Von Bastille bis Waterloo. Wiki

Auszug aus dem Tagebuche des damaligen Fahnenjunkers von Naundorf, von Sächsischen Regimente von Rechten.[]

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Den 13ten Octbr. rückte das Bataillon früh ½6 Uhr über Cospoda nach Cloßwitz auf Scharf-Commando, und kam daselbst um 8 Uhr des Morgens an. Der General Graf Tauenzien war hier gegenwärtig, und ließ 2 Glieder formiren. Die Schützen und pr. Division, 12 Plänker wurden herausgezogen, welche sich längs der Bergkuppe bis an die Schlucht, welche von Jena nach dem Dorfe Cospoda führt, mit starken Intervallen ausbreiteten, und hatten zur Unterstützung und Vertheidigung eines Fußsteiges die 1ste Division des Bataillons; die 2te Division stand 2 - 300 Schritt seit- und rückwärts der linken Flanke der 1sten auf einem Bergrücken; die 3te deckte die linke Flanke der beiden vorigen Divisions, und stand ohngefähr 400 Schritt davon entfernt, die 4te deckte dem ganzen Bataillon die Flanke, vor ihr lag ein Wald am Abhange des Berges, von welchem aus man dem Bataillon in den Rücken kommen konnte, weshalb er mit 2 Peletons von der 3ten und 4ten Division besetzt wurde, die Plänker waren vor der Front derselben am Abhange des Berges vertheilt. Gegen 9 Uhr rückte der Feind in Jena ein, und machte, ohne einen Schuß zu thun, 150 Mann Preussen, indem er ihnen in Rücken fiel, zu Gefangenen, welche zur Vertheidigung der Saalbrücke darin standen. Um ½11 Uhr griff der Feind unsere Plänker auf der rechten Flanke an, und trieb sie nach ¼stündigen Widerstand auf die 1ste Division zurück, welche sich durch einige Salven von dem immer mehr zunehmenden und andringenden Feinde, auf kurze Zeit befreite. Unterdessen kam auch die 2te Division ins Gefecht, und beide Divisions behaupteten ihren Platz so lange, bis sie der Uebermacht weichen mußten, worauf sich die 1ste und die 2te Division replierte, und beide durch ein anhaltendes Feuer dem feindlichen Vordringen Gränzen zu setzen suchten. Allein auch die 4te Division, inclusive der zwei in der Schlucht postirten Pelotons, schloß sich an die 3te an, und deckte nun dem rechten Flügel den Rückzug, bis auf die Höhen der Bergrücken, wo nunmehr der linke Flügel mit dem Feind ins Gefecht kam, aber ebenfalls der Uebermacht weichen mußte. Er retirirte gegen 50 Schritt hinter den rechten Flügel, und machte aufs neue Tête gegen den Feind. Da ohngefähr ½Stunde mit dem kleinen Gewehrfeuer mit allen Anstrengung gegen den weit überlegenen Feind gefochten worden war, so zog sich derselbe mehr nach der rechten Flanke hin, um das Bataillon auf diesem Flügel zu tourniren, und es alsdann auf allen Seiten anzugreifen; es mußte sich daher gedachte Flanke von neuen zurückziehen; allein auch in dieser Stellung konnte sich das Bataillon nicht behaupten, weil der Feind aufs neue mit großer Ueberlegenheit angriff, und unsere rechte Flanke zu gewinnen suchte, weshalb sich der rechte Flügel bis zu dem 1sten Bataillon des Regiments von Zweifel, welches links vom Buschholz bei dem Dorfe Cloßwitz postirt war, zurück zog. Der linke folgte alsdann auf gleiche Weise. Unser 1stes Bataillon hatte über 4 Stunden gegen eine 4fach überlegene Tirailleurs-Linie gefochten, und kaum 100 Schritte Terrain verloren. Auch selbst in dieser Stellung griffen die feindlichen Plänker das Bataillon noch an, weshalb die Schützen des 1sten Bataillons von Rechten, des 1sten Bataillons von Zweifel, und die von einem Bataillon Prinz Friedrich August avanciren mußten; sie wurden aber ebenfalls successive zurückgedrängt, das Gefecht wurde bis in die Dunkelheit der Nacht fortgesetzt, ohne von diesem Platze zu weichen, obschon das Bataillon seinen rechten Flügel mehrmals zurückziehen mußte, um die Flanke nicht zu verlieren. Hinter den oft genannten zwei Bataillons standen in einer Entfernung von 5 bis 600 Schritten zwei Escadron Sächsischer Husaren, unter Commando des Rittmeister Thielmann, und rechts rückwärts am jenseitigen Grund ein Bataillon Prinz Friedrich August zur Unterstützung, welche aber keine Gelegenheit hatten, an diesem Gefechte Theil zu nehmen, daher solches lediglich auf das 1ste Bataillon des Regiments und auf die gesammten Schützen einschränkte. Der General Graf Tauenzien bezeugte am Abend dem Bataillon seine vollkommne Zufriedenheit über das Benehmen desselben bei gehabter Affaire, zog hierauf beide Bataillons aus dem morastigen Boden, bis an den Abhang der jenseitigen sanften Anhöhe gegen 1000 Schritt zurück, und ließ den rechts vorwärts liegenden Grund, der nach dem Dorf Cospoda und Stadt Jena führte, mit 1 Capitain und 100 Mann besetzen. Nach einer Stunde wurde dieses Commando auf Befehl gedachten Generals zurück, und noch 200 Schritt auf die Anhöhen genommen. Bei diesem Gefecht wurden zwei Officiers und sehr viele Gemeine blessirt, ohne die Prellschüsse gerechnet, welche sehr häufig waren.

