Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Königsberg.[]


Königsberg,[1] Hauptstadt im Königreiche Preußen, und zweite Residenzstadt der preußische Monarchie.

Königsberg eine berühmte Handelsstadt, ehemals zum hanseatischen Bunde gehörig, liegt am Einflusse des Pregel, über welchen hier sieben Brücken gehen, in das frische Haff, und hat, die dreizehn Vorstädte mit eingerechnet, zwei Meilen im Umkreise, in Welchen Raum aber viele Gärten, Felder und eine See mit eingeschlossen sind. Im Jahr 1782 enthielt die Stadt 4,508 Häuser und 55,086 Einwohner, deren aber 1802 noch 49,996 gezählt wurden. Das dortige Schloss ist prächtig gebaut, liegt auf einer Anhöhe und enthält 180 Zimmer, von denen aber ein großer Theil nicht mehr bewohnbar ist. Die Stadt hat 23 Kirchen, den Sitz der hohen Landescollegien von Ostpreußen, des Staatsministeriums, der Regierung, der Kriegs- und Domainenkammer u. s. w. Besonders schöne Häuser enthält die Königsstraße (neue Sorge). Der vornehmste Theil der Stadt heißt Kneiphof: dieser liegt auf einer Insel im Pregel und ist auf Pfählen erbaut. In dem sehenswürdigen Dome ist die Orgel zu merken, die 5,000 Pfeiler hat und 1721 vollendet worden ist. Die dortige Universität, welche 1544 gestiftet ist, hat 18 Professoren, ungefähr 300 Studenten und eine aus 7,500 Bänden bestehende Bibliothek. Außer dieser giebt es daselbst die königliche, die Raths-, die brareinische und die wallenrodische Bibliothek, welche bei weitem wichtiger sind, wie die erstere. Außer der Universität befinden sich daselbst noch viele, zum Theile vortreffliche Schulanstalten, unter denen das Collegium Fridericianum die wichtigste ist. Die Festung Friedrichsburg mit Kirche und Zeughaus liegt vor dem Kneiphofe. Die dortige katholische Kirche ist 1777 erbaut. Obgleich der Pregel neben der Stadt 15 Fuß Tiefe hat, kann doch, wegen einiger sich darin befindlichen seichten Stellen, kein großes beladenes Seeschiff auf demselben zur Stadt kommen. Die Schiffe müssen also in Pillau, dem Hafen von Königsberg, liegen bleiben. Der Handel hat seit zwanzig Jahren beträchtlich abgenommen. Die französische Colonie, welche allein vom Soldatenstande befreit ist, bestand 1780 aus 369 Köpfen. Die Judenschaft ist zahlreich und die Garnison besteht aus 7,000 Mann.


Von Reisende.[]


Jean-Philippe Graffenauer. [2]

[1808]

Königsberg ist im Ganzen nicht vorzüglich gebaut. Im Mittelpunkt der Stadt findet man viele enge, krumme und unreine Gassen; manche Straßen liegen hoch, andere sehr niedrig. Dieß bemerkt man vorzüglich in demjenigen Theile der Stadt, welcher am Ausflusse des Pregels liegt, und mithin gerade nicht der gesündeste ist. Auch soll diese Gegend, wie man mir sagt, wenn der Wind Süd-Ost steht, Verheerungen und Ueberschwemmungen ausgesetzt seyn; indem jener Wind den Ausfluß des Pregels in das frische Haff verhindert. -- Die vom Mittelpunkte der Stadt entfernten Straßen sind regelmäßiger, breiter, und weniger unrein; doch fehlt es ihnen an Trottoirs zur Bequemlichkeit der Fußgänger. Im westlichen Theile der Stadt ist ein See, der viel höher liegt, als das Bette des Pregels, und der gar keinen Abfluß hat.

Königsberg ward bereits im Jahre 1255 zu erbauen angefangen. Dieß geschah zur Ehre eines Königs von Böhmen, Primislaus des Ersten, welcher dem deutschen Orden, gegen die damaligen heidnischen Bewohner Preußens, beystand. Daher erhielt es auch den Namen, welches es noch jetzt führt.

Eigentlich besteht es aus drey Städten: der Altstadt, Löbenicht oder der Neustadt, und dem Kneiphof; doch muß man hiezu noch das Fort Friedrichsburg und einige sehr bedeutende Vorstädte rechnen.

