The Right Hon. George Canning, Staatssecretär der auswärtigen Angelegenheiten.[]
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Herr Canning stammt von irländischen Eltern ab, ist aber in England geboren. -- Er wurde unter der Aufsicht eines Onkels, der ein sehr angesehener Kaufmann in der City war, erzogen, und späterhin auf die Schule nach Eton geschickt. -- Hier zeichnete er sich eben so sehr wie späterhin in Oxford durch seine Talente aus. Sein Geschmack für lateinische Dichtkunst war allgemein bekannt, und die Eleganz seiner Verse machte ihn schon sehr früh berühmt. -- Hier wurde er mit Herrn Jenkinson und vielen andern jungen Männern von sehr großen Familien bekannt; ein Umstand, welcher ihm ohne Zweifel bey seiner spätern Laufbahn sehr zu Statten gekommen ist.
Da er sich entschlossen hatte, Rechtsgelehrsamkeit zu studiren, so nahm er seine Wohnung im Inner Tempel, und fieng hier seine juristischen Studien an. -- Um diese Zeit lebte er mit Herrn Sheridan auf einem sehr vertrauten Fuß, und besuchte auch noch andere Mitglieder der Opposition. -- Im Jahre 1793 wurde er als Parlamentsmitglied für Newton in der Grafschaft Hampshire gewählt, welchen Platz Sir Richard Worsley bisher gehabt hatte. -- Bey der nächsten allgemeinen Wahl representirte er Wendover, Grafschaft Bucks, und jezt ist er schon zum zweytenmal von eine, irländischen Flecken (Borough) gewählt.
Da man Herr Cannings Talenten kannte, so wurde er bald nach seinem Eintritte ins Parlament zum Vice-Secretair oder Gehülfen im Departement der auswärtigen Angelegenheiten angestellt. -- Lord Grenville war zu der Zeit Chef dieses Departements. -- Kurz darauf wurde er Einnehmer im Versteigerungs-Bureau (Receiver of the Alienation Office), und im Jahre 1805 Mitglied der Comittee des Handels und Anbaues, so wie auch Schatzmeister der Marine. Den lezten Posten erhielt er, als Herr Pitt zum zweitenmal ins Ministerium trat und Herr Tierney diese Stelle resignirte.
Seine erste Rede hielt er 1794 im Unterhause bei Gelegenheit einer Erörterung über den Tractat zwischen dem König von Großbritannien und dem König von Sicilien. Er billigte den Tractat sehr, und gieng bei dieser Gelegenheit einige ähnliche Tractaten durch, die man mit den Continental-Mächten abgeschlossen hatte, und sezte hinzu: "Gäbe es jezt keinen Krieg, wer weiß, ob nicht eine correspondirende revolutionaire Gesellschaft auf den Bänken dieses Hauses säße, und anstatt einen Allianztractat abzuschließen, würde man heftige Debatten wegen einer erzwungnen Anleihe von einer proconsularischen Deputation im Namen des französischen Nationalconvents hören." –
Stets war er eine thätige und geschickte Stütze der Pittischen Administration. Als Pitt resignirte, zog er sich auch mit ihm zurück; im Februar legte er dem Kanzler einige Fragen vor, die sich lediglich auf die Insel Trinidad bezogen. –
Als im November 1802 das Parlament eröfnet wurde, erklärte er sich als Freund für die Adresse, welche gewöhnlich an den König geschickt wird, jedoch nur darum, weil die Adresse ein System von energischen Maßregeln empfahl, welches den Stellvertretern der Nation seit einiger Zeit zu fehlen schiene.
