Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Basel.[]

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Basel, ehemaliges Bißthum, gegen Norden an dem Sundgau, gegen Osten am Canton Basel, gegen Süden am Canton Solothurn, und gegen Westen an der Franche Comté gelegen. Der Bischof war Reichsfürst und hatte auf der geistlichen Bank seinen Sitz nach dem Bischof von Brixen. Sein Marticularanschlag war 48 fl. Kammerziel 40 Thlr. 54 kr. Als Bischof stund er unter dem Erzbischof zu Besançon. Mit den 7. katholischen Cantons war er in einem Bündniß, wurde aber nie zu der Helvetischen Tagsatzungen berufen. Seine Residenz war Bruntrut oder Pruntrut. Ein Theil der Bißthums hatte sich der Hoheit des deutschen Reichs nach und nach entzogen, erkannte aber doch den Bischof als Oberherrn. Das ganze hatte ungefähr 19 Quadratmeilen Flächeninhalt, auf welchem sich zwischen 39,000 und 40,000 Menschen befanden. Die Einkünfte schäzte man auf 500,000 Livres, wozu der reine Ertrag der Bergwerke 80,000 Livres lieferte. Im J. 1792. wurde der zum deutschen Reiche gehörige Theil des Bißthums von den Franzosen im Besiz genommen, und nachher unter dem Namen des Mont Terrible als ein eignes Departement der Französ. Republik einverleibt. Bald zogen sie auch die Theile, welche mit Helvetien in näherer Verbindung stunden, mit dazu, nemlich die Städte Biel, Neustadt, das Erguel, den protestantischen Theil des Münsterthals und die Mitherrschaft über Tessenburg. Da das Departement nicht die gehörige Ausdehnung und Menschenmenge hatte, so wurde es im J. 1801. zu dem Departement des Oberrheins gezogen. S. Mont Terrible. Das Land enthält eine Abwechslung von sehr fruchtbaren Thälern und Hügeln, welche Wein, Getraid, Obst xc. in Ueberfluß liefern, und von steilen Felsenwänden und Klüften, welche die Alpen im kleinen vorstellen, aber auch Eisen, Kupfer, mehrere Mineralien liefern, und gute Viehweiden haben. -- Am dem rechten Rheinufer ist von dem Bißthume nur ein kleines Stück, das Amt Schlingen von 2½ Quadratmeilen mit 4000 Einwohnern und gegen 40,000 Gulden Einkünften übrig geblieben, welches bey den allgemeinen Entschädigungen im J. 1802. an den Kurfürsten von Baden kam. Das Domcapitel hatte seinen Siz zu Arlesheim und bestund aus 18 theils adelich. theils graduirten Personen. Das Wappen des Stifts zeigt im silbernen Felde eine schwarze Figur, die insgemein ein Futteral zu einem Bischofsstab genennet, von andern aber für einen Anker oder eine Angel gehalten wird, weil die Basler des H. R. Reichs Fischer waren.


Landesarchiv Saarland


Basel..[]

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War eins der ältesten Bisthümer in Deutschland. Das Domcapitel hatte seit 1767 zu Arlesheim ohnweit Basel seinen Sitz; die bischöfliche Residenz aber war zu Pruntrut. -- Es wurde, da die dazu gehörigem Lande zum allergrössten Theil auf der linken Rheinseite lagen, durch den Lüneviller Frieden fast ganz an Frankreich abgetreten; denn nur ein unbedeutender Rest auf der rechten Rheinseite ist an Baden übergegangen.

Fürst-Bischof: Franz Xaver, aus dem freyherrl. Hause von Neven, g. zu Arlesheim 26 Febr. 749, wurde als Domhr u. Stadtpfarrer zu Offenburg zum Fstbisch. erw. 2 Iun. 794, confirm. zu Rom 12 Sept. u. consecr. zu Petershausen 23 Nov. e. a., resign. seine bischöfl. Diöcesan-Gerechtsame am linken Rheinufer 802, u. erhält nun seit 803 wegen der deutschen Besitzungen eine jährl. Pension v. 20,000 fl., welche zur Hälfte v. Baden, zur Hälfte aber von den, mit mehr als einem Bisthum dotirten u. hierauf pensionirt. geistl. Fürsten abgereicht wird; lebt zu Offenburg.


Das Bisthum Basel in seiner Letzen Periode (1782 - 1797.)[]

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Nach dem Tode Friedrichs von Wangen (1782) wählte das Domcapitel Joseph von Roggenbach zu dessen Nachfolger; er war der sieben und siebzigste Bischof. Einer seiner Räthe wünschte dem Lande zu dieser Wahl Glück, weil der neue Bischof erklärt habe, er wolle in seinen Regierungsgeschäften den Rathschlägen seiner Minister folgen, wo alsdann die Sachen ungleich besser gehen werden. Man schwieg, vermuthete aber gerade das Gegentheil. Joseph war gut, gerecht, einfach in seiner Lebensart, und liebte das Gepränge nicht; aber er von schwachem Charakter, und dieß paßte über zu den politischen Stürmen, die sich während seiner Regierung erhoben. Die ersten Jahre blieben ruhig, aber es war die Ruhe, welche dem Sturme vorhergeht. Dumpfe Klagen erhoben sich in mehreren Theilen des Bisthums über verschiedene, in die Verwaltung eingeschlichene Mißbräuche; man klagte über Wildschaden und strenge Jagdverbothe, über mangelhafte Forstverwaltung, über schlechten Straßenunterhalt, und über die Erhöhung des Salzpreises. Man verlangte endlich eine Versammlung der Stände, die mit dem Fürsten über die Klagen und Beschwerden der Gemeinden sich berathen sollte. Diese Ständeversammlung ward mit besonderem Nachdruck in den Jahren 1785 und 1787 begehrt. Je hartnäckigeren Widerstand der Hof dem wiederhohlt geäußerten Verlangen des Volkes entgegen setzte, desto drohender rückte das Gewitter heran. Frankreich both damahls das verführerische Beyspiel einer Revolution. Auch in Pruntrut bildete sich ein Kern revolutionärer Versammlungen; im mehreren Gemeinden hatten verdächtige Zusammenkünfte Statt. Noch wurden bey den Schritten, die das Volk that, gesetzliche Formen beobachtet. Am 20. July 1790 versammelte sich die Bürgerschaft von Pruntrut, um Abgeordnete zu ernennen, die dem Magistrat den allgemeinen Wunsch überbringen sollten, daß der Fürst um Abhelfung der vorhandenen Beschwerden möchte angegangen werden. Auf die erhaltene Zustimmung des Magistrats bildeten sich die Abgeordneten von Pruntrut, gemeinsam mit denen des Elsgau zu einem Ausschusse, welcher die Klagen der Bürger sammelte, um daraus ein Beschwerdelibell zu verfertigen. Die Gegenstände waren das Wild, die Stockung des Handels, das Überhandnehmen der Armuth, die Staatsschulden, die Frohndienste u. s. w. Nochmahls begehrte man eine allgemeine Versammlung der Stände, und die Mitglieder des Ausschusses trugen dieß Begehren dem Fürsten persönlich vor. Ein Bescheid des Letzteren verhieß die gewünschte Einberufung der Stände. Aber dieß geschah nur, um Zeit zu gewinnen, weil man allerdings von einer Versammlung der Stände das Schlimmste zu befürchten hatte. Als später die Abgeordneten ihr Begehren wiederhohlten, wurden sie übel empfangen, und mit Bedrohungen entlassen. Die Gährung der Gemüther stieg indeß immer höher, und der Fürst wandte sich an die drey Stände Bern, Solothurn, und Basel, welche Abgeordnete sandten, mit denen er sich über die Mittel zur Herstellung der Ruhe berathen sollte, Sie trafen am 18. Februar 1791 in Pruntrut ein, und verweilten daselbst einige Wochen, aber ihr Rath fand vermuthlich keinen Beyfall; der Fürst entschloß sich zu Einberufung kaiserlicher Truppen, die gegen Ende März eintrafen. Die Schweitzer Deputirten waren vorher abgereist.

