Iauer.[]
[1]
Iauer, Fürstenthum in Niederschlesien, welches gegen Osten an das Fürstenthum Schweidnitz, gegen Mitternacht an Liegnitz Glogau und Sagan, gegen Süden und Westen aber an Böhmen und die Lausitz gränzt. Es gehört seit 1742 dem König von Preussen, hat einen Flächeninhalt von 61 Quadratmeilen, 198,394 Einwohnern nach der Zählung im J. 1795, viele Berge, aber auch sehr fruchtbare Ebenen, sehr beträchtliche Artikel zur Ausfuhr: Leinwand, Eisen, Glas, Erz, Steinkohlen xc., und wird in 3 landräthliche Kreise zertheilt, den Jauer- Hirschberg- und Löwenberg-Bunzlauischen. Die Hauptstadt gleichfalls
Iauer, liegt in einer angenehmen Gegend, an dem sogenannten jauerischen Wasser, oder der wütenden Neisse, welche sich durch regen und Thauwetter bisweilen gewaltig ergießt. Seit dem Brande 1776 ist die Stadt durch massive Häuser sehr verschönert worden. Sie zählte im J. 1795. 568 Häuser und 3,599 Civileinwohner. Die Hauptkirche, nebst 4 andern Kirchen und Klöstern gehören den Katholiken; die lutherische ist in der Vorstadt. Ein Zucht-Arbeits- und Irrenhaus hat seinen Sitz in dem alten fürstlichen Schloß. Einige Manufakturen von Cattun und andern Baumwollenzeugen, noch mehr aber der Handel mit Flachs und Garn, geben der Stadt gute Nahrung.
Zeitgeschichte der Stadt.[]
[2]
1788 den 2. Juny erhielt Jauer die erste stehende Besatzung, ein Füselier-Bataillon, welches den 16. Aug. Friedrich Wilhelm II musterte. Am 12. Nov. wurde die Lazarus- (alte-Hospital-) Kirche vor dem Goldberger Thore weggerissen und der Platz verkauft.
1790 den 20. März Abends 10 Uhr wurden vor dem Goldberger Thore ein Vorwerk, 3 Bürgerhäuser, etliche Scheunen und die evangelische Schule von den Flammen verzehrt. Letztere ist zwar sehr geschmackvoll wieder aufgeführt, allein man vermißt das schöne Uhrwerk, welches beym Brande ebenfalls zu Grunde ging.
1791 den 16. Mai erhielt die Stadt einen Garnmarkt, der aber unbeträchtlich geblieben ist.
1799 verwandelte man die Schulbänke auf dem Rathhause in ein Theater, welches an ankommende Schauspielgesellschaften noch itzt vermiethet wird.
1800 im Juny erhielt die evangelische höhere Stadtschule durch ein Vermächtniß des Conrectors Stock eine beträchtliche Bibliothek und schätzbare Sammlung mathematischer und physikalischer Instrumente.
1801 den 29. Jan. Nachts that ein Orkan an den Hausdächern der Stadt viel Schaden; besonders litt auf diese Art die Pfarrkirche, von deren Pfeilern er sogar Werkstücke herabwarf.
1804 vom 11. - 14. Juny schwellte ein Landregen die wüthende Neiße so an, daß die Umgegend der Stadt einem offenbaren See glich und von der Hainschen Brücke kein Schwibbogen mehr sichtbar blieb. Die Kosten, welche die Kämmerei auf die Wiederherstellung des zerrissenen Neißeufers, der Brücken, Stege u. s. w. aufwenden mußte, betrugen 1487 Rthl. 12 Gr. Zum Glück verlor Niemand sein Leben in den Fluthen.
1805 den 12. Nov. Vormittags 11 Uhr brannten im Ankergäßchen vor dem Goldberger Thore 2 Häuser ab. Am 17. Dez. wurde der Generalstab eines in der Umgegend stehenden Russischen Korps in die Stadt gelegt, wo man auch einen Saal auf dem Großmarkte zum griechischen Gottesdienst einrichtete.
