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Galicien.[]


Verfassung: Das Königreich Galicien,[1] welches auf beide Geschlechter forterbt, wird von seinem Könige, der zugleich König von Ungarn und Böhmen, und Erzherzog von Oestreich ist, der vorhandenen Landstände ungeachtet, unumschränkt beherrscht, dessen Stelle im Lande ein Gouverneur und Landesfürstl. Kommissair der Erbkönigreich Galicien und Lodomerien vertritt.

Lage und Größe: Galicien liegt zwischen 36 -- 45° Länge und 46 -- 53° Breite, und gränzet mit Polen, Rußland, der Türkei, Ungarn, und im westlichsten Winkel mit Teutschland, namentlich mit Schlesien. Sein Flächenraum beträgt gegen 2300 Quadratmeilen.

Beschaffenheit: Galicien hat in Süden eine hohe Lage, wo es an das große und hohe Karpathische Gebirge anstößt, das die Gränze gegen Ungarn macht, und wovon verschiedene Bergreihen durch das Land streichen. Gegen Norden hin wird es immer niedriger und flacher. Der größere Theil des Landes ist eben, hat aber viele morastige Gegenden und große Haiden. Die Weichsel fließt mitten durch, und nimmt den Fluß San auf, der hier entspringt; östlich vom San fließt der Bug, der in Preußen in die Weichsel fällt, südlich von diesem der Dniester, weiter südwärts der Pruth, und noch südlicher der Sereth; beide Nebenflüsse der Donau. Die Luft ist in den meisten Gegenden kühl und rein, und der Boden sehr fruchtbar.

Produkte: Es hat einen starken Getraidebau, Flachs und Hanf nicht im Ueberfluß, Tabak, Honig und Wachs, große Waldungen und ansehnliche Viehzucht; von Mineralien, hauptsächlich einen unerschöpflichen Schatz von Steinsalz.

Manufakturen und Handel: Jene sind noch nicht alt und ausgebreitet, aber im Wachsthum, und die vorzüglichsten sind, außer den äußerst wichtigen Salzwerken, Leder, Leinwand- und Wollenmanufakturen. Der Handel der Galicier ist nicht sehr ausgebreitet, aber einträglich, und beruhet auf gemästeten Ochsen, die zu vielen Tausenden ausgetrieben werden, Häuten und Lederwaaren, Holzwaaren und andern Landesprodukten, insonderheit aber Salz. Die vornehmsten Handelsplätze sind Lemberg und Brody.

Anmerk. Galizien hat keine besondere Rechnungsart und Münze, sondern die allgemeinen Münzen der Oestreichischen Staaten.

Einwohner: Ihre Zahl beträgt über 3 Mill. Seelen. Die Landessprache ist die Polnische. Die herrschende Religion ist die katholische, mit welcher sich die vorhandenen sehr vielen Griechen und die Armenier mehrentheils unirt haben; doch werden auch andere Religionspartheien geduldet; und es sind sehr viele Juden im Lande, die zum Ackerbau und zu Handwerken gewöhnet werden. Die Kultur ist hier noch auf einer sehr niedrigen Stufe; doch fehlt es nicht an Anstalten zur Beförderung derselben.

Eintheilung: Galicien bestehet aus zwei großen zu verschiedenen Zeiten von dem ehemaligen Polen abgerissenen Stücken Landes, welche man Ost- und Westgalicien benannt hat, ohngeachtet keines dem andern ost- und westwärts, sondern vielmehr eines dem andern nord- und südwärts liegt; dann aus einem von der Türkei abgetretenen Stücke Landes, nämlich der Bukowina, den vereinigten Königreichen Galicien und Lodomerien.

1) Ost- oder besser Alt-Galicien begreift die eigentlichen Königreiche Galicien und Lodomerien (Halicz und Wladimir), welche 1772 von Polen abgerissen wurden. Sie machen die südliche größere Halfte des Landes aus, und sind in 18 Kreise getheilt.

