classe nicht gleich, denn sie haben keine Creditive, sondern nur Bestallungsschreiben, die von dem Staate, worin sie sich aufhalten, erst bestätigt werden müssen. Daher genießen sie keiner Vorzüge der Gesandten, Befreiung von der Gerichtsbarkeit und den Abgaben, gesandtschaftlichen Gottesdienst, Ceremoniel u. s. w. In der Regel sind sie der Civil-Gerichtsbarkeit des Orts unterworfen, worin sie sich als Consuln aufhalten.
General-Consuln nennt man solche, die für mehrere Plätze oder über mehrere Consuln ernannt sind, zuweilen wird dem Consul ein Vice-Consul beigegeben.
Quellen und Literatur.[]
- Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.