Königreich Ungarn.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1812]
Aus Ungarn, vom 5ten August. [1]
Die Aerndte ist nun in Ungarn überall eingebracht; man kann dieselbe im Ganzen gut nennen, obgleich im Bannat und in andern Gegenden der Hagel vielen Schaden gethan hat. Alle Fruchtpreise fallen daher schnell; nur der Hafer scheint sich im Werth zu halten, da diese Getreidegattung fast allgemein mißrathen ist.
Aus Ungarn, vom 7ten September. [2]Der Mangel an Gelde macht den sonst in unsern grössern Städten herrschenden Luxus sehr fallen; dessen ungeachtet war im letzten Pesther Markt der Detailverkehr sehr lebhaft, und die Kleinkrämer setzten Viel, wenn auch unter dem Preise der Anschaffung, ab. Im Großen wurden aber wenig oder keine Geschäfte gemacht. Wein, Taback, Früchte, Wolle sind ausserordentlich gefallen; der Eimer Wein, der im Frühjahr 16 Fl. Wiener Währung galt, wird jetzt um 6 Fl., der Centner Wolle, der am Pesther Josephimarkt um 200 Fl. W. W., am Medardimarkt um 160 Fl. verkauft wurde, galt am letzten Augustimarkt 80 bis 100 Fl. W. W. Das Getreide fällt um so mehr, als in Oberungarn durchaus, in Niederungarn theilweis die Aerndte sehr gut ausfiel; nur der Hafer ist zum Theil mißrathen. Unterdessen fügt der seit einiger Zeit anhaltende Regen dem in Garben aufgehäuften Getreide vielen Schaden zu, da man hier wenig Scheunen antrifft, sondern die Feldfrüchte unter freyem Himmel in Schobern aufstellt, die hier zu Lande Tresten genannt werden. Durch diese Behandlung geht natürlich viel Getreide verloren, und bey anhaltender nasser Witterung wachsen viele Körner aus. Eben so verschieden von andern kultivirten Ländern ist bey uns die Art, die Körner aus der Aehre zu bringen und aufzubewahren. Nachdem ein Theil der Früchte auf einen eigens dazu ebengemachten und festgestampften Platz ausgebreitet ist, werden viel Pferde neben einander an der Leine darauf so lange herumgetrieben, und das Getreide hierbey öfters umgewendet, bis die Hülsen zertreten, und die Körner herausgefallen sind. Diese Behandlung wird hier Treten genannt. Vier Pferde können in einem Tage 250 bis 300 Garben treten. Da die wenigsten Bauern, und in Niederungarn selbst wenig Gutsbesitzer, Scheunen haben, so graben sie tiefe Löcher in lehmichten Boden, welche die Form eines umgekehrten abgestumpften Kegels haben. Diese Löcher werden mit Stroh vollgestopft und ausgebrannt; sodann das ausgetretene Korn hineingeschüttet, zugedeckt und aufbewahrt. In diesen seltsamen Speichern bleiben die Früchte bis zum Anbau oder Verkauf oft zwey Jahre liegen. Man behauptet, kein Beyspiel zu haben, daß darin Früchte verdorben wären, wenn bey der Manipulation des Ausbrennens Sorgfalt angewendet worden ist. Ueberhaupt ist Ungarn noch weit in der Landwirthschaft gegen andre Länder zurück, woran größtentheils die Verfassung schuld ist; die wenigen Verbesserungen verlieren sich unter der Menge zweckwidriger Behandlungen, und nur der Fruchtbarkeit des Bodens ist die Größe der Produktion zuzuschreiben. Was könnte aber das herrliche Land nicht liefern, wenn alle dem Fleiß der Einwohner entgegenstehende Hindernisse weggeschafft würden!