Preußen.[]
- [1804]
- (taf. XXVI.)
Verfassung: Das Königreich Preußen ist eine unumschränkte, auf beide Geschlechter erbliche Monarchie. Der Stände, die aus den Herren, (in den katholischen Theilen aus der Geistlichkeit), dem Adel und den Städten bestehen, wird nur bei der Huldigung gedacht.
Lage und Größe: Es erstreckt sich von 33 -- 42° Länge, und von 50° 40' bis gegen 56° Breite. Es gränzt gegen Norden an die Ostsee, gegen Osten und Süden an das ehemalige Polen, gegen Westen an Teutschland, und zwar an die Preußischen Provinzen die Mark Brandenburg, Pommern und Schlesien. Die Größe beträgt über 3000 Quadratmeilen.
Beschaffenheit: Es ist ein flaches Land, mit Hügeln und mäßigen Bergen, ohne Gebirge. Hauptflüsse sind: die Memel (in Littauen Niemen), welche auf eine weite Strecke die Gränze gegen Rußland macht, und in das Curische Haff sich ergießt; der Pregel, welcher nach seiner Vereinigung mit der Alle in das Frische Haff fällt; und die Weichsel, der größte von allen, in welchen die Piliza und der Bug, die Gränzflüsse gegen Galizien fallen, und der durch verschiedene Mündungen, wovon der östliche die Nogat heißt, in die Ostsee fallt; westwärts nach Teutschland und in die Oder fließen, die Netze, und südlicher die Warthe, durch die Prosna zur Linken verstärkt. Jedes Haff (See) wird durch eine gleichnamige Nerung (schmale Landzunge) vom Meere geschieden, und hängt mit demselben durch eine Meerenge zusammen. Unter mehrern Kanälen ist der Brombergische, der vermittelst des Flusses Bra die Weichsel mit der Netze verbindet, der merkwürdigste. Der Landseen sind sehr viele. Der Boden ist fast durchaus fruchtbar; doch giebts auch sandige und morastige Gegenden.
Produkte: Getraide, Flachs, Hanf, Tabak und Hopfen hat das Land im Ueberfluß; Schwaden wird in Menge gesammelt; ein sehr großer Theil des Landes ist mit Waldungen bedeckt; die Viehzucht, sonderlich die Rindvieh- und Pferdezucht, ist sehr ansehnlich; das Wild, und darunter auch Elendthiere und Bären häufig: die Bienenzucht stark; die Seen, Flüsse und Küsten des Meeres sind fischreich, und letztere liefern den Bernstein häufiger und besser, als irgend ein anderes Land in der Welt.
Manufakturen und Handel: Die Leinwand- und Wollenmanufakturen sind wichtig; die Eisen- Kupfer- und Messinghämmer zahlreich; auch wird viel Caviar, Leder, Garn, Segeltuch, Pulver und Papier gemacht. Der Handel ist sehr beträchtlich, und die Ausfuhr begreift hauptsächlich die sogenannten Polnischen Produkte, und wegen des Mangels an Manufakturen hat das Land auch viele Bedürfnisse. Die Ausfuhrartikel bestehen also in Mastbäumen, Brettern, Theer, Pot- und Waid Asche; Häuten, Leder, Borsten, Haaren, Fleisch, Talg und Butter; Honig und Wachs; Getraide, Mehl, Grütze; Flachs, Hanf, und deren Oel und Saamen; Garn und Segeltuch, Fische und Caviar; die Einfuhr hingegen in Wein, Obst, allerhand Manufaktur- Ost- und Westindischen Waaren. Die Seefahrt der Preußen geht durch ganz Europa, aber nicht nach andern Welttheilen. Die vornehmsten See- und Handelsstädte sind Danzig, Königsberg, Elbing und Memel.
