Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Bonaparte.[]


Bonaparte [1] ist der Familienname des vormaligen französischen Kaisers, welchen er und seine Geschwister, bis auf Lucian, bei seiner Thronbesteigung ablegten. Die Familie Bonaparte ist sehr alt; ihre Vorfahren waren bereits im dreizehnten Jahrhunderte Patricier und Senatoren zu Florenz. Mehrere von ihnen befanden sich als Abgesandte dieser Republik bei verschiedenen Congressen, und ein Bonaparte war es, der den Tractat abschloß, wodurch Linano gegen Sarceda ausgetauscht wurde. Ein Zweig der Familie zog sich zu Anfange des sechzehnten Jahrhunderts nach Bologna, ein anderer nach Genua, von wo er nach der Insel Corsica überging. Der Vater des vormaligen Kaisers von Frankreich war Carl Bonaparte, ein Rechtsgelehrter und Landeigenthümer zu Ajaccio auf eben jener Insel, nachher Officier der dortigen Nationalgarde. Er starb als Deputirter der corsicanischen Stände in Frankreich zu Montpellier im J. 1785. (Vergl. Joseph, Napoleon, Lucian und Hieronymus.)


Von Reisende.[]

Johann Friedrich Reichardt.[]

[2]

Paris, den 1sten April, 1803.

Heute hab' ich denn auch neueingerichtete Hotel von Lucien Bonaparte gesehn, und dabei Gelegenheit gehabt, seinen pracht- und kunstliebenden Charakter kennen zu lernen. Er hat wirklich Sinn und Geschmack für die schönen Künste, und wendet recht viel daran. Wenn es auf die Befriedigung dieses Geschmacks ankommt, ist ihm nichts zu theuer, zu bedenklich. In der Einrichtung seines Pariser Hotels hat er dies auf eine auffallende Weise bewiesen. Er kaufte es in einem äußerst eleganten Zustande; die ganze innere Einrichtung war ein Muster von Zierlichkeit und Bequemlichkeit zugleich. Aber sie war nicht in dem letzten Geschmack, und hatte bei aller Eleganz nichts Großes. Er befahl daher, sobald er Besitzer des Hotels war, die ganze Einrichtung einzureißen und ganz neu zu machen. Einer seiner Vertrautesten, der uns herumführte, beschrieb uns sehr genau, wie vortreflich, bequem, geschmackvoll und zierlich das Hotel eingerichtet gewesen: c'étoit le dernier fini, sagte er; dann beschrieb er, wie alle die noch neuen Verzierungen herausgerissen worden, um diesem schöneren Parquet, jener prächtigen Boiserie, dieser Tapete, diesem Platfond Platz zu machen, so daß am Ende alles mit Kosten von einer Million Livres neu gemacht wurde. Zuletzt fügte er äußerst charakteristisch hinzu: ma foi, il faut avoir le courage et le bon esprit de Lucien, pour entreprendre un tel changement. (Man muß, bei meiner Treu, den Muth und den guten Geist von Lucien haben, um eine solche Aenderung zu unternehmen.)

Als Lucien die nach seiner ersten Angabe gemachten Veränderungen in einigen Monaten, während welcher Zeit Tag und Nacht gearbeitet worden war, selbst ansah, fand er vieles nicht nach seiner Idee, ließ es wieder einreißen, und selbst im inneren Gemäuer Hauptänderungen machen, um größere Säle und Galerieen zu bekommen; und so hat er es denn nun endlich mit ungeheuern Kosten nach seinem Sinne erhalten. Er zeigt darin aber auch wirklich einen großen Sinn um seinen Geschmack zugleich. Die ganze Einrichtung ist ohne alles Colifichet, in recht großem, reichem und doch einfachem Geschmack. Seine Gemäldesammlung ist überaus schön und reich an den herrlichsten Meisterwerken. Er hat sie in Spanien selbst gesammelt, dort, wo die Kunst zur Zeit Raphaels in hohem Ansehen stand, und wo man zu jener schönen Kunstzeit Schätze der Malerei gehäuft hat, wie man sie kaum irgendwo in Italien beisammen findet. Es ist ihm gelungen, dort, außer den schönsten Spagnolets, die doch einen ganz eignen hohen Kunstwerth haben, und die hier auch in der Galerie des Museums fast ganz fehlen, herrliche Werke von Perugino, Leonardo da Vinci, Raphael, Belino. Guido Reni und andern der größten Meister zusammen zu bringen. Sie füllen ganze Säle aufs beste geordnet an. Andere sind mit Werken neuerer Künstler, mit Claude Loraine, Vernet und auch der neuesten Künstler, als: David, Gerard u. a. angefüllt. Davids großgedachter und meisterhaft componirter Belisar (von dem man auch einen recht guten Kupferstich von Morell hat) hängt auch da. Es wird nun noch ein besonderer Seitenflügel angebauet, zu einer Galerie von niederländischen Gemälden. Diese läßt Lucien jetzt erst in Holland und den Niederlanden aufkaufen *).

