Von Bastille bis Waterloo. Wiki

Musée Carnavalet, Paris


Krönung Napoleons zum Kaiser der Franzosen.[]

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Der zweyte December 1804.

Jetzt, auf dem Teppich vor dem Hochaltar in der Kirche Notre Dame zu Paris, stund der weiland Artillerie-Lieutenant Bonaparte auf dem höchsten Gipfel der Ehre. Niederkniend vor dem Pabst empfiengen er und Josephine die Salbung von demselben auf Haupt und Hände. Während der Messe segnete der Pabst die Kronen, Mäntel, Ringe und das Schwert Karls des Großen ein. Dann nahm der neue Kaiser die Krone von Altar, und setzte sich solche, wie einst König Friedrich I. von Preussen, selber auf. Die Kaiserin, welche am Altar niedergekniet war, wurde von ihrem Gemahl gekrönt, worauf der Pabst beyde zu dem Thron am Ende der Kirche führte, ein kurzes Gebet sprach, den Kaiser auf die Backen küßte, (man kann denken mit welchen Empfindungen!!) und dann dem Volk zurief: "Vivat Imperator in eaternum!" Nun leistete Napoleon den constitutionsmäßigen Eid auf das Evangelium und Herolde verkündigten die geschehene Krönung. Die Krönungs-Procession gieng beym Schein der Fackeln über die prachtvoll erleuchteten Boulevards nach dem Pallast der Tuillerien zurück und die große Ceremonie war zu Ende.


Die fünf Tage der Krönungsfeier.[]

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Der Krönungstag.[]

2. Dec.

Der feierliche Tag der Krönung nahte; nur noch nach Stunden wurde seine Entfernung gemessen. Tausend Hände waren mit Vorbereitungen beschäftigt; überall herrschte Thätigkeit und Leben. Ein ungeheurer Menschenstrom wallte am Vortage des Festes in dem Garten der Tuileries auf und nieder, und auf allen Plätzen, welche für die Feierlichkeit ausgeschmückt wurden, standen zahlreiche Gruppen Zuschauer im Vorgenuß des Schauspiels, das der morgende Tag versprach. Man glaubte bei dem ersten Anblicke, die ganze Masse der Neugierigen habe sich an diesem interessanten Orte zusammengedrängt, aber ein noch grösserer Theil strömte durch die finstern Strassen der Cité nach dem anziehendsten Schauplatze der Feierlichkeit, der Kirche Notre Dame.

Musée Carnavalet, Paris
Musée Carnavalet, Paris

Die ununterbrochene Arbeit einer Reihe von Wochen hatte dem Aeussern und vorzüglich dem Innern dieses gothischen Tempels die Einrichtung gegeben, welche die feierliche Handlung, die in seinen Mauern vor sich gehen sollte, erforderte. Vor der Antlitzseite befand sich etwas höher als das Pflaster eine Gallerie, welche zu dem erzbischöflichen Pallaste führte; in der Mitte derselben und gerade vor der Hauptthür der Kirche erhob sich ein Portal, das von vier Pfeilern getragen wurde, auf deren Seiten man die sechs und dreyßig vornehmsten Städte Frankreichs unter weiblichen Figuren dargestellt erblickte. Die innere Wölbung des Portals war himmelblau, mit Sternen besäet und mit den Buchstaben N und J dekorirt. Die Mauern der Kirche, welche die innern Seiten der Gallerie bildeten, waren mit Tapeten **) behangen. An dem östlichen Ende der Kirche stand ein Pavillon, der durch einen bedekten Gang mit dem erzbischöflichen Pallaste Verbindung hatte, und dazu bestimmt war, den Kaiser bei seinem Absteigen aufzunehmen.

**) Diese Tapeten sind von ganz besonderer Schönheit, und gröstentheils nach den Arbeiten der ältern französischen Meister unter ihren eignen Augen verfertigt.
Musée Carnavalet, Paris
Musée Carnavalet, Paris

Im Innern der Kirche bildeten die vier untern Gallerien des Schifs ein Amphitheater, das in vier Stokwerke vertheilt war, von denen jedes vier Reihen Bänke enthielt, auf den obern Gallerien erhoben sich ebenfalls amphitheatralisch vier Reihen Sitze. Ungeachtet man bei der Vertheilung des Raums die gröste Sparsamkeit hatte beobachten müssen, waren dennoch diese Sitze sehr geräumig, und, um die Circulation zu erleichtern, an den nöthigen Orten von breiten Gängen durchschnitten. In der Mitte des Schifs erhob sich der Thron unter einem Triumphbogen, auf dessen Antlitzseite man die Worte las: Napoléon, Empéreur, Honneur et Patrie. Unter diesen Worten sah man das Wappen des Reichs, so wie es auf dem Staatssiegel gebraucht wird, einen goldnen Adler in azurnem Felde, umhangen mit einer Kette, welche den grossen Stern der Ehrenlegion trug. Hinter dem Wappen und vor dem Hermelinmantel, welcher den Hintergrund bildete, waren im Kreuz eine Gerechtigkeitshand und ein Scepter; über dem Schilde ragte ein goldner Helm mit der kaiserlichen Krone bedeckt hervor. An beiden Seiten schmückten diesen Triumphbogen Siegeszeichen und sinnbildliche Figuren. Der päbstliche Thron, mit den päbstlichen Insignien geziert, stand in einiger Entfernung auf der Seite des Altars. Die Wände der Kirche waren mit Tapeten und der Fussboden mit Teppichen bekleidet, und alle übrigen Theile derselben mit goldnen Sternen, Bienen und gekrönten N dekorirt; in allen Dekorationen dominirte roth und blau.

Library of Congress
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Musée Carnavalet, Paris
Musée Carnavalet, Paris

Der Krönungstag erschien; um 6 Uhr Morgens kündigte ihn eine Artilleriesalve an. Der Senat, der gesezgebende Körper *) das Tribunat, der Staatsrath, die Deputationen der Armee und der Nationalgarden **), und überhaupt alle zu der Feierlichkeit gerufene Beamten waren um 8 Uhr in der Kirche versammelt; ihnen folgte das diplomatische Corps, das sich bei dem österreichischen Minister, Grafen Kobenzl, vereinigt hatte. Um 9 Uhr verließ der Pabst mit seinem Gefolge den Pallast der Tuileries; eine militärische Eskorte begleitete den Zug, an dessen Spitze sich der päbstliche Kreuzträger auf einem Maulthiere reitend befand *) Der Pabst stieg bei seiner Ankunft auf dem Platze des erzbischöflichen Pallastes aus, wo ihn der Kardinal-Erzbischof von Paris empfieng, und ihn in den großen Saal der Erzbischöflichen Wohnung führte, in welchem die Geistlichkeit, die bei der Feierlichkeit assistiren sollte, versammelt war. Während der Pabst sich seine Insignien anlegen ließ, begab sich der Erzbischof nach der Kirche, um den Pabst zu empfangen. Dieser folgte ihm nach einigen Augenblicken mit seiner Begleitung in folgender Ordnung. Voran giengen zwei päbstliche Kaplane mit den beiden Mitren des Pabstes, hinter ihnen der Thuriferarius mit dem Rauchfaß, dann kam der Kreuzträger, ihm zur Seite giengen die sieben Akolyten mit Leuchtern; dem Kreuzträger folgte ein Unterdiakonus, und diesem in zwei Reihen die Bischöfe, Erzbischöfe und Kardinäle mit ihren Mitren bedekt; der Pabst im Chorrok und die Tiara auf dem Kopfe, umgeben von den assistirenden Kardinal-Diakonen, schloß den Zug, der von einer Ehrenwache begleitet wurde. Bei dem Eintritt in die Kirche überreichte der Erzbischof dem Pabste den Weihwedel, mit dem dieser die Versammlung besprengte, und sich darauf, während das alte Tu es Petrus angestimmt wurde, in das Sanktuarium begab.

