Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Prinz Murat wird Herzog von Cleve und Berg.[]

Biographische Notizen von demselben.


Die Abtretung des diesseitigen Herzogthums Cleve an Frankreich war, wie man nunmehr erfahren, schon in dem Tractat stipulirt, welchen der Cabinetsminister, Graf von Haugwitz, am 15ten December zu Wien mit dem Marschall Duroc geschlossen hatte. Es blieb aber lange öffentlich unbekannt, für wen Napoleon dieses Herzogthum bestimmte. Am 15ten März erschien plötzlich der Brigade-General Beaumont, Adjutant des Prinzen Murat, und legitimirte sich (wie in der, der Westphälischen Zeitung beigefügten, Uebersicht der Begebenheiten, im Zusammenhange angeführt ist), bei dem Hrn. Generalmajor von Schöler, Commandant von Wesel, als denjenigen, dem der Kaiser der Franzosen die Besitznahme des Herzogthums Cleve auf den 16ten, und der Festung Wesel auf den 18ten März aufgetragen habe. Schon am 16ten März erließ der General Beaumont folgendes Publikandum:


An die Magistrate und Einwohner des Herzogthums Cleve.
Von Sr. Majestät, dem Kaiser der Franzosen und Könige von Italien, zu Allerhöchst ihrem Commissarium ernannt, um das Herzogthum Cleve im Namen desjenigen Fürsten, der von Sr. Majestät dem Kaiser dazu bezeichnet werden wird, in Empfang zu nehmen, mache ich Ihnen hiemit kund, daß, zu folge des am 15. Februar d. J. zwischen dem Großmarschall des Pallasts, Herrn General Duroc, und dem Herrn Grafen v. Haugwitz unterzeichneten Traktats, ich heute, den 16ten März, Besitz von dem Herzogthum Cleve genommen habe, dessen Uebergabe an mich durch den Commissarius Sr. Majestät des Königs von Preußen geschehen ist; daß, zufolge des Traktats, die Stadt und Festung Wesel von den Truppen Sr. Majestät des Königs von Preußen den 18ten März Mittags geräumt, und den Truppen Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen übergeben werden wird.
Die mir der Administration des Landes beauftragten Magistratspersonen haben in ihren Amtsverrichtungen fortzufahren, bis der neue Souverän andere Befehle geben wird.
So geschehen zu Wesel den 16ten März 1806.
(Unterz.) Beaumont.


Am nemlichen Tage ergieng von Seiten des Königl. Preuß. bevollmächtigten Commissarii, Geheimen Kriegs und Domänenraths von Rappard, folgende Bekanntmachung:

"Sämmtlichen Eingesessenen des diesseits Rheins gelegenen, und unter der Oberherrschaft des Königs von Preußen Majestät bisher verbliebenen Theils des Herzogthums Cleve, mache ich, zufolge erhaltenen Immediat-Auftrages, hiemit bekannt: daß Seine Königl. Majestät von Preußen, nach einer mit Sr. Majestät dem Kaiser der Franzosen und Könige von Italien getroffenen Vereinbarung, geruhet haben, gedachten Theil der Provinz Cleve bei den obwaltenden Verhältnissen gegen Entschädigung an denjenigen Fürsten abzutreten, den des Französ. Kaisers Majestät noch näher designiren werden. Da nun der Kaiserl. Französ. Herr Brigadegeneral xc. xc. Beaumont zur vorläufigen Besitznahme bevollmächtigt worden und die Uebergabe von mir, Kraft erhaltener Vollmacht, nach einer noch zu treffenden besondern Vereinbarung mit dem neuen Landesherrn vollzogen worden; so werden sich die Unterthanen hiernach zu richten haben.
Sämmtliche Civil Behörden bleiben, wie aus der besondern Bekanntmachung des Herrn Brigadegenerals hervorgehet, ohne Unterschied noch in ihrer Funktion, bis sie deshalb mit nähern Anweisungen versehen werden.
Wesel den 16ten März 1806.
von Rappard.


