Parma.[]
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Parma, Permesana oder Parmegiano, ein Herzogthum in der Lombardei, das gegen Norden und Westen an das Mailändische, gegen Osten an das Modenesische, und gegen Süden an die Apenninen gränzt, welche es vom Genuesischen und Toscanischen trennen. Es enthält auf 90 Quadratmeilen 300,000 Einwohner. Die Einkünfte waren sonst für anderthalb Millionen Gulden verpachtet. Das Land liefert viele und gute Seide, Getraide, Wein, Oel, Hanf, und hat treffliche Schafzucht. Das Kunstfleiß der Einwohner beschränkt sich fast nur auf Verarbeitung der Seide. --
Die Hauptstadt Parma liegt an dem Flusse gleiches Namens und zählt 35,000 Einwohner. Die Festungswerke bestehen in starken Mauern, Bastionen, Gräben und einer Citadelle. Die Straßen sind meistens schön und die Häuser von guter Bauart. In den Kirchen sieht man mehrere Meisterwerke von Correggio, Lanfranco und Mazzuoli, die alle drei hier geboren sind. Die bischöfliche Kirche hat das berühmte, jetzt aber schadhafte Stück des Correggio von der Himmelfahrt Maria in Fresco; und in der Kirche des heiligen Grabes bewundert man die Madonna della Scocella desselben Meisters. Die Kirche der Madonna della Steccata ist wegen der Grabmäler des farnesischen Hauses, und das Capuzinerkloster wegen der Mahlereien sehenswerth. Der Bischof stand früher unter dem Erzbischof von Bologna, und während des französischen Besitzes unter dem von Genua. Zu den Merkwürdigkeiten der Stadt gehört der herzogliche Palast mit seiner Gallerie und Kunstsammlung, woraus jedoch die kostbarsten Stücke schon 1734 nach Neapel gebracht worden; die 1765 von den Infanten und Herzog Don Philipp gestifteten Akademien der schönen Wissenschaften, der Mahlerei und der Künste, das 1618 erbaute berühmte Operntheater, welches 14,000 Zuschauer faßt, das kleinere Theater, die 1761 neuangelegte Promenade zwischen der Stadt und Citadelle, der Palazzo Giardino, ein mit der Stadt verbundenes herzogliches Lustschloß mit seinen Mahlereien und Gärten, das ehemalige weitläufige Benedictinerkloster, die Carthause u. s. w. Die von Don Philipp angelegte Bibliothek ist ausgezeichnet durch Pracht und Ordnung und reich an literarischen Schätzen. Die bodonische Druckerei hieselbst gehört zu den ersten in Europa. --
Parma nebst Piacenza gehörte ehemals zu dem diesseit der Alpen gelegnen Gallien. nachdem beide Länder 250 vor Chr. Geb. unter die römische Herrschaft gekommen waren, nahmen sie sowohl an allen Schicksalen dieses Reichs, als an allen Veränderungen Theil, denen das abendländische Kaiserthum unter Carl dem Großen ausgesetzt war. Als sie die deutsche Oberherrschaft abgeschüttelt hatten, führten Parma und Piacenza, die vornehmsten Städte des Landes, eine republikanische Regierung an. Beide gehörten als Städte zum lombardischen Bunde. Reiche und mächtige Familien hatten einen bedeutenden Einfluß. Die Häuser Este und Visconti besaßen Parma einige Zeit. Ludwig XII. eroberte beide Städte. Nach der Auflösung der Ligue von Cambray (1508, die Venedig gegolten hatte) eroberte sie Papst Julius II. Eigenmächtig erhob Papst Paul III. (aus dem Hause Farnese) Parma zum Herzogthume (1543) und belehnte seinen natürlichen Sohn Peter Aloysius Farnese damit. Frankreich bemächtigte sich zwar Parma's, aber 1556 wurde Octavius (des Vorigen Sohn) restituirt (starb 1586). Ihm folgten Alexander I. (1592), der in der Geschichte der Niederländer bekannte Feldherr; Rainutius I. (starb 1622); Odoardo (starb 1646); Rainutius II. (starb 1694); Franz (starb 1727); Anton (starb 1731). Mit Letzterm erlosch der Mannesstamm des Hauses Farnese. Schon im J. 1718 war festgesetzt worden, daß in diesem Fall der Infant Don Carlos, erster Sohn Königs Philipp V. von Spanien von seiner Gemahlin, Elisabeth von Parma, diese Herzogthümer als Reichslehen erhalten solle. Dies geschah zwar, aber der 1733 ausgebrochene Krieg zog eine Aenderung nach sich. Don Carlos bekam das Königreich beider Sicilien und Kaiser Carl VI. Parma und Piacenza. Nach seinem Tode trat Maria Theresia einen Theil von Piacenza 1743 an den König von Sardinien ab. Allein in dem Frieden von 1748 kam Parma nebst dem österreichischen und sardinischen Theil von Piacenza, wie auch das Fürstenthum Guastalla, an den spanischen Infanten Don Philipp, mit der Bedingung des Rückfalls an Oesterreich und Sardinien, im Fall der Mannsstamm dieses Infanten erlöschen oder einer seiner Nachkommen den sicilianischen oder spanischen Thron besteigen sollte. Auf Philipp folgte 1765 dessen Sohn Ferdinand, der im J. 1796 mit Frankreich Frieden schloß und sich durch Spaniens Allianz mit Frankreich im Besitz seiner Länder behauptete. Dem Erbprinzen wurde sogar im J. 1801 das Königreich Hetrurien ertheilt. Als aber 1802 der Herzog selbst starb, nahm Frankreich, zu Folge einer mit Spanien abgeschloßnen Uebereinkunft, von Parma, Piacenza und Guastalla Besitz, administrirte sie bis 1805 und vereinigte sie darauf als ein eigenes Departement mit der 28sten Militärdivision. Nach dem 99 Art. des Wiener Congreßinstruments wurden die Herzogthümer Parma, Piacenza und Guastalla, mit Ausnahme der von dem Oesterreichischen Gebiete auf dem linken Pouser enclavirten Bezirke, mit vollem Eigenthum und Souverainität, der Kaiserin Marie Louise zuerkannt. Sie nahm das Land, trotz der Widersprüche der Bourbonischen Höfe, im Frühling 1816 in Besitz, und residirt nun in Parma. An ihrem glänzenden Hofe sieht man meistens Deutsche.
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.