Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Greifswalde.[]

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Greifswalde, Grypswalde, Schwed. Stadt in Vorpommern, nicht weit von der Ostsee, nahe bey dem für kleine Fahrzeuge schiffbaren Fluß Rick, welcher sich bey Wiek in einen kleinen Busen der Ostsee ergießt, an dem die Stadt einen guten Hafen hat, der ohngefähr 1 Stunde von ihr entfernt ist. Sie enthält 808 Häusern, und 3,741 Einwohner, (nach der Zählung im J. 1800) ist etwas befestigt, hat eine Universität, die den 18. Oct. 1456 von Wratislav, Herzogen zu Wolgast in Pommern, gestiftet wurde, und über 35000 Thlr. jährlich Einkünfte hat. Im Jahre 1750 wurde ein neues Universitätsgebäude eingeweiht, welches eines der besten in ganz Deutschland ist. Die Bibliothek der Academie ist zahlreich, besonders an guten Handschriften zu der Pommerischen Geschichte. Es sind hier Tabakfabriken, ein Salzwerk, Schiffsbau, und ein nicht unbedeutender Seehandel. 1791 wurde hier auch ein Schulmeister-Seminarium angerichtet. In dem 1756 ausgebrochenen Kriege ist sie öfters von den Preussen besezt worden.


Von Reisende.[]

Carl Gottlob Küttner.[]

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[1798]

Anklam, den 9. Sept.

Schwedisch-Pommern ist im Ganzen ein besseres Land, als man zu sehen erwarten sollte, wenn man bedenkt, daß entfernte und durch ein Meer getrennte Besitzungen gewöhnlich nicht auf die sanfteste Art gehandhabt werden. Aus solchen Provinzen geht immer ein Theil des baren Geldes in die Hauptstadt, aus der es nie wieder zurückfließt, weil es sich -- zwar über das übrige Land, aber selten über die entlegene, vom Meere getrennte Provinz verbreitet. Auch ist der Boden von Schwedisch-Pommern nicht ganz schlecht, und bey weitem nicht so sandig, als einige andere Provinzen, die in diesem Himmelsstriche liegen. Die Dörfer schienen mit recht gut zu seyn, und mochten denn freylich wohl auch dadurch gewinnen, daß ich zeither an die Schwedischen gewöhnt war.

Wir kamen heute Vormittags nach Greifswald, einer recht artigen, freundlich aussehenden Stadt. Die Kirchen, das vorzüglichste Universitätsgebäude und eine Menge Privathäuser sind ansehnlich, und das Ganze hat ein gefälliges Aeußeres. -- Die Universität scheint den unbedeutendsten Theil der Stadt auszumachen; auch höre ich, daß die Zahl der Stunden merklich unter hundert seyn soll. Indessen scheint die Regierung sie nicht ganz zu vernachlässigen, und ich fand unter andern eine nicht unansehnliche Sternwarte, deren Aeußeres wenigstens recht gut in die Augen fällt.

Die Schiffe kommen bis an die Stadt, und zwischen dieser und dem eigentlichen Hafen, der nicht weit davon ist, sah ich ihrer eine ziemliche Anzahl von verschiedener Größe. -- Dicht dabey ist ein Salzwerk, das beträchtlich seyn soll. Die Gradirhäuser indessen sind nur klein.

Wir erreichten noch denselben Abend Anklam, die erste Preußische Stadt, dich an der Grenze. Hier findet man ein beträchtliches Gewerbe und große Thätigkeit. Ich sahe hier mehr Schiffe, als ich in irgend einem Hafen der Schwedischen Mittelstädte gefunden habe, und das Ganze hat ein weit freundlicheres Ansehen, als so manche andere der kleinern Städte, die ich in den Preußischen Staaten kenne. In der That gehört sie, nach Stettin, unter die vorzüglichsten in Preußisch-Pommern. Ich sahe manches sehr gute Haus, und Menschen, deren Sonntagskleidung sehr anständig war. -- Wir übernachteten im Kronprinzen, einem recht guten Hause.


Etwas über Greifswald.[]

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[1807]

(Von einem Reisenden.)