In Pruntrut war eine plötzliche Umwälzung eingetreten. Schrecken und Furcht hatten sich der Gemüther bemächtigt. Verschiedene Personen wurden als Revolutionärs verhaftet und eingekerkert; unter diesen der Abbe Leman, welcher später als Volksrepräsentant in der Revolution auftrat, und der Pfarrer Copin von Noirmont, ein ehrwürdiger Greis, den das Volk um seines Eifers und seiner Berufstreue willen schätzte.

Unter dem imponirenden Schutze, welchen er um sich versammelt hatte, glaubte der Fürst nunmehr die Stände ohne Gefahr einberufen zu können. Die Sitzungen wurden im Sommer 1791 unter dem Vorsitz des Abtes von Bellelay eröffnet. Die Berathungen fielen lebhaft und stürmisch aus, und die Versammlung löste sich ohne irgend ein Einverständniß wieder auf. Die kaiserlichen Truppen handhabten inzwischen strenge Polizey; jede unbesonnene Äußerung ward geahndet. Dem Fürsten war die Spannung, in die er gegen sein Volk lebte, sehr zur Last, und er wünschte ihr ein Ende zu machen; aber zu schwach, um einen festen Entschluß zu fassen, blieb er in dem Kreis jener halben Maßnahmen, und einseitigen beschränkten Ansichten gebannt, die den Staaten zum Verderben gereichen. Rengger, der ständische Syndikus, und seine Anhänger, die sich nach Delle und Belfort zurückgezogen hatten, warteten nur auf günstige Umstände für ihre Rückkehr. Die Beförderung ihres Verwandten und Freundes, des Herrn Gobel, auf den erzbischöflichen Stuhl von Paris, und vorher schon seine Stelle als Volksrepräsentant in der Nationalversammlung, mußten ihnen Vertrauen einflössen. Gemäß den, zwischen dem Bisthum und der Krone Frankreich bestehenden Tractaten war diese Macht befugt, die Zugänge des Bisthums zu besetzen, so oft sie mit dem deutschen Reiche Krieg führte. (!) Dieser Fall war jetzt eingetreten, und als wollte man absichtlich ihn noch bedenklicher machen, behielt man die kaiserlichen Truppen im Lande. Dadurch erhielt die Gegenpathey des Fürsten gewonnenes Spiel, und ihre Schritte bey der französischen Regierung waren nun vollends erleichtert und vorbereitet. Auch währte es nicht lange, so erhielt der Befehlshaber der Rheinarmee, General Custine den Befehl, die Landschaft zu besetzen. Der Hof und die Truppen rüsteten sich alsogleich zur Abreise. Gleichzeitig mit dem Einmarsch der französischen Truppen unter General Ferriere's verließen sie Pruntrut. Da wo bey Rangiez die Straße nach Delemont und Biel sich scheidet, trennte sich das Militär vom Fürsten. Ersteres schlug den Weg nach Deutschland ein, dieser kam mit seinem Hofstaat am 30. Aprill 1792 in Biel an.

In Pruntrut herrschte allgemeine Verwirrung. Die einen reisten ab, während die anderen triumphirend wieder einzogen. Unter diesen Umständen hatte die Bürgerschaft sich bewaffnet, und die Thore besetzt. Hinwieder war die fürstliche Wache zum Schutze des Regierungsrathes, den der Fürst bey seiner Abreise ernannt hatte, auf dem Schlosse geblieben. Der Regierungsrath verstärkte dieselbe durch Jäger und solche Handwerker und Bauern, die dem Fürsten treu blieben. Es dauerte nicht lange, so mußte man sich vertheidigen. Am Auffahrtstag erschienen die rückgekehrten Patrioten an der Spitze von 4 - 500 Bauern, um den Magistrat von Pruntrut zu bewegen, die Übergabe des Schlosses zu veranstalten. Als dieser sich damit nicht befassen wollte, versuchten sie selbst einen Angriff, der aber mißlang. Die Schloßwache leistete kräftigen Widerstand; die Angreifer zerstreuten sich, und ihre Häupter zogen sich wieder nach Delle zurück.