Den 19ten December widersetzte er sich der Bill über die Mißbräuche in der Marine, und sagte, man würde ein Tribunal errichten, welches der Constitution fremd, ganz unregelmäßig und gefährlich werden müsse –
Den 4ten März 1803 stimmte er gegen den Prinzen von Wallis, als das Haus über seine zerrütteten Umstände debattirte –
Als man die Motion machte, daß die Minister einer direkten Censur unterworfen werden möchten, fühlte er sich nothgedrungen, zum erstenmale in seinem Leben, anderer Meinung als sein Freund Pitt zu seyn, und sagte, es bedarf keiner weitern Ueberlegung, ich erkläre die gegenwärtigen Minister ohne weiteres für ganz unfähige Köpfe.
Es zeigte sich auch kurz darauf, daß diese Herren nicht Kraft genug hatten, das Steuerruder zu führen, und Pitt übernahm es wieder –
Bei allen Motionen, die sein Freund Pitt machte, war er der eifrigste Unterstützer derselben.
Als Hr. Whitbread auf Untersuchung und Bestrafung des Lord Melville antrug, leugnete er nicht geradezu, daß Melville sich nicht strafbar gemacht hätte; er bemerkte, daß dieser große Staatsmann schon hart genug bestraft wäre *), und bat seine Opponenten, sie möchten seinen Zustand in Erwägung ziehen und bedenken, daß er stets einen guten Charakter gezeigt hätte.
- *) Der König strich ihn eigenhändig aus der Liste seiner Geheimen Räthe aus.
Im Sommer 1800 verheirathete er sich mit der jüngsten Tochter des verstorbenen General Scott, deren Schwester die Marquise von Titchfield ist.
Herr Canning ist Obrister der Freiwilligen von Sommersethouse. Als Pitt starb, verlor er seine Stelle, die Foxiten kamen ins Ministerium, wo sie sich nur kurze Zeit behaupteten; bei Einbringung der Roman catolic Bill verloren sie ihre Stellen, worauf die alte Pittische Schule das Ruder wieder ergriff, und Herr Canning Staatssecretair der auswärtigen Angelegenheiten wurde.
Herr Canning ist mit Leib und Seele ein Altengländer; er kann den Gedanken nicht ertragen, daß sein Vaterland Frankreich nachstehe, und wird von dem Wahne geplagt, daß Frankreich nichts als Englands Verderben im Sinne habe.
Karakteristick des Englischen Staats-Sekretairs Georg Canning.[]
- [1808]
Unter gegenwärtigen Umständen, wo vielleicht die Entscheidung der Fortsetzung des Seekriegs oder eines baldigen Friedens von diesem Manne abhängt, dürfte nachstehende Karakteristick nicht ohne Interesse sein. Sie ist aus Englischen Quellen genommen, und man kann ihr deshalb gewiß keine Partheilichkeit vorwerfen. Auch denke ich, ein Mann, welcher den Muth hatte, nach dem Tode eines Pitt und eines Fox die Stelle derselben, und zu einer Zeit anzutreten, da England aus Europa verbannt, gegen alle die Nationen zu kämpfen hatte, deren Tapferkeit und Blut es sonst mit seinem Golde kaufen konnte -- der Mann ist schon dieses Muthes willen kein Gewöhnlicher.
Dies ist der Brittische Minister Canning, der vorher, ehe er die jetzige Höhe erstieg, keine vorzügliche Auszeichnung in Wort und That den Zeitgenossen wichtig machte.
Wahrlich dem Ehrgeiz, welchem es nur wohlthut, eine ruhige Welt zu erschüttern, oder eine erschütterte zu beruhigen, mögen auf dem ganzen Erdball jetzt nur drei Standpunkte gefallen. Er würde sprechen: könnt ich nicht Napoleon von Frankreich, nicht Alexander von Rußland sein, so möchte ich wohl an Cannings Stelle stehen, denn außer beiden Kaisern, ist Canning ohnstreitig der Mann, von dem es abhängt, wie die Kaiserlichen Friedensvorschläge aufgenommen werden, und daher ist es interessant, mit ihm in nährer Bekanntschaft zu treten.