Der Kneiphof ist, wie ich schon oben bemerkt habe, eine Insel im Pregel. Sie ruht auf Pfählen. Die Domkirche steht auf dieser Insel.

Königsberg hat eine sehr berühmte Universität. Sie gehört zu den ältesten Instituten dieser Gattung, und ward schon 1544 vom Marggrafen Albrecht gestiftet. Unter den Gelehrten unserer Tage hat der berühmte Weltweise Kant sehr viel zur Erhöhung des Rufs dieser Universität beygetragen.

Das königliche Schloß ist ein altes Gebäude; es hat die Gestalt eines länglichen Vierecks. Die Nordseite scheint die älteste und bereits von den Deutschen erbaut zu seyn. Der nach Westen und Süden gelegene Theil ward vom Marggrafen Albrecht und der östliche vom Marggrafen Georg Friedrich erbaut. Die Wohnzimmer des Königs und der Königin befinden sich in dem nach Süden gelegenen Pavillon; nach der Nordseite hat man das Kancellariat, die Archive und die Bernstein-Kammer verlegt. Hier wird aller im Königreich Preußen gegrabene und gefischte Bernstein aufbewahrt, ausgelesen, und für Rechnung der Regierung verkauft. Auf der Ostseite liegt die Kirche, in welcher sich Friedrich der Erste im Jahre 1701 zum Könige von Preußen krönen ließ. Der Schloßthurm hat eine beträchtliche Höhe, von welcher man eine weite Aussicht über Königsberg, dessen Umgebungen und das frische Haf hat.

Königsberg hat von jeher sehr bedeutenden Handel getrieben. In seinem Hafen lagen, als ich ihn besah, mehr als zweyhundert Kauffahrtey-Schiffe, die aus Rußland gekommen, mit Getreide, Flinten und Kriegs-Munition beladen und sämmtlich den Franzosen in die Hände gefallen waren. Die Börse hat ein sehr gefälliges Lokal, das am Pregel, bey einer Brücke, belegen ist.

Die Stadt hat gute Festungswerke. Das Fort Friedrichsburg liegt mitten in der Stadt, dem Kneiphofe rechts, und ward bereits im Jahre 1657 erbaut. Es bildet ein rechtmäßiges Viereck, ist mit breiten Gräben umgeben und innerhalb desselben liegt eine Kirche und ein Arsenal. Die Wälle um die Stadt können etwa einen Umfang von anderthalb Meilen haben. Hinter den Wällen waren damals die Oefen der Feld-Bäckerey und auch die russischen und preußischen Hospitäler angelegt, die ich aus Neugierde besuchte. Die hier befindlichen Betten standen in vier Reihen neben einander; sie stießen an den Seiten und am Kopfende zusammen; doch war in der Mitte zwischen den Reihen und an den beiden Wandseiten ein großer, leerer Raum, der der freyen Luft den Durchzug gestattete. Unter den Hospitälern der beiden vorhin genannten Nationen fand ein sehr merklicher Unterschied in Hinsicht der Reinlichkeit Statt. Das russische Hospital war schmutzig, unsauber und verbreitete einen widrigen Geruch. Das preußische hingegen war sehr reinlich. In diesem war über jedem Bette ein schwarzes Täfelchen befestigt, worauf der Name des Kranken, des Regiments und der Compagnie, wobey er stand, das Uebel, woran er litt, so wie die Nahrungsmittel und Arzeneyen, welche er empfing, geschrieben waren.

Die Bevölkerung von Königsberg steht nicht mit seinem Umfange in Verhältniß. Man schätzt die Zahl der Einwohner auf funfzig Tausend.

Die nördliche Breite von Königsberg beträgt vierundfunfzig Grad, dreyundvierzig Minuten. Der Winter ist hier äußerst strenge und dagegen der Sommer sehr heiß, wie ich dieß selbst bey meinem Hierseyn empfunden habe. Der Herbst soll nach dem Zeugnisse der Königsberger gewöhnlich feucht und neblicht seyn, woran die Nähe der Ostsee schuld ist; dagegen fehlt es auch nicht an heftigen Winden, durch welche die Reinigung der Luft bewirkt wird. Die Periode des starken Frostes ist hier die angenehmste und gesündeste. Sie fängt gewöhnlich erst in Jänner an; alsdann friert nicht nur der Pregel, das frische und kurische Haff, nebst andern Seen, so fest, daß man sie auf Schlitten passiren kann, vermittelst deren man sowohl Waaren fortschafft, als auch Reisen und Lustfahrten unternimmt.

