Der Großherzog von Berg wird König von Neapel.[]
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Der junge Murat war von seinen Aeltern für die Kanzel bestimmt; -- das Schicksal aber bestimmte ihn zum Königsthron. Nur etwas über 2 Jahre hat das Großherzogthum Berg das Glück gehabt, -- ohnerachtet seiner Abwesenheit im Felde und in militärischen Beschäftigungen, -- einen für das Wohl des Landes thätigen, sehr väterlichen Regenten in ihm zu besitzen. Statt über noch nicht einen halbe Millionen Menschen, herrscht er nunmehr über fünf Millionen Unterthanen. Eben jene Gegenden von Süd Italien, die vormals der Schauplatz seiner Operationen und Verhandlungen waren, sind nun Theile oder Nachbaren seines Reichs. Im Jahre 9 der Französischen Republik, zwang General Murat die Neapolitaner, die Engelsburg und den Kirchenstaat zu räumen. Am 20sten Pluviose desselben Jahrs unterzeichnete er den zwischen der Französischen Republik und dem Könige von Neapel geschloßnen Waffenstillstand und erhielt in der Folge den Auftrag, den Infanten von Spanien auf den Thron von Hetrurien zu setzen. Nachdem der beständige Gefährte der Thaten und der Größe Napoleons die Französische Armee nach Spanien geführt, die Ruhe zu Madrid befestigt und dem Könige Joseph den Weg zum Throne Spaniens gebahnt hatte, bestieg er in der Kraft des Alters *) den Thron, um den die Sanftmuth und Weisheit des leztern bisher Ruhe und Glück eingeführt hatte. So wie die Brüder des Französischen Kaisers erhielt nun auch der Schwager desselben den unsterblichen Beinahmen, der die Quelle aller Größe ist, den Namen Napoleon, und trat, nachdem er von Madrid über Bayonne nach Paris zurückgekehrt war, von da am 20sten Aug. mit seiner Durchl. Familie seine Reise als König nach Neapel an.
- *) Der jetzige König von Neapel ist zu Bastide am 25sten März 1770 geboren. Man sehe die biographische Notiz von ihm, im April-Stücke des Journals 1806. S. 388 ff.
Folgendes ist die Acte, wodurch ihn Napoleon auf den Thron jenes Reichs erhoben hat:
Napoleon, durch die Gnade Gottes Kaiser der Franzosen, König von Italien, Protector des Rheinbundes xc.
Da der Thron von Neapel und Sicilien durch die Gelangung Unsers theuern und vielgeliebten Bruders, Joseph Napoleon, zum Thron von Spanien und beider Indien erledigt worden, so haben Wir verordnet und verordnen, daß folgende Verfügungen als ein Theil des unterm 20sten Junius des gegenwärtigen Jahrs zu Bayonne erlassenen constitutionellen Status vollzogen werden sollen.
Art. 1. Unser theurer und vielgeliebter Schwager, der Prinz Joachim Napoleon, Großherzog von Berg und Cleve, ist König von Neapel und Sicilien, vom 1sten August 1808 an.
Art. 2. Die Krone von Neapel und Sicilien ist in männlicher, directer, natürlicher und gesetzmäßiger Nachkommenschaft des besagten Prinzen Joachim Napoleon, nach Ordnung der Erstgeburt und mit ewiger Ausschließung der Weiber und ihrer Nachkommenschaft, erblich.
Art. 3. In dem Fall jedoch, wo Unsre theure und vielgeliebte Schwester, die Prinzessin Caroline, ihren Gemahl überlebte, soll sie den Thron besteigen.
