Memel.[]
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Memel, eine Stadt im lithauischen Departement, insterburger Kreise, in Ostpreußen, am curischen Haf, wo der Fluß Dange hineinfällt. Sie zählt über 5000 Einwohner. Der Hafen der Stadt ist geräumig und Schiffe von 300 Tonnen können bis dicht zur Stadt kommen; kleinere Fahrzeuge finden ihren Platz in dem innern Hafen, welchen die Dange bildet. Die Stadt ist befestigt und hat eine Citadelle von vier Bastionen. Der nicht unbeträchtliche Handel besteht meistens in Commissionshandel mit Schiffholz, Hanf, Getraide, Häuten u.s.w., welche Artikel aus Lithauen gezogen und nach England verfahren werden. Die größten Handelshäuser sind auch englischer Abkunft.
Schifffahrts- und Handlungs-Gericht zu Memel.[]
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Verwaltet die Hafen- und Schiffahrt und Handlung vorfallenden Documente, excl. der Beilbriefe, welche das Commerz- und Admiralitäts-Collegium ertheilt ect. Als Gerichtshof gehören vor dasselbe alle Streitsachen, die aus Kauf und Verkauf zwischen Kaufleuten entstehen; imgleichen alle Klagen aus trassirten, und aus den von Kaufleuten ausgestellten trocknen Wechseln; alle Arreste auf Schiffsgefässe und um Streit befangene Handelswaaren ect. Die Appellation von seinen Aussprüchen geht in den dazu geeigneten Fällen an das Commerz- und Admiralitäts-Collegium, und die Revision an das Ober-Revisions-Collegium.
Aus einem Schreiben aus Memel.[]
- [1813]
Memel, vom 2ten Januar n. St.
Wir haben den Einmarsch der braven Russen gerne gesehen, und unter einem Hurrah: Es lebe der Kaiser! empfangen. Die Stadt war zwey Tage hinter einander des Abends illuminirt, und es herrschte eine Stille, als wenn Ruhe und Friede war. Ich habe 10 Mann Einquartierung; die Leute sind wahrlich genügsam. Obgleich es schwer ist, so viel Menschen zu sättigen, so gebe ich es gern, denn sie streiten für das allgemeine Wohl, wozu die Vorsehung ihnen Kräfte geben wolle. -- Hier ist eine beträchtliche Menge Pulver und Kugeln versenkt worden, welche die Franzosen nicht fortschaffen konnten. Die Kaffe aus Libau haben sie zurücklassen müssen, weil hier keine Fuhren mehr aufzubringen waren.
Kabinetsbefehl.[]
- [1808]
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Vor seiner Abreise aus Memel erließ der König an die dasige Bürgerschaft folgenden Kabinetsbefehl:
"Ich danke der treuen und guten Bürgerschaft von Memel für die in der heutigen Vorstellung, bey Gelegenheit Meiner bevorstehenden Abreise, so herzlich geäusserten Gefühle der Treue und Anhänglichkeit an Meine Person, Meine Gemahlin und Mein ganzes Haus. So wie es Ihr unvergeßlich seyn wird, daß Memel allein von allen Städten Meines Reichs von den Kriegsdrangsalen unmittelbar verschont geblieben, so werde auch ich Mich stäts dankbar erinnern, daß die göttliche Vorsehung Mich und Meine Familie hier eine Freystätte finden ließ, bis der Friede dem Blutvergiessen ein Ziel setzte. Die vielen und rührenden Beweise der Liebe und unerschütterlichen Treue, die sämmtliche Einwohner dieser Stadt und Gegend Mir selbst bey Annäherung der größten Kriegsgefahr gegeben, erhöhen den Werth dieser Erinnerung und sichern der Stadt Mein immerwährendes Wohlwollen. Mit Freuden werde Ich jede Gelegenheit ergreifen, Ihr solches thätig zu bezeugen, als Ihr gnädiger König.
Memel, den 14. Januar 1808.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1808]
Preussen. [5]
Ueber die Ankunft und den Aufenthalt JJ. MM. zu Memel liest man in öffentlichen Blättern Folgendes: "Schnell und glücklich war die Reise, denn schon am 22. Sept. gegen 6 Uhr Abends fuhren die Majestäten unter dem wiederhallenden Donner der Kanonen, dem freudigen Jubel und bewillkommenden Hurrah! der Memeler über das Haff. Die Stadt war überall erleuchtet. In Ihrem alten Quartier, in dem Hauses des Assessors Consentius, stiegen beyde ab; die Prinzen wurden mit der herzlichsten Freude in dem Hause des Kaufmanns Argelander empfangen. Am 23. früh manöuvrirte die Garde du Korps vor dem Könige, und dann begaben sich beyde Majestäten nach Tauerlacken, wo Sie den so oft besuchten Platz sehr vortheilhaft verändert fanden. Am Abend um 8 Uhr erschien bey Fackelschein die schön gekleidete Bürgergarde, überreichte dem gütigen Herrscher ein Gedicht, und brachte dann dem Königspaar ein jubelndes Vivat! Am 24. hielt der König Revüe über die sämmtliche Infanterie und Artillerie zu Fuß, und ließ dann diese Truppen unter Anführung des Generals Rembow vor sich vorbeymarschiren. Um 5 Uhr Nachmittags wirbelte der Generalmarsch durch die Strassen; alle Soldaten eilten zu den Versammlungsplätzen, und von da schnell aus dem Libauer-Thore hinaus. Eine zur Prüfung der Truppen intendirte Landung war die Ursache dieser Bewegungen; und da dies ausgeführte Manöuver den höchsten Beyfall erhielt, so empfiengen die Truppen eine Gratifikazion, eben so die Kranken, welche sich in den Lazarethen der Festung befanden, und ihre Freude bey der Ankunft des Monarchen durch Erleuchtung des Festungsgebäudes zu erkennen gegeben hatten. Am Abend war die Stadt abermals erleuchtet. Um 6 Uhr versammelten sich die Honorazioren der Stadt, die anwesenden Russen und eine Menge Fremde zum Ball in dem Hause des Agenten Wachsen. Am nächsten Morgen um 6. Uhr verliessen beyde Majestäten Ihre Wohnung, und kehrten unter dem Donner der Kanonen und den Segenswünschen der Einwohner nach Königsberg zurück.
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Handbuch über den Königlichen Preussischen Hof und Staat für das Jahr 1804. Berlin, bei Johann Friedrich Unger.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 312. Sonnabend, den 28. December 1812.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 14. Mittwoch, den 17. Februar 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung Nro 88. Mittwoch, den 2. November 1808.