J. D. Lanjuinais.[]
[1]
Lanjuinais, (J. D.) Graf und Senator, vorher Advokat und Professor des kanonischen Rechts, Deputirter von Rennes bey der General-Stände-Versammlung, war einer der ersten Begründer des Bretagne-Klubbs, der in der Folge der Jakobiner-Klubb wurde. Nach der Sitzung wurde er Mitglied des hohen Nationalhofs und im September 1792 Deputirter bey dem Konvent. Hier ward er im Verhältniß, daß die Revolution einen immer traurigern Charakter annahm, immer gemäßigter, bekämpfte mit ganzer Macht die Terroristen und trat seit den 24. September Kersaints Vorschlage eines Gesetzes gegen die Mordanstifter bey. Im October wurde er von Tallien des Feuillantism beschuldigt und in terroristischen Blättern geschmäht. Den 26. December wagte er mit einem bewunderungswürdigen Muthe die Anklagsacte Ludwigs XVI. anzugreifen und setzte mit ganzer Unerschütterlichkeit von der Tribune herab, in der Mitte der Schreyer, die ganze Abscheulichkeit eines Prozeßes auseinander, wo die erklärten Feinde des Königs zu gleicher Zeit Ankläger, Zeugen, Geschworne und Richter wären, und ihn mit Verbrechen belasteten, die sie selbst begangen, namentlich das am 10. August bey dem Angriffe der Tuillerien vergossene Blut; endlich ging er so weit, seine Kollegen Verschwörer zu nennen und die Zurücknahme der Anklagsacte zu verlangen. Zu Ende der Sitzung vom 2. Juny 1793 kam er in Verhaft, wußte sich aber, trotz des Gendarmen, dem seine Aufsicht übertragen war, den 23sten zu befreyen, und entging so dem Tode, der einen Theil seiner Kollegen traf. Der Konvent ächtete ihn den 23sten July, und nachdem er sich allen Nachstellungen entzogen hatte, suchte er im November 1794 um seine Wiedereinsetzung in den gesetzgebenden Körper nach, wurde aber vor der Hand abgewiesen und erst den 8. März 1795 wieder darein berufen. Mit dem Monat July ernannte man ihn zum Präsidenten der Versammlung und sah ihn fortwährend die Liebe zur Republik und zur Gerechtigkeit an den Tag legen. Er sprach oft und mit Nachdruck zu Gunsten der deportirten Priester, der Verwandten von Emigrirten und der Freyheit des Gottesdienstes. Nachdem er Mitglied des Raths der Alten geworden war, bestritt er mit einem immer gleichen Muthe alle Gesetze, welche sich dem revolutionairen Systeme näherten. Nach dem 18. Brumaire wurde er Mitglied des gesetzgebenden Körpers und den 22. März 1800 trat er in den Erhaltungssenat, wo er sich ebenfalls bey mehrern Gelegenheiten als hartnäckigen Vertheidiger von den wahren Grundsätzen der Moral und Gerechtigkeit gezeigt hat. Er ist bey 70 Jahre alt.
Lanjuinais.[]
[2]
In der ganzen Revolutionsgeschichte Frankreichs zu bleibend merkwürdig und eingreifend, um hier übergangen werden zu können. Er ist in Rennes in der Bretagne 1754 geboren, und war vor der der Revolution Advocat. 1789 zum Deputirten bei der constituirenden Versammlung erwählt, gründete er hier den Clubb der Bretagner, aus dem der Jacobinerclubb hervorging. Er zeigte sich bei allen Gelegenheiten als einen der eifrigsten Vertheidiger der Volksrechte, ging aber späterhin, als die Revolution ihren scheußlichen Charakter annahm, zu weit gemäßigtern Gesinnungen über, die er im Prozesse Ludwig XVI. vorzüglich mit großer Kraft geltend zu machen suchte. Er wurde in den Proscription der Girondisten verwickelt, entging aber dem Mordbeile durch die Flucht, und er war glücklich genug, sich bis zum Jahre 1795, wo er nach Robespierre's Sturze in den Convent zurückgerufen wurde, verbergen zu können. Nach der neuen Verfassuung, welche ein Directorium, den Rath der 500 und ein Rath der Alten constituirte, trat er in diesen, und nach dem 18ten Brumaire in den Senat conservateur. Er zeigte sich in all' diesen Posten als einen eifrigen Freund der Freiheit und der ewig wahren Grundsätze der Moral und der Gerechtigkeit. Er war es häufig allein, der sich im Senate den ewig weiter schreitenden Anmaßungen Napoleons aufs kräftigste widersetzte. Er war nach der ersten Einnahme von Paris Mitglied der Specialcommission, welche auf die Absetzung Napoleons antrug. Ludwig XVIII. ernannte ihn zum Pair. 1815 wurde er in die neue durch Napoleon zusammengerufene Deputirtenkammer gewählt, und von derselben fast einstimmig zum Präsidenten ernannt. Er betrug sich auf diesem durch die kritischen Verhältnisse höchst wichtigen Posten mit eben so vieler Mäßigung und Verstand als echter Vaterlandsliebe. Nach der zweiten Rückkehr Ludwigs trat er wieder in die Kammer der Pairs, in der er sich mit gleichem Eifer dem Ultraroyalismus widersetzte, mit welchem er früher alle demokratischen und anarchischen Maßregeln bekämpfte. Lanjuinais gehört in jedem Betracht zu den achtbarsten französischen Staatsmännern.