1806 den 17. Jan. (6. Jan. alten Styls) feierten die Russen ihre Wasserweihe auf der Neiße und marschirten den 15. Febr. zurück in ihre Heimath. Der Sommer verstrich ruhig, allein mit Herbstes Anfang zogen Preußen, Reuterei und Fußvolk durch die Stadt gegen die Franzosen; der unglückliche 14. October versetzte die Einwohner in die trübste Stimmung, und leider rechtfertigte der Erfolg ihre Erwartung.
Den 18. Nov. Nachmittags zeigte sich der erste Feind. Ein Baierscher Dragoner kam zum Liegnitzer Thore hereingesprengt, warf den Adler am Einnehmerhause herunter, setzte dem Steuereinnehmer das Pistol auf die Brust und foderte ein frisches Pferd, weil er beauftragt sey, für die nachrückende Schwadron Quartier zu machen. Es wieß sich späterhin aus, daß dieser Kerl ein Ausreißer gewesen, aber der Stadt kostete diese Geschichte ein Pferd.
Den 8. Dez. schickte ein Hauptmann Glaser vom feindlichen Belagerungskorps vor Breslau 3 Soldaten nach Jauer, Lebensmittel abzuholen. Während diese (Würtemberger) auf dem Rathhause fordern, zerschlägt ein Offizier-Bedienter ihre Flinten und sie selbst werden vom Pöbel gemißhandelt. Aus unbekannten Ursachen blieb dieses freche Benehmen vom Feinde ungeahndet.
Den 17. Dez. Nachts erschien von Schweidnitz aus unter dem Rittmeister Weiß ein Kommando Preußischer Reuterei und Fußvolk, um in Jauer und Liegnitz die Kassen abzuholen. Man sperrte die Thore und ein Theil des Kommando's begab sich mit Tages Anbruch nach Liegnitz, überrumpelte dort in einem Wirthshause feindliche Reuter und brachte dieselben als Gefangne mit nach Jauer. Deshalb nun erschien bereits Nachmittags 2 Uhr ein Trupp Baierscher Dragoner, angeführt vom Rittmeister Losberg und stellte sich auf der Viehweide. Die Preußen gingen ihnen zwar entgegen, weil aber die Baiern sich zurück zogen, kam es zu keinem Scharmützel.
Den 19. Dez. machte eine ganze Schwadron Baierscher Dragoner der Stadt einen Besuch und bezeigte große Lust zum Plündern, hätte nicht der Oberst von Seidewitz durch gute Mannszucht solches verhindert. Sie mußten sich also nur mit der Beköstigung begnügen und Nachmittags 2 Uhr wieder abziehn.
Den 25. Dez. lagerte sich Abends vor dem Striegauer Thore auf der Semmelwitzer Flur ein feindliches Korps, begriffen auf dem Wege nach der noch unbelagerten Verstung Schweidnitz. Die Bürgerschaft mußte Lebensmittel hinausschaffen, und obgleich diese fast überflüssig gereicht und besonders Wein zur Gnüge geliefert wurde, manche kränkende Behandlung erdulden.
1807 den 17. Febr. wurden von 500 Würtembergern 900 gefangne Preußen eingebracht, Ueberrest der Schweidnitzer Besatzung. Man wieß ihnen das Franziskaner-Kloster sammt den Fleischbänken zum nächtlichen Aufenthaltsort an und führte sie Tages darauf nach Hainau ab. -- Von itzt an begannen die unaufhörlichen Durchfuhren des zu Schweidnitz vorgefundnen schweren Geschützes nach Glogau, so wie die Munition zum Französischen Heere. Die damit verknüpfte Beköstigung der feindlichen Bedeckung war den Bürgern fast unerträgliche Last, zumal da alle Anfoderungen mit größtem Hohn gegen König und Volk gemacht wurden, auch nie ein Soldat mit dem zufrieden war, was man ihm vorsetzte. Noch mehr, einzelne dieser Menschen erdreusteten sich sogar, Spaziergängern am hellen Tage die Taschenuhren zu rauben.