Hiermit war nun zwar die Abtretung von Wesel geschehen, aber die Räumung erregte noch Schwierigkeiten. Der General Beaumont bestand nämlich nicht allein darauf, daß vorläufig nichts mehr von Magazinen, Munition xc. weggebracht würde, sondern auch darauf, daß bis zum 18ten März Mittags 12 Uhr, zufolge eines am 8ten März zu Paris geschlossenen additionellen Traktats, alle preußische Truppen die Festung geräumt haben und das Land verlassen sollten. Da dies mit so vielen Truppen, die größtentheils nicht mobil waren und denen es zu unerwartet kam, nicht gut angieng, so kam man dahin überein, daß die Räumung von Wesel würklich geschah, ein Theil der Truppen aber auf den Dörfern cantonnirte. Und so rückten am 18ten März 200 Mann Franz. Truppen in Wesel ein. Die Festung Hameln war erst in den letzten Tagen des vorigen Monats van den Franzosen geräumt worden.

Mit dem Clevischen ward zugleich das Schicksal des Herzogthums Berg entschieden. Am 23sten März ward zu Düsseldorf, wo Französische Truppen unter dem General Dupont eingerückt waren, folgende Proclamation durch einen Herold verkündigt:


Napoleon, durch Gottes Gnade und die Constitutionen Kaiser der Franzosen, König von Italien, Allen, die dieses sehen, Unsern Gruß zuvor:
Nachdem Ihre Majestäten, die Könige von Preußen und von Baiern resp. die Herzogthümer Cleve und Berg, in voller Souveränität, mit allen Rechten, Titeln und Prärogativen, so wie sie dieselben selbst besaßen, an Uns abgetreten haben, um darüber zu Gunsten eines Prinzen nach Unserer Wahl zu disponiren: so haben Wir übertragen und übertragen effective besagte Herzogthümer, Rechte, Titel und Prärogative, in voller Souveränität, so wie sie Uns cedirt wurden, auf den Prinzen Joachim (Murat), Unsern vielgeliebten Schwager, um, in ihrem ganzen Umfange und vollen Inhalt, von ihm in der Eigenschaft als Herzog von Cleve und Berg besessen, auch auf seine natürlichen und gesetzmäßigen Erben m nnlichen Stammes, nach Ordnung der Erstgeburt, mit Ausnahme der Weiber und ihrer Nachkommenschaft, übertragen zu werden.
Im Fall, welches Gott verhüten wolle, die männliche, natürliche und gesetzmäßige Nachkommenschaft des besagten Prinzen Joachim, Unsers Schwagers, erlöschen sollte, wollen wir, daß besagte Herzogthümer, Cleve und Berg, Rechte, Titel und Pragogative und Unsere mannliche, natürliche und gesetzmäßige Nachkommenschaft übergeben, und in Ermangelung derselben auf Unseres Bruders, des Prinzen Joseph, des Prinzen Louis, ohne daß jedoch in irgend einem Falle, besagte Herzogthümer Cleve und Berg je mit Unserer Kaiserlichen Krone vereinigt werden können.
Da Wir in der Wahl, die Wir in dem Prinzen Joachim, Unserm Schwager, getroffen haben, hauptsächlich durch die vollkommene Kenntniß, die Wir von seinen hohen Eigenschaften besitzen, geleitet werden, so wie durch die Gewißheit der Vortheile, welche für die Einwohner der Herzogthümer Berg und Cleve daraus entstehen müssen, so haben Wir die feste Hoffnung, daß sie durch ihre Treue und Anhänglichkeit fortfahren werden, den unter ihren ehemaligen Fürsten erworbenen guten Ruf zu verdienen, und sich des ganzen Wohlwollens ihres neuen Souveräns, und durch zugleich Unserer Kaiserlichen Huld und Schutzes würdig zu zeigen.
Gegeben in Unserm Pallast der Thuillerien, den fünfzehnten des Monats März im Jahr Achtzehnhundert und Sechs.
Napoleon.