Den 14ten Octbr. des Morgens um ½6 Uhr ließ der General Graf Tauenzien das Bataillon und das Regiment von Zweifel wieder auf den Platz rücken, wo es Tages vorher gestanden hatte; hierauf wurde noch einige 100 Schritte avancirt, mit 6 Kanonenschüssen von unserer Seite das Zeichen zum Angriff gegeben und fort avancirt; allein das Bataillon war noch nicht sehr weit vorgerückt, so erhielt es das schrecklichste Kanonen- und Haubitzenfeuer vom Feind, es wurde hierauf gehalten und marschirt, ohne jedoch vor Nebel sehen zu können, was vor eine Art Truppen und auf welche Distance wir solche vor uns hatten. Das Bataillon litt gar nichts vom feindlichen Artillerie-Feuer, weil es am Abhange des Berges stand, und das Geschütz dahin gerichtet zu sein schien, das Regiment von Zweifel stand dem unsrigen mit einer Intervalle von 200 Schritt zur Linken; und unsre Schützen deckten die rechte Flanke vom Bataillon, weil wir ganz ohne Geschütz waren. Der Obriste Winter unsers Regiments hatte keine Disposition empfangen, sondern blos von dem General Tauenzien Befehl erhalten, alles das zu machen, was das Regiment Zweifel machen würde: Es wurde daher abwechselnd chargirt, ohne den Platz zu verlassen. Unterdeß rückte 1 Bataillon Sachsen in die 2te Linie auf die Anhöhe, verlor sich aber eben sobald wieder. An seiner Stelle erschien ein anderes Bataillon, welches aber, nachdem es einigemal aus Unwissenheit (indem es uns für den Feind ansahe) auf das Bataillon gefeuert hatte, sich wieder zurückzog.

Nachdem der Obriste Brandenstein vom Regimente von Zweifel blessirt vom Platz gebracht worden war, retirirte das Regiment Zweifel, in Ermangelung andrer Befehle, (denn der Obriste Brandenstein war der einzige bei uns, welcher die Disposition hatte) unser Bataillon aber behauptete seinen Platz und setzte das Feuer so lange fort, bis der Nebel gefallen war. Nun konnte man deutlich die uns gegenüber stehende Armee in Schlachtordnung sehen. Es folgte erst eine große Linie Tirailleurs mit Geschütz, dann 3 große Colonnen mit Intervallen, und hinter diesem standen wieder 2 Linien Infanterie. Von Cavallerie war nur sehr wenig zu sehen.