Den 6. März Abends erhielt die Stadt das Würtemberger sogenannte Schwarzwalder Jägerregiment zum Besuch. Abscheuliche Gäste! Aller erdenkbarer Unfug wurde von ihnen in den Quartieren verübt, hier ein Wirth geprügelt, dort ein andrer zu den niedrigsten Dienstleistungen gezwungen, kurz -- barbarisch verfahren. Zum Glück blieben sie nur eine Nacht.
Den 11. März kam das Regiment Seckendorf zurück, welches die Schweidnitzer Gefangnen nach Dresden geführt hatte und hielt in der Stadt Rasttag. So ging es fort; bald plagten einzelne Nachzügler, bald durchziehende Bataillons die Bürger und zehrten auf ihre Kosten. Am schlimmsten darunter betrugen sich
Den 30. Mai 150 Baiern, und erpreßten unter Androhung einer Plünderung Brodt, Tuch, Schuhe und Leinwand. Leider machte der Tilsiter Friede nur dem gewaltsamen Nehmen ein Ende; die Bedrückungen dauerten unablässig fort.
Den 2. Sept. quartirte sich der Generalstab des 27. französischen Linien-Regiments in die Stadt, brachte 350 Kranke und Verwundete mit, und blieb bis zum 13. Oct., wo ein pohlnisch-italienisches Lanzenregiment folgte, Rasttag hielt und sich höchst gröblich aufführte.
Den 23. Oct. legte sich eine Schwadron Baierscher Dragoner (Turn und Taxis) in die Stadt, blieb bis zum 30. Nov. und verursachte durch seine Aufführung nirgends Klage; dagegen am 5. Dez. ein Soldat des durchmarschirenden italienisch-pohlnischen Infanterie-Regiments auf der Striegauer Gasse Feuer anlegte, welches zu Glück bald gedämpft wurde.
Den 25. Dez. schickte Napoleon die Artillerie des 6. Armeekorps nach Jauer; 104 Mann kamen zwar nur in die Stadt, aber da sie hier die Werkstatten aufschlugen, um ihr Heergeräthe auszubessern, verursachte solches wegen Mangel eines passenden Lokals große Beschwerniß. Im Hofe des katholischen Spitals auf der Albrechtsgasse wurde ein Rauchfuttermagazin aufgeschobert, welches
1808 den 1. Juny in Brand gerieth. Kaum vermochten die Bewohner der angränzenden Häuser ihr Leben zu retten und binnen 3 Stunden stürzten 7 Häuser und 3 Hintergebäude zusammen. Die Bewohner der letztern verloren fast alles. Auch die uralte St. Adalbertskirche brannte bis auf die Mauern aus und die in der Kuppel hängende Glocke zerschmolz. Nur die Windstille war es zuzuschreiben, daß nicht wie 1776 die erste, itzt auch die andere Hälfte der Stadt Aschenhaufen wurde.
Den 18. Aug. marschirte die hiesige französische Artillerie-Park ab und ihm folgten Woche für Woche bis zum 28. Nov. andere Regimenter dieses Volks, deren Manches 10 bis 20 Tage rastete und die Bürgerschaft belästigte.
1809 den 20 Oct. ~~hielt die Stadt eine Invaliden-Compagnie zur Besatzung.
1810 wurde eine evangelische Schule für Mädchen von 12 - 15 Jahren errichtet, und dabei eine besonderer Lehrer angestellt. -- Am 25. Oct. vollendete man den Bau der abgebrannten Hospitalkirche St. Adalbert.
1811 ertheilte der König der Stadt das Recht, am letzten Jahrmarktstage auch einen Viehmarkt zu halten. -- Das leere Franziskaner-Nonnenkloster wurde in eine deutsche evangelische Elementarschule umgeschaffen.
