Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Lord Malmsbury.[]

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Dieser allgemeine bekannte Edelmann, dessen Name in der Geschichte Georgs des dritten häufig vorkommen wird, würde von seinen Vorfahren eben sowohl Philosophie als Vermögen geerbt haben, wenn das eine so leicht wie das andere übertragen werden könnte.

Sein Vater, Jakob Harris Esq., der berühmte Verfasser von Hermes, war der Sohn von Elisabeth, der Schwester von Anthonius, Grafen von Salisbury, dem unsterblichen Verfasser der Karakterschilderungen (Characteristics). Dieser war zu Salisbury 1708 geboren, und nachdem er daselbst eine gelehrte Erziehung erhalten hatte, kam er in das Wadham Kollegium zu Oxford, welches er, ohne einen Grad zu nehmen, verließ.

Er representirte den Flecken Christ-church in Hampshire in verschiedenen Parlamenten, erhielt aber kein öffentliches Amt bis im Jahr 1763, wo er einen Sitz im Admiralitätskollegium bekam, welchen er aber bald darauf wieder aufgab, weil er ein Mitglied des Schatzamtes wurde. Im July 1765 verlor er seine Stelle, und blieb ohne Amt bis 1774, wo er Sekretair der Königin wurde, und auch diesen Posten bis zu seinem Tod am 21. December 1780 behielt.

Sein einziger Sohn Jakob Harris, der ietzige Lord Malmsbury, wurde am 20. April 1746 geboren. Er wurde zum Staatsmann bestimmt, und erhielt die dazu taugliche Erziehung. Sein Vater, selbst ein großer Gelehrter, erzog ihn, ehe er nach Oxford gieng, fast ganz, und er genoß daher den vortrefflichsten Unterricht. Er verließ die Universität, ohne einen Gradum genommen zu haben, und wurde bald darauf als Sekretair bei einer Gesandtschaft an einem der nordischen Höfe angestellt.

Im Jahr 1772 erschien er in dem Karakter eines außerordentlichen Gesandten zu Berlin, und im folgenden Jahr wurde er und sein Vater vom Christ-church, einem Burgflecken, der viele Jahre von dieser Familie repräsentirt worden war, zu Parlamentsgliedern gewählt. Er hatte seine diplomatischen Aufträge mit solcher Zufriedenheit seiner Regierung vollbracht, daß er 1775 zum Ritter vom Bath ernennt, und bald darauf als außerordentlicher Gesandter an den russischen Hof geschickt wurde.

Nach einem ziemlich langen Aufenthalt zu Petersburg kam er als Gesandter nach dem Haag, und diesen wichtigen Posten hatte er im Jahr 1787, als Holland mit einer Staatsumwälzung bedroht, und blos dadurch verhindert wurde, daß man die preussischen Baionette zu Hülfe rief. Bei dieser Gelegenheit war Sir Jakob Harris Betragen den holländischen Patrioten besonders verhaßt, dem Prinzen von Oranien und dem König von Preußen gefiel es aber so wohl, daß sie ihm wegen seiner geleisteten Dienste erlaubten, den preussischen Adler in seinem Wappen mit dem, dem Hause von Oranien gehörigen Motto, zu führen.

Diese Ehrenzeichen wurden im Jahr 1789 von seinem eigenen König bestätigt, und am 15. September 1788 wurde er zum Pair unter dem Titel: Lord Malmsbury, Baron von Malmsbury, in der Grafschaft Wilks erhoben.

Von dieser Zeit an war er ohne Amt, bis es die Regierung zu Ende des Jahrs 1796 für gut fand, dem Wunsche des Volks nachzugeben, und an Wiederherstellung des Friedens zu denken. Niemand schien zu der Zeit zu einem so wichtigen Auftrag geschickter, als Lord Malmsbury, und wir glauben, daß seine erste Bestimmung zu dieser Stelle den ganzen Beifall aller Partheien hatte. Doch die Unterhandlung des Lords gelang nicht, und er mußte auf Befehl des französischen Direktoriums Paris in acht und vierzig Stunden, im December 1796, verlassen. *)

  • ) Das Direktorium beschuldigte ihn, daß er sich nicht als ein diplomatischer Agent, sondern als ein Partheigänger und Intrigant betragen habe.

Was man auch über das Verfahren der beiden Mächte in dieser Unterhandlung für eine Meinung gefaßt hat, oder was man für Absichten, wonach sie handelten, ihnen zuschreibt, so muß man doch eingestehen, daß Malmsbury die vollkommenste Kenntniß der Diplomatie dabei zeigte.

Im Juny 1797 hielten es die englischen Minister für gut, einen zweiten Versucht zu machen, um diesen langen und blutigen Streit zu endigen, und Lord Malmsbury wurde wieder zum Vermittler ernannt. Nachdem die nöthigen Präliminarien mit dem Direktorium festgesetzt waren, so reiste der Lord und sein Gefolge am 30. Juny nach Lille, dem dazu bestimmten Ort, ab, und die französische Regierung errichtete sogleich eine Reihe von Telegraphen zwischen Lille und Paris.

Es liegt außer unserm Plan, die politischen Kunstgriffe, die bei diesem diplomatischen Spiel angewendet wurden, hier aufzuzählen. Die französischen Gesandten zeigten, daß sie dem Lord, obgleich ein alter Geübter und in allen den Künsten der neuern Intrike erfahren, hinlänglich gewachsen wären. Ihre Forderungen waren, soweit sie mit denselben herausgiengen, sehr übertrieben, und besonders wußten sie die Punkte, worauf ihr Hauptaugenmerk gerichtet war, sehr gut zu verbergen. Nachdem sie so lange mit einander gespielt hatten, bis die Geduld von ganz Europa erschöpft war, und man wegen der Aufrichtigkeit argwöhnisch wurde, so nahmen die Franzosen wieder zu ihrer alten Methode, der Unterhandlung ein Ende zu machen, ihre Zuflucht, und schickten den Lord unter dem Vorwande fort, daß er nicht die volle Macht habe, alle von England gemachten Eroberungen abzutreten.