*) Unter den Equipagen zeichneten sich die der Mitglieder des Gesezgebenden Körpers sehr zu ihrem Nachtheile aus. Der größte Theil derselben bestand aus gewöhnlichen Miethfiacres, deren Nummern masquirt waren. Die Wagen wurden an diesem Tage zu 4 Louisd'or und noch höher vermiethet.
**) Die Zahl der Deputationen der Armee und der Nationalgarden war 438; sie machten insgesamt ein Corps von 8000 Mann aus, aber wegen Mangel des Raums konnte nur ein Ausschuß aus jeder Deputation in die Kirche aufgenommen werden.
*) Der Kreuzträger und sein sanftes Thier regten die spottende Laune der Zuschauer auf; man bedauerte, dem geistlichen Herolde nicht eine Stelle im Wagen gegeben zu haben. Der Aufzug desselben hat hinterher zu nicht wenig Carricaturen und Calembourgs die Veranlassung gegeben.
Rijksmuseum Amsterdam
Rijksmuseum Amsterdam

Um 10 Uhr sezte sich der kaiserliche Zug in Bewegung. Eine Artilleriesalve zeigte den Augenblick der Abreise an. Der Zug gieng durch eine Doppelreihe Truppen über den Platz du Caroussel, durch die Strassen St. Nikaise, St. Honoré, über den Pont neuf u. s. w. Acht Eskadrons Kürassier, eben so viele Karabinier und die Chasseurs de la Garde mit Pelotons Mamelukken untermischt, eröfneten ihn; der Gouverneur von Paris mit seinem Etatmajor war an der Spitze dieser Truppen. Die Ordnung war folgende: Zwei Waffenherolde zu Pferde; -- ein Wagen mit den Ceremonienmeistern und ihren Gehülfen; -- vier Wagen mit den Grands Officiers de l'Empire; -- drei Wagen mit den Ministern; -- ein Wagen mit dem Grand-Chambellan, dem Crand-Ecuyer und dem Grandmaître des cérémonies; -- ein Wagen mit den Prinzessinnen; -- der Wagen des Kaisers, in dem sich der Kaiser und die Kaiserin, und die Prinzen Joseph und Louis befanden; -- ein Wagen mit dem Grand-Aumonier, dem Grand Maréchal du Palais und dem Grand Veneur; -- ein Wagen mit der Dame d'honneur, der Dame d'Atours, dem ersten Ecuyer und dem ersten Chambellan der Kaiserin; -- zwei Wagen mit acht Dames du Palais; -- ein Wagen mit zwei andern Dames du Palais und zwei Chambellans; -- drei Wagen mit den Officiers civils des Kaisers und der Kaiserin; -- vier Wagen mit den Dames und Officiers der Prinzen und Prinzessinnen.


Musée Carnavalet, Paris


Der Wagen des Kaisers wurde von acht isabellfarbigen Pferden gezogen; die Farbe desselben war grün, mit Sternen besäet, die der Räder und der übrigen Theile amaranthfarbig und vergoldet; eine goldne Krone, von vier Adlern getragen, schmückte die Decke, und zwei goldne Sphinxe unterstützten die hintern Federn. Acht Pagen in reicher Kleidung standen vorn und hinten auf, und die Colonels der Garde und die Aides de Camp ritten neben her. Der Zug wurde von den Grenadiers à cheval de la Garde untermischt mit Pelotons reitender Artillerie und von der Gendarmerie d'Elite geschlossen.

Der Kaiser und die Kaiserin stiegen unter dem Pavillon an der kleinen Thür des erzbischöflichen Pallastes aus, und begaben sich in die für sie bereiteten Zimmer. Hier bekleideten sie sich mit den kaiserlichen Ornamenten, und giengen darauf durch die obenbeschriebene Gallerie nach der Kirche.

Die Ordnung dieses Zugs war folgende: die Huissiers; -- die Waffenherolde mit ihrem Anführer; -- die Pagen; -- die Ceremonienmeister; -- der Marschall Serrurier mit dem Ringe der Kaiserin auf einem Küssen; -- der Marschall Moncey mit dem Korbe für den Mantel der Kaiserin; -- der Marschall Murat mit der Krone der Kaiserin; -- die Kaiserin mit dem Mantel bekleidet; -- die Prinzessinnen, welche die Schleppe des kaiserlichen Mantels trugen; -- ihnen zur Seite der erste Ecuyer und der erste Chambellan der Kaiserin; -- die Officiers der Prinzessinnen, welche die Schleppen ihrer Mäntel trugen; -- die Dame d'honneur und die Dame d'atours der Kaiserin; -- die Marschälle Kellermann, Perignon und Lefebure mit der Krone, dem Szepter und dem Degen Karls des Großen; -- der Marschall Bernadotte mit der Halskette des Kaisers; -- der Colonel Beauharnois mit dem Ringe des Kaisers; -- der Marschall Berthier mit dem Reichsapfel; -- der Grand-Chambellan mit dem Korbe für den kaiserlichen Mantel; -- der Kaiser mit dem Mantel *) bekleidet, den Szepter und die Gerechtigkeitshand in den Händen, und die Krone *) auf dem Haupte; -- die Prinzen und Grand-Dignitaires, welche die Schleppe des kaiserlichen Mantels trugen; -- der Grand-Ecuyer, der dienstthuende Colonel Général de la Garde und der Grand-Maréchal; -- die Minister, und zulezt die Grands-Officiers militaires. **)

Musée Carnavalet, Paris
Musée Carnavalet, Paris
*) Der kaiserliche Mantel ist von amaranthfarbigem Sammet, 4 Ellen lang, und am untern Saume ungefähr 8 Ellen breit. Der Grund desselben ist mit in Gold gestickten Bienen besäet, und der Rand mit reicher Goldstickerey besetzt. Lorbeerzweige, mit Kornähren durchflochten, umschlingen von Abstand zu Abstand silberne Sonnen, die mit Eichen und Oelzweigen bekränzt sind, und in deren Mitte ein goldnes N glänzt. Er ist mit Hermelin gefuttert, und hat einen großen Kragen, in der Form eines Palatins, ebenfalls von Hermelin; das Pelzwerk steht ungefähr 4 Zoll über den Rand hervor. Der Mantel der Kaiserin ist ganz dem des Kaisers gleich, ausser daß die Sonnen, welche sich in der Stickerey befinden, von Gold, und das N von Silber ist.
*) Szepter und Krone sind von Biennais verfertigt einem ausgezeichneten Pariser Künstler. Der Szepter ist von Silber, seine Spitze endigt sich in eine Kugel, auf der eine kleine Figur steht, welche Karl den Grossen vorstellt. Die Krone besteht aus einem Eichen- und einem Lorbeerzweige, deren Ende sich vereinigen. Krone und Szepter sind äusserst geschmackvoll gearbeitet. Der Künstler scheint alle Kräfte ausgeboten zu haben, um etwas zu liefern, das mit den Arbeiten des berühmten Florentiners Benvenuto Cellini wetteifern darf, und sie vielleicht noch übertrifft.
**) Im Augenblicke der Ankunft des kaiserlichen Zuges vor dem erzbischöflichen Pallaste zeigte sich die Sonne, die seit dem Morgen durch dichte Neben verhüllt gewesen war, ein Umstand, der von den Zuschauern bemerkt, und von vielen auf die Begebenheit bezogen, und auf das Vortheilhafteste gedeutet wurde. Erwähnung verdient dieser Sonnenblick allerdings, weil er der einzige des ganzen Tages war, und sich bald darauf das glänzende Gestirn wieder hinter den Wolken verbarg.

Als der Zug am Portal der Kirche angekommen war, reichte ein Kardinal der Kaiserin, und der Kardinal-Erzbischof dem Kaiser das Weihwasser, und führte sie darauf unter einem Himmel, den Geistliche trugen, nach den für sie im Chor der Kirche bestimmten Plätzen, zwei Sesseln, vor deren Füssen rothsamtne Küssen lagen. In der Miene des Kaisers herrschte ernste Majestät; Güte und Anmuth glänzte in den Zügen der Kaiserin. Sie setzte sich dem Kaiser zur Linken; hinter demselben nahmen die Prinzen und die beiden Grands-Dignitaires, hinter diesen der Colonel Général de la Garde u. s. w. ihre Plätze; hinter der Kaiserin hatten ihre Stellen die Prinzessinnen, und hinter diesen die Grands-Officiers, welche den Rang, den Mantelkorb und die Krone der Kaiserin trugen. Das übrige Gefolge stellte sich seinem Range gemäs in den gehörigen Entfernungen hinter oder neben den genannten Personen.