- Anmerk. In Preußen rechnet man nach Gulden und Groschen oder Schillingen, 1 Gulden wird in 30 Gröschen oder 90 Schillinge getheilt, und 1 st 8 Gr. Sächs. werth. Die Preußischen Provinzialmünzen sind bloß Scheidemünzen, worunter die Timpfe zu 18 Preuß. Groschen, deren 5 auf 1 Thaler gehen, die bekanntesten sind. Die Mark Preuß. zu 20 Preuß. Groschen ist eine eingebildete Münze.
Einwohner: Ihre Zahl wird auf mehr als 3,800000 geschätzt. Die Teutsche Sprache ist die Hauptsprache der eigentlichen Preußen, die mit Schweizern, Pfälzern, vertriebenen Franzosen und sonderlich mit Salzburgern stark vermischt sind; die Lettische wird in Klein-Litauen gesprochen, die Polnische aber in den von Polen abgerissenen Provinzen. Die herrschende Religion ist die evangelisch-lutherische: doch bekennen sich die meisten Einwohner zur katholischen Religion, und haben mit den Lutheranern gleiche Rechte. Andere Sekten, als Griechen, Unitarier, Mennoniten xc. werden geduldet. Die eigentlichen Preußen haben mit den Teutschen gleiche Kultur und Lehranstalten; hingegen die mit den Preußen vereinigten Polen sind noch sehr zurück.
Eintheilung: Preußen besteht aus vier Haupttheilen: Ost- West- Süd- und Neu-Ostpreußen.
- 1) Ostpreußen, das eigentliche Königreich liegt an der Ostsee, an den Flüssen Memel und Pregel, und reicht mit der westlichen Spitze an die Weichsel. Es ist in Süden mit großen Waldungen und Seen angefüllt, übrigens sehr gut angebauet. Es wird in das Alt-Ostpreußische und Litauische Kammerdepartement getheilt, wovon jenes den westlichen, dieses aber den östlichen Theil des Landes (Klein- oder Preußisch-Litauen genannt), begreift.
- Königsberg, nahe an der Mündung des Pregels, die Hauptstadt des Königreichs, eine große, wohlgebauete, und befestigte Stadt von 60000 E., bestehet aus drei verbundenen Städten, Altstadt, Lobenicht und Kneiphof, und 11 Vorstädten, hat ein königl. Schloß, eine Universität, Manufakturen von Wollewaaren und Leder, einen lebhaften Schiffbau und wichtigen Handel.
- Pillau, westlich von Königsberg, auf einer Landspitze am Gatt, oder der Meerenge des Frischen Haffs, eine kleine Stadt von 2000 E., mit einer starken Festung und dem eigentlichen Haven von Königsberg, wohin die größten schwer beladenen Schiffe nicht kommen können.
- Memel, im nördlichen Winkel des Landes, am Eingange des Curischen Haffs, durch welches sich der Fluß Memel ergießt, eine wohlgebauete Stadt von 6000 Einw., mit einem guten Haven, Werften, Tuchmanufakturen, und sehr beträchtlichen Handel, hauptsächlich mit Flachs, Garn, Hanf und Holz.
- Insterburg, südlich von Tilsit, an der Anger, in welche hier die Inster fällt, worauf der vereinigte Fluß der Pregel heißt und schiffbar ist, eine Stadt von 5000 E., die inländischen Handel treibt.
- Gumbinnen, östlich von Insterburg, eine regelmäßig gebauete Stadt von 5000 E., mit Tuchmanufakturen und einer guten Strumpfmanufaktur.
- Marienwerder, in der Westecke von Ostpreußen, nahe an der Weichsel, eine wohlgebauete Stadt mit 3000 Einw.