Die französischen Truppen, welche außer Pruntrut, Delsperg und Lauffen, die Hauptpässe des Landes besetzt hielten, blieben meist ruhige Zuschauer dieser Auftritte. Ihre Unthätigkeit flößte dem Regierungsrath einigen Muth ein, und er ließ verschiedene Personen mit Arrest belegen. Die Patrioten ihrer Seits, durch die Gegenwart der Franzosen aufgemuntert, erließen in den Gemeinden Boncourt, Piquerez und Belefond (24. 27. und 28. May) Freyheitsproclamationen, und pflanzten Freyheitsbäume. Doch blieb es immer noch bey kleinen revolutionären Versuche, die von Seite der übrigen Gemeinden wenig oder gar nicht unterstützt wurden. Erst im Monath August, als neue Truppen in Pruntrut eingerückt waren, traten die Revolutionsfreunde beherzter auf, und errichteten in dieser Stadt eine Volksgesellschaft, die nunmehr eine Hauptstütze der Feinde der alten Regierung, ein Schrecken ihrer Anhänger und der Mittelpunct der Revolution ward. Die Einnahme des Schlosses, dessen Garnison ein fortdauernder Gegenstand von Besorgnissen blieb, ward nun beschlossen. Am 6. September Abends erfolgte der Angriff, man bemächtigte sich des Gebäudes, und vertrieb die Wache und ihren Commandanten. Die allgemeine Revolution ward nunmehr ernstlich betrieben. Eben jene Deputirte, welche bereits zu Boncourt und Bellefond aufgetreten waren, versammelten sich im Schloß, und erließen aus dieser alten Residenz der Landesfürsten am 22. November das Proclama, welches die Verhältnisse der Einwohner des Bisthums zu ihrem bisherigen Oberhaupt, und ihre verfassungsmässige Verbindung mit dem deutschen Reiche für aufgelöst erklärte; die Freyheit und Unabhängigkeit seiner Gemeinden aussprach, und diese sowohl, als überhaupt alle, vormahls dem Fürstbischofe zugehörigen Land- und Herrschaften einlud, sich durch Abordnung von Deputirten, jenen anzuschließen. Diese Proclamation ward indeß den Gemeinden noch nicht unmittelbar übermacht. Man wünschte sich ihrer Stimmung erst näher zu versichern, so wie hinwieder auch des Schutzes, welchen der Nationalconvent durch ein Decret (vom 19. November) allen Völkern verheissen hatte, die das Joch ihrer Regierungen abschütteln, und ihre ursprüngliche Unabhängigkeit wieder geltend machen wollten. Man wandte sich an den Befehlshaber der französischen Truppen, welcher darüber der vollziehenden Gewalt Bericht erstattete. Der Erfolg entsprach den gehegten Wünschen. Ein Proclama des Oberbefehlshabers der Rheinarmee, General Biron, das in allen als Reichslehen zu dem Bisthum Basel gehörenden Gemeinden bekannt gemacht ward, forderte dieselben auf, Abgeordnete nach Pruntrut in die Versammlung der Stellvertreter Rauraciens zu senden. Die Abgeordneten wurden ernannt, und an dem für ihren Zusammentritt bestimmten 17. Dezember ward die Versammlung eröffnet.

In den übrigen Abtheilungen des Bisthums war inzwischen noch Alles ruhig geblieben. Das Münsterthal, obgleich zum deutschen Reich gehörig, fand in seinem Bürgerrechte mit Bern Beruhigung. Seine politische Lage war nichts desto minder bedenklich und gefährlich, und sie erheischte ein wohl überlegtes und vorsichtiges Benehmen. Biel und Neustadt sahen sich als dem ganzen Streit fremde an. Sie verlangten nichts vom Fürsten, und blieben ihm treu und zugethan. Das Erguel schien gleiche Gesinnungen zu hegen, aber die Verfassung, bey der es sich in ruhigen Zeiten sehr wohl befunden hatte, enthielt gewisse Bestimmungen, die in stürmischen Zeiten nur gar zu leicht Zwiespalt veranlassen konnten. Die Einwohner der Erguel befanden sich nähmlich im Besitze großer Vorrechte, und sowohl die ihnen eingeräumten Ständeversammlungen, als die Organisation ihrer Gerichte und ihrer Gesetze, gaben ihrer politischen Verfassung unter einer Fürstenregierung eine zur Hälfte republikanische Form. Sie waren von jeher auf diese Vorrechte stolz und eifersüchtig Über die kleinste Beeinträchtigung empfindlich, waren sie immer zu klagen bereit, und von so argwöhnischem Charakter, daß jede, auch die nützlichste Neuerung, welche der Fürst vornahm, sie eine widerrechtliche Anmassung dünkte.

Ein ganz besonderer Stoff zu Unruhen und Zwietracht ergab sich aus der Anhängigkeit des Erguel von der Stadt Biel, in Hinsicht auf Militärverhältnisse. Zwar mußte eben dieses Verhältniß den Einwohnern des Erguel wichtig sey, weil sie durch dasselbe, gleich Biel, Schutzverwandte der Schweitz wurden; und da sie durch Geist, Sitten und Handel nicht minder als durch die Lage ihrer Landschaft sich zu den Schweitzern hinneigten, so waren sie auch wirklich ihrem Banner sehr zugethan, und rechneten sich es zur Ehre, ihr Truppencontingent zu liefern, so oft die Eidgenossenschaft Militzen aufstellte. Von der anderen Seite konnte ein unparteyischer Beobachter sich nicht verbergen, daß jene Anhängigkeit den Nachtheil mit sich führte, die Herzen und die Zuneigung der erguel'schen Angehörigen zu theilen, und daß sie bey gegebene Anlässen ein Stein des Anstoßes für ihre Treue gegen den Landesherrn werden mußte. Der Hof von Pruntrut sah dieß vollkommen ein, und war gegen Alles wohl auf seiner Huth, was von Seite der Stadt Biel auch nur den Schein einer Anmassung auf Hoheitsrechte haben konnte. Biel seiner Seits war auf die militärischen Rechtsamen, die ihm in seinen schweitzerischen und übrigen politischen Verhältnissen Gewicht gaben, nicht wenig eifersüchtig. Dieß war ein ewiger Stoff zu Mißtrauen und Zerwürfnissen zwischen dem Fürsten und der Stadt Biel, und hinwieder zu Zänkereyen und Zwisten der Ergueler unter sich selbst.