Canning ward um das Jahr 1770 gebohren, und ist ein Irländer von Geburt. Sein Vater Georg Canning, Esq. starb 1771, und der verwaiste Sohn ward nun seinem Oheim, einen vermögenden Kaufmann in London zur Erziehung anvertraut, welcher, sobald der Knabe erwachsen genug war, ihn auf der Schule von Eron schickte.
Hier entfaltete er mit ausserordentlicher Schnelle große Talente. Er ward sogar im 16ten Jahre schon Schriftsteller, und mehrere Aufsätze von ihm über moralische und historische Gegenstände wurden in einem im Jahre 1787 erschienen Wochenblatt: The Microcosm mit abgedruckt. Auch Dichter war er damals schon in Englischer und Lateinischer Sprache. Man erinnert sich noch ein Englisches Gedichts von ihm: Griechenlands Sklaverei, welches sich über das Mittelmäßige erhob, und worin er das entehrte Vaterland der Freiheitshelden beklagte.
Als er zur Universität reif war, schickte man ihm nach Oxford, wo er sich der Rechtsgelahrtheit widmete, und mit den glücklichsten Anlagen auch den Ruhm eines eisernen Fleißes verband. Ein besserer Weg zu Vermögen und Ehre stand dem Jüngling nirgends offen, der ohne ererbtes Vermögen, künftig alles seinen Talenten zu danken haben sollte. In den Sälen von Midle Temple bildete er seine Beredsamkeit, durch die er vor den Schranken der Gerichtshöfe zu glänzen, und die Augen der Nation auf sich zu leiten hoffte.
Während seiner Stndien vernachlässigte er die Welt nicht. Die vorzüglichsten jungen Männer mit welchem er zu Erou und Oxford den Bund der Freundschaft geschlossen, blieben ihm treu. Die meisten von ihnen aus den Brittischen Häusern ersten Ranges achteten seine Kenntnisse, und liebten seine Denkart. Der Umgang mit ihnen hob den jungen Mann über die große Menge derer hinweg, welche vom Glück vergessen, im Staube verbleiben, und so kam er rascher als er selbst gehofft, ans Ziel, da er im Jahr 1793 zum Parlamentsglied für den Flecken Newton auf der Insel Wight erwählt ward.
Jetzt ward er in kurzer Zeit einer der Hervorragenden im Unterhause. Seine männliche Beredsamkeit und seine Unwandelbarkeit Alt-Englischer Grundsätze machten ihm bald die ganze Schaar der Opposition befreundet, erwarben ihm eine einträgliche Stelle um die andere und ließen ihn nicht wieder von den Bänken der Brittischen Volksrepräsentanten.
Canning trat fast eben so früh in die diplomatische Laufbahn, als ins Parlement. Lord Grenville, damals Staatssekretair der auswärtigen Angelegenheiten, Frankreichs leidenschaftlicher unversöhnbarer Gegner, eben der, welcher nur immer den Offensivkrieg predigte, nur in Pitt den Heiland Alt-Englands sah, zog im Jahre 1793 Canning ins Büreau seines Ministeriums, wo er als Vicesekretair eine geraume Zeit arbeitete. Hier war er nun mit den Mysterien der Brittischen Kabinetspolitik vertraut, und mit den ohnehin nur allzu hell am Tage liegenden Schwächen der Kontinentalmächte.
Von jetzt an ward Canning, was sein Meister Lord Grenville längst war -- Pitts Organ, Pitts enthusiastischer Anhänger, alles von und für Pitt. Frankreichs Revolution war ihm -- nicht Greul, wenn er's gleich öffentlich predigte -- sondern was sie dem echten Britten sein sollte, Alt-England zum weltbeherrschenden Karthago, zum Centrum des Handels zu machen.