Art. 4. Nach dem Tode Unsers theuren und vielgeliebten Schwagers, Joachim Napoleon, und Unserer theuren und vielgeliebten Schwester, Prinzessin Caroline, und in Ermangelung männlicher, natürlicher und gesetzmäßiger Nachkommenschaft des besagten Prinzen Joachim Napoleon, ist die Krone von Neapel und Sicilien Uns, Unsern Erben und männlichen, natürlichen und gesetzmäßiger oder adoptirten Nachkommenschaft Unsrer Seits gehört die Krone von Neapel und Sicilien den männlichen, natürlichen und gesetzmäßiger Nachkommen des Prinzen Joseph Napoleon, Königs von Spanien; in Ermanglung männlicher, natürlicher und gesetzmäßiger Nachkommenschaft des Prinzen Joseph Napoleon gehört die Krone den männlichen, natürlichen und gesetzmäßigen Nachkommen des Prinzen Ludwig Napoleon, Königs von Holland; in Ermanglung männlicher, natürlicher und gesetzmäßiger Nachkommenschaft des Prinzen Ludwig Napoleon gehört die Krone den männlichen, natürlichen und gesetzmäßigen Nachkommen des Prinzen Hieronymus Napoleon, Königs von Westphalen. Und im Fall der letzte König keine männliche Kinder hätte, so gehört sie dem durch sein Testament Bezeichneten, entweder unter seinen nächsten Anverwandten, oder unter denjenigen, die er, die beiden Sicilien zu regieren, am würdigsten gehalten haben wird.
Art. 5. Der Prinz Joachim Napoleon behält als König beider Sicilien die Würde eines Gross-Admirals von Frankreich bey, die mit der Krone vereinigt bleiben soll, so lange die durch gegenwärtiges Statut festgesetzte Ordnung der Erbfolge besteht.
Gegenwärtiges constitutionelle Statut soll in die Archive des Staatsraths eingetragen, in die Register der Gerichtshöfe und Tribunäle des Königreichs eingeschrieben, publicirt und in gewöhnlicher Form an den öffentlichen Plätzen angeschlagen werden.
Gegeben in Unserm Kaiserlich-Königlichen Pallast zu Bayonne, den 15ten Julius 1808.
- (Unterz.) Napoleon.
- Von dem Kaiser.
- Der Minister-Staatssecretär. (Unterz.) H. B. Maret.
- Der Urschrift gleichlautend.
- Der Minister Staatssecretär F. Ricciardi.
Königliches Decret.
Wir Joachim Napoleon, König beider Sicilien, haben, auf Berichterstattung Unsers Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, decretirt und decretiren, wie folgt:
Art. 1. Der Titel, den Wir bei der Thronbesteigung beider Sicilien annehmen, ist folgender:
Joachim Napoleon, durch die Gnade Gottes und durch die Constitution des Staats König beider Sicilien, Gross Admiral des Reichs.
Art. 2. Gegenwärtiges Decret soll in das Gesetz-Bulletin eingetragen und allen Departements des Staats mitgetheilt werden.
Art. 3. Unser Minister der auswärtigen Angelegenheiten und Unsre andern Minister sind ein jeder in dem, was ihn angeht, mit der Vollziehung des gegenwärtigen Decrets beauftragt.
Gegeben zu Bayonne, den 20sten Julius 1808.
- (Unterz.) Joachim Napoleon.
Proclamation.
Joachim Napoleon, durch die Gnade Gottes und durch die Constitution des Staats König beider Sicilien, Gross-Admiral des Reichs.
An das Volk beider Sicilien.
Da nach dem Willen der göttlichen Vorsehung Se. Majestät der erhabene Kaiser der Franzosen, Unser theurer und geliebter Schwager, die Krone beider Sicilien an Uns abgetreten hat, so ist es Uns unendlich angenehm, zur Regierung einer Nation berufen zu seyn, die mit allen den glücklichen Anlagen begabt ist, die geeignet sind, den alten Ruhm wieder zu erlangen, welcher ihre Vorfahren berühmt gemacht und ihre Namen bis auf unsre Zeiten gebracht hat.
Alle Unsre Anstrengungen, Unser beständiges Trachten, soll dahin gehen, den Enthusiasmus zu unterhalten, von welchem die Größe und das Wohl des Vaterlandes und Unsrer Krone abhängt. Die erste Pflicht, die Wir Uns hier auferlegen, ist, Europa unter allen Umständen die Dankbarkeit zu zeigen, von welcher Wir gegen den erhabenen Kaiser Napoleon durchdrungen sind, und Unsere Völker alle die Vortheile empfinden zu lassen, die für sie aus dem innigen Verein ihres Interesse mit dem des großen Französischen Reichs entspringen.