1812 den 17. April erhielt auch Jauer und dessen Umgegend einen Theil vom Franzosenheere zur Einquartirung, welches Marschall Junot durch Niederschlesien nach Rußland führte. Diese Menschen verfuhren während ihres 22 tägigen Aufenthalts nach bekannter Weise und betrugen sich blos dem Namen nach als Freunde.
Den 28. - 30. Nov. wurden von 3 Preußischen Offizieren und 110 Mann Bedekkung 9 Offiziere und 643 Russische Kriegsgefangne hier durchgeführt und in der Kirche des Franziskaner-Klosters untergebracht. Ohngeachtet ihr Aufenthalt der Stadt über 600 Rthl. kostete, so erfuhr man durch sie zuerst mit Gewißheit den schmachvollen Untergang der Franzosen und deren Rückzug.
1813 im Febr. kamen die Flüchtlinge des bei Kalisch von den Russen aufgeriebnen Sachsenkorps und füllten größtentheils das städtische Lazareth. Der widerliche leichenartige Geruch ihrer Ausdünstung erregte Eckel bei den Wärtern, dessen Folge ein bösartiges Nervenfieber ward, das binnen 10 Tagen 60 - 70 Einwohner ansteckte und 20 derselben wegraffte.
Den 12. März rückte ein Bataillon Westpreußisches Fußvolk in die Stadt, blieb hier etliche Tage, worauf vom zweiten Schlesischen Infanterie-Regiment unter von Klüx, v. Bornstädt und v. Meerkatz 3 Compagnien Grenadire und 2 Compagnien Musketiere nebst 50 Soldatenschneidern bis zum 30. März hier verweilten und täglich Waffenübungen anstellten. Im April ging die Errichtung der Landwehr vor sich, welche
den 17. Mai, nach erfolgter Fahnenweihe, vor Glogau zog, diese Vestung einzuschließen.
Den 23. Mai ging die kriegsgefangne Besatzung von Thorn durch, lauter Baiern, ein stämmiger Menschenschlag, aber noch gestimmt für Frankreichs Sache. Reguläre Kosaken waren ihre Begleiter.
Den 24. Mai langte das Preußische Laboratorium von Dresden her an und meldete den planmäßigen Rückzug der Verbündeten. Eine zweite Abtheilung gefangner Baiern setzte nebst der gestrigen den Marsch fort.
Den 25. Mai zogen vom frühesten Morgen an Russische Truppen und Bagage durch die Stadt. Mittags 12 Uhr kam Kaiser Alexander und nahm beim Bürgermeister Quartier; alle Bürgerhäuser waren mit Soldaten überfüllt.
Den 26. Mai Abends brachten Baschkiren 4 - 600 bei Hainau gefangne Franzosen und führten dieselbe nach Schweidnitz ab.
Den 27. Mai Mittags setzte sich das Russische Hauptquartier in Bewegung und zugleich flüchtete auch ein großer Theil der begüterten Einwohner nach Böhmens Grenzen.
Den 28. Mai Abends nahm das Korps des Marschalls Marmont Stadt und Vorstädte in Besitz; er selbst wohnte am Ringe beim Kaufmann Reppen und weil er keinen Widerstand fand, so durften seine Truppen -- wenige Fälle ausgenommen -- in der Stadt nicht plündern. Desto abscheulicher wirthschafteten diese Menschen in den Vorstädten, namentlich auf dem evangelischen Friedhofe in den Amtswohnungen der Prediger und Schullehrer, welche aus Zeitmangel wenig ihrer Geräthschaften hatten beseitigen können. Was den Feinden davon nicht anstand, zerschlugen sie in Stücke, oder warfen es ins Feuer. Dieses Loos traf unter andern die der Schule gehörende Bibliothek und Instrumentensammlung. Jene wurde größtentheils verbrannt, diese geraubt oder zertrümmert. Eben so ging es den Büchersammlungen der Geistlichen und Schullehrer, ihren Möbels, Kleidern und ihrer Wäsche. Die untern Wohnstuben machte man zu Pferdeställen und entledigte sich in den obern seines Unraths, so daß bald ein unerträglicher Gestank entstand. Viele Städter und Vorstädter hatten ihre werthvollsten Sachen in den Kellergewölben der Engelsburg versteckt und glaubten sie hier geborgen. Allein nichtswürdige feile Dirnen verriethen dem Feinde diesen Schlupfwinken und die Besitzer kamen um alles. Ueber Sicherheitswachen spottete der rohe Krieger und letztere halfen wohl selbst mit plündern. Sogar die Grüfte blieben nicht unangetastet. Man warf Leichname aus den Särgen und durchwühlte die Grabhügel.
