Colberg.[]
Colberg, [1] Stadt und Festung in Hinterpommern, an der Persante und 1/4 Meile vom Meere gelegen, hat 4500 Einwohner.
Ihr Hafen ist zwar klein, aber gut; das dasige bedeutende Salzwerk war das einzige, welches dem preußischen Staate nach dem Tilsiter Frieden übrig blieb. Colberg liegt auf einem Hügel, von Morästen umgeben; die breiten Gräben können durch die Persante mit Wasser gefüllt werden. Durch eben diesen Fluss ist es möglich, die umliegenden Sümpfe zu überschwemmen. Die sogenannte Münde schützt den Hafen, und steht durch zwei Erdflächen mit der Stadt in Verbindung. Auf dem Hohenberge, einer Höhe, welcher die Festung, obgleich in einer sehr bedeutenden Entfernung beherrscht, liegt ein schlechtes Fort. Mehrere andere isolirte Werke ziehen sich rings um die Stadt. Sie sind, so wie der Hauptwall, meistens bloß von Erde aufgeworfen, nur wenige enthalten Kasematten. Die Kunst hat nicht so viel als die Natur für diesen Punkt, der mehr als Landungsplatz bei einer Diversion, denn als Schutzwehr für das Land wichtig ist, gethan. 1758 belagerte General Palmbach Colberg 19 Tage lang mit 10,000 Mann vergebens. 1760 wurde die Festung wieder durch 27 russische und schwedische Kriegsschiffe, und 15,000 Mann zu Lande belagert, den 18. Sept. aber durch General Werner an der Spitze von 6000 Mann entsetzt. 1761 erschien Romanzow nochmals mit 35 Schiffen und einem bedeutenden Corps. Der Prinz von Würtemberg hatte sich unter den Canonen der Festung mit 6000 Mann verschanzt. In einem Gefechte um eine Schanze seines Lagers, verloren die Russen 3000 Mann. Bombardement, Sturm und eine viermonatliche Belagerung konnten den tapfern Heyden (so hieß der brave Officier, der bei dieser und den vorigen Belagerungen in Colberg commandirte), selbst nachdem der Prinz von Würtemberg abgezogen war, nicht bezwingen; endlich mußte er aber dem Hunger erliegen, und den 16. Dec. capitulireren. Eben so tapfer, als 50 Jahre früher, wurde Colberg 1807 vertheidigt. Zwar ließ sich der alte schwache General Lucadou, welcher anfangs hier befehligte, den 13. März die Schanze auf dem Hohenberge, so wie die alte Stadt nehmen, allein die Ausfälle Schills, so wie Nettelbeck's, eines braven Colberger Bürgers, Thätigkeit innerhalb der Stadt, machten einen Theil seiner Fehler wieder gut, und Obrist Gneisenau, der den 29. April, vom Könige abgesandt, die Stelle als Commandant übernahm, gab der ganzen Belagerung eine andere Gestalt. Er ließ sogleich die Schanzen im Bullenwinkel wiedernehmen, machte dem Feinde jeden Schritt streitig, und hielt ihn bis den 12. Juni in der gehörigen Entfernung. Erst an diesem Tage ward die Besatzung des Wolfsbergs durch das ungeheuerste Canonenfeuer unter der Bedingung des freien Abzugs zu capituliren gezwungen. Am 14. Juni wurde der Wolfsberg von den Preußen wieder genommen, am 15. den Franzosen wieder überlassen. Am 23. und die folgenden Tage wüthete der Kampf um die Schanze von Stubenhagen und um die Lauenburger Vorstadt. Die Belagerten blieben im Besitz derselben. Am 1. Juli wurde die Maikuhle, eine mit Holz besetzte Vertiefung, am Meeresstrande, die, weil sie über die Verbindung der Stadt mit der Münde entschied, befestigt worden war, nebst dem Wolfsberge von den Franzosen genommen. Am folgenden Morgen mißglückte durch einen tapfern Choc der Schillschen Husaren ein Versuch derselben, die Münde zu nehmen. Die Nachricht von den Frieden machte an demselben tage dem Metzeln ein Ende. Die Stadt war seit dem 28. April fast stets beschossen worden, besonders heftig war das Feuer am 23. Mai, 1. und 2. Juni gewesen, 185 Häuser, unter ihnen das Rathhaus, gingen in Flammen auf. Colbergs Bürger zeichneten sich durch Unerschrockenheit und thätige Mithülfe aus. Sie bildeten aus ihrer Mitte Compagnien, die trotz aller Gefahr den Dienst in den Werken verrichteten, und löschten mit unerschrockener Thätigkeit trotz alles Granatregens jedes Feuer. Als der thätigste, unerschrockenste und besonnenste stand Nettelbeck, ein Greis von 70 Jahren, der die drei vorhergegangenen Belagerungen mitgemacht hatte, an der Spitze der schwierigsten und gefährlichsten Anordnungen. Die Besatzung war 6000 Mann stark, sie verlor 429 Todte, 1093 Verwundete, 209 gefangene und 159 Vermisste. Die Belagernden bestanden aus Franzosen, und rheinischen und italienischen Bundestruppen, und waren 18,000 Mann stark. Feulié, Loison und Mortier befehligten nach einander die Belagerung. Sie schickten 6775 Kugeln in die Stadt, ohne die, welche man gegen die Werke verbrauchte, zu rechnen. Der König von Preußen vereinigte die Besatzung unter ein Regiment, das auf ewige Zeiten den Namen der Festung führen soll, und erließ den Bürgern den Antheil an den Kriegscontributionen [≡].
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.