Musée Carnavalet, Paris
Musée Carnavalet, Paris

In demselben Augenblicke, in dem der Kaiser das Chor betrat, stieg der Pabst von seinem Throne, gieng zum Altar, und stimmte die Hymne Veni creator an. Während dieses Gesanges, den Musik *) begleitete, hielten der Kaiser und die Kaiserin ihr Gebet. Nach dem Gebete empfieng der Erzkanzler aus den Händen des Kaisers die Gerechtigkeitsband, und der Erzschatzmeister den Szepter; der Grand-Electeur nahm die Krone; der Grand-Chambellan die Halskette und den Ring; der Grand-Ecuyer den Mantel, und der Connetable den Degen des Kaisers; zu gleicher Zeit nahmen die Dame d'honneur und die Dame d'atours Krone, Mantel und Ring der Kaiserin. Die Insignien des Kaisers sowohl als der Kaiserin wurden hierauf auf den Altar gelegt. Nach dem Veni creator fragte der Papst den Kaiser das gewöhnliche: Profiterisne, das der Kaiser, indem er mit den Händen das vom Grand-Aumonier ihm dargereichte Evangelienbuch berührte, mit Profiteor beantwortete. Hierauf wurden noch einige Gebete gesungen, nach deren Beendigung die Salbung geschah. Der Grand-Aumonier, der erste französische Kardinal-Erzbischof, der älteste Erzbischof und der älteste Bischof führten den Kaiser und die Kaiserin zum Fuß des Altars, wo sie knieend die Salbung empfiengen. Nach der Salbung fieng der Papst die Messe an, und segnete die Kronen, den Degen, die Mäntel und die Ringe ein; bei jeder Einsegnung wurde ein dazu passendes Gebet gesprochen. Der Papst übergab darauf die eingesegneten Insignien des Kaisers in folgender Ordnung: den Ring, den Degen, den Mantel, die Gerechtigkeitshand, den Szepter, die Krone. Die Kaiserin empfieng erst den Ring, dann den Mantel, und zulezt die Krone, welche der Kaiser ihr aufsetzte. **)

Musée Carnavalet, Paris
Musée Carnavalet, Paris

Nach dieser feierlichen Handlung führte der Papst, von den Kardinalen umgeben, den Kaiser und die Kaiserin nach dem großen Throne im Hintergrunde der Kirche. Derselbe Zug, der sie bei dem Eintritte in die Kirche begleitet hatte, folgte ihnen auch jetzt. Die Plätze um den Thron waren auf folgende Weise vertheilt: Der Kaiser auf dem Throne; ihm zur Rechten, eine Stufe niedriger, die Kaiserin auf einem Sessel; der Kaiserin zur Rechten, eine Stufe niedriger, die Prinzessinnen auf Stühlen; hinter der Kaiserin die Dame d'honneur und die Dame d'atours; dem Kaiser zur Linken, zwei Stufen niedriger, die beiden Prinzen, und an ihrer linken Seite die beiden Grands-Dignitaires; hinter dem Kaiser standen der Colonel Général de la Garde und die Grands-Officiers, und hinter diesen die Officiers civils des Kaisers und der Prinzen. Als jeder seinen Platz genommen hatte, stieg der Papst die Stufen des Throns hinauf, sprach das Gebet: In hoc Imperii solio u. s. w. und küßte dem Kaiser die Wange. Darauf drehte er sich gegen die Versammlung, und sagte mit lauter Stimme: Vivat Imperator in æternum; die Versammlung rief: Vivent l'Empereur et l'Impératrice! Der Papst kehrte jetzt nach seinem Throne zurück, und das Te deum wurde angestimmt. Am Schluß desselben begab sich der Grand-Aumonier mit Begleitung nach dem Altar, empfieng daselbst das Evangelienbuch, und brachte es dem Kaiser. Zu gleicher Zeit überreichten ihm der Präsident des Senats, begleitet von den Präsidenten des gesetzgebenden Körpers und des Tribunats, die Eidesformel der Konstitution, welche der Kaiser, die Hand auf's Evangelienbuch gelegt, aussprach. Hierauf rief der Anführer der Herolde: le très glorieux et très auguste Empereur Napoléon, Empereur des François est couronné et intronisé: Vive l'Empereur! Die Versammlung wiederholte die beiden lezten Worte, und setzte hinzu: Vive l'Impératrice. Die Präsidenten des Senats, des gesetzgebenden Körpers und des Tribunats giengen jetzt nach ihren Sitzen zurück, und der Staatssekretair nahm den Eid des Kaisers zu Protokoll. Die Prinzen, die Grands-Dignitaires, die Minister und die Präsidenten des Senats, des gesetzgebenden Körpers und des Tribunats unterzeichneten dasselbe. Nach dieser Formalität kam die Geistlichkeit mit dem Himmel zum Fuß des Throns, und führten den Kaiser und die Kaiserin zurück. Der Zug verließ die Kirche in derselben Ordnung, wie bei der Ankunft, stieg vor dem erzbischöflichen Pallaste wieder ein, und gieng über den Pont de Change, durch die Strasse St. Denis, und über die Boulevards nach dem Pallast der Tuileries zurück; der Papst mit seinem Gefolge schloß sich ihm an.

*) Die musikalischen Kompositionen, welche bei der Krönung ausgeführt wurden, sind von Paesiello, Lesueur und Rose. Zwei vierchörige Orchestres, jedes mit 50 Musikern besetzt, wurden, das eine von Rey, erstem Orchestmeister der kaiserlichen Kapelle, das zweite von Persuis dirigirt.
**) Im Augenblicke, als der Kaiser sich die Krone aufsetzte, erschallte überall ein tausendfaches Beifallklatschen, aber am stärksten von der Tribune herab, auf der die Mitglieder des Tribunats sassen. Der feierliche Ernst, der bisher auf den meisten Gesichtern lag, schien zu verschwinden, und die Feierlichkeit selbst einen heiterern Charakter anzunehmen.

Alle Strassen und Boulevards, welche der Zug berührte, waren, wie am Morgen, mit einer Doppelreihe Truppen besetzt, hinter denen die Reihen der Zuschauer, entweder standen, oder auf kleinen Amphitheatern sassen, welche vor den Häusern, welchen es der Raum erlaubte, errichtet waren. Diese Menschenmasse und ein erleuchteter Weg, der die schönsten Perspektive bildete, erhöheten die Würde des Anblicks des prachtvollen, feierlich langsam sich fortbewegendes Zuges, und der unabsehbaren Reihen des auserlesensten Militärs, das ihn begleitete; eine kriegerische Musik, die von Zeit zu Zeit ertönte, vermehrte das Feierliche des Schauspiels.

Der glänzende Zug war endlich vorüber; ihm wälzte sich der ungeheure Menschenstrom nach, der die Boulevards bedeckte. Alles eilte nach dem Garten der Tuileries zu einem neuen Schauspiele, das einen längeren Genuß versprach, als der vorübergehende Anblick prächtiger Equipagen. Das Schloß und der Garten der Tuileries waren erleuchtet. Tausend Lampen blitzten dem Eintretenden entgegen, und im Hintergrunde glühte einem Feuerpallaste gleich die kaiserliche Wohnung. Feurige Linien zeichneten alle Abtheilungen, Säulen und hervorragende Parthien dieses Gebäudes, das die ganze Breite des Gartens ausfullt; glänzende Pyramiden standen in den Nischen, und ungeheure Laternentrauben schwebten in den Zwischenräumen der untern Gallerien. Das sogenannte Parterre des Gartens, nemlich der Raum zwischen dem Pallast und den beiden Baumgruppen, war von 146, durch Arkaden verbundenen, Pfeilern umschlossen, und durch diese flammende Gränze von dem übrigen Theile des Gartens geschieden. In der Hauptallee stand eine Doppelreihe Säulen, welche durch farbige Feuerguirlanden und Festons an einander gekettet waren, und auf ihren Spitzen Sterne trugen; Pyramiden und Orangebäume erhoben sich auf den Terrassen und den übrigen Plätzen des Gartens, und flammende Terrinen bekränzten die Bassins.

Ausser den Tuileries waren auch alle öffentliche Plätze und Gebäude, und die meisten Privatwohnungen erleuchtet. Die Illumination des Palais der Ehrenlegion zeichnete sich besonders aus; sie war einfach und geschmackvoll. Auf der Antlitzseite des Gebäudes stralte in kolossalischen Buchstaben die Devise der Legion: Honneur, Patrie, Napoléon, und über dem Dache schwebte farbig erleuchtet das Ordenszeichen, der Stern.