Unterdessen war die hohe Generalität, vom Marschall Macdonald an (der am 29. Mai den Marmont ablößte und beim Kaufmann Ulbrich auf der Striegauer Gasse Quartier nahm) ihrerseits auch nicht müßig und handhabte das beliebte Requisitions-System mit höchster Strenge. Außer dem täglich ins Lager geforderten Brot, Fleisch und Branntwein (von jedem 7000 Portionen) mußte die Stadt alle nur erdenkbare Leckereien auf die Tafel jener Prasser liefern, welche zudem die beim Einfalle übersehenen Weinvorräthe in Beschlag nahmen und doch deshalb noch hatte Anfoderungen machten. Eben so wurde in Ansehung des Brots verfahren, vor die Bäckerladen Schildwacht gestellt, um dessen Verabfolgung an die Einwohner zu wehren und diese hätten bei längern Dasein der Feinde davon laufen oder verhungern müssen.
Den 29. Mai erschien verkleidet Napoleon, übernachtete bei einer Fuhrmannswittwe vor dem Goldberger Thore und hinterließ bei seiner stillen Rückkehr nach Liegnitz eine werthvolle Wachsstockscheere, welche die Frau in seinem Lagerstroh fand und behielt.
Den 30. Mai Mittags kanonirten die Franzosen vor dem Hainschen Thore etliche Stunden lang auf die von Poischwitz her die beunruhigenden Kosaken. Ernsthafter ging es
Den 31. Mai, wo Macdonald einen Versuch machte, die Russische Linie bei Striegau zu durchbrechen. Es kam bei Großrosen zum blutigsten Treffen, welches besonders den Würtembergern, welche der Marschall, seine Leute zu schonen, vorschob, viel Verlust zuzog. Sie brachten Abends über 600 Verwundete mit und die Franzosen, erbittert über ihr vereiteltes Unternehmen, rächten sich an der Stadt und behandelten dafür die Einwohner mit unsäglicher Grobheit. Die verwundeten Würtemberger schaffte man nach Glogau; diese Unglücklichen hatten fast einen ganzen Tag lang im Feuer gestanden und lechzten daher nach Speise und Trank. Allein es war nichts, nicht einmal Brot für dieselben vorhanden, und was die unbarmherzigen Franzosen besaßen, gaben sie ihren halb verschmachteten Waffenbrüdern nicht heraus. Mehl war hinlänglich aufzutreiben; denn in der allgemeinen Noth hatte man den Ueberrest des Russisch-Preußischen Magazins den Bürgern verschenkt und dann auch an die in der Stadt ausgeschütteten Kornvorräthe fremder Getreidehändler Hand legen müssen; allein der Sauerteig mangelte. Man schob also einen nur aus Mehl und Wasser gekneteten Teig in den Ofen, und diesen Kloß, so heiß als er herauskam, verschlangen die hungrigen Verwundeten, weshalb viele darunter auch den Tod fanden.
