Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Jerome Marquis von Lucchesini.[]

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269) Jerome Marquis von Lucchesini,

aus Lucca gebürtig, wurde von dem Könige Friedrich II. wegen seiner ausgebreiteten Kenntnisse im Gebiete der Höhern Wissenschaften und seiner vorzüglichen Bekanntschaft mit den Musen überhaupt, ungemein geschätzt. Er ernannte ihn

1780

den 9ten May zum Kammerherrn und da er in seiner Unterhaltung mit ihm sowohl viele Geistes Nahrung als Erholung fand, so hatte er ihn gern und oft um sich und haben Künste und Wissenschaften dieser Unterhaltung vieles zu verdanken. Da solchergestalt zwischen diesen beiden Gelehrten ein ununterbrochenes freundschaftliches Verhältniß statt fand, so war es wohl natürlich, daß die am 17ten August 1786 erfolgte Auflösung des Königlichen Freundes auf den gefühlvollen Marquis von Lucchesini einen starken Eindruck machen mußte. Die Trennung war ihm schmerzhaft, sein Herz war voll und suchte Erleichterung; sein Geist war wirksam, den großen von allen Völkern Europens bewunderten, von seinen Unterthanen angebeteten Monarchen ein Opfer der tiefsten Ergebenheit und Ehrfurcht darzubringen und wer erinnert sich nicht des, einem Horaz und Virgil gleich würdigen, lateinischen Gedichts, worin der Marquis von Lucchesini in den edelsten Ausdrücken die Haupteigenschaften und wichtigsten Thaten desselben schilderte und welches die Göttin der Harmonie am Grabe dieses entschlafenen Monarchen durch ihre Allgewalt der Tonkunst sanft aber tief in die gefühlvollen Herzen eindrückte! Ich darf hoffen dem Leser keinen unangenehmen Dienst zu erweisen, wenn er dieses charakteristische Gedicht mit seiner deutschen Uebersetzung von Ramler in dem Dienstleben des verdienstvollen Verfassers hier aufgenommen findet.
Quem virum, aut heroa, patrem vel urbis . . . . .
König Friedrich Wilhelm II., welcher nicht minder ein Freund der Musen war, und daher den Mrqs. von Lucchesini gleichfalls schätzte, trat nunmehr in das vollste Vertrauen seines großen Vorgängers, und gab dem xc. Mrqs. von Lucchesini redende Beweise davon.
Der xc. Mrqs. von Lucchesini widmete sich zwar nur der Litteratur und den gelehrten Geschäften; allein der König, der die anderweitigen großen Talente dieses Mannes kannte, wünschte auch diese zu benutzen, und zog ihn daher bei mehrern wichtigen, besonders politischen Vorfällen zu Rathe.

1788

schickte er ihn mit geheimen Aufträgen nach Warschau und nachdem er solche zur Zufriedenheit des Königs erfüllet hatte, wurde er daselbst förmlich

1789

den 12ten April als Envoyé extraordinaire und Ministre plénipotentiaire bei dem Könige und der Republik Pohlen accreditirt.

1790

gieng er als Bevollmächtigter des Königs zu dem Friedenscongreß in Sistowe, wo er sich zur Herstellung der Ruhe ungemein thätig und nützlich bezeigte; daher ihm der König bei seiner Zurückkunft zum Merkmal der Zufriedenheit mit seinen Diensten

1791

den schwarzen Adlerorden ertheilte.

1792

den 29sten July berief ihn der König zu sich in die Champagne am Rhein, wo er bei der Führung der politischen Negociationen sehr thätig war.

1793

den 20sten November ward er als Gesandter nach Wien geschickt, und erhielt die Würde eines Wirklichen Geheimen Staatsministers; ist jedoch nicht in den Staatsrath eingeführet;

1797

den 21sten April aber von dort zurückgerufen, indem seine von der französischen Regierung in Italien in Beschlag genommenen Güter mehrere Reisen dahin, und seinen längern Aufenthalt daselbst nothwendig machten.

1800

im October wurde er mit ausserordentlichen Aufträgen nach Paris gesandt, und als immittelst der xc. von Sandoz-Rollin von dort rappellirt war,

1802

den 1sten Januar als Envoyé extraordinaire und Ministre plenipotentiaire aufs neuen an die dortige Regierung accreditiret, und bekleidet dieses wichtigen Gesandtschaftsposten noch gegenwärtig mit Ruhm und Ehre.
Er hat die wichtigsten Negociationen in Paris geführt, und mehrere Conventionen, sowohl in Beziehung auf das Interesse des Preußischen Hauses, als auch anderer deutschen Fürsten abgeschlossen, und sich vorzüglich bei dem Reichsentschädigungswesen, zum Besten seines Hofes, sehr thätig bewiesen; daher er überall die besondere Achtung, Zufriedenheit des Königs Majestät und seines Ministerii, wie nicht weniger die Verehrung der Preußischen Unterthanen genießt. Uebrigens ist er Ehrenmitglied der Academie der Künste in Berlin; desgleichen Mitglied der Academie in Florenz und der Gesellschaft Naturae Curiosorum zu Nürnberg, und verbindet demnach fortwährend mit seinen wichtigen diplomatischen Geschäften, den Umgang mit den Musen.


Marquis von Lucchesini.[]

[2]

Collectie Rijksmuseum Amsterdam.

