Das Herzogthum Sachsen-Koburg-Saalfeld.[]
I. Land.[]
- 1. Bestandtheile. Diese sind 1. Ein Theil des alten Fürstenthums Koburg, 2. die so genannte saalfeldische Landesportion, welche aus einem Antheile an dem Fürstenthume Altenburg besteht, und 3. ein kleiner Theil von Henneberg.
- 2. Größe und Gränzen. Dieses Fürstenthum mag nicht über 192/5 Quadratmeilen enthalten. Gegen Norden gränzt es an Schwarzburg, gegen Osten an die reußischen Lande und an das Königreich Baiern; gegen Süden an Baiern und Würzburg, und gegen Westen an Henneberg.
- 3. Boden, Gewässer, Klima, Producte. Ein Theil des Landes hat einen sehr fruchtbaren Boden; in einem andern Theile hingegen ist derselbe weniger freigebig. Berge und Wälder nehmen einen beträchtlichen Raum ein. Die Flüsse, welche sich durch das Land winden, sind die Itz, Rodach, Lauter, Saale xc. Das Klima ist gemäßigt, nur in einigen Gegenden etwas rauh. Mit Producten aus allen 3 Reichen der Natur ist das Fürstenthum so ziemlich gesegnet. Es hat viele Getreide, Flachs, etwas Hopfen, Obst, sogar etwas Wein, und Holz im Ueberfluß; Hornvieh, Schweine, sehr viele Schaafe, Wildprät; aber von Fischen meist Forellen in den Flüssen, und Karpfen in den Teichen. Aus dem Mineralreiche kann es gute Walkererde, feuerfeste Thonarten, sehr gute Sandsteine, Kalk- und Gipssteine, Marmor von verschiedenen Farben und Alabaster, Feuersteine, Jaspis und Schiefer aufweisen. Der Schiefer bei Lehesten ist wohl einer der besten in Teutschland. Jährlich werden daselbst 12 - 20,000 Centner gefertigt, und doch können nicht alle Bestellungen befriedigt werden. Endlich findet man hier Eisen an mehrern Orten, Kupfer, Kobalt, Alaun und Vitriol.
II. Bewohner.[]
- 1. Nach ihrer Anzahl, Bildung, Religion xc. Die gesammte Bevölkerung dieses Fürstenthums wird zu 61,000, von Einigen nur zu 59,000 Seelen aufgeschlagen. Diese wohnen in 75/6 Städten, 8 Flecken, und 265 Dörfern und Weilern, und beweisen ihre Verwandtschaft mit ihren Nachbarn rings herum durch eine eben so rühmliche Arbeitsamkeit und Thätigkeit. An Mitteln zur Bildung fehlt es weder der Jugend in den Städten und auf dem Lande, wo sich mehrere teutsche Schulen befinden, noch derjenigen, die sich einst dem gelehrten Stande widmen wollen. Eine lateinische Schule mit einer Bibliothek ist zu Saalfeld, eine andere, wo auch die griechische Sprache gelehrt wird, zu Koburg, ebendaselbst ein Pädagogium, als Vorbereitungsschule zum höhern Studium auf dem wohleingerichteten akademischen Gymnasium zu Koburg. Diese letztere Anstalt ist mit 2 öffentlichen Bibliotheken, mit einem Naturaliencabinet, mit einer Sammlung mathematischer und physischer Instrumente, und mit einem astronomischen Observatorium versehen. Die fürstliche Kanzlei hat gleichfalls eine Bibliothek, so wie sich eine Stadtbibliothek auf dem Rathhause befindet. Die Einwohner des Fürstenthums bekennen sich größtentheils zur evangelisch-lutherischen Religion.
- 2. Nach ihrer Industrie. Die Feldwirthschaft ist auch hier die Grundlage der Subsistenz der Einwohner, doch nach der Lage und Beschaffenheit des Bodens der Flachsbau und die Viehzucht mehr, als der Getreidebau, der nur in einigen fruchtbaren Strichen Landes die Hauptbeschäftigung ausmacht. Einen Nebenerwerb verschafft an einigen Orten auch die Obstbaumzucht. Außer der sehr ansehnlichen Hornviehzucht unterhält man auch eine starke Schaafzucht, und es sind an mehrern Orten beträchtliche Schäfereien vorhanden. Die Pferdezucht wird gleichfalls nicht vernachläßigt. Besonders liefert die Stutterei im Amte Rodach sehr gute und dauerhafte Pferde. Die Einwohner in Zedersdorf kaufen an andern Orten junge Fohlen auf, ziehen sie groß, und treiben alsdann mit den Pferden einen Handel. Die Bienenzucht ist noch zu wenig im Lande ausgebreitet.
