Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Lucern, einer von den 19 Schweitzerischen Cantons, der katholischen Religion zugethan. Seine Gränzen sind gegen Osten die Canons Unterwalden, Schweiz, Zürch und Zug, gegen Norden der Canton Argau, und gegen Westen und Süden der Canton Bern. Der Flächeninhalt beträgt 29 Quadratmeilen; die Einwohner werden gegen 100,000 geschäzt. Der Canton stehet unter der geistlichen Jurisdiktion des Bischofs von Constanz. Das Land besteht in den größern nördlichen Theilen meist aus Ebene, die mit niedrigen Bergen durchzogen, und sehr fruchtbar an Getreid, Obst, und Flachs ist, auch viele Rindvieh- Schaf- und Pferdezucht hat. Der südlichste Theil oder das Entlibuch besteht aus einem großen Thal zwischen hohen Bergen, wo also die Viehzucht und Käsbereitung den Haupterwerb ausmacht. Eigentliche Manufakturen sind wenige im Lande; doch wird in der nordlichen Gegend viele Baumwolle, auch Seide, und in den südlichen Gegenden Flachs gesponnen und Leinwand gewebt. Der Canton Lucern ist seit 1803 in die 5 Distrikte getheilt: Stadt Lucern, Entlibuch, Willisau, Sursee und Hochdorf; jeder Bezirk besteht aus 4 Quartieren.


Lucerne vers le Righi.


Die Hauptstadt Lucern, am Lucernersee, am Ausfluß der Rüß, ist von ziemlicher Größe, begreift aber in ihrem Umfange viele Gärten mit, und ist theils mit hohen Bergen, theils mit dem See, theils mit Mauern und Thürmen umgeben. Der Fluß theilt die Stadt in zwey durch 4 Brücken verbundene ungleiche Theile. Die Zahl der Einwohner beträgt etwas über 5,000, und unter diesen waren ehemals nur 500 eigentliche Bürger; der größere übrige Theil bestund aus Hintersassen, von welchen öfters einige unter die Zahl der Bürger aufgenommen wurden. An Manufakturen hat die Stadt eine Seidenbandmanufaktur und eine Papiermühle; ausserdem aber einen nicht unbedeutenden Transitohandel mit den Waaren, welche über den Waldstettersee und den St. Gotthardsberg nach Italien gehen. Die ganze Souveränetät des Cantons lag ehemals in den Händen der eigentlichen Stadtbürger, aus welchen der große Rath von 100 Mitgliedern erwählt wurde. 36 dieser Mitglieder machen den innern Rath aus, welcher sich in zwey Hälften theilte, so daß in jedem halben Jahre, von dem Tage Johannis des Täufers an bis Johann den Evangelisten, die eine Hälfte, und in der übrigen Zeit die zweyte regierend war. Dieser Ausschuß, an dessen Spitze die beyden Schultheißen stunden, besorgte die alltäglichen und zugleich die wichtigsten Geschäfte. Dadurch, und weil er zugleich Sitz und Stimme in dem größern oder gesetzgebenden Rathe hatte, wurde sein Einfluß so groß, daß er seine Mitglieder selbst wählte, den größern Rath nur selten an den Berathschlagungen Theil nehmen ließ, und die übrige Bürgerschaft gänzlich von allen Staatsgeschäften ausschloß. Eine kleine Zahl von adelichen und andern Patricierfamilien blieb in dem beständigen Besitz der Aemter und Ehrenstellen, und die Regierung war unter allen in der Schweiz am strengsten aristokratisch. Durch die Helvetischen Revolution hat dieß aufgehört. Seit 1803 wählen die Bewohner der 5 Distrikte in welche das ganze Land getheilt ist den großen Rath, welcher die gesetzgebende Gewalt hat; und dieser wählt zur Vollziehung und Lenkung der täglichen Geschäfte aus seiner Mitte einen Ausschuß oder den kleinen Rath, welchem die beyden Schultheißen dirigiren. -- Das Kontingent zur Eidgenossenarmee beträgt 862 Mann. Man sieht hier die schöne Stiftskirche St. Leodegarii und Mauritii, die 1735 reparirte Barfüsser Kirche, das prächtige Collegium der vormaligen Jesuiten, die Klöster, das Rathhaus, das Zeughaus, und den Wass*rthurm, in welchem leztern verschiedene Alterthümer sich befinden. -- Der päbstliche Nuncius an die Schweitzercantons residirt zu Lucern, als dem ersten und sehr eifrigen katholischen Canton. Im Jahr 1725 entspannen sich zwischen diesem Canton und dem päbstlichen Stuhle große Streitigkeiten. Denn als der Landvogt den Unterthanen zu Udlingschweil das Tanzen bey der Kirchweihe erlaubte, der Pfarrer an der Matt hingegen solches verbot, und die Uebertreter seines Verbotes nicht zur Beichte lassen wollte, auch sehr harte Worte wider den Landvogt ausstieß: so wurde der Pfarrer von dem Magistrat cixirt, und ihm, da er nicht erschien, die Strafe der Verbannung zuerkannt, und seine Stelle durch einen andern ersezt. Der päbstliche Nuncius, Passionei, gieng hierauf aus Lucern, und verlegte seine Nunciatur nach Altdorf. Der Pabst selbst schrieb an den Canton, mißbilligte dessen Verfahren, und wollte den Pfarrer durchaus wieder eingesezt haben, drohete auch im Weigerungsfall mit dem Banne; allein der Canton blieb auf seinem Sinne, bis endlich 1727 die Sache dahin verglichen wurde, daß der Canton zu Rom um eine Absolution anhalten sollte. Als sich derselbe hierzu auch nicht verstehen wollte, war man am päbstl. Hofe mit einer Declaration zufrieden, und ertheilte dem Canton den Segen.


Quellen und Literatur.[]

  • Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
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