Unter den Erleuchtungen der Privathäuser zog die folgende, welche sich an dem Hause des Optikers Chevalier befand, die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden auf sich. In einer transparenten Einfassung, welche durch Lorbeern, Myrthen, Eichen- und Oelzweige gebildet wurde, stand ein Optiker, das Sehrohr nach dem Himmel gerichtet, an welchem ein glänzender Stern funkelte, mit den Worten: In hoc signo salus umschrieben. Unter standen diese zwei Verse:

De cet astre brillant ah! puisse l'influence
Assurer pour jemais le bonheur de la France.

Noch weiter unter las man:

Egalement chèr à la gloire
Et chéri du peuple français
Il descendit du char de la Victoire
Pour sacrifier à la paix.

Im Hintergrunde war ein Tempel mit der Inschrift: à l'immortalité. Die Erleuchtung der Bäder d'Albert auf dem Quai Bonaparte verdient vorzüglich wegen ihrer passenden Inschrift Erwähnung; sie hieß: Altera ripa viro sed nomine nostra superbit; *) weiter unten standen unter einem transparenten Sterne die folgenden zwei Verse:

Gallis stella favens Gallorum et fulget amicis
Quâ radiante feri sol obscurabitur Angli.

Ein schöner heiterer Himmel begünstigte diesen glänzenden Abend des festlichen Tages, der sich, Dank den vortreflichen Anstalten, welche die Polizei getroffen hatte, endete, ohne durch den kleinsten Unfall getrübt geworden zu seyn.

*) Auf dem jenseitigen Ufer ist der Pallast der Tuileries.


Zweiter Tag.

Das Volksfest.[]

Musée Carnavalet,Paris


3. Dec.

Das Wogen eines Menschenstroms, der auf den Boulevards ab und zufloß, und immer derselbe zu bleiben schien, eine rege Menge von Tausenden, die sich von Vergnügen zu Vergnügen drängten, war das Schauspiel, das sich an diesem Tage dem Auge des Zuschauers darbot. Auf den glänzenden Pomp des Krönungstages folgten die Ergötzungen des Volks. Ein heiterer Sonnenschein beleuchtete eine große Gesellschaft aus allen Ständen, die sich auf dem ausgedehnten Raume bewegte, der sich von den Tuileries bis zur äussersten Gränze der Boulevards St. Antoine ausstreckt. Am Morgen dieses Tages durchzogen Waffenherolde zu Pferde die vornehmsten Plätze, und warfen kleine und große Schaumünzen aus. **) Auf der Place de la Concorde standen vier kleine antike Tempel für den Tanz bestimmt, und auf den vier Ecken des Platzes erhoben sich Tribunen mit Musikanten besetzt. Spiele und Volksbelustigungen waren auf den vornehmsten Plätzen und auf der ganzen Ausdehnung der Boulevards vertheilt. Hier fuhren Musikanten auf geschmückten Wagen, von denen eine fröliche Musik ertönte, dort ließ sich eine Gruppe Sänger hören; weiterhin bildete sich ein zahlreicher Kreis, um einem Taschenspieler zuzusehen; hier standen hohe Masten, an deren Spitzen Preise schwebten, silberne Uhren, Becher, Dosen u. dgl.; dort waren kleine Theater errichtet, auf denen Bouffons durch ihre Lazzis die Aufmerksamkeit der sie umgebenden Menge fesselten. Mittags ließ man auf der Place de la Concorde fünf Ballons aufsteigen, von denen der größte einen Adler trug, der in seinen Klauen zwei Fahnen hielt, auf welchen man die Worte: Napoléon Empereur las. Die Ballons stiegen bis zu einer gewissen Höhe, und entzündeten sich; der Adler senkte sich mit den Fahnen majestätisch herab. Des Abends wurden die Boulevards durch Pyramiden, Orangenbäume und Säulen mit Sternen erleuchtet; zahlreiche Guirlanden durchschnitten diese Feuerallee. Um 8 Uhr strömte die Menge nach dem pont de la Concorde, wo ein Feuerwerk abgebrannt wurde, das die Festlichkeiten des Tages schloß.

**) Auf diese Münzen haben auf der einen Seite das Brustbild des Kaisers mit der Lorbeerkrone, und die Umschrift: Napoléon Empereur; auf der Rückseite sind zwei Figuren, die eine in Militär-, die andere in Magistratskostume, welche einen Helden, mit den kaiserlichen Insignien geschmückt, auf einem Schilde in die Höhe heben. Die Umschrift: le Sénat et le Peuple erklärt diese Allegorie.

Die Masse der Zuschauer trieb sich bis zum späten Abend auf den öffentlichen Plätzen umher; Sorglosigkeit war auf den meisten Gesichtern der herrschende Ausdruck, und die bittere Kälte hatte den Frohsinn nicht verscheucht; vor einigen Musiktribunen hatten sich kleine Tanzparthien gebildet, die sich immer erneuerten, und den Schauplatz des Vergnügens nicht eher verliessen, bis die Musik sich entfernte. Unterdessen ergötzten sich andere mit den Marionetten- und Harlekintheatern, die auf freyer Strasse aus dem Stegreife spielten.

Dritter Tag.

Die Fahnenweihe.[]

Musée Carnavalet, Paris


5. Dec.

Der dritte Tag der Feste war den Waffen, der Tapferkeit, der Treue geheiligt; der Kaiser gab an diesem Tage der Armee und der Nationalgarde die neuen Fahnen. *)

*) Diese Fahnen haben auf ihrer Spitze einen vergoldeten Adler, und auf der einen Seite die Inschrift: l'Empereur des François au (der Name des Corps), auf der andern: Valeur et Discipline.

Den Schauplatz dieser Feierlichkeit bildete das Champ de Mars.

Musée Carnavalet, Paris
Musée Carnavalet, Paris

An die Hauptfaçade der Ecole militaire war eine grosse Tribüne von gleicher Höhe mit den Zimmern des ersten Stockwerks gebauet, und in verschiedene Zelte vertheilt, von denen das mittelste, das auf vier mit Viktorien dekorirten Säulen ruhte, sich über den Thron des Kaisers und der Kaiserin wölbte. Die Prinzen und Prinzessinnen, die Grands-Dignitaires, die Minister, die Reichsmarschälle und der Staatsrath sassen auf den Seiten des Throns. Die Gallerien, welche den übrigen Theil der Façade einnahmen, waren auf jeder Seite in acht Theile vertheilt, und mit militärischen Ehrenzeichen, auf denen Adler ruhten, und mit den Sinnbilder der sechszehn Kohorten der Ehrenlegion geziert. Der Senat und die Offiziere der Ehrenlegion saßen rechts, der gesetzgebende Körper und das Tribunat links. An dem östlichen Pavillon der Ecole war eine Tribüne für die fremden Prinzen, an dem westlichen eine andere für das diplomatische Korps. Die Präsidenten der Kantons, und die Präfekten und Unterpräfekten hatten ihre Plätze auf der ersten Reihe der Stufen, welche unter den Tribünen die ganze Länge der Façade einnahmen. Von den Tribünen nach dem Champ de Mars führte eine große Treppe hinab, auf deren Stufen die Colonels der Regimenter und die Präsidenten der Wahlkollegien der Departements, welche die Fahnen trugen, ihre Stellen hatten. Auf jeder Seite dieser Treppe sah man zwei kolossalische Bildsäulen Frankreichs, deren eine den Frieden, die andre den Krieg darbot. Das Reichswappen unter verschiedenen Gestalten dargestellt, war das Süjet aller Dekorationen.

Um zwölf Uhr setzte sich der kaiserliche Zug in derselben Ordnung und mit derselben militärischen Begleitung aus in Bewegung; eine doppelte Truppenreihe hatte die Plätze und Strassen besetzt, wodurch er seinen Weg nahm. Eine Artilleriesalve begrüßte ihn, wie er die Tuileries verließ, wie er bei dem Hotel des Invalides vorbeikam, und bei der Ankunft an der Ecole militaire.

Nach einer Audienz, welche der Kaiser den Mitgliedern des diplomatischen Corps ertheilte, erschien er mit den kaiserlichen Insignien geziert auf dem Throne. Die Deputationen der Armee standen rechts und links pelotonweise in dichten Kolonnen, die Deputationen der Nationalga_de im Mittelpunkte der großen Truppenlinie, welche sich vor dem Throne ausbreitete; die Kolonels und die Präsidenten der Wahlkollegien, welche die Fahnen trugen, waren auf den Stufen des Throns geordnet.