- 2) Westpreußen, (vor 1772 Polnisch), westlich von Ostpreußen, doch krümmt sich vom Frischen Haff ein beträchtliches Stück südostwärts in Ostpreußen hinein. Dieses Stück ist in Finanzsachen zu Ostpreußen, dagegen die westliche Ecke des letztern mit Marienwerder zu Westpreußen geschlagen. Es wird in das Culmerland, die Marienburgische Provinz, Pomerellen, in Westen der Weichsel, und Ermeland, das von Ostpreußen umgebene Stück, getheilt, wozu noch das Netzeland, auf beiden Seiten der Netze, und die in gewissen Angelegenheiten zu Westpreußen geschlagenen Herrschaften Lauenburg und Bütow, zwischen Pomerellen und Pommeren, kommen.
- Culm, südlich von Marienwerder, an der Weichsel, eine ziemlich große, schlechtbewohnte Stadt von 3000 E., mit einer katholischen Universität. -- Graudenz, eine Festung.
- Marienburg, nördlich von Marienwerder, an der Nogat, die ehemalige Hauptstadt von Preußen, zu den Zeiten der Herrschaft des Teutschen Ordens. 5000 E.
- Elbing, nordöstlich von Marienburg, an einem schiffbaren Flusse gleiches Namens, nahe an der Nogat und dem Frischen Haff, eine ansehnliche Stadt von 18000 E., mit Barchent- und Gazemanufakturen, die einen starken Seehandel mit Preußischen und Polnischen Waaren treibt.
- Braunsberg, nordöstlich von Elbing, nahe am Frischen Haff, eine Stadt von 5000 E., mit beträchtlichem Handel.
- Danzig, westlich von Braunsberg, nahe an der Mündung der Weichsel, eine große, wohlgebauete und wohlbefestigte (bis 1793 freie Polnische) Stadt von 50000 E, die viele ansehnliche Fabriken, den Hauptstapel aller Polnischen und Preußischen Produkte und Bedürfnisse, und daher eine wichtige und weit verbreitete Handlung und Seefahrt hat. -- Weichselmünde. -- Oliva.
- Bromberg, mit 2 bis 3000 Einw. In der Nähe der davon benannte Kanal.
- 3) Südpreußen, ein im Jahre 1793 von Polen abgerissenes und dem Königreiche Preußen zugelegtes Land, liegt südwärts von Westpreußen, in einem Dreieck, an der Weichsel und Warthe, und besteht aus dem größten Theile von Groß-Polen, und einem kleinen Stücke von Klein-Polen. Auch ist zu Südpreußen ein Theil von Neu-Ostpreußen geschlagen. Es wird in drei Kammerdepartements, nämlich von Posen, Kalisch und Warschau getheilt.
- Gnesen, westlich von Plozk, eine ansehnliche Stadt vormals die Hauptstadt von Groß-Polen und der Sitz des Primas Regni.
- Rawitsch, südlich von Posen, an der Schlesischen Gränze, eine beträchtliche von lauter Teutschen bewohnte Stadt mit starken Tuchmanufakturen und gutem Handel.
- Fraustadt, nordwestlich von Rawitsch, an der Schlesischen Gränze, eine beträchtliche Stadt, die starken Woll- und Ochsenhandel treibt.
- 4) Neu-Ostpreußen, oder derjenige Theil vom ehemaligen Polen, welcher im Jahre 1795 an Preußen gekommen ist, wovon aber doch Warschau mit dem Bezirke auf der linken Seite des Bugs und der Weichsel, zu Südpreußen geschlagen worden, ist in zwei Kammerdepartements, nämlich von Bialystock und von Plock getheilt.
- Bialystock, nordwärts von Bielsk, eine regelmäßig und wohlgebauete Stadt mit einem sehr schönen Schlosse. 3400 E.
Das Königreich Preußen.[]
- [1811] [2]
Staatsverfassung.[]
I. Innere Verhältnisse.[]
- 1. Grundgesetze. Außer einigen Verträgen mit den Landständen der Mark Brandenburg besteht für die preußischen Staaten kein einziges Grundgesetz, wodurch die Staatsverfassung und Regierungsform näher bestimmt sind.