- Viele rohe Producte werden im Lande mit Vortheil verarbeitet, und zum Theile ins Ausland versandt. Zu Koburg wird viel Wolle meist für ausländische Manufacturisten gekämmt. Zu Pösneck ist die Garnspinnerei sehr lebhaft, und das gesonnene Garn gieng einst stark nach Oestreich. Zu Saalfeld und an mehr andern Orten befinden sich stark beschäftigte Tuch- und Zeugwebereien, Lederbereitungen; Neustadt an der Haide hat eine Tabaksfabrike. Einen besonders beträchtlichen Gegenstand der Industrie macht die Verarbeitung mineralischer Producte aus. Die Schleifsteine, welche bei Rückmannsdorf gebrochen und gehauen werden, sind ein beträchtlicher Handelsartikel, so wie die Schiefertafeln, welche die Einwohner von Lehesten und von Probstzella liefern. Aus der Marmormühle bei Oeslau kommen jährlich 2 - 3 Millionen Kugeln und Schusser, welche meist nach Frankfurt und Amsterdam versandt werden. Zu Großen-Walbur treibt man einen starken Handel mit selbst verfertigten Galanteriewaaren aus Jaspis, zu Koburg sind 1 Stück- und Glockengießerei, 1 Schnallen- 1 Gold- und Silberfabrike, mehrere Cirkelschmiede, und Kleinwaarenfabriken. Zu Wallendorf verfertigt man in einer Fabrike feines Porzellan; an mehrern Orten sind Glashütten, Eisen- Stahl- und Blechhämmer stark beschäftigt, bei Saalfeld und an mehr andern Orten bereitet man Vitriol, Alaun, Smalte. Die Producte des Blaufarbenwerks zu Grub am Forst giengen noch vor kurzer Zeit nach Frankreich, Italien, Spanien, und bis nach China. -- Ueber den Ertrag des Landes weichen die vorhandenen Nachrichten sehr von einander ab. Mehr als 120,000 Thaler, 300,000 fl. und 425,413 fl. sind die Summen der Einkünfte, die man angiebt.
III. Staatsverfassung.[]
- Die Landstände, nämlich Ritterschaft und Städte, bewilligen und erheben die von dem Landesherrn ausgeschriebenen Extrasteuern, und ertheilen bei neuen Einrichtungen und Gesetzen auf Befragen des Landesherrn ihr Gutachten. Doch haben sie nur eine berathschlagende Stimme. -- Der Herzog ist der rheinischen Conföderation einverleibt, und verpflichtet, an Bundeskriegen mit einem Contingent von 400 Mann Theil zu nehmen.
IV. Staatsverwaltung.[]
- Die höchste Leitung aller öffentlichen Angelegenheiten ist dem Landesministerium anvertraut, welches aus 3 Conferenzräthen besteht. Diese bilden 3 Departements: eines für die staatsrechtlichen Angelegenheiten, das zweite für das Finanzwesen, und das dritte für Polizei- und Nationalökonomiesachen. Nach ihren Vorschriften besorgen sie untergeordneten Aemter die Provinzialverwaltung. Diese sind: im koburgischen Antheile 4 Gerichte, in der saalfeldischen Landesportion 3 Aemter.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1807]
Staatsbegebenheiten.
Koburg. Während der neue Herzog Ernst noch abwesend ist, erschien durch den Minister Kretschmar unter dem 6. Jan. ein Publikandum, worin der Beytritt des Herzogs zum rheinischen Bunde und die dadurch erlangte Souverainität bekannt gemacht wurde. Die Art, wie dieses geschah, läßt eine baldige Auflösung der Landstände vermuthen *). Denn nachdem in jenem Publikandum der Traktat mit Frankreich, der den Beytritt zum rhein. Bunde enthält, mitgetheilt war, folgt unmittelbar darauf Nachstehendes:
"Die rheinische Bundesakte vom 12. Jul. 1806 erklärt wie folgt: Die Souverainitätsrechte bestehen in dem Rechte der Gesetzgebung, der höchsten Gerichtsbarkeit, der hohen Polizey, der militärischen Konskription und Rekrutenaushebung, und endlich in dem Rechte, Auflagen zu verfügen. Wir werden Uns immer bemühen, diese Rechte, welche Uns die Souverainität verleiht, einzig zur Beförderung des Besten Unserer Unterthanen zu gebrauchen. Wir erwarten aber auch von ihnen unverbrüchlichen Gehorsam gegen alle Gesetze und Befehle, welcher Wir als souverainer Fürst und Herr zu erlassen für nöthig finden. Höchst ungern werden Wir Uns in dem Zustande sehen, gegen Ungehorsame die Kräfte zu gebrauchen, welche die neuen Regierungsverhältnisse Uns verliehen haben."