Auf ein gegebenes Zeichen näherten sich die Kolonnen dem Throne. Jetzt stand der Kaiser auf, und sprach mit ausdrucksvoller Stimme: Soldats, voilà vos drapeaux! Ces aigles vous serviront toujours de point de ralliement. Ils seront partout où Votre Empereur les jugera nécessaires pour la défense de son trône et de son peuple. Vous jurez de sacrifier votre vie pour les défendre et de les maintenir constamment sur le chemin de la victoire: Vous le jurez! -- Nous le jurons, antworteten die Fahnenträger, indem sie die Ehrenzeichen, welche ihren Händen übergeben waren, in die Höhe hoben, nous le jurons wiederholten die Abgeordneten der Armee und der Nationalgarden, indem sie ihre Waffen an einander schlugen.

Nach dem Schwur nahmen die Fahnen die ihnen bestimmten Plätze ein, und die Armee und die Deputationen defilirten vor dem kaiserlichen Throne vorbei.

Um 5 Uhr war die Feierlichkeit geendigt, und der Zug im Pallast der Tuileries wieder angekommen.

Das Wetter des Tages begünstigte den Glanz dieser Feierlichkeit nicht; Regengüsse strömten unaufhörlich aus den Wolken herab; aber das Vergnügen, ein Schauspiel zu sehen, das so interessant war, trotzte diesem Ungemach. Ungeachtet der kaiserliche Zug nicht mehr den Reiz des ersten Anblicks besaß, harrten seiner dennoch in dem Garten der Tuileries und in den Strassen, durch welche er seinen Weg nahm, Schaaren von Zuschauern mit unerschütterlicher Geduld.

Ein Banket und Konzert im Pallast der Tuileries beschloß die Feierlichkeit dieses Tages.

Vierter Tag.

Das Fest des Senats.[]

16 Dec.

Der Tag dieses Festes schien nicht glücklich gewählt, denn Wind und Regen drohten, den Genuß des Schauspiels zu vereiteln, das an diesem Tage der Garten des Senats darbieten sollte; indessen der Abend wurde günstiger, und jede Furcht verschwand.

Musée Carnavalet, Paris
Musée Carnavalet, Paris

Ungeachtet der Pallast des Senats weit vom Mittelpunkte von Paris entfernt ist, strömte dennoch eine grosse Menge Zuschauer aus allen Theile der Stadt nach dem Schauplatze des Festes. Um 2 Uhr Nachmittags verkündeten Trompeter und Pauker in den angränzenden Strassen und Plätzen den Anfang des Festes, und kurz darauf zogen verschiedene Corps Musiker mit militärischer Musik in den Garten ein, und vertheilten sich auf die Terrassen. Um 5 Uhr wurden der Garten und die Antlitzseiten des Pallastes und seiner vier Pavillons erleuchtet. Die Erleuchtung zeichnete die Hauptlinien der Gebäude und die Umrisse der Bildhauereien, mit denen das Aeussere derselben geziert ist. Die herrliche Architektur des Pallastes, die schönen Verhältnisse seiner Theile erschienen in diesen feurigen Linien beinahe noch schöner, als sie die Wirklichkeit darstellt, wenigstens lieh ihnen die künstliche Erleuchtung einen magischen Glanz, den ihnen das natürliche Licht des Tages versagt. Die Gitter, welche das Parterre des Gartens einschliessen, waren mit flammenden Terrinen, und die Anhöhen, welche sich amphitheatralisch um das Parterre erheben, mit farbig erleuchteten Orangebäumen besetzt. Feurige Lampenkreise glänzten um jeden Baum des Gartens. Aus der Mitte des Bassins zwischen zwei Wiesen des Parterres stieg eine glühende Insel hervor, und stralte einen Glanz um sich her, den die kleinen Wellen des Bassins in tausendfacher Richtung reflektirten. Um 7 Uhr kündigte der Schall der Trompeten den Anfang des Feuerwerks an. Vor der Antlitzseite des Pallastes erhoben sich unordentlich auf einander gethürmte Gerüste, und bildeten die Form eines Berges, auf dessen Spitze Felsen ruhten, und dessen Fuß mit blumichten, von kleinen Bächen durchschnittenen Wiesen bekränzt war. Diese Dekoration diente dem Feuerwerke zum Hintergrunde, und gewährte von den sprühenden Flammen desselben erleuchtet den herrlichsten Anblick. Endlich rissen sich die Felsen des Berges von einander, flogen in die Luft, und zeigten auf ihren Trümmern das Bild des Kaisers. Auf seinem Kopfe glänzte die genialische Flamme; ihm zur Linken bot ihm der Sieg eine Palme, zur Rechten der Friede den Oelzweig; zu seinen Füssen lagen Frankreichs edelste Produkte.

Nach dem Feuerwerke vertheilten sich die Zuschauer in die Gänge des Gartens, ein milder Abend lud zu Spatziergängen, eine fröhliche Musik, die aus kleinen unter den Bäumen errichteten Sälen erschallte, zu Tänzen ein. Ungeachtet der grossen Volksmenge, die in dem Garten kreißte, oder um die Tanzsäle dichte Haufen bildete, herrschte die größte Ordnung, und auch die Freude dieses Abends hier, wie an den vorigen Tagen, wurde durch keinen Unfall gestört.

Fünfter Tag.

Das Fest der Stadt.[]

Musée Carnavalet, Paris


19. Dec.

Das Fest, das die Stadt Paris den Kaiser gab, schloß auf eine würdige Weise die Feierlichkeiten der Krönung. Der Genius der Künste schien zu diesem Feste den Plan entworfen, und der sinnreichste Geschmack, die höchste Eleganz, alle Details desselben angeordnet zu haben. Wir wollen es versuchen, die Hauptanlagen und die Dekorationen des Lokals wenigstens im Umriß zu zeichnen, ehe wir die Festlichkeit beschreiben.

Das Hotel der Ville, der Schauplatz desselben, liegt am rechten Ufer der Seine, hat aber keine Antlitzseite nach dem Flusse hin, und überhaupt keine Flügel oder parallele Gebäude. Daher waren auf dem Platze selbst noch zwei Gebäude errichtet, von denen das eine seine Antlitzseite nach dem Flusse, das andre die seinige nach dem Hotel hinkehrte. Die Struktur dieser beiden neuen Gebäude war völlig derjenigen des Hauptgebäudes gleich; Säulen, Fenster, alle Theile derselben harmonirten völlig mit denen des Hotels, und waren getreu nach dem Originale kopirt. Nur das Innere hatte eine andre Gestalt. Eine prächtige dekorirte Gallerie führte durch einen geräumigen Vorsaal in den sogenannten Saal des Throns. Im Hintergrunde dieses Saals erhob sich unter einem reich verzierten Himmel der Thron, an dessen linker Seite der Sessel der Kaiserin stand. In den Draperien dieses Saals war die gröste Pracht mit seltner Eleganz vereinigt. In der Mitte desselben schwebte ein ungeheurer Lustre in einem Kreise von zwölf andern kleinen, deren Licht durch grosse Wandspiegel vervielfältigt ward.

Ein andrer Saal hieß der Saal der Siege; dieser war zum eigentlichen Feste bestimmt; Dekorationen, Gemälde, Inschriften, alles stimmte mit jener Benennung überein. Ueber der Thür las man: Fasti Nepoleonei, und von Abstand zu Abstand zwischen Siegeszeichen und kriegerischen Figuren eine Reihe Inschriften, welche die Siege des Kaisers in gedrängter Kürze erzählten. Wir theilen einige mit: Ad. Arculum. Ponti. Obsesso. Proposuit. Signum. Signifer. Ipse. Mox. Victor. XIII. Kal. Dec. -- Infesto. Mari. Liburna. Trajecto. Forum. Juli. Octavanorum. Regressus. VI. Id. Octobr. Fata. Galliarum, vertit. -- De Foederatis. Germanis. Roxolanis. Italis. Britannis. Egit. Ex. Marengo. XVIII. Kal. Quintil. -- Imperator. Senatus. Consulto. Salutatus. Laureatus. Processit. IV. Non. Decemb. Dieser Inschriften waren 25. Die andern Säle waren ebenfalls dem Charakter des Festes angemessen verziert. In einem derselben standen die Büsten des Kaisers und der Kaiserin von frappanter Aehnlichkeit, in einem andern die Geschenke, welche im Namen der Stadt ihnen an diesem Tage überreicht werden sollten, für die Kaiserin eine prachtvolle Toilette, für den Kaiser eine Tafelservice von grossem Werthe.