- 2. Staatsform und Thronfolge. Preußen ist ein unabhängiges, theils wenig, theils gar nicht eingeschränktes Königreich, welches auf den ältesten Prinzen in gerade absteigender Linie nach dem Rechte der Erstgeburt vererbt wird. Volljährig ist derselbe in den teutschen Ländern mit dem 21sten Jahre. Während der Minderjährigkeit des Königs ist der älteste Prinz des königlichen Hauses geborner Vormund. Die Königin hat Majestät und königliche Würde, und in den weiblichen Stiften übt sie das Recht der ersten Bitte aus. Der Thronfolger ist geborner Prinz von Preußen. Die Versorgung der nachgebornen Prinzen hängt von dem Willen des Monarchen ab.
- 3. Verhältnisse und Rechte des Königs. Die höchste Gewalt im Staate, sowohl die gesetzgebende, als die vollziehende, ist bei dem Könige. In Brandenburg und Pommern nehmen zwar die Stände, die aus den Prälaten, den Grafen, der Ritterschaft und den Städten bestehen, daran Theil. Ihr Wirkungskreis dehnt sich aber nicht weiter, als auf die Berichtigung der alten Landesschulden, und auf die Bewilligung und Regulirung neuer Abgaben aus. In Schlesien über die Stände, die aus den Fürsten, den freien Standesherrn, der Ritterschaft, und einigen Städten bestehen, das sogenannte Fürstenrecht, d. i. das recht aus, unter der Direction der Oberamtsregierung zu Breslau diejenigen Streitigkeiten zu entscheiden, welche unter den Fürsten und Standesherrn wegen eines Fürstenthums, oder einer Standesherrschaft, oder eines ehemals dazu gehörigen Stückes entstanden sind. In Ostpreußen haben die Stände, nämlich die Herrn, der Adel und die Städte schon seit 1740 nicht mehr zu einem Landtage versammelt. In Westpreußen besteht eine landschaftliche Verfassung gar nicht mehr.
- Der Titel des Königs ist: König von Preußen, Markgraf zu Brandenburg, souveräner und oberster Herzog von Schlesien. Dazu kommen noch die Titel von allen denjenigen Ländern, welche der König von Preußen ehemals besaß, oder die er noch gegenwärtig ganz, oder zum Theile besitzt, z. B. zu Magdeburg, Cleve, Berg, Stettin, Pommern, Crossen xc. Herzog, Fürst zu Paderborn, Halberstadt xc. Graf zu Hohenzollern, Ruppin xc. Herr der Lande Rostock, Stargard xc.
- Das große Reichswappen ist aus den Wappen aller, ehemals und jetzt noch, zur preußischen Monarchie gehörigen Länder und Würden, wie auch einiger fremden Länder zusammengesetzt. Darin enthält der mit der königl. Krone bedeckten zweite Mittelschild im silbernen Felde einen schwarzen Adler mit einer Krone um den Hals, und den verschlungenen Buchstaben F. W. R. auf der Brust wegen des Königreichs Preußen. In dem Hauptschilde sieht man in der ersten Reihe im silbernen Felde einen rothen Adler mit goldenen Kleestengeln auf den Flügeln, als Wappen von Brandenburg; das zweite Stück auf dieser reihe ist von Roth und Silber quer getheilt wegen des Herzogthums Magdeburg, u. s. w. Das Wappen des Herzogthums Pommern in der zweiten Reihe ist ein rother von Gold bewehrter Greif im silbernen Felde xc. Das Herzogthum Jägerndorf in der dritten Reihe stellt ein schwarzer Adler mit einem silbernen Jagdhorn auf der Brust im silbernen Felde vor. Und so hat jede Provinz ihr besonders Sinnbild. Auf dem Hauptschilde ruht ein offener Helm, um dasselbe hängt die Ordenskette des schwarzen Adlerordens; Schildhälter sind 2 mit Laub gekrönte wilde Männer mit silbernen Fahnen, auf deren einer der schwarze, auf der andern der rothe Adler zu sehen ist. Ueber diesen allen steht ein purpurfärbiges, mit Hermelin gefüttertes Wappenzelt, dessen Gipfel mit einer Königskrone bedeckt ist, und worüber die Fahne des Königreichs weht. -- Das kleine Wappen ist ein schwarzer Adler mit ausgebreiteten Flügeln, und mit einer goldnen Krone im silbernen Felde.