In Gemäßheit der neuen politischen Veränderungen hat nun der Herzog folgenden Titel angenommen: Ernst von Gottes Gnaden Herzog zu Sachsen, Markgraf zu Meißen, Landgraf in Thüringen, souverainer Fürst zu Koburg Saalfeld, gefürsteter Graf zu Henneberg.
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Koburg. Die herzogl. Sachsen-Koburg- und Saalfeldischen Lande, deren Beytritt ..um rheinischen Bunde erst kürzlich gemeldet worden ist (s. Nat. Ztg. S. 75) sind, nun im Namen des Kaisers und Königs Napoleon durch eine französische Kommission in Besitz genommen worden. Am 27. Jan. kam diese Kommission in Koburg an, nahm die herrschaftlichen Kassen in Beschlag, und erließ folgende Proklamation.Augustin Parigot, Bataillonschef, Mitglied der Ehrenlegion und Kommandant im Namen Sr. Maj. des Kaisers und Königs von dem Fürstenthum Koburg. -- Peter Franz Villain, Unter-Revüeninspektor, Mitglied der Ehrenlegion, und im Namen Sr. Maj. Intendant des Fürstenthums Koburg.
- "Bewohner des Koburger Landes!
"Euer letzter Regent hatte Euch den kostbarsten Beweis seiner Liebe dadurch gegeben, daß er diesem Lande den unschätzbaren Vortheil verschaffte, daß er unter die Konföderirten Staaten und den mächtigen Schutz Napoleons des Großen aufgenommen wurde. Ihr habt Euch dieses Vortheils nicht lange zu erfreuen gehabt! Der Fürst, den ihm die Geburt zum Nachfolger bestimmte, ist im Dienste Rußlands; und da er gegenwärtig, in Hinsicht seiner Person, Unser Feind ist, so befindet Er sich im Kriegsstand mit Frankreich und dessen konföderirten Staaten. Auf Befehl Sr. Maj. des Kaisers und Königs, Unsers erhabenen Monarchen haben Wir von Eurem Lande Besitz genommen, welches im Namen Sr. Majestät regiert und verwaltet wird. Eure Personen und Euer Eigenthum sind gesichert. Eure Obrigkeiten und Polizey werden erhalten. Die väterliche Administration behält ihren regelmäßigen Gang, und die Gerichtsbehörden bleiben ungestört. Wir rechnen darauf, daß die konstituirten Gewalten Uns mit Eifer, und die Bürger mit gutem Willen an die Hand gehen werden. Jeder Ruhestörer wird eingezogen und nach der Strenge der Militärgesetze bestrafet."
Koburg, den 27. Jan 1807. Augnstin Parigot. Villain.
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Koburg. Der Beschlag, der seit dem 27. Jan. d. J. auf die herzogl. sachsen-koburgischen Lande französischer Seits gelegt worden war (s. Nat. Ztg. S. 139), ist nun förmlich wieder aufgehoben worden. Schon vor dem Abschluß des Tilsiter Frieden zwischen Frankreich und Rußland, am 1. Jul. erließ der Fürst von Neufchatel, Marschall Alex. Berthier, im Namen seines Souverains ein Schreiben an den französischen Kommandanten von Sachsen-Koburg, Hrn. Parigot, worin er ihm anzeigte, dass alle Zivil und Militärbeamten ihre bisherigen Funktionen im koburgischen Gebiete niederlegen sollten, indem es der Wille des Kaisers Napoleon sey, daß der Herzog von Sachsen-Koburg in den vollständigen Besitz seiner Staaten wieder eintrete, und für die Zukunft als ein Souverain betrachtet werde, für welchen der Kaiser ein besonderes Interesse hege. -- Hierauf erfolgte unter dem 24. Jul. von Seiten der herzogl. Regierung zu Koburg die offizielle Mittheilung dieses Schreibens, mit der Bemerkung, daß Se. herzogl. Durchlaucht den Antritt höchstdero Regierung bereits durch Bevollmächtigte haben bewirken lassen.
Quellen und Literatur.[]
- Handbuch der Statistik der europäischen Staaten, zum Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstbelehrung von D. Joseph Milbiller. Landshut, 1811. Bei Philipp Krüll, Universitäts-Buchhändler.
- National-Zeitung der Deutschen. 4tes Stück, den 22ten Januar 1807.
- National-Zeitung der Deutschen. 7tes Stück, den 12ten Februar 1807.
- National-Zeitung der Deutschen. 33tes Stück, den 13ten August 1807.