Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Von Reisende.[]

Georg Friedrich Rebmann.

[1]

[1796]

Haag, den 11. Julius 1796.

Die Offiziere von den aufgehobnen Korps gehen aber doch noch immer in ihrer alten Uniform, und thun alles möglich, um das holländische Militair aufzuhezzen, das denn auch zu 40 und 50 durchgeht. Wahre Helden waren diese holländische Soldaten, das mus wahr sein! Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen, Ihnen ein Paar Anekdoten deshalb mitzutheilen.

Als die hiesige Schweizergarde zuerst gegen die Franzosen marschirte, stürzte sich der Kommandant derselben, Salmasius, (ein Nachkömmling des berühmten Gelehrten dieses Namens) einige Meilen vom Haag aus Furcht der Dinge die da kommen sollten, in einen Teich. Der Prinz von Baaden lief bei Menin, als die Schlacht angehen sollte, geradezu davon. Die Geschichte mit Byland ist bekannt genug. Aber das beste Stükchen machte der Prinz von Hessen-Philipsthal, der eine einige Hauptleidenschaft hatte, die darin bestand, immer hübsche glänzende Stiefel zu haben, welcher er denn auch des Tages sechsmal puzzen und reiben lies. Sobald die Belagerung von Herzogenbusch anfieng, sezte er sich in einen mit Mist belegten sichern Keller. Gleich bei der ersten Haubizze wollte er kapituliren, und mit Mühe hielten ihn die Adjutanten ein paar Tage zurük. Aber in acht Tagen -- ehe noch Breche eine Handbreit geschossen war, konnte ihn nichts mehr hindern. Er übergab die Vestung in einem Zustande, in welchem Pichegru es gar nicht für möglich hielt, eine Vestung zu übergeben. Dieser General glaubte, in eine Falle gelokt zu sein, und marschirte mit der grösten Behutsamkeit ein, weil er alle Augenblikke fürchtete, eine Miene möchte unter seinen Truppen losgehen. Nun war noch das Fort St. André übrig. Der Kommandant war eben so bereit zur Kapitulation, und seine Hauptbedingung bei dieser war blos, daß man für eine Uhr Sorge tragen möchte, die er bei einem Uhrmacher in Herzogenbusch zur Reparatur gegeben hatte. Man wollte, selbst in Holland, den Prinzen von Hessen vor ein Kriegsgericht fordern, aber dieser würdige Sprösling eines teutschen würdigen Fürstenhauses lief davon. Demohngeachtet finden sich die Offiziere dieses Korps unendlich entehrt, wenn man etwa einen Pichegru, oder Jourdan, oder Moreau mit ihnen in Parallele sezzen wollte. Ihr Stammbaum ist ohne Tadel, aber die französischen Generale sind nichts als Bürgerliche. Glüklicher Weise hat man nach dem 9ten Thermidor auch einige Leute mit Ahnen darunter gemischt, mit denen man noch reden kann, weil sie den abscheulichen Sanskulottenfeldzug von 1792 nicht mitgemacht, und nicht die Frechheit gehabt haben, die Bataille von Fleurus mit zu gewinnen. Ferner sind die französischen Kommissairs auch gescheute Leute, mit denen sich ein Wort sprechen läst; sie mokiren sich über die Republik, und thun alles mögliche, die republikanischen Soldaten so sehr zu bestehlen, daß diese endlich mit der Revolution misvergnügt werden müssen. O sie sind gar nicht demokratisch, gar nicht sanskulottenmässig gesinnt, diese lieben Kommissarien und Fournisseurs! Sie sprechen von der Kanaille, und von den fünf Tyrannen, und von Ludwig XVIII. und kaufen sich hier Equipagen um 1000 Gulden, pour faire mèner leurs cuisinières à Paris -- -- Können Sie mir wohl glauben, daß ein holländischer Lieutenant, der vor der Revolution fast Hungers starb, und dem man aus Mitleid eine Gage von 80 Gulden monatlich verschaft hatte, mir mit Thränen in den Augen klagt, daß er, ein Mann von gutem sächsischen del, jezt, wenn er auf der Wache sei, vor einem gemeinen Kerl von Konvents-Präsidenten die Honneurs machen lassen müsse, und das er mir versicherte, daß er gern mit 25 Gulden Gage dem Kaiser dienen würde! Hier in Holland werde doch das Militair gar nicht geachtet, wie in Sachsen, dürfe nicht den geringsten dummen Streich machen xc. xc. Ich hatte nicht übel Lust, den Herrn Urian arretiren zu lassen, aber er dauerte mich. Genug von diesen elenden Menschen!


Quellen.[]

  1. Holland und Frankreich, in Briefen geschrieben auf einer Reise von der Niederelbe nach Paris im Jahr 1796 und dem fünften der französischen Republik von Georg Friedrich Rebmann. Paris und Kölln.
Advertisement