Von Bastille bis Waterloo. Wiki

Joh. v. Müller.[]

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Müller, (Joh. v.) wurde am 3. Jänner 1752 zu Schaafhausen geboren. Er studirte in Göttingen kam dann nach Genf, wo er seine Geschichte der schweizerischen Eidgenossenschaft zu schreiben anfing, die ihm später den Ruf des ersten deutschen Geschichtsschreiber erwarb. Im Jahre 1786 trat er in Maynzische Dienste; sechs Jahre darauf wurde er als Hofrath bey der geheimen Hof- und Staatskanzley in Wien angestellt, und später erster Kustos der kaiserlichen Bibliothek. Nach einigen Jahren trat er in preussische Dienste, welche er nach dem unglücklichen Feldzuge von 1807 verließ. Napoleon rief ihn zu einer Unterredung nach Paris, nachdem er sich früher in Berlin mit ihm besprochen hatte. Hierauf trat er in die Dienste des Königs von Westphalen, und ist nun als Minister des öffentlichen Unterrichts in Kassel angestellt.


Johann von Müller zu Sylvelden.[]

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Johann von Müller zu Sylvelden, ein deutscher Historiograph.

Geboren 1752. Gestorben 1809.

Sein Vater, Johann Georg Müller, war Prediger einer Filialkirche zu Schafhausen. Auf des Knaben früheste Charakter- und Geistesbildung wirkte vorzüglich die Mutter durch ihre edle Denkungsart, und der Großvater von mütterlicher Seite, Johann Schoop, welcher in demselben zuerst die Liebe zum Studium der Geschichte entzündete.

So verlebte Muller seine erste Jugendzeit fröhlich zu Neukirch, dem Hauptorte des oberen Klekgaues, bis er späterhin unter die Leitung eines pedantischen Schulrektors kam, der nur sein Gedächtniß auf die Folter spannte. Müller liebte indeß die Geschichte bis zur Leidenschaft, und versuchte schon in seinem neunten Jahre eine historische Darstellung der Schicksale der Bürgermeister seiner Vaterstadt. Im eilften Jahre wußte er die Epoche und Perioden aller einzelnen Regierungen auswendig. Auch in der historischen Kritik übte er sich eben so früh; sein erster Versuch in diesem Fache war eine vergleichende Prüfung verschiedener chronologischer Systeme der alten Geschichte.

Im dreizehnten Jahre machte er nähere Bekanntschaft mit den römischen Klassikern, und durch sie ging in der entzückten Seele eine neue Welt des Edlen und Großen der menschlichen Natur auf.

Nachdem Müller zwei Jahre auf einem Humanitäts-Kollegium mit Vorbereitungsstudien zugebracht hatte, wo es sich zufällig traf, daß er den Unterricht von acht Professoren allein genoß, kam er in seinem achtzehnten Jahre nach Göttingen. Sein Vater hatte ihn zur Theologie bestimmt; der Jüngling war ihr zwar Anfangs auch nicht abgeneigt, aber die Lust dazu verlor sich bald immer mehr und mehr, und erlosch endlich ganz, als Schlötzers Umgang und Lehre ihm seine Vorliebe für die historische Kunst auf immer fixirte. Auf Schlötzers Rath schrieb Müller jetzt eine kritische Untersuchung des cimbrischen Kriegs. Um diese Zeit entspann sich sein freundschaftliches Verhältniß mit Gleim und Peter Miller, welcher ihn ermunterte, die Geschichte der schweizerischen Eidgenossenschaft zu schreiben.