Lemberg, die Hauptstadt, nahe am Bug, eine große Stadt von 24000 E., mit einer Universität, einer Leinwand- einer wichtigen Lederfabrik und starken Handel.
Wielitschka, westlich von Lemberg, unweit Krakau, eine Stadt mit berühmten und sehr reichen Salzgruben. -- Bochnia mit Salzwerken.
Sambor, südwestlich von Lemberg am Dniester, eine Stadt mit einer großen Leinwandmanufaktur Leinwand- und Zwirnbleichen, und wichtigen Salzwerken.
Brody, nordöstlich von Lemberg, eine schlechtgebauete volkreiche Stadt, die besondere Handelsfreiheiten hat, und beträchtlichen Speditionshandel treibt.

2) West- oder besser Neu-Galicien, d. i. der im Jahr 1795 bei der letzten und gänzlichen Theilung von Polen an Oestreich gekommene Theil, macht den nördlichen kleinern Theil von Galicien aus, und wird durch den Bug von Rußland und Preußen, von dem letztern auch durch die Piliza, von Ostgalicien aber größtentheils durch die Weichsel getrennt.

Krakau, an der Weichsel, die Hauptstadt des ehemaligen Polens, eine ansehnliche, aber unregelmäßig gebauete Stadt von 24000 E., mit einem großen befestigten Bergschlosse, worin die ehemalige Krönungs- und Begräbnißkirche der Polnischen Könige, hat auch eine Universität, und guten Handel.
Sendomirs, nordöstlich von Krakau, an der Weichsel, der Mündung der Sau gegenüber, eine ehedem mehr als jetzt beträchtliche Stadt in einer sehr angenehmen Gegend.
Schidlowitz, nordwestlich von Sendomirs, eine nahrhafte, meist von Juden bewohnte Stadt, die guten Handel mit den Landesprodukten treibt.
Kasimiers, nördlich von Sendomiers, an der Weichsel, eine beträchtliche Stadt mit gutem Handel. Viele Juden.
Lublin, östlich von Kasimiers, eine ansehnliche Stadt von 5000 E., wo jährlich drei stark besuchte Messen gehalten werden, und viel Durchgangshandel mit der Ukraine ist.

3) Die Bukowina, zwischen den Karpathen und dem Dniester, um den Pruth und die Quellen des Sereth, ein bergiges und waldiges Land, ward 1777 dem Fürstenthume Moldau und dem Osmanischen Reiche entrissen. Es macht den 19ten Kreis des Königreichs aus.

Sutschawa, eine freie Handelsstadt, vormals die Hauptstadt der Moldau. -- Szernowitz, die Hauptstadt der Bukowina.


Galizien und Lodomerien.[]