Greifswald ist eine kleine anmuthige Stadt. Unter allen Theilen derselben hat mir der Markt, wo das Rathhaus steht, am besten gefallen. Es befindet sich, oder es wird vielmehr auf einer Seite von drei gothischen Häusern begrenzt, die durch eine Reihe Bäume halb bedeckt, wie Monumente der Vorzeit über das lebende Zeitalter hervorragen. Nachts beim Mondschein muß das Ganze eine herrliche Gruppe bilden und das Gemüth mit sonderbarer Stimmung erfüllen. Das academische Gebäude ist einfach und ein seinem Zwecke entsprechende Bau. Man bedauert, daß der Baumeister nur drei schlichte Thüren und nicht in der Mitte ein großes Portal angebracht habe. Im letzten Falle würde es einem Schlosse gleichen, während es jetzo mehr Klosterförmig ist. Das letztere scheint mir zweckmäßiger zu seyn, und ich sehe nicht ein, warum man überall Säulen, Schweizer u. s. w. anbringen, und sich für bescheidne Lehrer und bescheidne Schüler nicht mit gewöhnlichen Eintritten begnügen will. Allein der menschliche Hochmuth findet alles um so kleiner, je mehr es ihm an Mittel gebricht, großen Anmuthungen zu befriedigen. Ein großer freier Platz wäre die einzige Zierde die ich diesem Gebäude wünschte und die man ihm auch hätte verschaffen können. Die innere Einrichtung hat mir nicht gefallen. Die beiden Hörsäle sind zu unansehnlich, und der größere gleicht einem Kellergewölbe und würde zu Lagerfässern paßlicher seyn, als für die Bestimmung die er gegenwärtig hat. In der Bibliothek scheint eine, viele Erleichterung gewährende Ordnung zu herrschen, allein schlechte Vergoldungen und schlechte Holzverzierungen verunstalten den Saal. Die Wohnungen der beiden Professoren, die die beiden Enden des länglichten Gebäudes einnehmen, scheinen mir nicht schlecht bedacht zu seyn. Von den beiden Kirchen, die in der Nähe dieses Musensitzes sich befinden, ist die eine zur Feldbäckerei der Franzosen eingerichtet. Proviant-Vorräthe füllen den Vorraum und vollenden das Gemisch der Bilder des Kriegs, der wissenschaftlichen Ruhe und der religiösen Andacht. Die Fonds der Universität sind nicht beträchtlich nach Aussage der Greifswalder, doch betragen die Einkünfte 30 tausend Thaler, und zwar in eigenem Vermögen. Grund genug, um vielleicht einen künftigen neuen Besitzer des Landes zur Aufhebung der Universität und Einziehung ihrer Güter zu verführen. Man vermuthet hier in Stralsund, das Pommern an Mecklenburg kommen werde.

Studenten habe ich hier keine gesehen. Sie haben eine Uniform, die aber nur bei feierlichen Gelegenheiten und nur von sehr wenigen täglich getragen wird. Bei Gelegenheit eines Empfangs bemerkte der König, daß sie keine Waffen trügen und ließ demnach Schwerdter unter sie vertheilen, über deren Gebrauch erst kommende Zeiten das Urtheil zu fällen haben. Mein Führer, der ehrwürdige Pr. W., zeigte mir den botanischen Garten, woselbst man mit einigem Fleiß alles lernen kann, was man, zu welchem Stand man auch gehöre, dennoch von dieser Wissenschaft inne haben sollte.

Ich habe mehrere Einwohner kennen gelernt, von denen ich einigermaßen einen Begriff von der ungezwungenen Lebensart erhalten habe, die in dieser kleinen Stadt herrscht, und die gesellschaftlichen Verhältnisse daselbst sehr angenehm machen muß.

Man ist nicht in Greifswald gewesen, ohne der Saline daselbst zu erwähnen. Sie scheint den Eigenthümern, für den gegenwärtigen Augenblick, ein gutes Einkommen zu gewähren. Das Salz ist etwas grau, und die Einwohner ziehen daher das schönere ins Gesicht fallende weiße englische Salz vor. Da das Ostsee-Wasser nur wenig gesalzen ist, und die Salzquellen bloß durch das Erdreich gesichertes See-Wasser zu seyn scheinen, so vermuthet man, daß die Ostsee einst gesalzen jetzt bloß noch in ihren Tiefen es sei, mit welcher die Salzquellen in Verbindung stehen müßten. Ob richtig oder unrichtig mögen Andere entscheiden.

Am 10. ritt ich nach Hanshagen, 1½ Meile hinter Greifswald, auf der Straße nach Wolgast. Der Weg fängt erst eine halbe Meile von Hanshagen an, mehr Interesse darzubieten, und führt durch ein kleines Holz, dem zur Seite der Pfarrhof liegt. Dort stieg ich ab, und fand in den Pfarrer einen alten Freund aus der Schweiz, der hier in einem der lieblichsten Punkte Pommern in philosophischer Ruhe den Wissenschaften lebt.

Die Wege, die hier bis in einen Theil des Pfarrgartens an Schluchten und Bächen, durch Waldsteige in hundert lieblichen Krümmungen führen, gehören zu den angenehmsten Spaziergängen und des Sommers wallfahrten die Greifswalder hieher, um Sonn- und Festtage in froher Gesellschaft zu feiern, und das städtische Leben durch ländliche Freuden wieder aufzufrischen. Bald kehrte ich nach Greifswald zurück, wo Herr P. W. mich erwartete, um mir noch die Mineralien-Sammlung zu zeigen, die er mit eisernem Fleiß geordnet hat.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
  2. Reise durch Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen und einen Theil von Italien, in den Jahren 1797. 1798. 1799. Leipzig, bey Georg Joachim Göschen, 1804.
  3. Nordische Miszellen. Achter Band. Hamburg, bei A. Bran, und in Commission bei B. G. Hoffmann, 1807.
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