Nach zwei Jahren kehrte er in seine Vaterstadt Schafhausen zurück, begann die Materialien zu seiner Geschichte der Schweiz zu sammeln, ward Mitarbeiter an der allgemeinen deutschen Bibliothek, welche in Berlin herauskam, und in seinem zwanzigsten Jahre Professor der griechischen Sprache. Als Müllers Vorsatz, jene Geschichte zu schreiben, mehr bekannt wurde, erhielt er von allen Seiten Aufmunterung und Unterstützung. Die vaterländischen Besitzer von Bibliotheken und Archiven, Städte und Klöster wetteiferten, ihm die nöthigen historischen Quellen zu verschaffen. Bodmer, Breitinger, Füssli und andere verdienstvolle Gelehrte theilten ihm ihre Gedanken und Entdeckungen mit; Gottlieb Emanuel von Haller gab ihm zu diesem Ende eine Urkundensammlung von fünf und vierzig geschriebenen Folianten und vier und zwanzig Quartbanden. Müller arbeitete nun durch mehrere Jahre rastlos an diesem Werke.

Im Jahre 1773 begann seine Freundschaft mit dem edlen, talentvollen, ihm gleichgestimmten Freiherrn Karl Viktor von Bonstetten. Eine schöne Frucht dieses Seelenbundes waren Müllers Briefe eines jungen Gelehrten an seinen Freund, die 1802 zu Tübingen herauskam.

Im Jahre 1774 begann Müller seine bereits erworbene hohe Geistesbildung durch die Reise nach Genf zu vollenden. Hier genoß er, nebst vielen andern vortheilhaften Bekanntschaften, den vertrauten Umgang Bonnets, der ihn wie einen Sohn liebte. In seiner lehrreichen Gesellschaft verlebte er den Winter; die Sommermonate aber brachte er mit Bonstetten bald am Jura, bald auf den Alpengebirge und in dessen romantischen Thälern zu. Auf dringendes Verlangen mehrerer Freunde hielt er endlich in Genf historische Vorlesungen. Er erwarb sich damit den größten Beifall seiner entzückten Zuhörer in dem Grade, daß er sie in Genf viermal wiederholen mußte.

Im Jahre 1780, da der erste Theil seiner Geschichte der Schweiz gedruckt wurde, machte er eine Reise nach Berlin, und lernte daselbst den großen König Friedrich Wilhelm kennen, welcher ihn zwar sehr begünstigte; indeß kam die von Gleim projektirte Anstellung doch nicht zu Stande. Die während dieser Zeit ausgebrochenen Unruhen von Genf bewogen ihn zu schnellen Rückkehr. Im Jahre 1781 erhielt er zu Kassel eine Professur am Carolinum; und im darauf folgenden Jahre ernannte ihn der Landgraf zum Rath und Unterbibliothekar. 1783 nahm er Urlaub in sein Vaterland, und durchlebte den größten Theil dieses Jahres in ländlicher Stille auf einem Gute seines Freundes, des Generalprokurators Tronchin, welches nahe bei Genf lag, und den schönen Namen Delices führte.

Indeß hatte Müllers strebender Geist die Umarbeitung seiner Geschichte der Schweiz beschlossen. Zu diesem Ende begab er sich im Winter 1784 nach Valeires, einem Landgute Bonstettens, wo er sich ausschließend mit diesem Werke beschäftigte.

Im Jahre 1785 hielt er zu Bern Vorlesungen über die Geschichte der alten Welt mit Anwendung auf die neueste Zeit, und genoß auch hier das Vergnügen des ungetheiltesten Beifalls der Edlen. Er trennte sich im folgenden Jahre mit Wehmuth von dieser vortrefflichen Gesellschaft, als der selbst sehr gebildete Churfürst von Mainz, Friedrich Karl Joseph, ihn zum Hofrath und Universitäts-Bibliothekar, im nächsten Jahre zu seinem geheimen Kabinetssekretär mit dem Charakter eines geheimen Konferenzrathes, und endlich im Jahre 1791 zum geheimen Staatsrath ernannte. Er wurde von dem edeln Churfürsten mit väterlicher Freundlichkeit und mit der zartesten Aufmerksamkeit behandelt. In diesen Jahren, welche Müller als Geschäftsmann und Schriftsteller mit rastloser Thätigkeit zubrachte, erschienen drittehalb Theile der umgearbeiteten Schweizergeschichte und einige kleinere Schriften.

