Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Glaz.[]

Biblioteka Narodowa w Warszawie.


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Glaz, Böhmisch Kladsko, souveraine Grafschaft, welche zwischen Böhmen, Schlesien und Mähren liegt, und auf allen Seiten von Gebirgen eingeschlossen ist. Sie ist 8 Meilen lang, und 5 breit, mit vielen und hohen Bergen durchzogen, gehört seit 1742 dem Könige von Preussen, hatte im Jahr 1790. 90,314 und im Jahr 1795. 96,795 Einwohner, meist Katholiken, welche im geistlichen Sachen unter dem Erzbischof von Prag stehen. Getreide erzeugt das Land nicht hinlänglich, aber viel Gras zur Viehzucht, Obst, und vorzüglich vielen und feinen Flachs, welcher Stof zu den zahlreichen Leinwandwebereyen und Zubereitungen giebt, und den vorzüglichsten Nahrungszweig der zahlreichen Landesbewohner ausmacht. Die Hauptstadt heißt gleichfalls

Glaz, liegt an der Neisse, hat, in der Stadt und den Vorstädten 824 öffentliche und Privat-Gebäude und mit dem Militär 9,525 Einwohn. und ohne dasselbe 4,330, nach der Zählung im Jahr 1795. Die Stadt liegt in der Tiefe und ist wenig befestigt, desto mehr aber die beyden überhangenden Berge, die alte und neue Festung genannt. Sie wurde 1742 von den Preussen, 1759 aber von den Kaiserl. Königl. Truppen unter dem General Laudon mit Sturm eingenommen; durch den 1763 getroffenen Friede wurde sie nebst der ganzen Grafschaft wieder an Preussen abgetreten. In dieser Stadt wird schöner Saffian und Tafetleder verfertigt, auch Leder zu Stühlen, Tapeten xc. gemahlt.


Zeitgeschichte der Stadt.[]

[2]
Die letzte Unglücksperiode, welche die Stadt Glatz erlebte, war eine Belagerung. Als nämlich 1806 und 1807 Napoleon Bonaparte durch Baiern und Wirtenberger Schlesiens Vestungen berennen ließ, kam auch

den 19ten Febr. des letztern Jahres die Reihe an Glatz. Der berüchtigte Vandamme rückte an diesem Tage von Wüstegiersdorf her in der Grafschaft ein, und forderte die Vestung zur Uebergabe auf; sie antworte mit Kanonenschüssen und

den 20ten Febr. ließ der Kommandant Gleissenberg vor dem böhmischen Thore etliche Gebäude anzünden, worunter auch die Begräbnißkirche zum heil. Kreuz sich befand, wie auch die Kapelle auf dem Spittelberge. Indessen kam es diesmal noch zu keiner ernstlichen Belagerung, weil die Feinde nach Neisse abzogen, und Glatz, wo im März der Graf von Götzen ankam, blieb unangefochten, bis

den 13ten April ein Theil des feindlichen Korps unter General Lefebre ankam und nach einem hitzigen Gefechte mit den Preußen, welche von der Artillerie beider Vestungen unterstützt wurden, in der Nachbarschaft ein Lager aufschlug.

Den 17ten April machten die Belagerten einen Ausfall, mußten aber, weil ihnen Reuterey mangelte, sich mit einigem Verlust wieder zurückziehen. Von itzt an fiel nichts bedeutendes weiter vor, weil Lefebre bis Wartha zurückgegangen war. Nachdem aber am 1sten Juny Neisse sich ergeben hatte, so traf Gleissenberg ernstliche Anstalten zur Vertheidigung von Glatz. Auf seinen Befehl riß man mehrere vorstädtische Gebäude und Zäune nieder, deckte in der Stadt die Schindeldächer ab und nahm die Buden weg und begann

den 12ten Juny die Bevestigung des Kreutzbergs und der Niederhansdorfer Anhöhen worein 1400 Mann Vestungsbesatzung sich warfen.

Den 20ten Juny rückte das feindliche Heer unter Hieronymus Bonaparte über Friedrichswarte vor Glatz und berennte die Stadt in welcher

den 21ten Juny das Straßenpflaster aufgerissen und alles Geläute untersagt wurde. Der Kanonendonner von beiden Vestungen, so wie aus dem verschanzten Lager der Preußen hallte schrecklich, und Nachmittags 5 Uhr brannte das schwarze Roß auf der Herrengasse ab. Die feindlichen Kugeln thaten wenig Schaden und in einem Scharmützel mit Preußischen Jägern bei Niederhansdorf fielen 2 Baiersche Staabsoffiziere von Cornet und von Kalkenthal; auch büßte ein Landmädchen durch einen Flintenschuß ihr Leben ein.

Den 23. Juny dauerte das Feuern von beiden Seiten ununterbrochen fort, wobey jedoch die feindlichen Granaten meist in der Luft zersprangen. Abends schossen die Belagerten dem Neuländler Kretscham in Brand, er wurde nebst 2 Häusern ein Schutthaufen.

Den 24ten Juny früh 1 Uhr griffen die Feinde mit Uebermacht den verschanzten Kreuzberg ab, und erstürmten nach einem äußerst blutigen Kampfe, welcher beiden Theilen über 1000 Todte und Verwundete kostete, weil die Preußen sich verzweifelt wehrten, alle 10 Schanzen. Der schwer verwundete Major von Puttlitz nebst 9 Offizieren gerieth in die Gefangenschaft, und der Rest der Mannschaft zog sich in die Stadt. Gegen Mittag schloß man einen 8stündigen Waffenstillstand die beiderseits Gebliebenen zu begraben.

Da nun der Feind Anstalt machte, die Stadt zu beschießen, so begab sich Graf von Götzen zu dem Prinzen Hieronymus um wegen der Uebergabe zu unterhandeln, welche erfolgen sollte, wofern bis zum 26ten July kein Entsatz käme. Diese Kapitulation kam denn auch zu Stande und erhielt dem Könige, -- weil mittlerweile Friede ward -- eine der stärksten Vestungen seines Reichs. Bereits den 14ten July hob der Feind die Blokade auf, und entfernte sich aus der Grafschaft.

So weit also geht die wichtigste Zeitgeschichte von Glatz, einer Mittelstadt, die itzt 324 Gebäude und 2900 Einwohner enthält. Blos das Andenken an etliche Wohlthätigkeitsbeweise wackrer Einwohner zum Besten ihrer Mitbürger verdient der Nachkommenschaft aufbewahrt zu werden, Nähmlich

1813 vermachte der Stadtpfarrer von Rädern der Schulkasse 100 Rthl. und den Hausarmen 100 Rthl. und

1814 verordnete Amalie Brüsow geborne Büttner, daß von einem Kapital, dessen Größe in den Provinzialblättern 2 - 3000 Rtl. angegeben wird, alljährlich zwei unbescholtene Bräute, ohne Unterschied der Confession und vorher nicht verheirathet, ausgestattet werden sollen.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Neu bearbeitet von Konrad Mannert, Königl. Bairischen Hofrath und Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
  2. Zeitgeschichte der Städte Schlesiens mit Abbildungen herausgegeben von D. Christ. Friedrich Emanuel Fischer und Carl Friedrich Stuckart. Schweidnitz bei Carl Friedrich Stuckart. 1819.
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