Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Frankfurt.[]

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Frankfurt. Als durch den lünerviller Frieden der Thalweg des Rheines Frankreichs und Deutschlands Gränze geworden war und zur Entschädigung weltlicher Fürsten für den erlittenen Verlust auf dem linken Ufer des neuen Rubicons die Staaten der geistlichen Fürsten säcularisirt wurden, denen Stellen nun erloschen, da war der Churfürst von Mainz der einzige, dem die Wichtigkeit seiner Function als Erzkanzler des Reichs das politische Daseyn rettete. Zwar wurde der eigentliche Churstaat Mainz aufgelös't und zum größten Theile als Entschädigungsobjekt überlassen, aber, durch den Reichsschluß vom 25. Febr. 1803, die Würde und der Rang eines geistlichen Churfürsten und Reichserzkanzlers, in Verbindung mit dem eines Metropolitanerzbischofs und Primas von Deutschland, erklärt und bestätigt, der erzbischöfliche Stuhl von Mainz auf die Domkirche von Regensburg übertragen, zugleich die Metropolitangerichtsbarkeit nach einer neuen Diocesangränze bestimmt und dem Churfürsten-Erzkanzler ein neuer Staat aus den Fürstenthümern Regensburg und Aschaffenburg und der Grafschaft Wetzlar gebildet; da aber dieses Areal, von 25 Quadratmeilen mit 109000 Einwohnern, nicht mehr als 650,000 Gulden eintrug, dem Churfürsten aber Eine Million als jährliche Revenüe ausgeworfen worden war, so wurde das Deficit von 350,000 Gulden auf die wieder hergestellten Rheinzölle (Octroy) angewiesen. Regensburg ward nun der Sitz des neuen Erzbisthums; der Erzkanzler führte das Directorium im Churfürstenrathe und im Fürstenrathe die 7te und 102te Stimme. Doch wichtigere Ereignisse gaben auch diesen Verhältnissen eine andere Gestalt. Das deutsche Reich ward aufgelös't, der Churfürstentitel erlosch gänzlich und an des heiligen römischen Reichs Stelle trat der rheinische Bund, dessen Primas der bisherige Churfürst Erzkanzler ward, welcher mit vollen Souverainetäts- und Eigenthumsrechten die Stadt Frankfurt mit ihrem Gebiete und die Souverainetät über die Besitzungen der Fürsten und Grafen von Löwenstein-Wertheim (auf der rechten Mainseite), über die der Grafen von Erbach und über die Grafschaft Rhineck erhielt, so daß der neue fürstlichprimatische Staat ein Areal von 38 Quadratmeilen umfaßte, mit einer Bevölkerung von 176,000 Einwohnern und 1,800,000 Gulden Revenüen. Dem Fürsten Primas ward das Präsidium in der nie eröffneten Bundesversammlung und zwar der Vorsitz im königlichen Collegio derselben übertragen. Doch auch diesem neugestalteten Staate und seinem Souverain stand eine abermalige Umwandlung bevor. Der Friede von Wien (14. Oct. 1809) hatte mehrere bedeutende geographische Veränderungen zur Folge, deren erste die Staaten des rheinischen Fürsten Primas betraf. "Da Wir," (so sprach der Protector des rheinischen Bundes in seiner Botschaft an den Senat zu Paris vom 2ten März 1810) die großen Dienste, die uns der Fürst Primas geleistet und die vielfältigen Beweise, die Wir von seiner Freundschaft erhalten, erkennen wollen: so haben Wie den Umfang seiner Staaten vergrößert und sie unter dem Titel eines Großherzogthums Frankfurt constituirt. Er wird dasselbe bis an das Ende seines Lebens genießen, welches nur guten Handlungen gewidmet ist. Wir haben überdies das Schicksal seiner Völker nicht in Ungewißheit lassen wollen, und haben daher dem Prinzen Eugen Napoleon alle Unsere Rechte auf das Großherzogthum Frankfurt abgetreten. Wir haben ihn zum erblichen Besitze dieses Staates, nach dem Ableben des Fürsten Primas, den Grundsätzen zu Folge berufen, die in der Investituracte enthalten sind, welche Unser Vetter, der Prinz Erzkanzler, Ihnen mittheilen wird." Würde dereinst die natürliche Nachkommenschaft des Prinzen Eugen erlöschen, so sollte das Großherzogthum der kaiserlich-französischen Krone anheimfallen. Der Vertrag zwischen dem französischen Kaiser und dem Fürsten Primas, welcher diese Bestimmungen enthielt, war am 16. Februar 1810 abgeschlossen und am 19. d. M. ratificirt worden, womit Napoleon zugleich das dem Protector des rheinischen Bundes durch den 12. Art. der Bundesacte zugestandene Vorrecht, den Nachfolger des Fürsten Primas ernennen zu dürfen, ausübte. Zwar hatte der Fürst Primas im Mai 1806 schon in der Person des Cardinals Fesch, Oheims Napoleon, sich einen Coadjutor und Nachfolger erwählt, "allein," sprach Napoleon in jener Botschaft, "da die Grundsätze des Reichs nicht zulassen, daß geistliche Würden mit irgend einer weltlichen Souverainetät vereinigt werden, so haben wir die von dem Fürsten Primas geschehene Ernennung des Cardinals Fesch zu seinem Nachfolger als nicht geschehen betrachtet müssen." Das neue Großherzogthum ward aus den bisherigen primatischen Staaten (mit Ausnahme des an Bayern abgetretenen Fürstenthums Regensburg), und den Fürstenthümern Hanau und Fulda (acht vom Hessischen und Würzburgischen umschlossene Aemter ausgenommen) gebildet: sein Areal betrug 96 Quadratmeilen, zählte 44,219 Feuerstellen und 302,092 Einwohner, und war eingetheilt in die vier Departements Frankfurt, Aschaffenburg, Fulda, Hanau. Die gesammten Einkünfte betrugen jährlich 2,575,529 Gulden 57 Kr., nachdem ½ der Rheinzölle an Frankreich abgetreten worden war. Das Contingent des Großherzogthums zum Rheinbunde bestand in 2,800 Mann. Uebrigens war die Verfassung des Großherzogthums der des französischen Reichs sehr verwandt. Der Großherzog führte selbst den Vorsitz im Staatsrathe, der seinen Sitz in der Hauptstadt Frankfurt hatte. Mit der Vertreibung Napoleons aus Deutschland und der Flucht des Großherzogs war auch das Großherzogthum aufgelös't. General Wrede nahm davon am 28. Oct. 1813 provisorisch Besitz. Seine Clemente trennten sich darauf, indem der auf seinen Thron zurückkehrende Churfürst von Hessen den ihm sonst zugehörenden Theil wieder einnahm. Das ehemalige Fürstenthum Aschaffenburg wurde seit dem Juni 1814 mit Bayern vereinigt; Fulda aber fiel theils an Oestreich, theils an den Kurfürsten von Hessen; über die Stadt Frankfurt siehe den folgenden Artikel.


