Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Zeitungsnachrichten.[]

[1812]

London, den 16ten December.

Heute Morgen sind traurige Nachrichten aus der Ostsee zu London eingegangen. Der St. Georg, Admiral Reynolds, der sich mit einer Konvoy von beynahe 200 Segeln in der Ostsee befand, ist genöthigt worden, seine Masten zu kappen. Die Konvoy ward zerstreut, und, wie es heißt. sind 15 Schiffe derselben gänzlich verunglückt. Andere haben ihre Taue und Anker verloren, und einige sind genöthigt worden, eine Zuflucht in schwedische Häfen zu suchen, wo man besorgt, daß sie angehalten worden. Der Sturm hat sich so weit auf der See verbreitet, daß die Fregatte Horatio, die sich bey Helgoland befand, genöthigt worden, ihre Masten zu kappen und in See zu gehen.


Kopenhagen, den 31sten December.

Nach sichern Rapporten aus Jütland sind die beyden englischen Linienschiffe, St. George und Defensor, befehligt vom Admiral Reynolds, nicht weit von Skagen auf der jütischen Küste verunglückt. Mehr als 1200 Menschen sind umgekommen, und man hat nur 6 Matrosen erhalten, welche sich auf die Küste bey Lemwig retteten. Den übrigen Theil der Division hat ein ähnliches Schicksal betroffen.


London, den 4ten Januar.

Ein Schreiben aus Portsmouth vom 1sten Januar enthält einige Details über den Verlust des St. George. "Mit den letzten aus der Ostsee gekommenen Schiffen hatte man erfahren, daß der St. George durch widrige Winde zurückgehalten worden. Da indeß der Wind gut wurde, so ward der St. George, der seine Masten verloren hatte, wie er in der Bucht von Wingö auf Klippen stieß, durch den Cressy ins Schlepptau genommen, und segelte in Gesellschaft der Schiffe Defense, la Bellette, le Pyramus und la Rose. Ungefähr 150 Meilen im Norden der Scheldemündung befiel die Schiffe ein fürchterlicher Sturm, der den Cressy vom St. George trennte. Zwey Tage nach dem Sturm fing der Cressy an, den St. Georg auf zu suchen, konnte aber keine Spur von demselben entdecken."

Nachdem wie Obiges geschrieben, erfahren wir, daß der St. Georg an der jütländischen Küste gänzlich verunglückt ist. Der Cressy ist zu Portsmouth angekommen.


Kopenhagen, den 21sten Januar.

Nach einem Schreiben aus Lemvig vom 6ten Januar sind 11 Personen von der Mannschaft des St. George gerettet; denn der zwölfte starb bald darauf. Der Defence ist zuerst gesunken. Es war unmöglich, sie zu retten. Den Nachmittag des Weihnachtstages lagen Admiral Reynolds, der Kommandant Kapitän Gyant und 508 Menschen todt oder sterbend auf dem Verdeck. Man hörte den andern Morgen noch die Klagen von ungefähr 50. Die Mannschaft bestand aus 750 Mann und 40 Officiers, dem Admiral, dem Kapitän, 10 Lieutenants und einem Sekretär. Der Sekretär starb, als es ans Land kam, und hatte viel Geld bey sich. Der Admiral war ein entschlossener Mann; er wollte durchaus nicht das Schiff verlassen, sondern mit der Mannschaft sterben. Die Trümmer des Defence erheben sich wie eine Kirche.


Kopenhagen, den 28sten Januar.

Die jütländischen Zeitungen sind fortdauernd mit Nachrichten über den Schiffbruch des Royal Georges und des Defence angefüllt. Der Royal George ließ seine Anker fallen; allein die Heftigkeit des Sturms trieb ihn auf Klippen und an die Küste. Die Wogen rollten wüthend über das Verdeck, ohne das Schiff zerschmettern zu können, welches von sehr starker Bauart war. Dieser Umstand verlängerte nur die Leiden der unglücklichen Mannschaft. Den ganzen 25sten hindurch sah man 4 bis 500 Menschen, die sich am Bord des Schiffes hielten. Wegen des Sturms und des Tobens der See war es unmöglich, ihnen zu Hülfe zu kommen. Auf einmal sah man diese Menschen verschwinden. Man glaubte, daß eine Woge sie fortgerissen habe; allein nach Aussage einer der sechs geretteten Matrosen stürzte sich Admiral Reynolds, da er alle Rettung für unmöglich hielt, ins Meer, welchem Beyspiele der größte Theil der Mannschaft folgte. Diejenigen, die noch übrig blieben, suchten sich an Stücke Holz, an Masten und Segelstangen anzuklammern; stürzten sich alsdann in die See und suchten das Ufer zu erreichen, welches 300 Klaftern entfernt war; allein mit Ausnahme von 10 ertranken sie alle oder wurden von den Trümmern zerschmettert. Der Sekretär des Admirals Reynolds kam indeß ans Land, starb aber, von Strapazen und Kälte erschöpft, gleich darauf. Man fand bey ihm das Porträt seiner Gattin und ein Billet, worin er diejenigen, die seinen Leichnam finden würde, ersuchte, seit trauriges Schicksal seiner Gattin wissen zu lassen. Ein achtjähriges Kind kam, an einem großen Stück Holz befestigt, glücklich und wohlbehalten ans Land. Sein Vater und seine Mutter blieben am Bord des Defence; sie verfolgten mit dem Auge ihr Kind, und als sie es lebend ans Land kommen sahen, stürzten sie sich in die Fluthen und fanden vereinigt ihr Grab darin.

Quellen und Literatur.[]

  • Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 4. Donnerstag, den 4. Januar 1812. ff.
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