Lucchesini (Marquis von), preußischer Staatsminister, aus einer Patricierfamilie von Lucca, ward Friedrich II. nach 1778 vom Abbé Fontana vorgestellt, der ihn mit einem Gehalte von 2000 Thalern und dem Kammerherrtitel als Bibliothekar in seine Dienste nahm; Lucchesini wurde der literarische Freund Friedrichs II. und von diesem seiner Kenntnisse wegen ausnehmend geschätzt. Erst unter dessen Nachfolger ward er diplomatisch angestellt und nach Warschau gesandt, wo er sich 1788 bei Eröffnung des Staatsraths befand. Er benahm sich hier mit vieler Gewandtheit, wiegelte die für die Unabhängigkeit gestimmte Partei gegen Rußland auf und brachte es somit im März 1790 zwischen Preußen und Polen zur Abschließung eines Allianztractats. Im darauf folgenden Juli wohnte er in der Eigenschaft eines bevollmächtigten Ministers der Zusammenkunft in Reichenbach bei, um in Vereinigung mit dem englischen und holländischen Minister zwischen den Türken und dem Kaiser den Frieden einzuleiten. Im Juli 1792 ging, er abermals nach Warschau, wo er durch die obwaltenden Umstände zum Bruch des Allianztractats, den er selbst unterzeichnet hatte, genöthigt ward. Im Januar 1793 ernannte ihn darauf der König zum preußischen Bothschafter in Wien; er begleitete diesen jedoch während des größten Theils des damaligen Feldzugs. Erst im März 1797 ward er von Wien zurückberufen und im Sept. 1802 als außerordentlicher Gesandter nach Paris gesandt, von wo er sich später nach Mailand begab, um dem Kaiser und mehrern Großen seines Hofes die Decoration des preußischen schwarzen Adlers zu überbringen. Seinen Anregungen gab man besonders den Ausbruch des preußisch-französischen Kriegs im Sept. 1806 Schuld. Er begleitete den König bis nach der Schlacht bei Jena, unterzeichnete nach derselben zu Charlottenburg mit Napoleon einen Waffenstillstand, den aber der König nicht ratificirte, und nahm, in Folge aller dieser Ereignisse, da er die Gunst des Königs verloren zu haben glaubte, seine Entlassung, um nach Lucca zurückzukehren. Späterhin ward er bei Napoleons Schwester, der Fürstin von Lucca, als Kammerherr angestellt, und begleitete diese zur zweiten Vermählung ihres Bruders nach Paris. Bald darauf starb er in seiner Vaterstadt. Der Graf von Segür urtheilt in seinem Tableau historique et politique de l'Europe von Lucchesini, in Betreff seiner oberwähnten polnischen Mission folgendes: "Niemand war zu einer solchen Stelle geeigneter, als er. Seiner Thätigkeit entschlüpfte kein Augenblick unbenutzt. Feurig in Verfolgung seines Ziels, schnell entschlossen, die zweckdienlichsten Mittel zu ergreifen, vereinte der Marquis von Lucchesini die Eigenschaften eines gewandten Höflings mit der Geübtheit eines Staatsmanns, Gelehrt, ohne Pedanterie, lieferte ihm sein glückliches Gedächtniß eben so viele nützliche Thatsachen zum Behufe seiner Arbeiten, als anziehende Anecdoten für die Belebung einer Gesellschaft. Seine Vertrautheit mit Friedrich II. hatte ihm ein bedeutendes Ansehn gewonnen; sein einschmeichelnder Charakter führte ihn in das Innere aller Charaktere ein; seine Feinheit zog bald den Schleier von allen Geheimnissen, und seine warme Thätigkeit, die ihm ein offenes freies Wesen gab, während sie seinen wahren Sinn glücklich verdeckte, beredete die Polen, daß er ihre Angelegenheit mit einem Eifer umfasse, als wäre es seine eigene."


Zeitungsnachrichten.[]

1793.[]

Wien, vom 10 Christmonat. [3]

Der an den Kais. Kön. Hof bestimmte Kön. Preußische ausserordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister, Marquis von Luchesini, hat am abgewichenen Dienstag, den 3ten dieses Monats bey Sr. Majestät dem Kaiser die Antrittsaudienz gehabt.


1796.[]

Briefe. Frankfurt.

Frankfurt am Mayn, den 12 April 1796. [4]

Die vielen Conferenzen, die der Preußische Gesandte, Marquis von Lucchesini, mit dem Baron von Thugut in Wien gehalten hat, haben gewiß nicht die Polnischen Grenz-Angelegenheiten allein, welche überhaupt nichtmehr von großer Wichtigkeit sind, sondern die allgemeinen Friedens-Sachen betroffen.


1806.[]

Miscellen. [5]

Am 28. Sept. befand sich der Französische Gesandte, ob er gleich seine Pässe begehrt hatte, noch in Berlin. Er hatte aber bereits den größten Theil seiner Dienerschaft entlassen. Der Marquis Lucchesini war von Paris im Königl. Hauptquartier, als sich dasselbe zu Merseburg befand, angekommen. Die Königin hatte sich dem Vernehmen nach einige Tage unpäßlich befunden, war aber schon wieder hergestellt.


Quellen.[]

  1. Der Königl. Preußische und Churfürstl. Brandenburgische Wirklich Geheime Staats-Rath an Seinem zweihundertjährigen Stiftungstage den 5ten Januar 1805. Berlin, 1805. In der Buchhandlung des Commerzienraths Matzdorff.
  2. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  3. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 18. Christmonat, 1793. Num. 101.
  4. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1796.
  5. Wiener Zeitung. Nro 83. Mittewoche, den 15. October 1806.
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