In der Kaiserl. Dekret, welches in gleicher Absicht am 31sten März zu Paris erlassen worden, kommt noch folgende Stelle vor:

"Der präsumtive Erbe des Herzogthums Cleve und Berg führt den Titel, Herzog von Cleve. Wir wollen, daß die Würde eines Großadmirals von Frankreich in der Nachkommenschaft des Prinzen Joachim, unsers Schwagers, erblich sey, so daß sie mit den Herzogthümern Cleve und Berg auf seine Nachkommen übergehe; indessen behalten Wir Uns vor, so bald Wir es für gut finden werden, die Würde eines Prinzen Vice-Großadmirals zu errichten."

Das Herzogthum Cleve war durch den im Jahre 1624 zu Düsseldorf geschlossenen Vergleich an Brandenburg gekommen. Nach beinahe 200 Jahren hat nun Preußen dieses Herzogthums wieder abgetreten, das nun abermals mit dem Bergischen vereinigt ist.

Der Herzog Joachim war inzwischen am 16ten März zu Cölln angekommen, von da er sich auf dem Rhein nach Düsseldorf begab, wo er am 25. März, an seinem und seiner Gemahlin Geburtstage, seinen feierlichen Einzug hielt und die Eidesleistung annahm. Der Herzog von Birkenfeld war vorher von Düsseldorf abgereiset, und die Unterthanen waren durch ein Baiersches Patent vom 15ten März der Unterthanen-Pflichten entlassen worden. Am 4ten April traf der neue Herzog von Düsseldorf zu Wesel ein, von da er in der Folge die Rückreise nach Düsseldorf antrat. Seine ausgezeichneten Eigenschaften hatten ihn überall bei seinen neuen Unterthanen Liebe und Hochschätzung erworben.

Die Stiftung eines Franz. Föderativ-Staats im nördlichen Deutschlande dürfte in der Deutschen Geschichte Epoche machen, und sehr merkwürdige Folgen in der Zukunft haben. Der Prinz Erzkanzler des Französischen Reichs sagt in der Anrede, die er am 31sten März an den Senat zu Paris hielt: "Dem Prinzen Murat ist die Bewachung eines wichtigen Theils der Grenzen des Reichs übertragen. Konnten Se. Maj. sie würdigern Händen anvertrauen?" *)

Das abgetretene Clevische enthält ungefähr 50000, und das Herzogthum Berg gegen 300000 Einwohner. Wie wahrscheinlich aber ist es, daß die Zahl der Unterthanen des Herzogs Joachim in der Folge vergrößert werden wird! Am 28sten März besetzten die Franz. Truppen auch die Preuß. Abteien Essen und Werden. General Blücher ließ aber sogleich in diese Orte wieder Preußische Truppen einrücken, und die Entscheidung über den künftigen Besitz wird nun erwartet.


Biographische Notizen.[]

Noch fügen wir hier über den neuen Französ. Herzog in Deutschland folgende biographische Notizen bei:


Joachim Murat ward in la Bastide am 25sten März 1770 geboren. Er war zum geistlichen Stande bestimmt und kam nach Toulouse, um sich da die nothwendigen Kenntnisse zu erwerben; aber seine Lust zum Soldatenstande, und vielleicht das unser Schicksal beherrschende Fatum, machten ihm zum Bedürfniß, sich alle Geschicklichkeiten zu eigen zu machen, die den Krieger bilden und ihm den Weg zum Ruhme ebenen.

Kaum waren seine Studien vollendet, so ward er auch Soldat. Als gemeiner Chasseur diente er eine Zeitlang in dem Ardennen-Regiment. Er hatte Urlaub erhalten, und befand sich eben in seiner Heimath, als plötzlich die Revolution ausbrach, und Männer von Verdienst auf den großen Schauplatz hinlockte.

Der junge Murat, ein schöner wohlgewachsener Mann, diente anfangs als Cavallerist unter der konstitutionellen Garde von Ludwig XVI. Nachdem dieses Corps aufgelöst und der Krieg erklärt worden war, trat er als Unterlieutenant unter die Chasseurs und ward bei der Armee des westlichen Pyrennäen angestellt, wo er sich als ein guter Cavallerie Offizier auszeichnete.

