Brissot.[]
Der durch de Französische Revoluzion so bekannte Johann Peter Brissot, de Warwille, wurde den 14. Jäner im Jahre 1754, in der nämlichen Stadt wie Pethion, zu Beauce gebohren. Sein Vater war hier Gastwirth und da er sich mit diesem Gewerbe einiges Vermögen erwarb, so erhielt Brissot, nebst seinen Brüder und Schwestern eine gute Erziehung.
Sein erster Ausflug war zu einem Prokurator, wo er fünf Jahre arbeitete. Da er aber keine Hoffnung hatte, in dieser Carriere sein Glück zu machen, so ging er nachher wieder davon ab, und legte sich ganz auf die Litteratur, vorzüglich auf die englische. Er schrieb mehrere vortreffliche Werke über die Kriminal-Gesetzgebung, zu gleicher Zeit regte sich ein grosser Ehrgeiz bei ihm, mit welchem sich Eitelkeit und Verschwendung verband. Sein Vater hatte zu Guarville, einem Dorfe bei Beauce, ein Bauerngut; er schrieb sich, mit einer kleinen Verwandlung dieses Namens, Brissot de Warwille; wahrscheinlich weil es zum guten Tone gehörte, von irgend einer Besitzung den Namen zu führen, wiewohl er selbst sagt, es sey aus Anglomanie geschehen.
Diese beiden Leidenschaften Ehrgeiz und Verschwendung, haben ihn immer mehr beherrscht, und endlich die Oberhand über das Gute behalten, das man ihm gewiß nicht absprechen kann. Er schrieb das bekannte Buch de la verité -- Betrachtungen über die Mittel, in allen menschlichen Kenntnissen zur Wahrheit zu gelangen, wodurch er sich den Natur-Schwärmern, den Freunden geheimer Kenntnisse, sehr empfahl. Ein Klub solcher Menschen unterstützte ihn zu einer Reise nach England, um dort gemeinschaftlich mit den Brüdern eine allgemeine Korrespondenz über das, was das Glück der Menschen und der Gesellschaft betrift, heraus zu geben.
Vorher aber noch, nämlich im Jahre 1782, ging er deßhalb nach Genf, wo alles im Aufruhr war, und wo sich Brissot mit dem, in der französischen Revoluzions-Geschichte gleichfalls bekannt gewordenen Claviere verband. Von da reiste Brissot nach Neufchatel. In London gab er nicht nur diese Korrespondenz heraus, und schrieb einige Artikel in dem Courier de Londres, sondern verfaßte auch noch andere Schriften; unter andern seine Abhandlung über die Kriminal-Gesetze, und seine philosophische Bibliothek der peinlichen Gesetzgebung. Zu gleicher Zeit war er sehr derangirt, und da er nicht Stärke der Seele genug besaß, sich einzuschränken, so blieb ihm nichts übrig, als seine Zuflucht zu Betrügereien zu nehmen, zu welcher Art von Geschäften er ein entscheidendes Talent besessen haben soll.
Im Jahre 1784 kehrte Brissot, nach dem Tode seines Vaters nach Paris zurück, wo man ihn im Monat Juni in die Bastille warf, weil er eine Brochüre wider die Regierung geschrieben hatte. Er wurde jedoch bald wieder aus derselben befreit, und machte itzt von neuem den Schriftsteller. Im Jahre 1787 schrieb er mit Claviere, das schätzbare Werk über Frankreichs Handelsverhältnisse mit den Nord-Amerikanischen Freistaaten, und deren Verfassung, welches mit grossem Beifall aufgenommen wurde.
Bald darauf brachte ihn Claviere in die Dienste des Herzogs von Orleans. Hier schrieb er die merkwürdige Brochüre: kein Bankrott! wegen welcher ihn der Minister Brienne aufs neue in die Bastille werfen lassen wollte, welches aber Brissot noch zeitlich erfuhr, nach Holland entfloh, und hier den Entschluß faßte, sein Leben in Amerika zu beschliessen. Die emigrirten Genfer hatten die Idee sich in Nordamerika anzukaufen, und gaben ihm daher Aufträge mit dahin. Er wurde vom Generale Washington sehr gütig aufgenommen, der ihm schon früher, während er sich noch in England aufhielt, durch die vortrefliche Madam Graham einen Einladungsbrief zustellen ließ. Amerika wurde dem Brissot so werth, daß er bis zu dem Tage seiner ungerechten Hinrichtung wünschte, der Sohn eines amerikanischen Bauern zu seyn. Seine Reise durch die Nordamerikanischen Freistaaten, die er bald nachher beschrieb, ist allgemein bekannt.