Die Stadt Biel hatte seit einiger Zeit die Organisation und die Übungen der Militzen des Erguel vernachlässigt. Jetzt bey den überall vorhandenen kriegerischen Aussichten, während ganz Europa in einem allgemeinen Brand bedeckt schien, und da die schweitzerische Eidgenossenschaft insbesondere sich zur Deckung ihrer Gränzen bewaffnete, ward auch Biel auf seine Militzen bedacht. Sie bestanden aus drey Bataillons, demjenigen von Biel, und den Gemeinden des unteren Erguel, dem des obern, und dem des mittleren Erguel. Ein längst gewünschtes Militärreglement für die Organisation und den Dienst dieser Bataillons kam jetzt endlich zum Vorschein; aber der Verfassung der Landschaft zu Folge konnte keine Militärordonnanz- oder Maßregel in Vollziehung gesetzt werden, die nicht zuvor den Gemeinden und Deputirten des Landes mitgetheilt, und von ihnen genehmigt war. Das Reglement ward demnach dem ersten Maire des Erguel übermacht, welcher der Ordnung gemäß die Stellvertreter des Landes zu versammeln, und den Gemeinden von dem Gegenstande der Berathungen Kenntniß zu geben hatte, auf daß sie ihre Deputirte mit gehörigen Vollmachten und Instructionen versähen. Dem Oberamtmann des Fürsten kam die Zeitbestimmung für Einberufung der Versammlung zu. Er ward darum angesucht; aber er verschob, dem Ansuchen zu entsprechen, vermuthlich weil er in dem Reglement solche Bestimmungen wahrzunehmen glaubte, welche Eingriffe in die Rechte des Fürsten, und in die Verfassung des Landes enthielten. Der Magistrat von Biel schöpfte hinwieder über diese Zögerungen Mißtrauen; er glaubte, man wolle seiner spotten, und beschloß über die Formen hinwegzuschreiten, und auf einem bestimmten Tag das Reglement in allen Kirchen verkünden zu lassen. Sobald dieß dem Oberamtmann bekannt ward, versammelte er die sämmtlichen Maires des Landes; diese ersuchten den Magistrat von Biel schriftlich, die betreffende Auskündigung zu verschieben; gleichzeitig übermachten sie den Gemeinden eine Denkschrift, um denselben darzuthun, daß das Reglement sich in verschiedenen Puncten gegen die Verfassung und die Militärverhältnisse des Landes verstosse. Aber ohne auf die ihm eingesandte Vorstellung Rücksicht zu nehmen, beharrte der Magistrat von Biel auf seinem früheren Beschlusse; das Reglement ward zur Bekanntmachung in allen Kirchen des Erguel versandt, und an die Officiere gelangte der Befehl, sich auf den 23. Juny (1790) nach Biel zu verfügen, um ihre Brevets allda in Empfang zu nehmen. Der Oberamtmann säumte nicht, die Maires neuerdings einzuberufen, welche sogleich zwey Glieder aus ihrer Mitte an den Fürsten sandten, mit dem Begehren: er möchte die Bekanntmachung des Reglements untersagen, den Pfarrern befehlen, alle ihnen zugekommenen Ausfertigungen desselben den Maires zu übergeben, und den Officieren endlich verbiethen, sich dem erhaltenen Rufe gemäß nach Biel zu verfügen Darüber entstand im ganzen Land großer Lärm. Man vernahm bald, der Fürst habe Alles gethan, wofür er war angesucht worden. Die Officiere des ersten Bataillons gehorchten, ohne des Verbothes zu achten, dem Rufe ihrer Obern. Die des zweyten Bataillons schrieben an den Oberamtmann, und begehrten, er möchte es über sich nehmen, das Verboth aufzuheben, widrigen Falls sie dennoch abreisen würden. Drohungen und selbst Aufruf zu den Waffen ließen sich jetzt hören. Am Ende erlaubte der Oberamtmann den Officieren nach Biel zu gehen, wo ihre Ankunft eine Beschimpfung des Fürsten, und ein Triumph der Stadt war. Ihrer sechzig, sämmtlich zu Pferd, von den Chefs, die ihnen entgegen geritten waren, angeführt, zogen unter lärmender Musik in die Stadt ein. Sie wurden dem Magistrat vorgestellt, und dabey Reden und Gegenreden gehalten. Man gab ihnen Feste, und ein großes Gastmahl; so kehrten sie ihrem Banner ergebener als je zurück.

Der Hof konnte zwar unmöglich Gefallen an diesem Vorgange haben; dessen ungeachtet erschien jetzt ein Rescript, das die unverzügliche Bekanntmachung des Militärreglements, sobald dasselbe der Landesversammlung vorgelegt seyn würde, anordnete, und das Benehmen der Officiere gut hieß. Die Landesversammlung ward am 13. July abgehalten, und mit einziger Ausnahme einer Dragoner-Compagnie, die unterbleiben sollte, alles Übrige angenommen.

So endigte der Streit, der ohne die Nachgiebigkeit der Fürsten leicht blutige Folgen haben konnte. Der Magistrat von Biel hielt streng auf den Vollzug des Reglements. Die Bataillons wurden fleißig in den Waffen geübt, und die dadurch lebhafter gewordenen Militärverhältnisse zwischen Biel und Erguel hatten überhaupt eine solche Annäherung und Einverständniß beyder Theile zur Folge, die dem Fürsten eben nicht angenehm seyn konnte. Es war daher auch ganz begreiflich, wenn der Oberamtmann und die Maires ihrer Seits im entgegengesetzten Sinne zu wirken versuchten.

Bey dem, oben schon berührten, stolzen und reitzbaren Charakter der Einwohner des Erguel war leicht zu erachten, daß ihr Oberamtmann häufigem Tadel und Vorwürfen ausgesetzt seyn mußte. Der so eben erzählte Vorgang hatte Leidenschaften und Vorurtheile aufgeweckt, und den Mißvergnügten neue Waffen in die Hand gegeben. Die Klagen über mancherley Mißbräuche wurden zur Sprache gebracht. Jede Gemeinde sollte ihre Beschwerden einreichen, und daraus eine gemeinsame Denkschrift verfertigt werden. Als inzwischen nach langem Zögern, diese Beschwerdschrift den Gemeinden zum Behuf ihrer Instructionen für eine deßhalb abzuhaltende Landesversammlung übersandt ward, fanden sich mehrere, die billig genug dachten und erklärten: es seyen die Beschwerden zu unbedeutend, um den Fürsten damit zu bemühen, dem die Unruhen seiner katholischen Länder schon genug Sorge und Kummer machen (1791). Dessen ungeachtet ward eine Deputation an den Hof gesandt, die um Abhülfe der Beschwerden ansuchte. Weil aber diese großentheils die Verwaltung des Oberamtmanns zum Vorwurfe hatten, so antwortete der Fürst einstweilen lediglich: er werde seinen Beamten darüber vernehmen, und alsdann das Angemessene verfügen. Auch die Abtey Bellelay stand damahls in Besorgnissen. Ein gewisser Stegmann, der in Courtelary verhaftet ward, sollte das Haupt einer Verschwörung seyn, um das Kloster in Brand zu stecken, und zu plündern. Man hat nie eigentlich inne geworden, in wie weit die Sache begründet war oder nicht.