Gegen Mittag fand sich die eingeladene Gesellschaft im Saale des Throns ein, jeder Gast wurde unten an der Treppe von einem Ceremonienmeister empfangen; die öffentlichen Beamten erschienen in ihren Kostumes, die andern Mannspersonen in französischer Kleidung und mit dem Degen; alle Damen waren in französische Zeuge gekleidet, die meisten trugen reichgestickte Roben.

Als die ganze Gesellschaft, welche ausser einer grossen Menge der angesehensten Einwohner von Paris, aus den öffentlichen Beamten und Mitgliedern der Administrationen der Stadt, einem Theile der Civil- und Militärbeamten aus den Departements und den 36 Maires der vornehmsten Städte Frankreichs bestand, versammelt war, wurden um 1 Uhr die Damen zum Dejeuner geführt; die Mitglieder der Munizipalität und die übrigen eingeladenen Herren machten hierbei die Honneurs.

Während des Dejeuners fand sich der Gouverneur von Paris ein, mit dem der Präfekt des Departements, von dem nöthigen Gefolge begleitet, das Hotel verließ, und dem Kaiser bis zum Pont-neuf entgegengieng. Nachdem sie den kaiserlichen Zug hier erwartet hatten, kehrten sie zurück, empfiengen den Kaiser auf der Treppe des Hotels, und führten ihn in den Saal des Throns. Sobald der Kaiser sich hier niedergelassen hatte, bewillkommte ihn der Präfekt mit einer Rede, welche der Kaiser mit einigen sehr verbindlichen Worten beantwortete. Hierauf wurden die Mitglieder des Präfekturraths und einige andere Personen vorgestellt, und die obengenannten Geschenke überreicht; nach diesem Akt gieng der Zug nach dem Saal der Siege zur Tafel. Die kaiserliche Tafel stand etwas erhaben unter einem Himmel, und war allein für den Kaiser und die Kaiserin bestimmt. Etwas entfernt von dieser stand eine andre für die Prinzen, Prinzessinnen und die beiden Grands-Dignitaires, an einer dritten Tafel saßen die Minister, die Grands Officiers de l'Empire, u. s. w.; in einem anstossenden Saale waren die Tafeln für die andern Personen des Gefolges. An der Tafel des Kaisers servirten die Pagen. Ein zahlreich besetztes Orchestre exekutirte unterdessen im Vorsaale einige Haydnsche Symphonien, und ein für die Gelegenheit gedichtetes Chor. Nach dem Diner begab sich der Kaiser und sein Gefolge in einen andern Saal, dem Quai des Platzes gegenüber, um das am jenseitigen Ufer der Seine befindliche Feuerwerk abbrennen zu sehen.

Musée Carnavalet, Paris
Musée Carnavalet, Paris

Hohe Gerüste in mannichfachen Formen auf einander gebaut, und mit bemahlter Leinwand bekleidet, stellten den Berg St. Bernhard vor, und verschiedene Haufen Krieger, welche über die Felsen klommen, während der untere Theil des Berges aus seinen Schlünden Feuerströme spie, versinnlichten dem Zuschauer den in der Geschichte der französischen Feldzüge so bekannte Uebergang über diesen Berg. Auf dem Gipfel desselben erschein das Bild des Kaisers zu Pferde, und in demselben Augenblick wurde als Sinnbild der Stadt ein Schiff auf der Seine erleuchtet, dessen Umrisse, Masten und ganzes Takelwerk mit Flammenzügen gezeichnet, einen überaus schönen Anblick gewährten.

Nach dem Feuerwerk begab sich der Kaiser in den Saal des Throns zurück, und entfernte sich erst, nachdem der Ball in seiner Gegenwart eröffnet worden war. Der Zug nahm seinen Rückweg über die Quais, auf denen eine Reihe farbig erleuchteter Säulen eine Feuergallerie bildete, welche eine Viertellieue lang, und von Abstand zu Abstand durch kleine mit Blumen und Gesträuchen besetzte Amphitheater unterbrochen war.

Auch dieser Tag, wenigstens der Abend desselben, bot dem Volke Ergötzungen an. Auf den zwölf Hauptplätzen der zwölf Arrondissements wurden Feuerwerke abgebrannt, und auf jedem ertönte von einer oder auch mehreren Tribünen eine fröhliche Musik. Auf dem Marohé des Innocens strömte der Wein aus dem Brunnen, welcher die Mitte dieses Platzes ziert, auf den übrigen floß es aus Fässern von Gerüsten herab. Jeder Platz hatte eine Lotterie, in welcher Scheine gewonnen wurden, die bei den Restaurateurs gegen gebratenes Geflügel ausgetauscht werden konnten. Der Geist der Fröhlichkeit herrschte in den grossen Versammlungen, welche auf diese Plätze zusammengeströmt waren, aber Ruhe und Ordnung blieben bis ans Ende des Festes ununterbrochen und die Freude ungestört.

Auch an diesem Abende waren die meisten Privatwohnungen und unter ihnen einige sehr geschmackvoll erleuchtet. Die Académie de législation zog vorzüglich durch ihre einfache aber elegante Illumination die Aufmerksamkeit auf sich. Farbige Gläser bildeten die Inschrift: Armis decorato, legibus armato; über dieser Inschrift glänzte ein Stern, und auf jeder Seite des Portikus stand das Sinnbild des Sieges, der Palmbaum.


Von Reisende.[]

Anon.[]

[3]

Paris am 3. December 1804.

Der in der Geschichte Frankreichs und den Jahrbüchern der ganzen Menschheit immer merkwürdige Tag ist vorüber. Ausgenommen, daß eine für den Franzosen kalte Luft an diesem Tage herrschte, die in gleichem Grade mit der Kälte der Gemüther stand, war das Wetter frisch und schön, und der Himmel schien so in die Feierlichkeit dieses Tages beizustimmen. Man bot mir den Sonnabend ein Fenster in der rue St. Honoré an, um von da aus den Krönungszug zu sehen, da ich aber schon um 6 Uhr des Morgens da seyn mußte, und meine Wohnung zweitausend Klaftern von diesem Punkte der Stadt entfernt ist, so nahm ich dieses Anerbieten nicht an, und ließ es dahin stehen, ob ich etwas von diesem seltenen Schauspiele genießen würde oder nicht. Es sollte dem Programme nach das Fest des Sonnabends Abends mit flammes de Bengale und Artilleriesalven angekündigt werden: von den letztern hörte ich nichts; das Bengalische Feuer aber sah ich und hörte den ganzen Tag darüber sprechen; da wurde gefragt, da wurde gerathen, ob das Feuer in Bengalen anders aussähe, als das Feuer in Paris, und die Neugierde Tausender wurde unbefriediget gelassen, denn mehr als Tausende sahen das Bengalische Feuer nicht, weil man entweder immer gen Himmel sehen mußte, um das schwache Licht, welches es verbreitete, wahrzunehmen, oder auf einem Platze seyn, wo man einen Thurm sehen konnte, um die angezündete Flamme selbst bemerken zu können. Es war nämlich dieses Bengalische Feuer nichts mehr und nichts weniger als Strohbündel und andere leicht verbrennliche Sachen, die auf den Thürmen hier und da angezündet wurden, und durch wenige Sekunden am Firmamente ein schwaches röthliches Licht verbreiteten, so wie es in einer finstern Nacht simple Fackeln, brennende Schornsteine u. dgl. machen. Alle Schauspielhäuser gaben gratis diesen Abend Vorstellungen, ich ging zufälligerweise beim Théatre Montansier vorbei -- kam leicht hinein, ob man gleich schon spielte -- les deux grenadiers wurde gegeben -- alle Logen, das Parket und Parterre war mit Pöbel angefüllt, der so lachte bei dem bloßen Erblicken von Brunet, daß seine Stimme nicht gehört werden konnte. -- Ich ging heraus, und als ich nach einer halben Stunde wieder zurück kam, war alles so voll, daß niemand mehr eingelassen wurde. –