Allein im Jahr 1789 kehrte er schon wieder nach Frankreich zurück und schrieb. Als bald darauf die Revoluzion ausbrach, suchte er Ehrenstellen. Er hatte mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen; indeß gelang es ihm, wie Manuel, mit dem er sich auf das Engste verband, wiewohl nicht gleich vom Anfange. Er hatte die Freude sich zum Deputirten für die zweite legislative Nazional-Versammlung von der Stadt Paris gewählt zu sehen. Brissots täuschende Beredsamkeit erregte von seiner Moralität die höchste Meinung; alles schien aus seinem Herzen zu kommen. Der Jakobiner-Klubb hatte das größte Vertrauen in ihn, da er sich für einen Gegner der Feuillants, das heißt desjenigen politischen Klubs erklärte, die den Grundsätzen der gemäßigten Monarchie getreu, Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten wollten.
Bekanntermassen ward Brissot bald eines der Häupter der Gironde -- einer Partei, welche durch gründliche Kenntnisse und einnehmende Beredsamkeit, die man bei ihnen bewunderte, anfänglich ein bedeutendes Uebergewicht über die Jakobiner hatte. Die Girondisten -- welche deßwegen so genannt wurden, weil die Majorität derselben aus den Deputirten des Departements der Gironde bestand, -- wollten die Regierung der Republik auf einen festen Punkt bringen, und die Verwaltung, wo möglich selbst übernehmen; die Jakobiner hingegen wünschten alles erst recht zu verwirren, um sich ansehnlich zu bereichern, und dann dem Volk ein Schattenbild einer reinen Demokrazie aufzudringen. Nach dem Beitritte Brissots soll diese Fakzion wider die Einheit und Untheilbarkeit der französischen Republik gearbeitet, und dieselbe zerstückeln und in mehrere unabhängige Republiken haben theilen wollen.
So wie sich nun Brissot dadurch den Haß der sogenannte Bergpartei zuzog, so wurde er mit seinen Anhängern von derselben, besonders seit dem Prozesse des Königs, bei welchem er sich für die Appellazion desselben an das Volk erklärte, geheimer Absichten gegen das Interesse der Nazion beschuldigt. Die Gironde hatte lange die Oberhand, und behauptete sich, als sie schon zu sinken anfing, noch immer mit vieler Kraft. Endlich fiel sie durch die Revoluzion vom 31. Mai 1793, und mit ihr Brissot. Er wurde, freilich ohne alle Beweise, wegen eines Antheils an der Koalizion der fremden Mächte gegen Frankreich, und eines noch weit gefährlichern Einverständnisses mit Manuel zum Verderben seines Vaterlandes angeklagt. Er floh, wurde aber auf der Flucht arretirt, und starb den 31. Oktober 1793 unter der Guillotine.
Brissot hatte einen schlanken, zarten Körperbau, und war blaß im Gesichte. Bei einem einfachen Anzug, behielt er auch immer seine alte Einfalt der Sitten bei. Er war gewiß nicht zum Bösewicht gebohren, so wenig als Barrere, mit welchem er in vieler Rücksicht Aehnlichkeit hat, nur daß er mehr Moralität, mehr Grösse und Konsistenz des Charakters besaß. Beide geben einen traurigen Beweis ab, wie weit ein Mann von Geist und von Natur nicht schlechtem Herzen geführt werden könne, wenn er sich mit Privatleidenschaften in kritische Lagen wagt!