Zeitungsnachrichten.[]

[1806]

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Miscellen.

Frankfurt am Mayn war bis zum 6. Aug. noch nicht für den Fürsten Primas in Besitz genommen, und keine Truppen desselben waren eingerückt. Auch die Bereits ernannten Commissarien zu Besitzergreifung der dem Hause Nassau zugefallenen neuen Lande waren noch nicht abgegangen, sondern erwarteten neue Verhaltungsbefehlen. Einige glaubten, es würden erst Französische Truppen in diese Requisitionen einrücken, um die Uebergabe zu vollziehen.


[1812]

Vom Mayn, den 6ten Februar. [3]

Nach der neuen Organisation des Schulwesens im Großherzogthum Frankfurt, sind keine Winkelschulen mehr erlaubt, das Schulgeld erhebt die Obrigkeit; eine Normalschule sorgt für Bildung guter Lehrer aller Konfessionen, jedes der vier Departements erhält eine Zeichenschule, Wetzlar ein Gymnasium, Frankfurt, Fulda und Aschaffenburg ein Lyceum. Letztere Stadt ist der Hauptsitz aller Unterrichtsanstalten des Staats, die unter dem Generalprokurator Pauli stehn, und bleibt dem Studium des Rechts gewidmet, Fulda dem der Theologie, Frankfurt dem der Medicin. In Hanau, das sich durch seine Fabriken empfiehlt, soll vorzüglich die Zeichenschule gehoben werden.


Frankfurt, den 2ten März. [4]

Eines unserer Journale giebt folgende Uebersicht von der jetzigen Verfassung des Großherzogthums Frankfurt. Es besteht aus 4 Departements, nämlich: Frankfurt, Aschaffenburg, Fulda und Hanau. Die Ministerien sind in 6 Sektionen getheilt, nämlich in das Ministerium der Justiz, des Innern, der Polizey, des Kriegs, der Gottesverehrungen und der Finanzen. An der Spitze der Administration jedes Departements befindet sich ein Präfekt, mit einem Generalsekretär und 4 Präfekturräthen. Das Großherzogthum enthält auf 96 3/.. Quadratmeilen, 302,092 Einwohner. Das Militär besteht aus einem Regiment Infanterie von 3 Bataillons, aus einer Artillerie- und einer Ingenieurkompagnie, aus einem allgemeinen Sicherheitskorps, aus einer Eskadron Husaren und einer Kompagnie Jäger zu Fuß.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Wiener Zeitung. Nro. 68. Sonnabend, den 23. August 1806.
  3. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 40. Donnerstag, den 15. Februar 1812.
  4. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 64. Donnerstag, den 14. März 1812.
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