Wenn nur zwar im Erguel die Ruhe wieder hergestellt war, so dauerten hingegen, wie bereits erzählt ward, die Umtriebe und Bewegungen in Pruntrut fort. Der österreichischen Truppen, die er zu seinem Schutze berufen hatte, ungeachtet, hielt sich der Fürst in seiner Residenz nicht für sicher. Das Schloß war wiederholt mit Angriffen bedroht worden. Unter diesen Umständen gerieth er auf den Entschluß, den Magistrat von Biel um Hülfe anzusprechen. Die eigenen Angehörigen des Fürsten wurden demnach zum Schutze gegen ihre Mitunterthanen aufgerufen. Glücklicher Weise blieb es beym Aufrufe, und ihre Treue ward nicht weiter auf die Probe gesetzt. Biel selbst beklagte sich inzwischen über die irrige Auslegung, welche einigen Bestimmungen der Verträge gegeben ward, insbesondere über die, von Seiten des Fürsten und seiner Beamten bey Anlaß des Militärreglements an Tag gelegten Anmassungen, und über die Hindernisse, welche die Ausübung der, ihm zustehenden Rechte und Freyheiten im Erguel fand. Diese Beschwerden wurden erst schriftlich verhandelt, dann aber zu ihrer endlichen Beseitigung eine Conferenz zwischen Abgeordneten des Fürsten, der Stadt Biel, und der Landschaft Erguel, zu Sonceboz, im Jänner 1792 abgehalten. Es kam daselbst ein Vertrag zu Stande, worin die Abgeordneten des Fürsten denen von Biel wenigstens große Beweise von Gefälligkeit gaben. Nicht nur ward die Militärgerichtsbarkeit von Biel über das Erguel in ihrer ganzen Ausdehnung und den früheren Verträgen gemäß anerkannt, sondern es wurden der Stadt Biel auch alle, von ihr angesprochene Rechte und Freyheiten in Rücksicht auf Aufenthalt, Gebühren, freyen Verkehr mit dem Erguel u. s. w. zugestanden; und eben so wurden die Rechte der Stadt Biel in Hinsicht auf diplomatische Verhältnisse und ihre Befugnisse, Verträge mit anderen Staaten abzuschließen, unter der einzigen Beschränkung, daß solche den bestehenden Verhältnissen zwischen der Stadt und dem Fürsten nicht zuwider laufen dürfen, anerkannt.

Der Einfluß der revolutionären Grundsätze Frankreichs hatte im Ganzen die treue Anhänglichkeit der protestantischen Landschaften gegen den Fürsten noch nicht wankend gemacht; wohl waren einzige Köpfe erhitzt und mehrere Particularen, auch einige Gemeinden veranlaßt worden, die Bezahlung bis dahin von ihnen entrichteter Gebühren zu verweigern. An den unruhigen Bewegungen, welche im übrigen Bisthum Statt fanden, ward weiter kein Antheil genommen.

NB Bern

Die Probstey Münster, wegen ihres Bürgerrechtes mit Bern, die Abtey Bellelay um ihres gleiche Verhältnisses zu Solothurn, und das Erguel wegen seiner Militärverhältnisse mit Biel wurden, so wie diese letztere Stadt, in die Neutralität der schweitzerischen Eidgenossenschaft einbegriffen; und da die Schweitz, um diese Neutralität geltend zu machen, ihre Gränzen besetzt hatte, so stellten auch Biel und die Probstey auf den ihrigen Wachen aus. Zu Correndelin stand ein Piket; Solothurn lieferte der Abtey Bellelay eine kleine Truppe, und die Militzen von Biel und Erguel besetzten gemeinsam den Paß von Pierre-pertuis, le Cernis de Tramelan und la Ferriere. Diese Wachposten wurden im Laufe des Jahres verschiedentlich aufgestellt, und zurückgezogen. Im Monat August wurden sie, auf das Gerücht von einem zu besorgenden Überfall der französischen Truppen, die in das Bisthum eingerückt waren, verdoppelt. Die Abtey Bellelay lebte in steten Besorgnissen; sie hatte ihre studierenden Kostgänger mit einigen Klostergeistlichen bereits nach Solothurn gesandt, und ihr Abt entfernte sich öfters. Man vernahm mit Zuverlässigkeit, daß die Franzosen in der Probstey vorrücken, und den Engpaß Pierre-pertuis besetzen würden. Der General Ferrieres, welche in Pruntrut das Commando führte, erklärte, dazu von Kriegsminister Befehl erhalten zu haben. Bereits waren schon wirklich Fouriers eingetroffen, um in der Probstey Quartiere zu bestellen, und französische Officiers, unter denen sich der General Demars befand, hatten die Landschaft recognoszirt, und waren bis Tavannes gekommen. Der Stand Bern und die Stadt Biel wurden davon sogleich berichtet. Bern ließ augenblicklich einen Theil seines Regiments von Wattenwyl zur Verstärkung des Postens bey Pierre-pertuis ausrücken; der Magistrat von Biel wollte den Durchmarsch dieser Truppen anfänglich nicht gestatten; er berieth sich darüber bis Abends neun Uhr, und gab dann endlich dem dringenden Verlangen des Bern'schen Anführers und seiner Drohung, im Weigerungsfalle Gewalt zu brauchen, nach. Am 27. August trafen 400 Mann vom Regiment Wattenwyl bey Pierre-pertuis ein, und Alles gewann ein kriegerisches Ansehen. Aber noch am gleichen Tage hatte sich das, der Probstey und der schweitzerischen Neutralität drohende Gewitter auch wieder zertheilt. Vier Deputirte des Nationalconvents waren in Delsberg eingetroffen. Nachdem sie durch den General Ferrieres die Schwierigkeiten vernommen hatten, welche sich der Besetzung von Pierre-Pertuis entgegen stellten, beriefen sie Abgeordnete des Fürsten sowohl, als der Stadt Biel zu sich, die am 26. Abends eintrafen, und am folgenden Tage von den französischen Deputirten die Nachstehende förmliche Erklärung erhielten: "Die Vorsichtsmaßnahmen, welche der General Ferrieres treffen wollte, hätten einzig die Besorgniß zum Grunde gehabt, es möchten die Schweitzer sich einem Durchzuge, welchen die Feinde Frankreichs über ihr Gebieth zu machen gesinnt seyn könnten, nicht kräftig genug widerstehen; da sie nun aber durch die Versicherung der Deputirten von Biel überzeugt worden, daß die befreundeten und alliirten Schweitzer nicht nur keinerley feindselige Absichten gegen Frankreich hegen, sondern auch fest entschlossen seyen, keine Verletzung ihres Gebiethes von Seite der Feinde zu gestatten, und ihre Neutralität mit bewaffneter Hand zu vertheidigen, so hätten sie nunmehr den General Ferrieres aufgefordert, den Schweitzern durch die Stellung seiner Truppen keinen Anlaß zu Besorgnissen zu geben, und das Gebieth der löblichen Cantone, so wie ihrer zugewandten und verbürgerten Orte, nahmentlich Pierre-pertuis und das Münsterthal unberührt zu lassen." Die Deputirten gaben zu gleicher Zeit wiederholte Versicherungen des Wunsches der französischen Nation, mit der Eidgenossenschaft und ihren Verbündeten gutes Vernehmen zu unterhalten.