Da Wir die durch Unsern erhabenen Vorgänger proclamirte und durch Se. Majestät den Kaiser garantirte Constitution angenommen haben, so soll die unverletzt durch Uns beobachtet werden und die Basis Unsrer Regierung bilden.
Und da es Uns angenehm ist, in die Fußstapfen eines Souveräns zu treten, der das Glück Unsrer Völker gemacht hat, so bestätigen Wir alle gegenwärtig bey den Militär-, Civil- und politischen Geschäften des Staats Angestellte, und wollen, daß ein jeder Unsrer Unterthanen fortfahre, des bis jezt genossenen Ranges und Gehalts zu genießen und seine Functionen ferner zu versehen.
Unser Wunsch ist, Uns unverzüglich mit der Königin Caroline, Unsrer erhabenen Gemahlin, mit Unserm Kronprinzen Achilles Napoleon und mit Unsrer jungen Familie, die Wir geruhen, eurer Liebe und Treue anzuvertrauen, in eure Mitte zu begeben. Sie wird von diesem Augenblick an solche Gesinnungen annehmen, die sie an das Vaterland knüpfen, und die Pflichten kennen lernen, die sie zum Ruhm und Wohl des Königreichs zu erfüllen haben wird. Was Uns betrift, so zweifeln Wir nicht, daß alle Minister und Staats-Beamte, ein jeder in dem ihm anvertrauten Theil der Verwaltung, sich beeifern werden, ihre Pflichten aufs genaueste zu erfüllen, damit Unsre Völker der ihnen zukommenden Gerechtigkeit versichert sind. Alle Unsre Unterthanen können auf Unser Wohlwollen und Unsre Anhänglichkeit rechnen.
- (Unterz.) Joachim Napoleon.
Die bisherigen Großherzoglich-Bergischen Unterthanen wurden von dem Könige ihrer bisherigen Pflichten durch folgende Acte entlassen:
Joachim Napoleon, von Gottes Gnaden König beider Sicilien, Prinz und Gross-Admiral von Frankreich.
Da Wir an Se. Majestät, den Kaiser von Frankreich, König von Italien, Beschützer des Rheinbundes, Unsern erhabenen Schwager, Unsre Souveränität über das Großherzogthum Berg, so wie über alle Unsre Rechte in Deutschland abgetreten haben, so thun Wir Unsern vielgeliebten und getreuen Unterthanen kund, daß Wir sie ihres Eides der Treue entbunden haben und durch Gegenwärtiges sie aller Obliegenheit entbinden, welche sie so treulich gegen uns erfüllt haben, seitdem die göttliche Vorsehung Uns sie zu regieren berief. Indem Wir alle Verpflichtungen aufhören lassen, welche sie an Unser Königl. Haus fesselten, können Wir die Bande der Zuneigung nicht brechen, welche Uns zu ihnen hinzieht und die sich in Unserm Herzen auf ewig erhalten soll, durch das Andenken an ihre gewissenhafte Redlichkeit, die ihren Character auszeichnet, an ihre Zuneigung, die sie Uns bewiesen, und an die Treue, mit welcher sie Uns gedient haben. Sie waren Unsre Kinder; Wir werden nicht aufhören, väterliche Gesinnungen für sie zu hegen. Die Bekümmernisse, welche Wir empfinden, indem Wir Uns von ihnen trennen, können nur durch den Gedanken an die Vortheile versüßt werden, welche ihnen das Genie und die Macht des Lenkers ihrer Bestimmung verheißen, der gewohnt ist, über alle ihm unterworfene Völker so viele Wohlthaten und so vielen Ruhm zu verbreiten.
Gegeben in Unserm Königl. Pallaste zu Paris, den 7ten August 1808.
- (Unterz.) Joachim Napoleon.
Zeitungsnachrichten.[]
1808.[]
Frankreich [2]
Der Großherzog von Berg hatte seine Reise von Bayonne nach Spanien fortgesetzt. Das Journal de l'Empire wollte bereits neuere Briefe haben, welche dessen Ankunft zu Valladolid anzeigten.
Spanien. [3]
Das Hauptquartier des Großherzogs von Berg war zu Aranda, am 19. zu Samosierra, den 20. zu Brutrago, am 21. zu Alkeranda. Er hatte bey sich die Korps des Marschalls Moncey und des Generals Düpont.