- Der Hofstaat machen ein Oberkammerherr, ein Obermarschall, ein Oberstallmeister, ein Groß-Garderobemeister, ein Oberjägermeister, ein Hofmarschall, ein Schloßhauptmann, ein Generaldirector der königlichen Schauspiele, und ein Oberschenk mit vielen Kammerherrn aus.
- Außerdem bestehen im Reiche noch verschiedene Erbämter: in den meisten Provinzen das Amt eines Erbkämmerers, Erbmarschalls, Erbküchenmeisters, Erbschenken; in Brandenburg auch eines Erbtruchsesses, Erbschatzmeisters und Erbjägermeisters, in Schlesien eines Erblandhofmeisters, General-Erblandpostmeisters, und Erb-Oberbaudirectors; in Preußen eines Oberburggrafen, eines Kanzlers und eines Landhofmeisters.
- Die königlichen Garden bestehen aus regulärem Militär.
- Die Ritterorden sind: 1. Der schwarze Adlerorden, 2. Der rothe Adlerorden, der in 3 Classen getheilt ist, und, wie der erste, dem Verdienste um den Staat zu Theil wird, und 3. der Orden pour le merite für wohlverdiente Officiers.
- 4. Verhältnisse und Rechte der Staatsbürger. Zwar befinden sich im Königreiche drei wesentlich verschiedene Stände: ein Adel, Bürger, und Bauern. Aber ein Hauptumstand, der bisher die Stände von einander schied, ist entfernt: Sowohl der Bürger, als der Landmann darf nun auch solche unbewegliche Grundstücke, welche zuvor ausschließliches Eigenthum des Adels gewesen waren, der Edelmann hingegen auch bürgerliche und bauerliche Güter besitzen, und letzterer kann überdieß jedes bürgerliche Gewerbe treiben. Alle Erbunterthänigkeit und Leibeigenschaft ist aufgehoben. Auch die Ansprüche des Adels auf hohe Officiersstellen bestehen nicht mehr; der Bürger genießt in Rücksicht auf diesen Gegenstand gleiche Rechte mit dem Edelmanne. Außerdem aber unterscheiden sich die drei Stände noch durch verschiedene Vorzüge und Rechte von einander.
- Der begüterte Adel, der sich in den hohen und niedern theilt, hat in den meisten Provinzen das Recht der Landstandschaft, und seine eigene landschaftliche Verfassung. Er ist seiner Güter wegen, die er in Ostpreußen als Allodial- und Erbgüter besitzt, von allen Servis- und Fouragegeldern, so wie von der Natural-Fouragelieferung für die Reiterei frei. In Justizsachen ist er den Ober-Landesjustizcollegien unterworfen, und in Kameralsachen nimmt er die Verordnungen von den Landräthen der Kreise an. Die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, die Jagdbarkeit und Fischerei, das recht, für sich und seine Leute Bier zu brauen und Branntwein zu brennen, die Befreiung von allem Scharwerke und allen Frohndiensten hat der Adel mit den Besitzern verschiedener nicht adelicher Güter gemein. In Schlesien üben die Fürsten und Standesherrn nebst dem Fürstenrechte alle andere obrigkeitliche Rechte durch ihre Regierungen, Kammern, Hofgerichte, und andere Collegien aus; doch stehen dieselben unter der Direction der Oberlandesregierungen.
- Die Bürger in mehrern Städten haben, wie der Adel, und wie die hohe Geistlichkeit, das Recht der Landstandschaft. In einigen Städten genießen die Bürger noch den Vorzug, eine höhere Gerichtsstelle zu haben.