NB Bern

Diese Erklärung machte den Besorgnissen ein Ende, und bald hernach zogen die bernischen Truppen von Pierre-pertuis ab, und einige Militzen von Biel und Erguel blieben allein noch zurück. Die schweitzerische Tagsatzung ertheilte der Stadt Biel einen Verweis über ihre Weigerung, den bernischen Truppen Durchmarsch zu gestatten, und schon Anfang Octobers wurden die Engpässe von Reuchenette wieder mit zwey bis drey hundert Mann Berner Truppen besetzt. Obgleich die Einwohner der Probstey einstweilen nichts zu fürchten hatten, sandten sie jedoch im November Deputirte nach Bern mit dem Ansuchen, es möchte dieser eidgenössische Stand einen Commissär an sie abordnen, unter dessen Schutz sie ihre Neutralität für gesicherter hielten. Ihr Begehren ward abgeschlagen, weil der Stand Bern eben damahls mit dem General Ferrieres für den gleichen Zweck in Unterhandlung stand.

Die Gegenwart des Fürsten in Biel, wo er mit einem Theil des Hofes seinen Aufenthalt genommen hatte, erregte inzwischen Mißtrauen bey den Franzosen, vorzüglich aber wohl bey der revolutionären Partey ihrer Anhänger. Die Schweitzer besorgten, sein fortdauernder Aufenthalt könnte die Sicherheit und Unabhängigkeit der, ihm übrig gebliebenen, und in der schweitzerischen Neutralität einbegriffenen Landschaften gefährden; sie riethen ihm deßwegen, sich zu entfernen. Er verließ Biel am 3. Dezember 1792, und begab sich nach Constanz, dem Zufluchtsort so vieler vornehmer Flüchtlinge, einzig von zweyen seiner Räthe, und von zwey Bedienten begleitet.

Für die Verwaltung des ihm übrig gebliebenen Landes hatte der Fürst vor seiner Abreise zwey Rathscollegien, das eine für die Probstey, das andere für das Erguel ernannt; Biel und Neustadt hatten ihre eigene Verwaltung, und der Diesenberg ward durch den Landvogt von Ridau, und den Maire von Biel gemeinsam administrirt. Aber die plötzliche Abreise des Fürsten veranlaßte neue Unruhen und eine Revolution, die vorzüglich im Vallon de Saint-ImierErguel ausbrach.

Kaum war jene Nachricht in das St. Immerthal gelangt, als eine Volksgesellschaft sich zu Villaret bildete, und Signal zum Aufstande gab. Der Oberamtmann verließ Courtelary, wo er sich nicht mehr sicher glaubte. Eine schnell verbreitete Druckschrift erinnerte die Bewohner des Erguel an ihre alte Verfassung und vormahligen Rechte; stellte eine Vergleichung zwischen dieser und ihrer dermahligen Lage an; beschuldigte den Fürsten der Tyranney, und treuloser Pflichtverletzung, stellte ihn als feigen Flüchtling dar, welcher sein Volk verläßt, und rief dieses bey seinen heiligsten Pflichten auf, die sich darbiethende einzige und unwiederbringliche Gelegenheit zu Wiedererlangung seiner Rechte zu benutzen, und dafür durch Abgeordnete eine Nationalversammlung zu organisiren. Die aufrührerische Schrift ward von Mitgliedern der Volksgesellschaft persönlich im Lande vertheilt, durch mündlichen Commentar unterstützt, und die Einberufung einer allgemeinen Versammlung auf den 17. Dezember festgesetzt. Die Deputirten fanden überall guten Empfang. Die Bewohner des Erguel, obgleich sie in der That gar nicht, wie man glauben machen wollte, über Druck und Tyranney zu klagen hatten, waren über die schnelle Abreise des Fürsten betroffen; sie hatten keine Zeit zur Überlegung gehabt, und waren deßhalb für jeden Eindruck, den man ihnen beybringen wollte, empfänglich. Der revolutionäre Schwindel hatte nebenbey auch Einzelne aus ihnen ergriffen. Die Volksversammlung eröffnete an dem dafür anberaumten Tage ihre Sitzungen in Courtelary, und alle Gemeinden hatten Stellvertreter dahin gesandt. Es war ein lächerliches aber bemitleidenswerthes Schauspiel, das kleine unbekannte, auf wenige Quadratmeilen beschränkte Völklein alle seine ältere Verbindungen auflösen, und den Souverän spielen zu sehen. Ohne eigene Kraft und ohne fremden Schutz, was soll es beginnen? Und welche Thorheit war es, seine Ruhe und seinen Frieden preiszugeben, um unvermeidlich vom Strudel der nicht zu berechnenden Ereignisse verschlungen zu werden? Aber eine so einfache und wahrhafte Ansicht galt damahls im Erguel für Lästerung.