Galizien und Lodomerien,[2] (Galitsch oder Halitsch und Wladimir,) waren in dem Mittelalter Herzogthümer, die von dem Ende des 11ten bis zu Ende des 14ten Jahrhunderts, unter mancherley Abwechslungen, in einer gewissen Abhängigkeit von dem Königreich Ungarn stunden, die sie, als ein Theil von Rothreussen, durch Hedwig, Gemahlin Vladislaus Jagellons, an die Krone Polen kamen. Die Könige von Ungarn behielten aber doch den Titel und das Wappen davon; und bey der großen Veränderung, die im Jahr 1772 und den folgenden mit Polen vorgieng, nahme die Kaiserin Königin MariaTheresia diese Lande wieder in Besitz, und formirte daraus ein eigenes für sich bestehendes Königreich, welches aber nicht in den Gränzen der Landschaften Galizien und Lodomerien eingeschränkt ist, sondern noch verschieden andere Stücke, die sonst zu Klein-Polen gehörten, in sich begreift. Es bestehet nämlich aus einem Theil der Woiwodschaften Cracau, Sandomir und Lublin, einem Theil des Landes Chelm, dem Woiwodschaften Belz und Rothreussen, dem Lande Galitsch und einigen Stücken der Woiwodschaften Volhynien und Podolien. Zum unterschied des später erworbenen Theils von Polen nennte man es seit 1796 Ostgalizien. Es gränzt gegen Abend an Oesterreichisch Schlesien, gegen Mitternacht an Westgalizien, gegen Morgen an den Russischen Theil von Polen und die Moldau, und gegen Mittag an Siebenbürgen und Ungarn. Das ganze Land hat einen größtentheils sehr fruchtbaren Boden, und ungeachtet der Feldbau noch nicht zweckmäsig genug betrieben wird und die Bevölkerung beträchtlich ist, so liefert es doch Weizen und Roggen zur Ausfuhr. Der Obstbau fängt erst an sich zu heben. Wilde und zahme Bienen geben Honig und Wachs als Gegenstände des Handels. Rindvieh wird in Menge gezogen und in andere Gegenden verhandelt; und die zahlreichen Pferde zeichnen sich durch ihre Leichtigkeit und Abhärtung aus; vorzüglich schöne Pferde nährt die Bukowina. An wilden Thieren findet man Auerochsen, Wölfe, Bären und Wildpret aller Art, vorzüglich viele Hasen; auch der Biber ist hier einheimisch, lebt aber wegen der geringen Anzahl nur nomadisch in Höhlen, deren Ausgänge sich in einem Wasser endigen, in der Gegend von Grudeck und am Bugflusse. Eine Art Schildläuse liefert die Polnische zum Scharlachfärben benüzte Kochenille. Unter den Mineralien ist vorzüglich das Salz von großer Wichtigkeit; es verbreitet sich durch alle bergichten Theile des Landes und wird als Steinsalz gegraben, oder auch aus Quellen ohne Gradierhäuser versotten. Auch Eisen findet sich in den meisten Gebirgen, das Erz ist aber nicht sehr ergiebig. Gold wächst man aus der goldenen Bistriza. Flintensteine brechen vorzüglich im Bochnier und Stanislawower Kreise häufig und von vorzüglicher Güte. Die vielen Alaunschiefer werden wenig benüzt. Das Bergtheer gebraucht der Einwohner zur sehr guten Wagenschmier, auch zur Arzney. Mineralische u. Sauerquellen hat Galizien an vielen Orten, mehrere werden auch zu Badeanstalten benüzt. Im Jahr 1784 war es in 12 Kreise abgetheilt, wozu noch, zu Ende des Jahrs 1786 die Bucowina, als der 19te, hinzukam. Ihre Namen sind nach den neuesten Anordnungen: 1) der Mysleniczer, 2) der Bochnier, 3) Sandeczer, 4) Tarnower, 5) Dukler jezt Jasloer, 6) Rzeszower, 7) Przemysler, 8) Sanoker, 9) Samborer, 10) Zamosker, 11) Zolkiewer, 12) Lemberger, 13) Broder oder Zloczower, 14) Brzeczaner, 15) Tarnopoler, 16) Stryer, 17) Stanislawower, 18) Zalescziker; wozu 19) die Bucowina, oder der Czernowiczer Kreis kommt. Bey jedem Kreis stehet 1 Kreishauptmann, 4 Komissäre, 1 Sekretär xc. Im Ganzen Lande zählt man 107 sogenannte Städte, 201 Märkte und 6,160 Dörfer. Die Größe des Landes berechnet man, mit Einschluß der Bukowina, auf 1,560 geographische Quadratmeilen, und nach der Zählung im Jahr 1798 betrug die immer wachsende Menschenmenge 3,611,132 Seelen; im Jahr 1801 schon 3,644,892 Seelen; darunter sich 38,000 Judenfamilien. Die Regierung des Landes wird zu Wien von der Galizischen Hofkanzley mit besorgt; zu Lemberg aber ist der Siz des Landesguberniums, welches den Gouverneur zum Chef, 13 Räthe als Beysizer, sonst noch das nöthige Personale hat und alle Politica besorgt. Die Justiz verwaltet das ebenfalls zu Lemberg errichtete Appellationsgericht, welches aus 1 Präsidenten, 1 Vicepräsidenten, 15 Räthen xc. besteht. Seit 1775 hat Galizien seine eigenen Landstände, den Herren- Ritterstand und die wichtigsten Städte; die Geistlichkeit macht keinen eignen Stand. Bischöfe und Aebte sind unter dem Herrenstand begriffen. Sie haben das Recht, über die Herbeyschaffung, Vertheilung xc. der vom Hofe gemachten Forderungen zu verordnen, auch, wenn es nöthig ist, Vorstellungen an das Landesgubernium zu machen. 17 Erzämter hat man für den höhern Adel errichtet, sie sind aber nicht erblich. Die Kunsterzeugnisse des Landes sind noch nicht von großer Erheblichkeit; doch giebt es Tobacks- Leinwand- und Harrastuchmanufakturen auch viele Glashütten, und zur Beförderung des Handels, welcher größtentheils in den Händen der Juden ist, sind gute Strassen angelegt. Die herrschende Religion des Landes ist die katholische, ein Erzbischof hat zu Lemberg seinen Sitz. Es giebt aber viele unirte und nicht unirte Griechen, und Armenier, sie stehen alle unter eignen Bischöfen, so wie auch die sehr zahlreichen Juden, ihre Synagogen und einen Ober-Rabi haben. Die Angelegenheiten der Lutheraner, hier noch aus dem Polnischen Zeitalter der Dissidenten genannt, besorgt der Superintendent von Teschen. Zur gelehrten Bildung gehörte die Universität zu Lemberg, das Lyceum zu Zamosk und 6 Gymnasien in den wichtigsten Städten des Landes. Mit diesem Ostgalizien wurde im Jahr 1803 vereinigt