Anstatt nun um 6 Uhr des Morgens schon in der rue St. Honoré zu seyn, und da von dieser Zeit bis um 11 Uhr die Ankunft des Zuges zu erwarten, so ging ich erst um 10 Uhr aus, in der Absicht das Benehmen des Pöbels an dem Tage, da der Person seines Herrscher gehuldigt wurde, zu beobachten. Das erste Zeichen der Feierlichkeit, welches ich auf meiner Wanderung auf dem Quai bei dem Flusse hinunter bemerkte, war etwas hin und her geworfener gelber Sand, welches bedeutete, daß hier ein Zug entweder passiren sollte, oder schon passirt war; es war das Corps legislatif, welches schon um 8 Uhr hier gegangen war, und dem also schon lange in der Kirche Notre Dame die Zähne klapperten, da ihr putzähnliches Akteurcostume gar nicht für den Winter gemacht ist. -- Ich sah nun, daß man die neue eiserne Brücke recht bequem passirte: ja sogar in so fern bequemer als sonst, indem die mehrsten nicht ihren Sous zahlten, weil die Menge zu groß war, und 10 durchschlüpften, ehe der Invalide mit dem hölzernen Fuße einen festhielt und ihm den Sous abforderte; unter den ersteren war ich und habe also das Vergnügen, sagen zu können, daß ich diese Brücke passirt bin, ohne zu zahlen; etwas, welches sogar dem Herrn von Kotzebue, der sie doch so hübsch beschrieben hat, schwerlich geglückt ist. Ich ging nun auf den pont neuf hinunter, wo der Zug vorüber kommen sollte, und hier war freilich nicht an das Fortkommen zu denken, vielmehr wurde ich hier gleich so eingeschlossen, daß ich weder vor noch rückwärts kommen konnte. Aus dieser unangenehmen Lage half mir aber gleich die Industrie der Franzosen: es waren einige elende Gerüste vor dem Kaffeehause auf der Mitte der Brücke und einige gerade gegenüber so vollgepackt mit Menschen, daß sie einzustürzen drohten, und ein Geländer wirklich mit vier bis fünf Menschen herunter fiel: die Mauern an den Seiten der Brücke waren von ganzen Reihen Menschen besetzt, die in der größten Gefahr standen, in den Fluß herunter zu stürzen. Die großen Piedestale aber, deren sich 10 auf jeder Seite der Brücke erheben und die ehedem entweder Helden oder Heiligen gedient haben, wurden in der Revolution abgeräumt, gewiß nicht, um Zuschauer bei der Krönungsfeier eines Kaisers der Franzosen einst zu tragen; man hatte nicht sobald diese schönen leeren Plätze erblickt, als gleich einige Savoyarden wegliefen und bald mit kleinen Leitern zurückkamen, die zusammengebunden wurden und gehörig unterstützt, eben das Gewicht eines Menschen tragen konnten, und gleich wurden nun auf diese Art 20 neue Erhöhungen gemacht, die das sonderbare hatten, daß das Schauspiel den Einnehmern im geringsten keine direkten Kosten verursachte. Da ich gar keine Wahl hatte zwischen meiner Stelle unter der Menge, die mich einschloß, abscheulich drückte und die Aussicht von allen Seiten benahm, und einem Platze auf einer der genannten Erhöhungen, wo ich bequem stehen und alles ansehen konnte, so gab ich meine 6 Sous, stieg die Leiter hinauf und konnte nun das ganze Menschen-Gewimmel übersehen. -- Doppelte Reihen von Nationalgarden bestimmten die Passage des Zugs bis auf die Mitte der Brücke, und dann weiter den Quai des Orfevres hinab; auf der Mitte der Brücke paradirten Grenadiere zu Pferde und machten allerlei Bewegungen um die Wärme so viel möglich zu conserviren. Zwischen den Soldatenreihen und den Mauern der Brücke war ein solches Gedräng, daß sich ein Dampf in die Luft erhob: in den Fenstern der Häuser lagen Menschen auf einander wie eingelegte Heringe. Ich hatte kaum meinen genannten Platz eingenommen, als der Zug des heiligen Vaters sich näherte: vor seinem Wagen leiteten zwei Bedienten einen Maulesel, auf diesem saß ein Mönch in einer langen blauen Sutane und hielt das doppelte Kreuz: diese sonderbare Kavalkade ergötzte nun weidlich den Pöbel, und es wurde recht herzlich gelacht; -- mir beilbt immer das Kreuz von Christus von einem Esel getragen ein passendes Emblem des katholischen Pfaffenthums und ein Seitenstück zu dem von Blumauer treffend angegebenen: der Pfau,

"weil wenn dies Thier, sonst stolz gebaut,
herab auf seine Füße schaut, --
so schämt es sich verzweifelt."

Der Zug Seiner Heiligkeit bestand aus 6 Wagen und wurde von Kavallerie eskortirt. Nun dauerte es über 11½Uhr, als endlich Murat in leichtem Trapp mit Kürassiren, Jägern von der Garde und Mamelucken erschien, und das war nun der Anfang des kaiserlichen Zuges. In einigem Abstande folgten zwei erstaunlich dicke Reuter in altmodischer Rittertracht und ihre Pferde wurden von Bedienten geleitet, es waren dieses die sogenannten Herauts d'armes, diesen folgten eilf Wagen, jeder mit 6 Pferden bespannt und alle von einer Farbe, einer Auszierung und mit dem kaiserlichen Wappen: und jetzt erschien endlich die wirklich prächtige Equipage des Kaisers selbst -- acht große weiße Rosse mit übermäßigen Federbüschen arbeiteten sich paradirend hervor, und schüttelten die stolze Mähnen: die Marschälle, Commendanten, die Leibgarde und die Aides de champs eskortirten die Wagen, aber von dem Truppengehege, welches dem Programme nach die Wagen umgeben sollte, sah ich gar nichts: mit Heyducken und Lakaien war sie so bespickt, daß kein Platz mehr übrig war, als oben auf der Imperiale, wo die Reichs-Insignien prächtig vergoldet paradirten. 6 Lakaien hingen einander hinten auf dem Wagen, 2 standen an den hintersten und 2 an den vordersten Ecken und 4 vorne hinter dem Kutschersitze: es erschienen diese alle zum erstenmal in ihrer Staatslivree und nahmen sich mit den ungeheuern Haarbeuteln drollig genug aus, (die kaiserliche Livree ist dunkelgrün mit breiten Goldtressen) -- in dem Wagen befanden sich der Kaiser zur rechten, die Kaiserin zur linken und die Brüder des Kaisers vorne; es waren also in und außer diesem Wagen 19 Menschen placirt. Der Kaiser nahm sich in seinem neuen Staatskostume recht gut aus; besonders kleidete ihn der kleine dreieckigte Hut mit Federn, so wie zu Zeiten Heinrichs des Vierten gebraucht wurde, überaus gut: er sah sehr freundlich aus, und grüßte das Volk auf dem ganzen Wege. -- Es hat nun in den Zeitungen oft genug gestanden, daß er mit Vivatrufen bei dieser oder jener Gelegenheit vom Volke begrüßt worden sey, und es ist selten wahr gewesen, dieses Mal war es aber zu meiner herzlichen Freude wirklich der Fall: unter dem verwirrten Geschrei, welches bei dem Vorbeifahren der Wagen ertönte, konnte man deutlich das vive l'Empereur unterscheiden! -- nun folgten wieder 12 kaiserliche Wagen, jeder mit 6 Pferden bespannt, und dann schlossen reitende Grenadiere von der Garde mit Pelotons von Kanonieren zu Pferde den Zug, welcher dann weiter den quai des Orfevres hinab nach der Kirche Notre Dame ging. Indem nun da das Schauspiel vorbei war, so wünschte jeder die verschiedenen Gerüste, Piedestale u. dgl. zu verlassen, da aber hierzu wegen der Volksmenge in einer ganzen Stunde keine Möglichkeit war, so verkündigte schon ein fürchterlicher Kanonen-Donner die Ankunft des Kaisers in der Kirche: wenn ich ausnehme, daß diese Kanonenschüsse, weil sie zu nahe waren und den mehrsten unerwartet kamen, viele Ohnmachten unter den Damen verursachten, so machte diese vortrefflich unterhaltene Salve eine so feierliche Wirkung, wie es möglich ist, daß solche machen kann, denn die Kanonen waren in der Mitte des pont neuf gestellt, und ihre Mündungen wendeten sich den Fluß hinab, so daß die großen Palais, der Louvre, die Tuillerien, [[das des quatre Nations]], das Münzhotel xc. nur deswegen da zu seyn schienen, um das schönste Echo hervorzubringen und es noch stark von einem Schusse bis zum andern zu unterhalten: es waren diese Batterien in dem kleinen freundlichen Gärtchen, welches Meyer so hübsch beschreibt, und also hinter dem von ihm genannten Caffée du bon Henri. Hier stand einst die Statüe des letzten Königs zu Pferde; wer von den Menschen, die dieses Denkmal der Liebe und Dankbarkeit errichteten, hätten ahnen können, daß es einst von einem Haufen Schandbuben zerstört werden sollte, und wer von diesen Unsinnigen hätte gedacht, daß sie diesen Platz abräumten, um einst Kanonen zu tragen, deren Donner Paris und Frankreich verkündigten, daß ihr Kaiser gekrönt würde: wahrhaftig die Hülle der Zukunft thut dem Guten und dem Bösen gleichen Dienst.