Die Stadt Biel, über die in ihrer Nachbarschaft ausgebrochenen Unruhen besorgt, sandte sogleich Abgeordnete ins Erguel, mit dem Auftrag: Mässigung zu predigen, Freundschaft anzubiethen, übereinstimmende Sicherheits- und Vereinsmaßnahmen, und eine gemeinsame Organisation und Verfassung zu verabreden. Die Vorschläge fanden geneigte Aufnahme. Eine Deputation ward zu Anhörung näherer Eröffnungen nach Biel abgeordnet, und um über die Vereinigung zu unterhandeln, ward eine Conferenz in Sonceboz verabredet.

Der Stand Bern, welchen Biel für seine Schritte zu Rathe zog, hatte fortgehend ein wachsames Auge auf die Vorgänge in Erguel. Einer seiner Beamten, der Landvogt von Nidau unterstützte durch Briefe den Wunsch der gemeinsamen Einverständnisse zwischen Biel und dem Erguel. Die Conferenz in Sonceboz ging vor sich. Biel trug darauf an, das Erguel möchte einfach und unbedingt sich im einverleiben, das Erguel wollte hingegen nur eine solche theilweise und bedingte Vereinigung, welche einzig die politischen und Militärverhältnisse befassen sollte. Man ging, ohne sich verständigt zu haben, auseinander.

Gleichzeitig (1793) erließ das fürstliche Rathscollegium, welches sich in Perle aufhielt, eine Ermahnung an die Bewohner des Erguel, und forderte dieselben auf, zur Ruhe und zum Gehorsam zurückzukehren. Die Meinungen theilten sich. Einige Gemeinden riefen ihre Deputirte von der Landesversammlung zurück. Diese sandte, im Gefühle ihrer Ohnmacht und Schutzlosigkeit, Abgeordnete an einige Schweitzer-Cantone, und an den bey ihnen residirenden französischen Minister. Der Bericht über ihre Sendung lautete ziemlich günstig, und flößte neuen Muth ein. Man sollte nicht länger bey halben Maßnahmen stehen bleiben, und das Schicksal des Landes entschieden wissen. Um zu diesem Zweck zu gelangen, sollte der Fürst seiner Rechte verlustig erklärt, und die Unabhängigkeit der Landschaft feyerlich ausgerufen werden. Es wurden abermahls zwey Deputirte nach Bern gesandt, um sich darüber zu berathen, und die Zustimmung der Bürger zu erhalten. Statt dessen aber riethen die Berner, sich mit dem Fürsten zu verständigen. Diese Antwort veranlaßte neue Spaltung; den Einen gefiel sie, während Andere sie verwarfen. Nur sieben Gemeinden blieben beharrlich der Partey der Unabhängigkeit zugethan, die übrigen suchten von dem Fürsten eine ihren Wünschen gemäße Verfassung zu erhalten.

Während dieser Vorgänge im Erguel betrug sich die Probstey klüger und vorsichtiger. Von den beyden Gliedern ihres Regierungscollegium war das eine gestorben, und das andere in dem, über die ersten Beamten des Fürsten und die Domherrn von Arlsheim verhängten Verhaft einbegriffen. Ein Unterbeamter, der sogenannter Bandelier, blieb allein noch übrig; dieser besaß das Zutrauen des Volks. Er hatte sich bey dem Stande Bern Raths erhohlt, und ebenfalls durch dessen Dazwischenkunft die Genehmigung des Fürsten für Alles, was geschehen sollte, erhalten. Da versammelte er das Volk, und eine von diesem gewählte provisorische Regierung ward aufgestellt. Die Organisation der neuen Republik war gegen Ende May vollendet.

Inzwischen hatte die unter vielfältigen Stürmen geborne rauracische Republik nur ein kurzes und vorübergehendes Daseyn. Ihre Urheber selbst theilten sich in zwey Parteyen, deren eine die Selbstständigkeit des neuen Freystaates, die andere seine Vereinigung mit Frankreich wünschte. Beyde hatten sich jedoch im Gefühle ihrer Ohnmacht vereint, die große Republik um ihren Schutz zu bitten. Zwey Deputirte wurden deßhalb an den Nationalconvent abgeordnet. Der Parteygeist schritt dabey immer vorwärts, und die Verhandlung der rauracischen Nationalversammlung wurde mitunter sehr stürmisch; ein Befehl des General Desprez-Crassier hieß sie auseinander gehen. Sie war auch in der That ganz überflüssig geworden. Der Heilsausschuß (Comité de Salut public) hatte bereits entschieden, und es war den Freunden der Vereinigung leicht geworden, ihren Zweck zu erreichen. Die Deputirten, von dem genommenen Entschlusse unterrichtet, kamen nach Pruntrut zurück.

Am 7. März 1793 ward eine neue Versammlung einberufen. Alle Gemeinden, auch jene der Probstey, als zum deutschen Reiche gehörig, wurden durch eine Proclamation eingeladen, ihre Deputirten dahin abzuordnen; sie thaten es, jedoch mit Ausnahme der zur Probstey gehörigen, die der helvetischen Neutralität treu bleiben zu wollen, erklärten. Der Wunsch für die Vereinigung der rauracischen Republik mit der französischen, ward von der Versammlung ausgesprochen, und neue Commissarien damit an den Nationalconvent abgeordnet. Diese brachten dann auch ein am 23 May erlassenes Decret zurück, welches die rauracische Republik unter dem Nahmen Departement du Mont-terrible, als vier und achtzigstes Departement mit der französischen Republik vereinigte.

Zum Behuf der Organisation des neuen Departements mußten Primarversammlungen abgehalten werden. Die Wahlversammlung trat im Aprill zusammen. Drey Deputirte wurden in den Nationalconvent ernannt, und im May eröffnete die Centralverwaltung des Departements ihre Sitzungen.

Einige zum Bezirk von Bellelay gerechnete Gemeinde, la Joux, les Genevez, Rebevillier und Fornay-Dessus hatten sich Anfangs, bey Aufstellung der rauracischen Republik, derselben angeschlossen. Als diese jetzt in ein französisches Departement verwandelt ward, erhielten sie durch Dazwischenkunft der Abtey Bellelay eine Erklärung des französischen Ambassadeurs, vermöge der sie in die helvetische Neutralität einbegriffen wurden; aber kaum glaubten sie sich dadurch gesichert, so sahen sie sich von französischen Truppen überzogen und genöthigt, freywillig oder gezwungen sich dem Mont-terrible anzuschließen. Ganz in der Nähe von Bellelay waren Kanonen aufgepflanzt. Die Abtey gerieth in große Bestürzung; Alles packte ein und reiste ab. Inzwischen erhielt der Commandant des, noch immer in Bellelay befindlichen solothurnischen Detaschements eine für das Kloster beruhigende Erklärung. Es war noch einstweilen nur um die abtrünnig gewordenen Dorfschaften zu thun, die von da an Frankreich einverleibt wurden.

