Niederrhein, eine preußische Provinz, welche den Titel eines Großherzogthums führt und durch die Wiener Congreßacte 1815 an Preußen abgetreten wurde. Durch den zweiten Pariser Frieden kam noch ein kleiner Theil von Altfrankreich hinzu. Sie liegt zum Theil auf dem linken, zum Theil auf dem rechten Rheinufer, und gränzt an die preußischen Provinzen Jülich-Cleve-Berg und Westphalen, die nassauischen, großherzoglich hessischen, hessen-homburgischen, oldenburgischen, coburgischen und bayerischen überrheinischen Lande, Frankreich und das Königreich der Niederlande. Die Größe beträgt 300 Quadratmeilen, worauf 935,000 Menschen wohnen.
Der Boden ist zwar im Ganzen mehr gebirgig als eben, enthält aber auch Ebenen und viele fruchtbare Thäler am Rhein, der Mosel und der Nahe, und überhaupt viele romantisch-schöne Gegenden. Zwischen der Nahe und Mosel ist die Provinz von den rauhen waldigen Bergreihen des Hundsrücks (s. d. Art.) durchzogen, welcher sich an das vogesische Gebirge anschließt. Von Prüm und Malmedy zieht sich bis fast an den Rhein die Eiffel, ein gebirgiger Landstrich, aus welchem die Flüsse Aar, Nette und Erft dem Rheine zueilen. Noch nördlicher, zwischen Malmedy, Montjoie und Eupen, ist das hohe Veen, der höchste Bergrücken zwischen der Maas, Mosel und dem Rhein. Diese beiden letztern Bergketten sind eigentlich Fortsetzungen der Ardennen.
Die Producte sind: die gewöhnlichen Hausthiere, Wildpret, Fische, Getraide aller Art, Obst, Gartengewächse, Flachs, Hanf, Hopfen, Tabak, Wein, besonders an der Mosel (Moselweine), Aar (Bleichert) und an der Nahe, ansehnliche Waldungen, vorzüglich im südlichen Theile. Auch das Mineralreich liefert wichtige Producte, als: Silber, Eisen, Kupfer, Blei, Galmei, Marmor, Schiefer, Tuff-, Sand- und Mühlsteine, Basalt, Traß, Porphyr, Alaun, Braunstein, Schwefel, Steinkohlen, Salz- und Mineralwasser. Der Fabrikfleiß ist besonders in den Gegenden von Aachen, Eupen und Montjoie verbreitet, wo die Tuchfabriken auf eine hohe Stufe der Vollkommenheit gebracht sind, und nicht nur für das In-, sondern auch für das Ausland arbeiten. Ferner gibt es in dieser Provinz Leinen-, Wollen- und Seiden-, Band-, Farben-, Hut-, Leder-, Tabak-, Porzellanfabriken xc. , Eisen-, Stahl-, Kupfer-, und Messingwerke. Auch wird ein lebhafter Handel mit den Naturproducten und Fabrikaten getrieben.
Die Einwohner reden meistens die deutsche Sprache, die in einigen Gegenden, besonders im Süden, mit der französischen vermischt ist, und sich größtentheils Catholiken; doch gibt es auch viele Protestanten und Juden.
Die Provinz zerfällt in drei Regierungsbezirke von Aachen, Coblenz und Trier.
Quellen und Literatur.[]
- Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.