J. P. Brissot de Warville.[]
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Brissot de Warville (J. P.), gebohren den 14ten Jänner 1754, in einem Dorfe bey Chartres, wo sein Vater Koch und Speisewirth war. Eine kleine Besitzung, die sein Vater in diesem Dorfe gekauft hatte, gab seiner Eitelkeit Gelegenheit, sich den Beynahmen d'Ouarville, den er nachher in England in de Warville umänderte, beyzulegen. In seinem 20sten Jahre hatte er schon mehrere Schriften herausgegeben, von denen eine im Jahre 1784 ihn in die Bastille brachte. Madame Genlis sagt in ihren Memoiren, daß sie es war, die ihm durch ihren Einfluß bey dem Herzoge von Chartres seine Freyheit wieder verschaffte. Er heyrathete eine Person aus dem Hause der Madame von Orleans und gieng hierauf nach England. Hier lebte er als Spion im Solde des Polizeylieutenants von Paris, beschäftigte sich zu gleicher Zeit mit Literatur und machte den Versuch, in London ein Lyceum zu errichten. Er war aber damit nicht glücklich und kehrte nach Frankreich zurück. 1788 gieng er nach Amerika, wie man sagte, damit er die Grundsätze der Demokratie studieren sollte. Nach seiner Zurückkunft gab er ein Werk über die vereinigten Staaten heraus. Entschlossen, eine Rolle in der Revolution, die eben damahls eingeleitet wurde, zu spielen, ließ er bey der Zusammenberufung der Generalständeversammlung einige Pamphlets und hierauf das Journal, den französischen Patrioten, in Paris erscheinen. Als sich im July 1789 die Gemeine von Paris bildete, ward er Mitglied davon. Er war einer der Hauptanstifter von dem Aufstande auf dem Marsfelde, wo man die Absetzung Ludwigs XVI. und eine republikanische Verfassung verlangte; und weil Lafayette es war, der sie Zusammengelaufenen auseinander treiben ließ, so betrachtete er ihn, von der Zeit an, als seinen Feind. Den 22sten Aprill kam der König in die Versammlung und schlug die Kriegserklärung gegen Oestreich vor, welches einstimmig angenommen wurde. Den 9ten July sprach er mit Heftigkeit gegen den König von Preußen, und denunzirte Ludwig XVI., die Minister und Generale, nahmentlich Lafayette. Den 10ten August ward das neue Ministerium beynahe lediglich aus seinen Partheygängern zusammen gesetzt. Als Mitglied des Konvents blieb er an der Spitze des diplomatischen Ausschußes, in dessen Rahmen er auf den Krieg gegen England und Holland antrug. Bey Ludwigs XVI. Prozeß versuchte er den Urtheilsspruch in die Gewalt des Volks zu bringen, votirte hierauf seinen Tod mit Aufschub der Vollziehung, bis die Konstitution von den Primitifversammlungen genehmigt seyn würde. Doch mitten im Strome der Revolution untergrub sich unmerklich seine Parthie. Nach mehrern Anklagen führte ihn den 28sten May 1793 Robespierre auf, als ob er damit umgienge, eine arstokriatische Verfassung mit zwey Parlamenten einzuleiten xc. und verlangte, daß er vor das Revolutionsgericht gebracht werde. Der 31sten May gab endlich den letzten Stoß zu seinem Sturze. Es ward der Arrest gegen ihn beschlossen; er suchte unter den Nahmen eines Negozianten von Neufchatel die Schweiz zu erreichen, ward aber in Moulins verhaftet und nach Paris zurückgeführt, wo er den 31sten October auf der Guillotine in seinem 39sten Jahre starb. Er zeichnete sich durch seine einfache Kleidertracht aus; als ein übertriebener Verehrer der Amerikaner, hatte er die Sitte der Quaker angenommen und sah es selbst nicht ungern, wenn man ihn für einen hielt. Er vermochte unter den Girondins nichts als höchstens die Meinungen zu leiten, viele andere dieser Parthey waren ihm an Muth, Kühnheit und Talenten überlegen.
Der Prozeß gegen Ludwig XVI.[]
Nach der Meinung, die ich bereits bekannt machte, habe ich erklärt, daß Ludwig des Hochverraths schuldig sey und den Tod verdiene.
Ich war und bin noch überzeugt, daß das Urtheil der Convention, es mag ausfallen wie es will, den bedenklichsten Folgen unterworfen sey.
Ich war und bin noch überzeugt, daß das Urtheil der Nation keine dieser Folgen gehabt hätte, und wären Gefahren entstanden, so würde sie die National-Allmacht leicht verscheucht haben.
Die Convention hat die Appellation verworfen, und ich sage es mit Schmerz, der böse Genius, der diese Entscheidung hervorbrachte, hat Frankreich unabsehbares Unglück zubereitet.
Es ist unabwendbar, denn ich sehe in der Gefangenschaft nichts anders, als den Keim von Unruhen, Veranlassung zu Faktionen, und eine Vorwand für die Verläumder; gewiß würde man die Convention des Kleinmuths, und daß sie sich bestechen ließ, beschuldigen, und ihr so das Vertrauen entziehen, welches sie nothwendig haben muß, wenn der Staat gerettet werden soll.