Während auf solche Weise alle katholische Landschaften des Bisthums mit der großen Republik vereinigt waren, blieben hingegen die protestantischen, nebst Bellelay in ihrer früheren Lage. Sie waren durch alte Verträge in der helvetischen Neutralität einbegriffen, und Frankreich wollte diese jetzt nicht verletzen. Sie besetzte sogar, dem Wunsche ihrer Mitverbürgerten und Alliirten gemäß, fortdauernd Wachposten auf den Gränzen. Derjenige bey Pierre-pertuis war hergestellt worden, und die Probstey unterhielt einen zweyten bey der Mühle de la Rougeau, nahe bey der Abtey.

Die Landschaft Erguel war nach und nach wieder ruhiger geworden. Ihre provisorische Verwaltung hörte bald von selbst auf. Mit Ausnahme der zum Kirchspiele St. Immer gehörigen Gemeinden, welche eine eigene Gerichtsbehörde aufstellten, und der Gemeinde Courtelary, die in völliger Anarchie lebte, hatten in allen übrigen die vormahligen Behörden ihre Verrichtungen wieder angetreten, und die Ordnung fand sich überall hergestellt. Etwas später hatte auch St. Immer dem Beyspiele der übrigen gefolgt; und auf ein gedoppeltes vom Fürsten und vom Stande Bern an das Erguel erlassenes Mahnungsschreiben zu Herstellung der verfassungsmässigen Ordnung, hatten die meisten Gemeinden dem Fürsten durch Zusicherungen treuer Ergebenheit geantwortet.

Im Jahre 1794 starb der Fürst Joseph von Roggenbach zu Constanz, und im folgenden Jahr ernannte das zu Freyburg im Breisgau versammelte Capitel seinen Nachfolger in der Person des Franz Xaver von Neveu, des Verfassers einer im Jahre 1790 erschienenen deutschen Reisebeschreibung durch die Schweitz. Weil in den wenigen ihm noch übrig gebliebenen Landschaften Alles ruhig war, so machte er einen Besuch in Neustadt, und würde sich wahrscheinlich da niedergelassen haben, wenn nicht gleiche Winke, die seinen Vorgänger bewogen hatten, Biel zu verlassen, auch dieses Mahl anders verfügt hätten. Er kehrte nach Constanz zurück, und begab sich von da nach Oppenheim.

Das fürstliche Regierungscollegium hielt sich fortdauernd in Perle auf, sein Ansehen erlitt jedoch manchen Anstoß; in Biel und im Erguel fand die früher besprochene Vereinigung immer noch Freunde; man theilte sich Entwürfe und Denkschriften mit, konnte aber dennoch nie zu einem allgemeinen Einverständnisse gelangen. So verstrich die Zeit in dem kleinen Lande, während Kriegsglück und Schlachten über den großen Prozeß der französischen Staatsumwälzung, und über die Schicksale Europa's entschieden. Auf Einladung der Stadt Biel sollten zum dritten Mahl gemeinsame Conferenzen angehalten werden. Das Erguel versammelte sich, und sandte Deputirte dahin ab. Während aber Biel und Erguel ihre künftigen Verhältnisse beriethen, als hinge die Bestimmung derselben von ihnen allein ab, hatte bereits ein Mächtigerer, der keinen Widerspruch litt, darüber entschieden. Das Vollziehungsdirectorium faßte am 29. Brumaire des sechsten Jahres einen Beschluß, dem zu Folge die französische Regierung in die Rechte des Fürsten über die, noch nicht einverleibten Landschaften eintrat, durch Subrogationsrecht sich solche zueignete, und demnach dem Obergeneral der Rheinarmee zur Besitznahme derselben Befehl ertheilte.

Dieser ward am 27. Frimaire desselben Jahres (Dezember 1797 vollzogen. Die französischen Truppen besetzten das Erguel, die Probstey, Neustadt, und den Diessenberg. Zu Biel begnügte man sich einstweilen, den Maire des Fürsten durch einen anderen zu ersetzen. Das geschah indeß nur für den Augenblick, und in Erwartung der vollständigen Einverleibung; die Truppen, welche die Schweitz zu überziehen bestimmt waren, rückten auch in Biel ein, und damit war die Vereinigung aller Theile des Bisthums factisch zu Stande gebracht.

Die ganze Landschaft ward provisorisch in fünf Cantons getheilt, und nach den, im Germinal des Jahres sechs geschehen Wahlen, erhielt sie ihre endlich Organisation. Der Commissär der vollziehenden Gewalt, welcher die provisorische Verwaltung leitete, theilte ein Schreiben des Vollziehungsdirectoriums mit, welches die Erlaubniß zur Theilung aller Gemeinde- Kirchen- und Pfarrgüter enthielt. In Folge dieses Schreibens, dem das Directorium durch eine spätere Weisung eine andere Auslegung gab, haben Biel, Neustadt, und viele Landgemeinden Alles getheilt, und durch diese äußerst verderbliche Maßregel sind die Gemeinden ihrer wichtigsten Hülfsmittel beraubt worden.

Auf solche Weise endigte das Bisthum Basel, dessen Bevölkerung ungefähr 70,000 Seelen betrug, und das dem oberrheinischen Kreise angehörte; sein Fürst hatte Rang über den Bischof von Lüttich, und alternirte mit Brixen. Der Friede von Lüneville trat solches an Frankreich ab. Der Fürstbischof theilte das Schicksal aller Besitzer von säcularisirten geistlichen Ländern, denen Pensionen zugemittelt wurden. Eben dieses geschah mit den Beamten, welche ihm folgten.

Morel.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
  2. Allgemeines Genealogisches und Staats-Handbuch. LXIV. Jahrgang 1811. Frankfurt am Main, 1811, bey Joh. Friedrich Wenner.
  3. Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. 1814.
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