Das Bataillon wurde nun genöthiget, nachdem es seinen Platz zwei volle Stunden lang vertheidiget hatte, zu retiriren, und sich an das schon weit entfernte Regiment Zweifel anzuschließen, worauf es wieder Tête machte und chargirte, doch konnte sich das Bataillon nebst dem Regiment von Zweifel nicht länger mehr halten, obschon eine reitende Preußische Batterie zur Unterstützung herbeieilte, weil beide Flügel entblößt, und die französische Armee im Vorrücken begriffen war. Das Regiment von Zweifel trat zuerst den Rückzug an, dann folgte unser Bataillon in bester Ordnung, unter den heftigsten Kanonenfeuer, mit links Direktionsverändern bis an das Dorf Vierzehnheiligen. Auf diesem Rückzug schloß sich das Bataillon Prinz Friedrich August zur Rechten, und das Füselier-Bataillon Pelet zur Linken mit an, und formirten eine Linie. Der General Graf von Tauenzien führte diese Bataillons bis an erwähntes Dorf, und ließ daselbst die Front herstellen, allein wir mußten abermals retiriren, und wurden endlich insgesamt bei dem Dorfe Klein-Romstedt als Reserve aufgestellt. In dieser Stellung verweilten diese 4 Bataillons bis zum allgemeinen Rückzug, wo der linke Flügel der geschlagenen Hohenlohischen Armee sich in größter Unordnung auf sie stürzte. Der General Tauenzien befehligte unser 1stes Bataillon nebst von Zweifel das Dorf Klein Romstedt zu besetzen, da wir uns aber in die Gärten postiren wollten, erhielten wir und Zweifel Befehl rechts ab- und nach Gross Romstedt zu marschiren.

Auf diesem Marsch litten wir nicht nur vom feindlichen Kanonenfeuer, sondern in Gross Romstedt selbst waren bereits, als es unser Bataillon passiren wollte, gegen 80 Mann französische Chasseurs angekommen, welche denselben den Rückzug abschneiden und einhauen wollten; allein die Mannschaft chargirte von selbst, und schoß selbige größtentheils in und an dem Dorfe nieder. Durch dieses Gefecht am Dorfe kam das Bataillon etwas auseinander, weil ein jeder Soldat begierig war, sich mit einem Franzosen zu schlagen; allein es formirte sich sogleich unterhalb des Dorfes wieder, und machte Befehl des Grafen von Tauenzien Front, um die fliehenden Preussen aufzunehmen und zu sammeln, da jedoch keine Linie von denselben herzustellen war, so marschirte das Bataillon geschlossen gegen Weimar, konnte aber wegen des auf der Straße gehenden Geschützes und der Cavallerie nicht fortkommen, sondern wendete sich rechts und ging bei Gross-Kromsdorf über die Ilm, dann längs dieses Flusses hinauf bis Weimar, wo es gegen 5 Uhr des Abends ankam, und den Befehl erhielt, daß das Rendez vous der Sächsischen Truppen in Buttelstädt sei. Es setzte seinen Marsch dahin fort, und traf unterweges auf eine Colonne, welche der Herr General Major von Cerrini führte, welche aus der Regimentern Churfürst, Clemens, Xaver, und dem 2ten Bataillon des Regiments bestand, an welche es sich mit anschloß, und die ganze Nacht hindurch mit selbigen, bis Kölleda marschirte xc.


Quellen.[]

  1. Pallas Eine Zeitschrift für Staats- und Kriegs-Kunst herausgegeben von R. v. L. Erster Band. 1808. Tübingen bei J. G. Cotta.