Das Todesurtheil wäre die Losung eines fürchterlichen Krieges, eines Krieges, welcher meinem Vaterlande ungeheure Summen und Ströme von Blut kosten wird; diese Meinung ist nicht ohne Grund, denn, hat gleich Frankreich die Tyrannen und ihre Söldner nicht zu fürchten, so muß man doch gestehen, daß die Nationen, verführt durch die Verläumdungen über das Urtheil der Convention, sich auf diesen Fall mit ihnen vereinigen werden; ich stimme daher für die Appellation an das Volk, weil dieses System die Tyrannen gezwungen hätte, das Urtheil eines großen Volks zu ehren, weil sie dann die Völker nicht hintergehen könnten, und weil endlich, im Fall eines Angriffs alle Franken sich vereinigt hätten, um diese Coalition zu vernichten.
Ueberzeugt, daß die Folgen unsers Urtheils unglücklich seyn müssen, war ich bemüht die Strafe zu finden:
Welche die Gerechtigkeit mit dem Interesse des Staates in einem höhern Grade verbände;
Welche der Convention die Achtung aller Partheien zuziehen, und
Uns die Freundschaft der Nationen erwerben würde;
Welche die Tyrannen schrecken, und zugleich die Absichten ihrer Kabinette, die den Tod Ludwigs wünschen, weil sie den Krieg nationalisiren wollen, vereiteln könnte;
Welche die Hofnungen der Kron-Prätendenten untergraben, und endlich
Die Nation mit dem Ausspruche der Convention vereinigen würde.
Alle diese Bedingungen finde ich in dem Todesurtheil mit dem Vorbehalte Louvet's; nemlich das der Vollzug bis nach Annahme der Constitution durch das Volk, verschoben werde.
Nach diesen Gründen habe ich dieses Urtheil der Gefangenschaft vorgezogen, obgleich letztere Mienung die der philosophischen Publicisten und Thomas Payne's ist, und der Wunsch von vier Millionen freyer Amerikaner seyn könnte; ich bestehe aber darauf, denn, ich sage es mit Zuversicht, ich kenne diese braven Republikaner. Die besondern Umstände, in denen Frankreich sich gegenwärtig befindet, und die bedenklichen Folgen, die aus der Gefangenschaft, wenn sie nur der Wille der Convention wäre, entstehen müßten, nöthigen mich, die Todesstrafe mit dem angezeigten Vorbehalt, dieser Maaßregel vorzuziehen, weil dadurch euer Urtheil den Schutz der Nation und den Charakter von Uneigennützigkeit und Großmuth erhält, welchen ich ihm beyzulegen wünschte; weil so euer Urtheil mit der Nation vereinigt wird, und nur diese Vereinigung die innern Unruhen ersticken, und uns gegen Anfälle des Auslandes schützen kann.
Meine Meinung wird verläumdet werden, es ist mein gewöhnliches Schicksal. Ich werde diesen Verläumdungen nichts als ein untadelhaftes Leben entgegen setzen, denn ich fordre alle meine Gegner auf, nur eine einzige gegründete Thatsache vorzubringen. Rühmliche Armuth, welche ich meinen Kindern hinterlasse, spricht für mich; und vielleicht ist der Augenblick nicht mehr entfernt, wo sie diese Erbschaft antreten; aber bis zu diesem Augenblicke, den ich mit Ruhe erwarte, werde ich den Verläumdern mit jenem rastlosen Eifer für gesetzliche Ordnung antworten, ohne welche eine Republick nichts als eine Räuberhöhle ist.
Bürger ich beharre, und muß auf diese Meinung beharren. Ein Ungewitter nähert sich, dessen Ausbrüche furchtbar seyn werden; Frankreich kann es abwenden, die Hofnung dazu aber ruht auf einem einzigen Punkte. Ich spreche als ein Mann, welcher eure Schwäche, eure Hülfsmittel, die eurer Feinde, und ihre Stützen kennt, und erkläre, daß die Republick dahin ist, wenn die zügellose Unordnung nicht ausgerottet wird, welche gegenwärtig den Staat in allen seinen Theilen verwirrt.
Ich stimme mit dem Vorbehalte für den Tod, daß der Vollzug erst nach Annahme der Constitution geschehe.
Quellen.[]
- ↑ Charakteristische Lebensgemälde unserer denkwürdigsten Zeitgenossen. Herausgegeben von Julius Gustav Meißner. Zweiter Band. Wien, 1800. Im Verlage bei Anton Doll.
- ↑ Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
- ↑ Gallerie der hingerichteten, gefangenen, oder sonst verunglückten französischen Konventsmitglieder und andrer Revolutionsmänner seit Ludwigs des Unglücklichen Tode; in Verbindung des, von der erstern am Verdammungstage ihres Monarchen, über denselben ausgesprochnen, Endurtheils. Hannover, im Verlage der Helwingschen Hof-Buchhandlung. 1794.