Spanien. [4]
Madrid den 26. März. Es war am 23. Abends, als der Großherzog von Berg seinen prächtigen Einzug in Madrid hielt.
Politische Notizen. [5] [Juni.]
Der König von Neapel welcher zu Bayonne angekommen, ist nun feierlich vom Franz. Kaiser zum Könige von Spanien und Indien ploklamirt worden.
Politische Notizen. [6] [Juli.]
Der Großherzog von Berg behält seine Länder, und das Gerücht, daß solcher König von Portugal werde, war also zu voreilig, so wie es auch noch nicht bestimmt ist, daß dem Könige von Holland, das Königreich Neapel zugetheilt worden.
Spanien. [7]
Nach Versicherung des Journal de l'Empire war der Großherzig von Berg am 6. July um 1 Uhr zu Bayonne angekommen.
Frankreich. [8]Ein Artikel aus Bayonne im Amtsblatt ssagt: Se. kaiserl. H. der Großherzog von Berg war zu Madrid von einem Fieber befallen worden, welches er sich durch seine Anstrengungen und Arbeiten zugezogen hatte, und weshalb er nach Barreges gehen mußte. Er traf am 7. July hier ein, wo sich J. k. H. die Großherzogin von Paris eingefunden hatte, um ihm entgegenzukommen. Der Prinz ist am 10. July nach Barreges abgegangen, wo er sich 12 bis 14 Tage aufhalten wird.
Frankreich. [9]Se. kaiserl. Hoheit, der Großherzog von Berg, wurde gegen Ende des Monats July zu Auch erwartet. Se. Hoheit sollen einige Tage auf dem Schlosse Bouillas bey dem Hrn Marschall Lannes, unweit Lecture, zubringen. Ein Theil seiner Equipage und die Chevauxlegers seiner Garde sind schon durch Auch passirt.
Italien. [10]Am 3. Sept. des Morgens langte der König Joachim unter dem Donner der Kanonen und unter Begleitung des Generals Miollis und seines Generalstabes, die ihm entgegen geritten waren, zu Rom an, hielt sich einige Stunden im Neapolitanischen Pallast auf, wo ihm das Französische Offizierskorps vorgestellt wurde, und setzte dann über Albano seine Reise nach Neapel weiter fort.
Italien. [11]Neapel, vom 6. Sept. Gestern um 4 Uhr Abends kam unser neuer Souverain in Portella, der ersten Gemeinde des Königreichs, an. Er fand daselbst zu s iner Bewillkommung die Generale Regnier und Valentin, so wie zahlreiche Deputazionen aus der umliegenden Gegend. Von Portella wurde die Reise über Fondi, wo der König in der Domkirche sein Gebet verrichtete, nach Castellane fortgesetzt, wo Nachtquartier gehalten wurde. Um 5 Uhr Morgens schiffte sich der König zu Castellane für Gaeta ein; er musterte daselbst die Besatzung, und besah die Festungswerke. Um 5 Uhr Abends kündigten uns die Kanonen der Forts und der auf der Rhede liegenden Schiffe die Annäherung Sr. Majestät an. An dem Stadtthore überreichte der Marschall Perignon, an der Spitze des Stadtmagistrats, dem Könige die Schlüssel der Stadt. Der König hielt hierauf seinen Einzug zu Pferde, stieg bey der heil. Geistkirche ab, wo er einem feyerlichen Te eum mit Musik von Paisiello beywohnte, und verfügte sich dann in den Pallast. Abends wurden alle Schauspielhäuser unentgeldlich geöffnet. Eine allgemeine Beleuchtung beschloß den Tag. In der Stadt waren die prachtvollsten Anstalten getroffen.
Quellen.[]
- ↑ Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 27. Sonnabend, den 2. April 1808.
- ↑ WWiener-Zeitung Nro 30. Mittwoch, den 13. April 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 33. Sonnabend, den 23. April.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 60. Mittwoch, den 27. July 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 64. Mittwoch, den 10. August 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 67. Sonnabend, den 20. August 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 79. Sonnabend, den 1. Oktober 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 80. Mittwoch, den 5. Oktober 1808.