Den 1. Juny veranlaßte das unvorsichtige Kochen der Franzosen an der Mauer des Knoblochschen Vorwerks zu Gregorsdorf, daß es gänzlich niederbrannte. Obgleich
den 4. Juny ein Waffenstillstand geschlossen und Jauer den neutralen Ortschaften beigesellet ward, handelten die Franzosen demohngeachtet mit frecher Willkühr, errichteten auf den Stadtäckern Baraken, brachen mehrere vorstädtische Wirthschaftsgebäude ab, hoben überall Thüren und Fenster aus und vergriffen sich endlich sogar an der Friedenskirche, wo aber ernstliche Maaßregeln ihrer Zerstörungssucht ein Ziel steckten. Endlich erschien
den 6 Juny der Erlösungstag. Die Feinde, welche seit dem 28. Mai überall Spuren roher Sittenlosigkeit hinterließen, setzten sich in Marsch und bis zum 12. d. M. war die Stadt sammt ihrer Umgegend von diesen Unholden befreit. Brandschaden hatte, bis auf ein Häuschen in der Liegnitzer Vorstadt und oben erwähntes Vorwerk, sich nicht ereignet; allein desto gräßlicher sah es auf den Feldern der Funfzighubner aus. Auf den meisten stand kein Getreidehalm mehr und was von alten Vorrath in den Scheunen steckte, hatten die Soldaten als Lagerstroh oder Pferdefutter verbraucht.
Den 9. Aug. kam von Neumarkt ein französischer Lieutenant mit etlichen Husaren, um die im Arbeitshause zurückgelaßnen leeren Wagen abzuholen und nach Goldberg zu fahren, wo Lauriston stand. Zufällig bemerkten diese Menschen in der Stadt das Daseyn eines Magazinvorraths und erdreusteten sich grobe Drohungen auszustoßen, die Manchem Furcht und Schrecken einflößten.
Den 14. Aug. Vormittags 9 Uhr eilte flügelschnell der französische General Jomini durch die Stadt, wollte nicht einmal den Pferdewechsel am Posthause abwarten und begab sich als Ueberläufer ins Russische Hauptquartier. Nachmittags 2 Uhr zog ein Pulk der schönsten Ukrainer Kosaken, 16 Trompeter an der Spitze, sammt 2 Batterien Feldgeschütz und brennende Lunten zum Striegauer Thore herein und zum Liegnitzer hinaus. Noch zwei ähnliche folgten und ein prächtiges Dragoner-Regiment machte den Beschluß. Es war der Vortrab des Schlesischen Heeres unter Feldmarschall Blücher. Das Fußvolk, welches nachkam, lagerte sich auf der Nordostseite der Stadt, die Reuterei auf der Nordwestseite und der Stab erhielt innerhalb der Ringmauer Quartier.
Den 15. Aug., wo dieses Korps Rasttag hielt, gingen viele Einwohner hinaus ins Lager desselben und freuten sich über die darinne herrschende Reinlichkeit und Ordnung. Eine beträchtliche Anzahl Spanier gingen an diesem Tage über und wurden freundschaftlich aufgenommen.
Den 16. Aug. Nachmittags setzte sich der Russische Vortrab nach Goldberg hin in Bewegung und das Schlesische Heer Preußen, von Striegau her, bezog das verlaßne Lagerfeld um die Stadt. Ein Bataillon Ostpreußen versah die Wache des Generalstabes. Feldmarschall v. Blücher nahm sein Quartier auf der Striegauer Gasse bei dem Kaufmann Ulbrich und in Gasthöfen und Privathäusern herbergten die Königl. Prinzen August, Wilhelm und Friedrich, sammt den Generalen v. York, v. Gneisenau, v. Horn, v. Hünerbein, v. Steinmetz, Graf Langeron und Freiherrn v. Sacken.
Den 17. Aug. rastete das Heer und erhielt Verstärkung durch Oberschlesische Landwehr-Uhlanen.
Den 18. Aug. Mittags brach das ganze Heer auf und die Einwohner blickten demselben, der schönen Mannszucht wegen, mit Segenswünschen nach.
Den 19. Aug. Nachmittags rückten 6 Bataillons und etliche Schwadronen Landwehr in das verlaßne Lager und biwachteten bis den 20. Aug. gegen Abend, wo sie nach Liegnitz abgingen.