Im Jahre 1792, da Müller sich eben mit dem Churfürsten zu Aschaffenburg in wichtigen Geschäften des damals ausgebrochenen französischen Revoluzionskrieges befand, wurde er durch einen Besuch des verewigten Herders erfreut. Zu gleicher Zeit erhielt er einen Ruf nach Wien. Er begab sich zwar in diese Stadt, kehrte aber bald darauf nochmals nach Mainz zurück und begab sich zu seinem Churfürsten nach Eichsfelde. Im Jahre 1793 endlich überließ ihn der edle Fürst an Kaiser Franz II., welcher ihn zum wirklichen Hofrath und Staatsoffizialen bei der geheimen Hof- und Staatskanzlei in Wien ernannte, und ihn zugleich in den Adelstand erhob. Im Jahre 1800 wurde er nach Denis Tode erster Kustos der Hofbibliothek. Nach einem zwölfjährigen Aufenthalte verließ er Wien, und begab sich im Jahre 1804 nach Berlin, wo er als Historiograph des Hauses Brandenburg mit dem Charakter eines königlich-preußischen geheimen Raths und als Mitglied der Akademie der Wissenschaften bis 1807 blieb, da ihn der König von Würtemberg als Professor an die Universität von Tübingen berief, mit der Erlaubniß, sich daselbst ganz seinen literarischen Arbeiten zu widmen. Aber auch an diesem Platze ließ ihn sein Schicksal nicht lange. Er wurde Minister-Staatssekretär in dem damals neuerrichtetem Königreiche Westphalen, erhielt das Großkreuz der königlich holländischen Ordens, wirkte vorzüglich viel für die Verbesserung des öffentlichen Unterrichts, und starb zu Cassel am 29. Mai 1809.


Von Reisenden.[]

Johann Nikolaus Becker.[]

[3]

[1792]

Nun noch einige Nachrichten von dem geheimen Staats-Rathe Müller, dessen ausgebreitete Kenntnisse jeder, der seine Geschichte der schweizerischen Eidgenossenschaft gelesen hat, anerkennen muß. Girtane, der Verfasser der beliebten Geschichte der französischen Revolution, nennt ihn mit Recht den schweizerischen Tazit. Er ist auch in jeder Rücksicht ein bedeutender Mann. Kürzlich hatte er großen Verdruß wegen einem Privatschreiben. Die Sache verhält sich also. Müller korrespondirte mit einem sichern vornehmen Gesandten. In einem dieser Schreiben berichtete er, daß ein General Hatzfeld nach der Oberhofkriegsrathspräsidentenstelle geangelt habe. Wurde nur dieser Antrag genehmiget werden, so verlöre der Staat einen großen Mann, den Kommandanten von Gyümmich, denn dieser dankte dann gewiß ab. Dies kam Hatzfelden zu Ohren. Es kränkte ihn sehr, daß Müller ihn Gyümmichen nach setzte. Er begehrte Genugthuung, und da er diese nicht bekommen konnte, wollte er sein Kommando niederlegen. Nun ist Alles still davon; und mag eine Geschichte seyn, wie sie sich nicht selten zuträgt.


Zeitungsnachrichten.[]

1793.[]

Wien, vom 20. Hornung. [4]

Der Churfürstl. Maynzische Staats-Rath, Hr. Johann von Müller, (unser Mitbürger) hat mit Sr. Churfürstl. Gnaden Bewilligung obige Stelle verlassen, und ist sofort von Sr. Kayserl. Maj. als "K. K. wircklicher Hofrath bey der geheimen Hof- und Staats-Kanzley" in Allerhöchst-Deroselben Dienste genohmen worden.


Quellen.[]

  1. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
  2. Neuer Plutarch, oder Kurze Lebensbeschreibungen der berühmtesten Männer und Frauen aller Nationen von den ältesten bis auf unsere Zeiten. Nach dem Französischen des Peter Blanchard neu herausgegeben, vermehrt und fortgesetzt von Friedrich Kraft. Pesth 1815, bei C. A. Hartleben.
  3. Ueber Mainz. In Briefen an Freund R. Auf einer Rheininsel. 1792.
  4. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 2. Merz, 1793. Num. 18.