West-Galizien, ein anderes Stück Landes, welches Oesterreich bey der dritten Theilung Polens im Jahr 1795 erhielt. Es wird gegen Osten und Norden vom Flusse Bug, gegen Westen von dem Gebiethe um Warschau und der Weichsel, und dann von dem Flusse Pilica, von seiner Quelle an bis zur Mündung in die Weichsel begränzt; auf der Südseite hängt es mit Ostgalizien zusammen. Es besteht aus Trümmern von Groß- und Kleinpolen nebst einem kleinen Striche des ehemaligen Litauens, und hat den Namen Westgalizien nur deswegen erhalten, weil der frühere Oesterreichische Antheil an Polen Galizien hieß. Der Flächeninhalt beträgt 866 geographischen Quadratmeilen, die Menschenzahl betrug im Jahr 1803. 1,281,037 (mit 95,587 Juden, welche in 134 Städten und Städchen, 93 Marktflecken und 6,477 Dörfern wohnen. Im Jahr 1798 hatte es 1,288,998 Einwohner. Das Land ist durchaus eben, und größtentheils fruchtbar an allen Arten Getreides, hat auch zahlreiche Viehzucht und auf der Südseite beträchtliche Waldungen, welche viele Bienen enthalten, folglich Honig und Wachs liefern. Die Gegenden um [[Sandomierz|Sandomir] geben auch viel Eisen. Manufakturen hat das Land beynahe gar nicht. Es wurde in 12 Kreise getheilt, der 1) Bialer, 2) Chelmer, 3) Jozefower, 4) Lubliner, 5) Olkuszer, 6) Radomer, 7) Radzyner, 8) Kielcer, 9) Konskier, 10) Krakauer, 11) Sandomirer, und 12) Siedlcer Kreis. Aber nach der Vereinigung mit Ostgalizien wurden 1804 der Krakauer und Olkuszer, der Konskier und Kielcer, der Radomer und Sandomirer, der Jozefower und Lubliner, der Radzyner und Siedlcer, und der Chelmer und Bialer Kreis zusammengezogen, so daß also nur 6 Kreise mit ihren Hauptorten Krakau, Kielce, Radom, Lublin, Siedlce, und Wlodawa übrig sind.


Das ganze Königreich trägt also jezt wieder den allgemeinen Namen Galizien, ist in 25 Kreise getheilt, und steht unter dem Landesgubernium zu Lemberg. Die gesammten Einkünfte von Ost- und Westgalizien schäzt man auf 16 Millionen Gulden. Sie fließen aus der Contribution, der Domesticalsteuer oder Milizkontribution aller unbeweglichen Güter, Erbsteuer, aus den Domänen, Mautgefällen, Salz- Tobak- Lottogefällen, Klassen- und Personensteuer, dem Postregale xc. Das Wappen von Galizien sind 2 goldne Kronen, in rothem Felde, und das von Lodomerien ein blauer Schild mit zwey Querbalken, die mit rothen und weissen Vierecken besezt sind.


Quellen.[]

  1. Lehrbuch der Erdbeschreibung zur Erläuterung des neuen methodischen Schulatlasses. Von Adam Christian Gaspari. Weimar, im Verlage des Geographischen Instituts 1804.
  2. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Neu bearbeitet von Konrad Mannert, Königl. Bairischen Hofrath und Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
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