Den 21. Aug. Vormittags wurden 311 Französische Kriegsgefangne eingebracht und ins leer stehende Arbeitshaus gesperrt. Mehrere darunter wollten kein Kommißbrod essen und die Offiziere forderten sogar Chokolade und Braten.
Den 22. - 24. Aug. zog sich die ganze Schlesische Armee wieder nach Jauer und dessen Umgegend zurück; Feldmarschall v, Blücher nahm sein voriges Hauptquartier in Besitz und erklärte den 25. Aug., wo Rast war, die Ursachen seines Rückzugs in einem gedruckten Bericht.
Den 26. Aug. nach 9 Uhr Vormittags verließ der Feldmarschall sammt allen übrigen Heerführern die Stadt und Nachmittags 2 Uhr begann bei Christianshöhe, 1 Meile davon, die sogenannte Schlacht am Katzbach, welche Abends 7 Uhr sich glorreich endigte, aber den Jauerern unvergeßlich bleiben wird. Alle schwer verwundete Russen und Preußen wurden in Privathäusern eingethan und mit Speisen erquickt. Den gefangnen gesunden Franzosen wieß man das Zuchthaus, den verwundeten die beiden Hauptkirchen zum Aufenthaltsort an.
Den 12. September nahm der öffentliche Gottesdienst wieder seinen Anfang, häusliche Ruhe und Geschäftsführung kehrten wieder in der Stadt ein.
1814 vom 9. - 15. July hatte die Stadt das aus Frankreich zurückkehrende Heer Russen unter Graf Langeron zu verpflegen und erhielt
Den 20. Nov. ein Bataillon des dritten Schlesischen Landwehr-Regiments unter dem Befehl des Major von Grollmann zur Besatzung.
1815 den 22. Oct. nahm Kaiser Alexander aus Frankreich seinen Rückweg durch Jauer und wurde von sämmtlichen Behörden ehrerbietigst begrüßt.
1816 den 15. July Vormittags brannte in der Goldberger Vorstadt ein Haus nieder. Wirth und Miether verloren Alles und mit größter Mühe konnte der Weiterverbreitung des Feuers Einhalt geschehn.
1817 den 16. Juni Abends 10 Uhr wurde höchst wahrscheinlich durch Mordbrennerhände das Hospital-Vorwerk vor dem Goldberger Thore angesteckt und nebst allen Wirthschaftsgebäuden gänzlich eingeäschert; 10 Pferde und 8 Rinder kamen um. Zwei Tage darauf (den 18. d. M.0 wagte sich eine Menge armer Einwohner auf den Schüttboden des Wohngebäudes, um ihnen Preis gegebenes Getreide aufzuraffen. Plötzlich stürzte ein noch stehender steinerner Giebel zusammen und verschüttete 20 Personen, deren 4 todt, die übrigen mehr oder weniger beschädigt hervorgezogen wurden.
Den 26. Aug. hatte Jauer die Ehre, bei Gelegenheit der Einweihung der Sieges-Denksäule auf Christianshöhe unter mehreren hohen Generalen auch den Heldengreis Fürst Blücher von Wahlstadt zu beherbergen.
1818 den 26. Sept. Vormittags brach in der Goldberger Vorstadt Feuer aus und verwandelte einen Gasthof und 3 andere Gebäude in Schutthaufen. Da dieselben in der Nachbarschaft des im Jahre vorher abgebrannten Hospital-Vorwerks stehen, so erhielt dieser Theil der Stadt durch Errichtung massiver und mit Ziegeln bedachter Gebäude, statt der vorigen Strohhütten, eine sehr freundliche Gestalt, besonders angenehm den Reisenden aus und nach dem Riesengebirge.
Quellen.[]
- ↑ Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
- ↑ Zeitgeschichte der Städte Schlesiens mit Abbildungen herausgegeben von D. Christ. Friedrich Emanuel Fischer und Carl Friedrich Stuckart. Schweidnitz bei Carl Friedrich Stuckart. 1819.