Der englische Minister verließ dem zufolge Lille und kam am 20. September zu London an, ohne etwas zum beßten des großen Gegenstandes, wozu er gebraucht worden war, ausgerichtet zu haben. Im Senat eines benachbarten Volks hat man behauptet, daß das irländische Directorium seine Unterhandlungen vereitelt habe.

Ohne im mindesten den Fähigkeiten und der Neigung des Lords zu nahe zu treten, müssen wir doch mit vielen angesehenen Politikern einstimmen, und zwar mit solchen, welche zur gemäßigten Parthei gehören, daß es, nachdem seine erste Sendung so übel ausgefallen war, gar nicht politisch war, denselben Mann bei einer gleichen Negociation zu gebrauchen.

Einige haben sogar behauptet, daß die Art der Unterhandlung, wozu Malmsbury gewöhnlich gebraucht worden war, ihn zu dieser Art von Negociation untauglich gemacht habe. Und gewiß verlangen verschiedene Zeiten, verschiedene Menschen und verschiedene Gelegenheiten auch verschiedene Arten von Unterhandlung. Wenn man mit einem Volk unterhandeln will, welches alle politische Ceremonien und Rücksichten verworfen hat, so muß man ganz neue Arten und selbst eine neue Sprache annehmen; man hätte daher einen andern Gesandten schicken sollen, und nicht einen solchen, der sich sein ganzes Leben hindurch mit der Kenntniß und Ausübung der alten diplomatischen Formen beschäftigt hatte.

Ob diese Art zu schließen recht oder unrecht ist, wollen wir nicht entscheiden. Doch müssen wir es bedauern, daß die königlichen Minister, nachdem der Lord das erstemal nicht glücklich war, nicht einen andern Gesandten wählten, als sie es für gut hielten, zum zweitenmal wegen des Friedens zu unterhandeln; denn dadurch hätten sie ihren Feinden die Macht genommen, sie unredlicher Absichten anzuklagen.

Malmsbury besitzt das Zutrauen der gegenwärtigen Minister, und ist aufs genaueste mit den Absichten derselben in Hinsicht auf die Politik des festen Landes bekannt. Wir können daher wohl voraussagen, daß man seine diplomatischen Talente nicht unbenutzt lassen wird. *)

Lord Malmsbury heurathete am 28. July 1777 die Tochter vom verstorbenen Sir Georg Amayand, Bart. und Schwester des gegenwärtigen Sir Georg Cornwall, Bart. Er hat mit ihr verschiedene Kinder gezeugt.

Er hat auch zwey noch lebende Schwestern; die eine ist verheurathet und die andere ledig, welche sich auf seinem Landsitz zu Gross-Durnford aufhält, ohngefähr vier Meilen von Salisbury, der blos wegen seiner netten und verschönerten Anlagen merkwürdig ist. In demselben Dorfe stehet die Hütte, wohin sich der große Verfasser von Hermes von der geschäftigten Welt zurückzog, und worinnen er den größten Theil seiner Werke schrieb. Diese Hütte ist unbewohnt, das Hausgeräthe xc. aber ist aufs sorgfältigste von Lord Malmsbury in demselben Zustand erhalten, in welchem es sein Vater hinterließ. Dieses merkwürdige Gebäude ist dem öffentlichen Auge ganz entzogen, indem es auf drei Seiten von Mauern umgeben und blos gegen Westen offen ist, wo es an den Fluß Avon stößt. Malmsbury hält sich gewöhnlich iedes Jahr einige Wochen in der größten Einsamkeit auf diesem seinen Landsitze auf. W. Z.


J. Harris, Lord-Baron von Malmesbury.[]

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Malmesbury (J. Harris, Lord-Baron von) Pair von England, Geheimer Rath, Ritter des Badordens. Lord Malmesbury betrat die diplomatische Karriere 1768 in der Eigenschaft eines Gesandschaftssekretairs zu Madrid; wurde hierauf Minister zu Brüssel und 1772 ausserordentlicher Gesandter zu Berlin. 1776 ging er in demselben Charakter nach Petersburg; 1784 wurde er zum Bothschafter im Haag ernannt, und den 19. April 1794 unterzeichnete er in dieser Stadt im Namen Englands einen Vertrag mit Preußen und Holland. Im Oktober 1796 begab er sich als bevollmächtigter brittischer Minister nach Paris, um mit der französischen Republik einen Frieden zu unterhandeln. Nach mehrern ausgewechselten Noten, die von beyden Seiten zu wenig Annäherung verriethen, als daß sie hätten zum Frieden Hoffnung zu machen sollen, erhielt er von dem Direktorium die Weisung, daß seine Gegenwart in Paris unnöthig würde, und ging alsbald nach London zurück. 1797 dachte man die Konferenzen von neuem anzuknüpfen, und Malmesbury erhielt im Juny den Befehl, nach Lille abzugehen, wohin sich ebenfalls die Bevollmächtigten der französischen Republik begaben; allein diese Unterhandlungen blieben eben so erfolglos, als die vorhergehenden, und er reiste nach der Revolution, die der 4. September 1797 in dem französischen Gouvernement herbeyführte, nach London wieder zurück.


Quellen.[]

  1. Charakterschilderungen der jezt lebenden wichtigsten und berühmtesten Männer in Grosbrittannien. Aus dem Englischen von Johann Christian Fick. Chemnitz, bei G. F. Tasché, 1801.
  2. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
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