Im Jahr 1758 litt Königsberg von den Russen, die es besetzten; 1764 brannte der 6te Theil der Stadt ab. Jetzt ist sie in den Händen der Franzosen.

Die Gegend um Königsberg ist fleißig angebaut, der Boden ist thonigt und etwas morastig; gegen das Haff und die Küsten wird er sandig. Ueberhaupt baut man hier sehr viel Getreide.


Feuerbrunst zu Königsberg.[]


Der erste Julius 1811. [3]

Diese Feuersbrunst war eine der fürchterlichsten und zerstörendsten. Zwanzig der grösten und reichsten Speicher, meistens fünf Stockwerke hoch, und 114 kleinere Speicher, die fast alle mit Thran- und Oel-Tonnen, Talg, Rum, Tauwerken und Hanf angefüllt waren, neben denen sich noch eine Menge anderer brennbarer Materialien befand, wurden von den Flammen verzehrt. Andere hatten ungeheure Lasten von Getreide und grosse Vorräthe von Branntewein. Einige Speicher borsteten gleich anfangs von der schrecklichen Glut und goßen nun ströme von entzündetem Oel und Thran auf die Strassen und benachbarte Häuser, deren 144 in Ruinen verwandelt wurden. Kaum konnten die Bewohner der Häuser über die Dächer entfliehen und ihr Leben retten; denn auf den Strassen tobten die Feuerströme. Ein Theil derselben ergoß sich gleich Anfangs in die Pregel und ergrief dort mehrere russische Fahrzeuge, die zum Theil von den Flammen verzehrt wurden, zum Theil aber, da sich darauf befindliche Pulver entzündete, mit gewaltigem Krachen in die Luft flogen. Die größte Gefahr drohte der Stadt, als die der grünen Brücke nahe stehenden Häuser vom Feuer ergriffen wurden. Die Börse, die Bank, der grüne Thurm und die grüne Brücke glühten bereits, und das Feuer schien die Eigenschaft des vormals so berühmten griechischen Feuers angenommen zu haben. *) Es brannte nicht nur im Wasser fort, sondern wurde auch durch das darauf gespritzte Wasser, wo noch Feuerspritzen angewendet werden konnten, noch stärker angefacht. Nach vielen vergeblichen Versuchen wurde es endlich in der Tränkgasse aufgehalten. Man rechnete den Schaden, den diese Feuersbrunst anrichtete, auf zehn Millionen Thaler, und sollte auch dies Angabe übertrieben seyn, so ist doch so viel gewiß, daß unschätzbare Vorräthe zu Grunde gegangen sind und der Schade immer einige Millionen Thaler betragen mag. Einhundert und fünfzig der wohlhabensten Familien wurden dadurch ganz verarmt und noch mehrere in die größte Verlegenheit gesetzt.

*) Was das griechische Feuer eigentlich gewesen sey, läßt sich mit Gewißheit nicht sagen, weil die morgenländischen Griechen dessen Zubereitung sehr geheim hielten. Wiegleb (natürliches Zauber-Lexikon, 3te Aufl. Nürnberg 1782. p674) glaubt, es sey flüssig gewesen und habe in Gefässen aufbehalten, auch ausgesprützt werden können. Er vermuthet, der Hauptbestandtheil desselben sey brennendes Oel gewesen, das, wenn man es anzündet, eine grosse Hitze angenommen und behalten, auch nicht sogleich habe gelöscht werden können. Man schleuderte es sowohl auf Schiffe, als auf Gebäude.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Meine Berufsreise durch Deutschland, Preußen und das Herzogthum Warschau, in den Jahren 1805, 1806, 1807 und 1808. Von J. P. Graffenauer, Doktor der Arzneygelahrtheit, vormaligem Arzte bey der großen französischen Armee, mehrerer gelehrten Gesellschaften Mitgliede. Chemnitz, bey Carl Maucke. 1811.
  3. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
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