- Die Bauern besitzen ihre Güter entweder eigenthümlich, oder lehn- oder pachtweise. Einige sind zu gewissen Dienstleistungen verbunden; alle aber sind jetzt persönlich frei.
- Eine Pflicht, die sich auf alle Staatsbürger erstreckt, ist die Leistung des Kriegsdienstes.
II. Auswärtiges Verhältniß.[]
- Was Preußen von auswärtigen Mächten zu fordern, und was es im Gegentheile denselben zu leisten hat, gründet sich hauptsächlich auf den Frieden zu Tilsit vom 9. Jul. 1807.
- Vermöge desselben erkennt der König von Preußen die Könige von Neapel und Westphalen, als solche, und die Länder zwischen dem Rhein und der Elbe, welche er abtrat, a;s ein Königreich unter dem Namen des Königreichs Westphalen, ferner den rheinischen Bund nach seiner damaligen und künftigen Ausdehnung, wie auch den wirklichen Besitzstand und die Titel der Mitglieder desselben, und endlich das Eigenthumsrecht, und die Souverainetät des Königs von Sachsen über den Cotbuser Kreis, und über Süd- und Neuostpreußen nebst einem Theile von Westpreußen, welche der König abtrat, und welche letztere den Namen des Herzogthums Warschau erhielten. Er ist ferner verpflichtet, dem Könige von Sachsen zur Herstellung der Communication zwischen seinem Königreiche und dem Herzogthume Warschau den freien Gebrauch einer Militärstrasse durch seine Staaten, und die zollfreie Schiffarth auf der Netze und auf dem Kanale von Bromberg nach und von der Weichsel zuzugestehen. Der König von Preußen erkennt auch die Vereinigung eines von ihm abgetretenen Theiles von Neuostpreußen mit dem Kaiserthum Rußland, und endlich die Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Stadt Danzig mit einem Gebiete von 2 Stunden rings umher. Dafür ist der König von Preußen gemeinschaftlich mit dem Könige von Sachsen Protector von Danzig. Die Schiffarth auf der Weichsel darf keine Parthei, weder der König von Preußen, noch der König von Sachsen, noch die Stadt Danzig durch ein Verbot hindern, oder durch Errichtung eines Zolles, oder irgend einer andern Auflage erschweren. Endlich erkennt der König den Herzog von Warschau als rechtmäßigen Besitzer von Neuschlesien, welches er vermöge eines besondern Vertrages mit Frankreich an das Herzogthum Warschau abtrat.
Staatsverwaltung.[]
I. Centralverwaltung.[]
- Vorzüglich geht der Zweck der Regierung gegenwärtig dahin, mit Verbannung des steifen Kanzlergeistes, und Aufhebung der vervielfältigten, überflüßigen Schreibereien den Geschäftsgang so viel, als möglich, zu vereinfachen, und zu beschleunigen.
- Die Seele der ganzen Staatsregierung ist der König, der mit dem Staatskanzler, als erstem und nächsten Cabinetsrath, und den übrigen Cabinetsräthen über die wichtigsten Gegenstände berathschlagt, die unmittelbar an ihn gerichteten Fragen beantwortet, über Gutachten entscheidet, und seine Befehle an die Behörden ergehen läßt.
