Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Czerni Georges.

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Czerni Georges, Nacheiferer und halber Landsmann von Paswan Oglu, eilte in seine Fußstapfen zu treten, so bald sich ihm eine Gelegenheit darbot: es ist Europa bekannt, was er seit 6 Jahren gethan, um Servien dem Joche des Großherrn zu entreissen. Seine Unternehmungen waren bald mehr, bald minder glücklich, und stets zeigte er einen Muth und eine Gewandtheit, die man von einem jungen Manne nicht erwarten sollte. Nach verschiedenen, bald gebrochenen, bald gehaltenen, Verträgen erkannt ihn 1803 die hohe Pforte als Hospodar von Servien an. Nach neuerdings eingeleiteten und wieder ausgebrochener Unterhandlungen erneuerte sich 1805 der Krieg mit verdoppelter Erbitterung; der Großherr ließ zahlreiche Truppen gegen Servien marschieren, während Czerni Georges seine ganze Macht gegen die Festung Schabatz richtete. Im Monath Februar trug er einen beträchtlichen Vortheil davon, und ordnete hierauf in Servien einen allgemeinen Landsturm an. Auch unterstützte er die Russen 1806 bey ihrem Einmarsche in die Moldau, und lieferte den Türken im Laufe des Jahres 1807 mehrere blutige Gefechte. Er soll früher in der kaiserl. öster. Armee gedient haben. Im Jahre 1806 machte ihm der Synod mit dem Landgute Tapola ein Geschenk. Im Jahre 1808 hieß es, daß er den Alexander-Newskyorden erhalten habe. Als Rathgeber stehen ihm der tapfere Radis Petrowitsch und der wissenschaftliche Jakob Stephanowitsch zur Seite.


Czerny Georg.

[2]
Czerny (der schwarze) Georg,

erster Feldherr der Servier.

Geboren 1767.

Er wurde im Jahre 1767 unweit Belgrad geboren. Sein eigentlicher Familienname ist Georg Petrowitsch. Ein glühender Haß gegen die Türken wuchs mit ihm auf. Noch als Jüngling durchbohrte er einen Türken, welcher ihm hochmüthig auf der Straße begegnete, und flüchtete sich nach Siebenbürgen, um der Strafe des Spießens zu entgehen. Mit achtzehn Jahren trat er in österreichische Militärdienste, wo er bis zum Feldwebel avancirte. Aber auch hier riß ihn die Heftigkeit seines Temperaments wieder zu einem neuen Verbrechen. Er erschlug den Kapitän, seinen Vorgesetzten, welcher ihn für ein Vergehen bestrafen wollte. Er floh hierauf in sein Vaterland zurück; da er aber daselbst geächtet war, hielt er sich nur in Wäldern auf, ward Räuberhauptmann und unternahm Streifzüge gegen die Türken, wobei er die höchste Grausamkeit zeigte.

Seine Bande wuchs bald zu mehreren Hunderten an, mit welcher er, immer kühner werdend, ganze Ortschaften überfiel, bis endlich der Pascha von Belgrad gegen ihn auszog.

Aber nun verübte Czerny die schwärzeste aller Frevelthaten -- tödtete seinen Vater durch einen Pistolenschuß, weil der Greis in ihn drang, von seinem schändlichen Gewerbe abzulassen, und, da er kein Gehör fand, mit Auslieferung an die Türken drohte. Wegen dieser That gab die Mutter dem Mörder den Beinamen Czerny, der Schwarze.

Nun focht Czerny mehrere Jahre an der Spitze der empörten Servier mit abwechselndem Glücke gegen die Türken. Im Jahre 1805 schlugen sich auch Bosnier und Montenegriner zu ihm. Nun ging er darauf aus, Servien von der türkischen Botmäßigkeit frei, sich aber zum Herrn des Landes zu machen. Er maß sich jetzt mit einem großen türkischen Heere im offenen Felde, und belagerte im Jahre 1806 sogar die Festung Belgrad, welche sich ihm am 1. Dezember ergab. Der Pascha erhielt zwar die Zusicherung eines freien Abzugs, und zu diesem Ende ein Geleit von fünfhundert Panduren, welches aber, statt ihn bis an die Gränze von Servien zu bringen, den schon bejahrten Mann sammt seinem Gefolge von zweihundert und siebenzig Köpfen grausam und verrätherisch ermordete. Auch ließ Czerny die in Belgrad zurückgebliebenen Türken tödten, und ein Haus, in welches mehrere sich geflüchtet hatten, in Brand stecken; ja sogar seinen eigenen Bruder ließ er hängen, weil er ihm nicht gehorchen wollte. Als man ihn befragte, was mit den Weibern und Kindern der getödteten Türken zu geschehen habe, antwortete er kaltblütig: » Laßt sie Hungers sterben!« --

Nun begann er stets despotischer zu handeln, und erklärte vor der Versammlung des Adels und der Geistlichkeit zu Semendria seine Absichten mit den Worten: » So lange Czerny lebt, soll Niemand sich über ihn erheben! Er genügt sich selbst, und bedarf keiner Räthe! « -- Nun erklärte er die Beschlüsse der Synode für nichtig. So blieb seine rohe Kraft gegen äußern und innern Andrang unerschüttert. Durch den im Jahre 1812 zwischen Rußland und der Pforte geschlossenen Frieden, kam zwar Servien wieder unter türkische Oberherrschaft, doch erhielt es, zur Schlichtung der inneren Angelegenheiten einen eigenen Verwaltungsrath von Eingebornen. Czerny selbst steht an der Spitze dieses Rathes und der servischen Truppen, mit dem Range eines russischen Generals und mit dem Alexander-Newsky-Orden bekleidet.