Als Bonaparte das Commando der Armee in Italien übernahm, befand sich Murat als Chef de Brigade bei derselben, und sein Ruf war schon so groß, daß Bonaparte ihn zu seinem Adjutanten ernannte. Er machte den ganzen ersten Krieg mit, und zeichnete sich bei vielen Gelegenheiten durch Tapferkeit und Geschicklickkeit aus.

Nach dem Frieden von Campo Formio gieng er nach Rastadt, wohin Bonaparte ihn voraus geschickt hatte. Nachher ward er nach der Armee von Rom geschickt, wo er sich zur Zeit der Revolte befand. Er war einer den Generälen, welche die Aufrührer in der Nachbarschaft dieser Stadt unterwürfig machten.

Er begleitete dann Bonaparte nach Egypten und Syrien, und trug nicht wenig zu den Siegen der Franzosen in jener Gegend bei.

Als die Türken bei Abukir gelandet und diese Festung schon eingenommen hatten, rückte er unter Bonaparte gegen sie an. Er commandirte die Avantgarde und bekam Befehl ein Dorf wegzunehmen, das eine furchtbare Position hatte. Die Türken vertheidigten sich tapfer, konnten aber dem wiederholten Angriff der Franzosen nicht widerstehen. Murat ward in diesem Gefecht verwundet, aber schon hatten die Franzosen gesiegt. "Seine Brigade, sagte Bonaparte, als er den Grad eines Divisionsgeneral für ihn verlangte, hat das Unmögliche ausgeführt. Dem Gen. Murat besonders haben wir den Gewinn dieser Bataille zu verdanken."

Murat ist einer von den Offizieren, die Bonaparte bei der Rückfahrt aus Egypten begleiteten. Er würkte zu der Revolution vom 18ten Brumaire mit. An jenem merkwürdigen Tage kommandirte er im Pallast des Rathes der Fünfhundert, und bald darauf ward er von den Consuln zum Commandanten der Garde ernannt.

Beim Wiederausbruch des Krieges bekam er ein Commando bei der Armee in Italien. An der Spitze der Cavallerie drang er am 7ten Präreal im Jahr 8 in Verceil ein, und nahm die Magazine weg. Er drang nun immer weiter vorwärts, und die Division, der er kommandirte, kam zuerst an den Thoren von Mailand an.

In der Schlacht von Marengo befehligte er einen Theil der Cavallerie, und trug nicht wenig zu dem Ruhm dieses großen Tages bei. Am 17. Messidor ließ ihm die Regierung einen Ehrensäbel überreichen, in welchem eingegraben war: Bataille von Marengo, kommandirt vom Oberconsul. Von der Regierung dem Gen. Murat gegeben.

Im Jahre 9 kommandirte er die Observations-Armee, und zwang die Neapolitaner, die Engelsburg und den Kirchenstaat zu räumen. Der Pabst ließ ihn zu sich einladen und nahm ihn sehr schmeichelhaft auf.

Den 29. Pluviose unterzeichnete Murat den zwischen der Französischen Republik und dem Könige von Neapel abgeschlossenen Waffenstillstand.

Im Monat Thermidor bekam er den Auftrag, Ludwig I. Infanten von Spanien, auf den Thron von Hetrurien zu setzen.

Im Jahre 12 berief ihn Bonaparte nach Frankreich zurück und ernannte ihn zum Gouverneur von Paris. Hernach ward er zur Würde eines Reichsmarschalls und Großadmirals erhoben. Seine Thaten in dem letzten Feldzuge sind bekannt. Am 25. März 1800 hatte er Annunciade Caroline Bonaparte, Schwester von Napoleon Bonaparte, zur Gemahlin erhalten, aus welcher Ehe ein Sohn existirt, der den Namen Achilles führt.


Quellen und Literatur.[]

  • Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Hamburg in der Hoffmannschen Buchhandlung. Jahrgang 1806.
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