- 1. Das oberste Collegium im Reiche ist der Staatsrath, worin der Staatskanzler unter dem Befehle des Königs den Vorsitz hat. Er besteht aus den Prinzen des Hauses, welche nach erreichtem achtzehnten Lebensjahre ihren Sitz darin nehmen können, aus den Staatsministern, aus dem Staatssecretär, welcher für die eigentliche Geschäftsführung des Staatsraths sorgt, das Protokoll führt, und die Beschlüsse contrasignirt, und aus Mitgliedern, welche der König auf eine bestimmte Frist, oder für einen bestimmten Gegenstand besonders ernennt. Der Staatsrath hat keine Verwaltung. Zu seinem Wirkungskreise gehören alle Gesetze, Verfassungs- und Verwaltungsnormen, so daß sämmtliche Vorschläge zu neuen, oder zu Aufhebung und Abänderung von vorhandenen, durch ihn an den König zur Sanction gelangen müssen; ferner diejenigen Gegenstände, bei welchen ein gemeinschaftliches Interesse verschiedener Ministerien, aber keine Vereinigung zwischen ihnen statt findet, oder welche der König besonders an den Staatsrath verweiset, oder bei welchen der Staatskanzler die Ausführung suspendirt hat. Dem Staatsrathe müssen die Minister jährlich eine schriftliche Rechenschaft von ihrer Verwaltung ablegen. Die durch die Mehrheit der Stimmen gefaßten Beschlüsse werden dem Könige zur Entscheidung vorgelegt.
- Unmittelbar unter dem Staatsrathe stehen die Gesetzcommission für die gesammte Gesetzgebung, und die Ober-Examinationscommission für sämmtliche Civilministerien, welche durch Prüfung auf gleiche Tauglichkeit aller Räthe und anderer Civilbeamten hinzuwirken hat. Präsident beider Commissionen ist der Staatssecretär. Dem Staatsrathe ist endlich auch das Plenum der wissenschaftlich technischen Deputationen sämmtlicher Ministerialdepartements unterworfen. Unmittelbar unter dem Staatskanzler allein stehen die Oberrechnungskammer, und das Archiv. Ersterer liegt die Revision aller Rechnungen, Etats und landesherrlichen Fonds ob.
- 2. Der Ministerien sind 5: a. das Ministerium des Innern, b. der Finanzen, c. der Justiz, d. der auswärtigen Angelegenheiten, und e. des Kriegsdepartements. Jeder Staatsminister führt die ihm anvertraute Verwaltung selbstständig unter unmittelbarer Verantwortlichkeit gegen den König. An ihn berichten die Minister, von ihm erhalten sie Befehle. Dem Staatskanzler sind sie schuldig, auf sein Verlangen Rechenschaft und Auskunft über jeden Gegenstand ihrer Verwaltung zu geben, und auf seine Suspensiv-Anordnungen die ihrigen einzustellen, bis vom Könige oder vom Staatsrathe weitere Bestimmung erfolgt. In jedem Ministerialdepartement sind vortragende Räthe angestellt, die aber bloß eine berathende Stimme haben; hingegen die Directoren der einzelnen Unterabtheilungen haben in solchen eine entscheidende.
- 3. Jeder Minister und Chef einer Abtheilung verfügt an die ihm untergeordneten, eigentlich administrativen Behörden. Diese sind nach den verschiedenen Zweigen z. B. der Finanz- Kameral- und Polizeiverwaltung die verschiedenen Cassen, das Ober-Baudepartement, die Bergwerks- und Hüttenadministration, diejenigen Collegien, zu deren Geschäftskreise das Accise- Zoll- Forst- Fabriken- und Commerzialwesen gehört, das Collegium medicum und Sanitatis, die Lotterieadministration, u. a. m. Unter dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten steht die Staatskanzlei.
- 4. Das höhere Justizcollegium, als die vom Justizministerium zunächst ausgehende administrative Stelle ist das geheime Obertribunal zu Berlin, welches in dritter, oder letzter, oder auch als Revisionsinstanz in sämmtlichen preußischen Staaten erkennt. Es besteht aus mehrern Ober-Tribunalsräthen, und dem nöthigen Kanzleipersonale. Zweige desselben sind das Lehndepartement, und das französische Obergericht.
- 5. Die Direction des Postwesens hat ihren eigenen Chef an dem General-Postmeister.