*) Diese Kunstschätze sollen nun, da Lucien seine hohe Residenz in Italien aufschlagen wird, auch weiter in das alte gelobte Land wandern.

Auf seinem prächtigen Lustschlosse Plessis bei Senlis ist Lucien noch größer und glänzender eingerichtet als hier. Den ganzen Sommer über versammelt er dort große, glänzende Gesellschaft; es logiren da bei ihm oft dreißig bis vierzig Gäste, die alle wieder ihre zahlreiche Bedienung um sich haben. Mit großen Kosten giebt er dort oft schöne theatralische Vorstellungen; er selbst soll viel Talent für die dramatische Kunst haben. Dieses hat nun wohl Joseph, der stille, in sich gezogene Bruder, nicht; (man nennt ihn gewöhnlich l'homme le plus boutonné de la France, den verschlossensten Menschen in Frankreich) aber er wohnt auch eben so prächtig auf seinem Lustschloß Mortfontaine, hat dort auch ein eignes Theater, und sieht auch große Gesellschaft bei sich, dort und hier. Auch Madame Murat und Madame Bacciochi *), beide Schwestern des ersten Consuls, wohnen in prächtigen Hotels in Paris, und haben ihre eignen Lustschlösser, und Louis Bonaparte bewohnt sein schönes kostbar eingerichtetes Hotel. Madame Leclerc **), die durch die Reise nach St. Domingo vielleicht, nach Lucien, die Reichste der ganzen Familie geworden ist, sorgte schon vom Wege aus dafür, daß man ihr in Paris ein Hotel kaufte und einrichtet, das größer und glänzender sey, als das ihrer Schwestern.

*) Ihr Gemahl ist ein Corse, und als Adjutantcommandant in Bonaparte's Suite.
**) Jetzt ist sie Prinzessinn Borghese, und wohnt in Rom mit allen ihren Schätzen.

Von Jerome Bonaparte, dem Seemann, hör' ich hier oft naive Sachen erzählen; er ist äußerst lebhaft und lustig. Als er einmal bei einer öffentlichen Gelegenheit mit einem bürgerlichen jungen Manne meiner Bekanntschaft gewaltig lärmte und lachte, und der Consul ihn fragte, war er da für ein tolles Wesen treibe, sagte er ihm ganz laut: c'est que nous disons des sottises au sujet de tout le monde. Auf seiner Station in Amerika soll er sich auch recht thätig und brav benehmen, aber auch großen Aufwand machen, den er dort wohl mit baarem Gelde bezahlen muß. Dieses denkt er sich nun, eben nicht zur Freude des Consuls, durch eine Heirath in eine reiche, bürgerliche Familie dort zu verschaffen. Lucien soll über denselben Gegenstand mit einem Bruder in Streit und Uneinigkeit seyn.


Genealogische Anzeigen.[]

1808.[]

[3]

Geboren.

Am 20sten April zu Paris, von der Königin von Holland, ein Prinz, genannt Carl Ludwig Napoleon.


Zeitungsnachrichten.[]

1808.[]

Frankreich. [4]

Paris den 20. April. Heute früh ist die Königin von Holland, welche sich gegenwärtig in Paris befindet, von einem Prinzen glücklich entbunden worden. Der Fürst Reichs-Erzkanzler, welcher nach den Anordnungen der Konstituzion zugegen war, gab sogleich durch ausserordentliche Abgeordnete nach Holland und an den Kaiser und die Kaiserin Nachricht.


1812.[]

London, den 1. September. [5]

Die Familie Bonaparte's befindet sich jetzt in einer ziemlich ungünstigen Lage. Einer von den Brüdern lebt jetzt bei uns in England im freiwilligen Exil; der andere ist entweder gestorben oder irrt auf dem festen Land unter einem fremden Namen herum; der dritte ist mit dem Titel eines Monarchen von Spanien ohne Monarchie bekleidet; und der arme König von Westphalen ist genöthigt worden, von der großen französischen Armee nach Hause zu gehen, mit dem Rathe, die badenschen Bäder zu gebrauchen, wo auch der Bruder Ludwig schon seinen Zufluchtsort gehabt hat.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Johann Friedrich Reichardt's Vertraute Briefe aus Paris geschrieben in den Jahren 1802 und 1803. Hamburg, 1804 bei B. G. Hoffmann.
  3. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1808.
  4. Wiener-Zeitung. Nro 37. Sonnabend den 7. May 1808.
  5. Rigasche Zeitung. Nr. 80. Dienstag, den 1sten Oktober, 1812.
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