Er hat zwei Söhne und vier Töchter, deren eine an einen vornehmen Servier verheirathet ist. Als Rathgeber stehen ihm der tapfere Radis Petrowitsch und der wissenschaftlich gebildete Jakob Stephanowisch zur Seite.

Pariser Blätter vom Jahre 1813 geben von ihm folgende Schilderung:

» Er ist groß und hager; sein Gesicht gegen unten zu breit und sehr lang; er hat kleine, tiefliegende Augen, eine dünne spitzige Nase und bräunliche Gesichtsfarbe. Er trägt nur einen kleinen Schnurrbart und die Haare in einem großen Zopfe, der seinen ganzen Rücken bedeckt; die vordern Haare zieht er mit zurück, um seine übermäßig hohe Stirn sehen zu lassen. Seine Kleidung ist sehr einfach, ohne Geschmack, und nicht immer sehr reinlich; von einem gewöhnlichen servischen Bauer unterscheidet er sich bloß durch zwei Pistolen und einen Dolch, den er immer bei sich trägt. So ein stilles Feuer stets in seinem geistigen Inneren brennt, so unleidenschaftlich und düster erscheint sein Äußeres. Ganze Stunden lang ist er oft stumm, so daß kein Laut über seine Lippen kommt; jedes Mal, ehe er Branntwein trinkt, den er sehr liebt, murmelt er ein Gebet. « 

Es wäre zu wünschen, daß uns die Geschichtsschreiber von Männern, die im Moralischen und Intellektuellen so viel Größe zeigten, als Czerny im Wilden und Ungeheuern, ein eben so lebhaftes, bis in die kleinsten Züge ausgemahltes Bild hinterlassen hätten.


Zeitungsnachrichten.

[1812]

Ofen, den 26sten März. [3]

Man lieset nachstehende Schilderung von Czerni-George, Chef der Servier:

Er ist 40 Jahre alt, groß und Hager, sein Gesicht ist gegen unten zu breit und sehr lang; er hat kleine tief liegende Augen, eine dünne spitze Nase und bräunlichte Gesichtsfarbe. Er trägt nur einen kleinen Schnurrbart, und vereinigt seine Haare in einen großen Zopf, der ihm den ganzen Rücken bedeckt; von vorne zieht er sie zurück, damit man seine ganze übermäßige Stirne sehe. Seine Kleidung ist einfach; er unterscheidet sich von einem gewöhnlichen Landmanne nur durch zwey Pistolen und einen Dolch, die er immer bey sich trägt. In seiner Kleidung bemerkt man weder viel Geschmack, noch eine besondere Reinlichkeit. Er hat einen lebhaften und feurigen Geist; aber äusserlich scheint er unleidenschaftlich und düster. Er bleibt ganze Stunden, ohne ein Wort zu sprechen; wenn er aber Branntwein trinkt, so murmelt er vorher ein Gebet. Er kann weder lesen noch schreiben; sein persönlicher Muth allein und das Glück haben ihn auf den Posten erhoben, wo er steht. Czerny-Georg hat 2 Söhne und 4 Töchter; eine derselben hat einen servischen Anführer geheirathet. Der älteste Sohn, der 10 Jahre alt ist, (ein Reisender sah ihn im Jahre 1808) ist zu Belgrad bey dem Staatsrathe Rodofinikin und erlernt mit vielen Eifer die russische Sprache. Er lernt ausserordentlich leicht und hat eine ganz besondere Geschicklichkeit in allen Arten von Leibesübungen. Seine Lust ist, Vögel im Fluge mit einem Steine zu tödten. Czerny-Georg erhielt den Uebernamen Czerny oder der Schwarze bey Gelegenheit der Ermordung seines Vaters. Seine eigene Mutter gab ihm diesen Uebernamen im ersten Augenblicke des Schreckens und des Unwillens, den ihr diese That verursachte.


Quellen.

  1. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
  2. Neuer Plutarch, oder Kurze Lebensbeschreibungen der berühmtesten Männer und Frauen aller Nationen von den ältesten bis auf unsere Zeiten. Nach dem Französischen des Peter Blanchard neu herausgegeben, vermehrt und fortgesetzt von Friedrich Kraft. Pesth 1815, bei C. A. Hartleben.
  3. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 88. Donnerstag, den 11. April 1812.
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