Stiftung des Militair-Waisenhauses zu Potsdam.[]
Der ein und zwanzigste May 1722. [1]
Allgemein bekannt ist der edle Eifer, mit dem der wahrhaft ehrwürdige August Hermann Franke das große Hallische Waisenhaus stiftete und wie aus einem Anfang von wenigen Thalern unter den segnenden Händen der Vorsehung eine so große, merkwürdige und höchst wohlthätige Anstalt heranwuchs. Ein anderer Wohlthäter der Menschheit Sigmund Steinbart, Bürger und Nadler in Züllichau, der seinen Wanderschaften das Unglück verwaister Kinder kennen gelernt hatte, bat am 1. Julius 1719 den König Friedrich Wilhelm I. von Preussen, ein Haus für vaterlose Waisen an seinem Wohnort bauen zu dürfen, und erhielt dazu die Erlaubniß. Diese Beyspiele wirkten auf den König und es wurde ihm eine beschämende Erinnerung, daß Privatpersonen so etwas unternehmen könnten, und ein König von so viel Macht und Reichthum sollte die Kinder der gestorbenen Soldaten, welcher Stand ihm bekanntlich alles war, im Elend lassen. Der Gedanke, daß ihn heilige Pflicht auffordere, sich dieser Verlassenen anzunehmen, wurde ausgeführt und am heutigen Tag der erste Grundstein zu dem Gebäude des großen Militair-Waisenhauses in Potsdam gelegt. Im Jahr 1725 ward es vollendet. Die Lehrer ließ der König aus Halle kommen, wo sie durch Franke in seinem Institut gebildet worden waren, die die Versicherung erhielten, daß sie, wenn sie drey Jahre lang würdig gedient hätten, einträgliche Pfarrstellen bekommen sollten. Die Kinder wurden ausserordentlich gut verpflegt, und damit es ihnen an nichts fehlen möchte, besuchte Friedrich Wilhelm I. sehr oft die Anstalt, und damit es ja, wie er angefangen hatte, fortgehen möchte, legte er in der Stiftungs-Akte einen fürchterlichen Fluch auf alle diejenigen, die an seiner wohlthätigen Stiftung etwas ändern, oder den armen Kindern von dem, was er ihnen gegeben hätte, etwas entziehen würden. Friedrich II. erweiterte nach dem zweiten schlesischen Krieg die Anstalt, ließ endlich ein neues ganz massives Gebäude aufführen, das einem königlichen Pallast gleicht, und sogar ein eigenes für kranke Kinder erbauen, damit die gesunden nicht von ihnen angesteckt werden möchten. Diese Anstalt ist unstreitig eine der musterhaftesten in ihrer Art in ganz Deutschland und kann bald ihre hundertjährige Stiftungsfeyer begehen.
Quellen.[]
- ↑ Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.