Wie es nun in der Kirche Notre Dame zuging, daß würde ich dir nur vom Hörensagen erzählen können, wenn nicht meine Bekanntschaft mit einem Deputirten der Nationalgarde und dessen Bekanntschaft mit einem Gehülfen des Ceremonienmeisters mir ein Eintrittsbillet verschafft hätte, ich sah freilich nicht viel, weil alles schon voll war, da ich hinkam, aber von dem, was ich sah und was einer meiner Landsleute, der zum diplomatischen Corps gehörte, sah, weiß ich nur dieses, daß noch um 12 Uhr die Dekorationen nicht fertig waren, und daß das Hämmern, Sägen und anderes Handwerksgetöse dauerte bis zur der Ankunft des Kaisers, das endlich das in den Zeitungen beschriebene Ceremoniell mit Ordnung des Getümmels der Menschen nicht möglich war, weder die Worte des Papstes noch des Kaisers zu verstehen, und daß das: le très-glorieux et très-auguste Empereur des Français est couronné et intronisé, und, vive l'Empereur von dem Chef der Herolde mit fester Stimme ausgesprochen, das Einzige war, welches ganz zu allen Ohren der Versammlung hindurch drang.

Sobald es wieder erlaubt wurde, die Kirche zu verlassen, welches gegen eine halbe Stunde nach dem Abzuge des Kaisers geschah, eilte ich nach den Boulevards, wo ich eingeladen war, in einem Fenster den Zug noch einmal zu betrachten, und wegen der vielen Umwege, welche dieser machte, kam ich eher zu früh als zu spät: auf den Boulevards sah es nun zwischen 2 und 3 Uhr folgendermaßen aus: vor den Häusern waren hier und da Gerüste aus Bretern zusammengeschlagen, und einige fing man sogar 10 bis 12 Minuten vor der Ankunft des Zuges an mit gemahltem Papiere zu bekleiden: an diese Gerüste waren Zettel angeklebt mit: 1 Fr. la place bis auf 6 Fr. und von diesem letztern Preise war ein zierliches Gerüst meinem Fenster gegenüber: es blieb aber bis zur Ankunft des Zuges ganz unbesetzt und so wie dieser sich näherte, nahmen allerlei Leute hier ihre Plätze, indem sie ohne zu zahlen, hinaufstiegen, und es ganz in Besitz nahmen. An den Seiten der Allee waren hier und da Reihen von Nationalgarden aufgestellt, aber sie standen nicht, sondern sie liefen im Kreise herum wie wilde Menschen, schleppten alte Weiber mit sich fort, und machten allerlei kurzweilige Aufzüge, welches ich nachher in den Zeitungen als Zeichen der Freude auslegen sah, im Grunde aber geschah es wohl mehr um die Kälte, die sie schon seit 6 Uhr des Morgens ausgestanden hatten, ohne etwas anderes zu genießen, als was ihnen die herumgehenden Marketender für ungeheuere Preise verkauften, zu vertreiben, -- Zwischen den Bäumen stand hier und da ein mit Lampen behängter hölzerner Stern, und hier und da eine eben so behängte Scheibe, diese fing man an anzuzünden; von etwa 100 zu 100 Schritt hingen kleine Laternen von der eine Seite der Boulevards bis auf die andere herüber, die waren aber noch nicht alle angezündet, als der Zug ankam. Es hatten 3 Uhr geschlagen, als die ersten Truppen-Pelotons, die ihn eröffneten, erschienen: ihre Menge kam mir grösser vor, als beim Hinzug und ich glaubte, daß es kein Ende nehmen würde; endlich kamen die Wagen in ihrer vorigen Ordnung, und zuletzt der Wagen des Kaisers: er saß wie vorher und grüßte freundlich zu beiden Seiten, aber das unbeschreibliche Getümmel bei seinem Vorbeifahren machte mir für sein Leben angst und bange: die Nationalgarden schlugen ihre Trommeln, drei bis vier verschiedene Chöre von Janitscharenmusik, die ihre Musik zugleich ertönen ließen, das verwirrte Geschrei der Menge, alles machte einen unbeschreiblichen Lerm, und das Leben des theuern Helden stand wirklich in der Hand eines jeden Meuchelmörders, denn es konnte mit einer Kanonen geschossen werden, ohne daß es gehört wäre worden: hier, dachte ich, hat Pitt die Gelegenheit verfehlt, und sie hoffentlich zum Glück der Menschheit verfehlt -- keine Höllenmaschine, keine Conspiration hätte so gewiß ihre verwünschte Wirkung gehabt, als einige Meuchelmörder bei dieser Gelegenheit: mit diesen Gedanken beschäftigte sich meine Phantasie, als mit einem Mal der Zug still hielt, und über eine Viertelstunde nicht von der Stelle kam: es lief mir ein kalter Schauder über den Rücken, der Wagen des Kaisers war schon zu weit und der Abend schon zu dunkel, als daß ich sehen konnte, was den Aufenthalt verursachte: in dem verwirrten Geschrei, das noch dauerte, war es nicht möglich, etwas zu unterscheiden: es ging denn endlich weiter und ich erfuhr nachher, daß es das vorderste Gespann Pferde gewesen wäre, die durchaus nicht fortgewollt hätten und abgespannt hätten werden müssen. Es folgte der Zug des Papstes, noch einige Truppen-Kavallerie und diese Herrlichkeit hatte ein Ende. Der Zug ging die Magdalenen Kirche vorbei und ihre Ruinen waren hier und da mit Lampen behängt. -- Was hat wohl der stolze Napoleon gedacht, da er bei dieser Stelle vorbei fuhr, wo ungelöschter Kalk den Körper seines Vorgängers verzehren mußte, um auch gar keine Spur von seiner Existenz übrig zu lassen? Dachte er wohl, daß es unter der jetzt für ihn jauchzenden Menge noch Ungeheuer gäbe, die den Unschuldigen ermordet hatten, und deren Herrschsucht und Leichtsinn ihn selbst mit demselbigen Enthusiasm zum Grabe folgen würden, mit dem sie heute ihn als ihren Regenten zu grüßen schienen? . . Auch die Mitte des Platzes de la Concorde war nicht leer geblieben, wie wohl meiner Meinung nach das Gegentheil besser gewesen wäre. Hier, wo vor 14 Jahren nochdie Statüe Ludwigs des 15ten zu Pferde prangte, wo vor 13 Jahren die Guillotine das Leben des Nachfolgers desselben und so vieler Unschuldigen endigte, wo endlich vor 10 Jahren ein Ungeheuer vor einer Nationalsäule Ekel erregte und ein wahres Sinnbild des damaligen Zustandes der Nation gab, an eben diesem Orte und an der nämlichen Stelle thronte heute die Lieblings-Dekoration Napoleons ein großmächtiger Stern; war mit tausend Lämpchen erleuchtet, und machte den Hintergrund des prachtvollen Schauspiels, die von den Tuillerien betrachtete Erleuchtung des Gartens aus.


Anekdoten und Nachrichten.[]

[4]

Ein besonderes kaiserliches Edict bestimmt bekanntlich das Costum bey der Krönungsceremonie. Alles ist hierbey auf das Genaueste angegeben, und die verschiedene Breite der Broderie auf den Kleidern giebt die Rangordnung an. Die Frau eines grand Dignitaire hat z. E. eine Stickerey von 6 oder 8 Zoll Breite auf ihrem Kleid, die Frau eines Staatsraths hat nur eine von 4 Zoll. Seitdem nennt man die Frau eines Conseiller d'état (une Dame de quatre pouces) eine 4zöllige Dame.


Quellen.[]

  1. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  2. Französische Miscellen. Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1805.
  3. Paris zur Zeit der Kaiserkrönung. Nebst einer Schilderung der Hauptpersonen bei diesem merkwürdigen Schauspiele. Aus den Briefen eines Augenzeugen. Kölln, bei Peter Hammer. 1805.
  4. Französische Miscellen Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1804.

Literatur.[]