II. Provinzialverwaltung.[]
- Zum Besten der Provinzialverwaltung sind alle Provinzen der preußischen Monarchie in Kammerdepartements, und diese in mehrere Kreise getheilt. Für Preußen bestehen: das ostpreußische und littauensche für Ostpreußen, das marienwerderische für Westpreußen (von dem Gebiete des brombergischen ist der größte Theil abgetreten); für Schlesien das breslauische und das glogauische, für Brandenburg das kurmärkische und das neumärkische. Pommern hat nur ein einziges Kammerdepartement.
- 1. In jedem Kammerdepartement befindet sich eine Kriegs- und Domänenkammer, welche alle Finanz- Kameral- und Polizeigeschäfte in ihrem Bezirke besorgt, die königlichen Einkünfte von den Oekonomiebeamten, Steuerräthen und Kreissteuereinnehmern erhebt, die Regalien und Domänen verwaltet, für Militär- und Lieferungssachen sorgt xc. Nebst dem Präsidenten haben sie einen Director, 1 oder 2 Oberforstmeister, und eine verhältnißmäßige Zahl von Kriegs- und Domänenräthen, Assessoren und Referendaren.
- Zur Verwaltung der Justiz ist in jedem Kammerdepartement eine Regierung, oder ein Hofgericht niedergesetzt. Dasjenige, welches für die Kurmark zu Berlin besteht, heißt Kammergericht. Pommern hat eine Regierung zu Stettin, wo auch der Sitz der Domänenkammer ist, und ein Hofgericht zu Köslin in Hinterpommern. In Ostpreußen befindet sich eine Regierung zu Königsberg, und ein Hofgericht zu Insterburg.
- Die Regierungen bestehen aus 1 - 2 Präsidenten, 1 Director, mehrern Regierungsräthen, Assessoren, Referendaren, Auscultatoren, und expedirenden Secretärs. Sie entscheiden in erster Instanz über die Rechtshandel der Adelichen und Eximirten, wie auch der Richter und des königlichen Fiscus mit den Unterthanen, und in zweiter Instanz über diejenigen Streitsachen, welche durch Appellation von den Untergerichten an sie gelangten. Nur sind diejenigen davon ausgenommen, welche die Domänen und Landesabgaben betreffen, und von den Kammern entschieden werden. Den Regierungen sind alle Magistrate, und alle Justizhöfe der Adelichen und der Gemeinden unterworfen. Zur Besorgung der Vormundschaftssachen sind aus den Gliedern der Regierungen Pupillencollegien zusammengesetzt. Für die Criminaldeputationen, in Schlesien Hof- und Criminalcollegien, und in Ostpreußen das Hof- Halsgericht zu Königsberg.
- Mit den Regierungen sind auch die Landesconsistorien der Provinzen verbunden, die über alle Kirchen- und geistliche Sachen die Oberaufsicht haben, und das Vermögen der landesherrlichen Stiftungen, der Kirchen, Spitäler und Armenhäuser verwalten. Sie sind mit Generalsuperintendenten, Superintendenten, Erzpriestern, Inspectoren, Dechanten, Pröbsten, Pfarrern und andern Predigern besetzt. Den katholischen Consistorien in Schlesien und Preußen sind Vicariate, Archidiakonate, und Ruraldekanate untergeordnet.
- 2. In den Kreisen, woraus die Departemente zusammengesetzt sind, vollziehen die Kreisämter die Befehle der Domänenkammern und Regierungen, und handhaben die Justiz und Polizei.
- Alle preußische Provinzen haben seit 1794 ein allgemeines Gesetzbuch: die Frucht einer zehnjährigen Arbeit großer Rechtsgelehrten.
Quellen.[]
- ↑ Lehrbuch der Erdbeschreibung zur Erläuterung des neuen methodischen Schulatlasses. Von Adam Christian Gaspari. Weimar, im Verlage des Geographischen Instituts 1804.
- ↑ Handbuch der Statistik der europäischen Staaten, zum Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstbelehrung von D. Joseph Milbiller. Landshut, 1811. Bei Philipp Krüll, Universitäts-Buchhändler.