Noch stand diesem Karthago kein Rom entgegen. Paris hätte es werden können, darum mußte der Brand der Revolution im Innern Frankreichs kunstvoll unterhalten, und ganz Europa ausgeschickt werden, ihn zu löschen. Mit dieser Maxime zerstörte, vernichtete man (so war es wenigstens der Wunsch) Frankreich, und erschöpfte zugleich Europens Mächte. Unter Pitts Leitung studierte sich Canning in das fürchterliche Subsidiensystem, diesen Kern Brittischer Staatskunst, so ein, daß der Meister in demselben ihn oft selbst um Rath fragte. Denn zur rechten Zeit die Leidenschaften der Höfe zu erregen, und die Gluth durch dargeliehenes Geld zu stärken, oder unzeitigen Eifer lähmen und bessern Zeiten aufsparen können, durch Vorenthaltung des Kriegsnervs der Münze: dies ist keine leichte Wissenschaft.
Pitt ließ seine schrecklichen Mittel spielen; abwechselnd entzündete und löschte er Kriege, er konnte mit Recht sagen: Ich habe alle Armeen Europens im Sold!
Canning, eingeweiht in die Kabinetsgeheimnisse, blieb auch kein Fremdling in der eignen Hauspolitik. Er lernte und übte die schwierige Kunst, ohne dem Ministerium zu mißfallen, sich zu popularisiren.
Gleich in der ersten Parlamentssitzung 1794 bei Anlaß der Diskussionen über den Traktat zwischen England und Sardinien predigte er Krieg, weil jeder Alt-Britte keinen süßeren Ton damals kannte. "Und hätten wir, rief er, jetzt keinen Krieg, so säße vielleicht auf den Bänken dieses Hauses schon eine korrespondirende Revolutionsgesellschaft, und statt von einem Allianztraktat hätte man vielleicht Debatten über gezwungene Anleihen, die eine Deputation des Französischen Nationalkonvents erfordern würde."
Als Wilberforce gegen den Sklavenhandel aufstand, nannte auch Canning diesen Handel ungerecht, barbarisch, unpolitisch, und insinuirte sich mit seiner Humanität denen, die unter den Britten auf Empfindsamkeit Anspruch machen.
Genug, er war in kurzer Zeit zwar nicht Mann des Volks, in dem Sinne, wie Fox es gewesen, aber Mann der Herrschenden in der Nation; der Vertraute der Minister, ihre Stütze im Parlament und der Liebling der Britten, weil er mit unbarmherziger Strenge gegen alles, was Französisch hieß, verfuhr, und selbst gegen Bonaparte, als ersten Konsul des Französischen Volks, mit Worten eiferte, welche die Grenzen des Anstandes fast überschritten.
Die Oppositionsparthei, oder einige Glieder derselben, rügten nicht ohne Bitterkeit das letztere. Er vertheidigte sich mit ziemlicher Spitzfindigkeit deswegen in der Debatte vom 18. July 1800.
Als Pitt im Jahre 1801 resignirte, zog sich auch Canning zurück vom Departement der auswärtigen Angelegenheiten; denn bei seiner Denkungsart war ein Friedensschluß mit Frankreich ein "Selbstmord Großbrittanniens." Aber auch sobald der vielgewandte Staatsmann das Steuerruder aus Addingtons schlaffer Hand zurücknahm, war Canning einer der ersten, die hervortraten.
Er hatte indessen ein beträchtliches Vermögen erhalten. Seine Stelle im Büreau der auswärtigen Angelegenheiten, konnte freilich seine Glücksumstände nicht so schnell verbessern; aber er heirathete im Jahre 1800 eine von den Töchtern des Generals Scott, und diese brachte ihm reiche Besitzungen zu. Später ward er durch Pitts Einfluß Mitglied der Handelskommittee im Jahr 1805 und Schatzmeister der Marine, mit dem üblichen Gehalt von 4000 Pfund Sterling des Jahres.
Alle seine Stellen, sein Einfluß auf das Kabinet und das Parlament, verschwanden aber mit Pitts Leben. Pitt starb den 23. Januar 1806 und Fox's Parthei trat siegend ins Ministerium. Man weiß inzwischen von wie kurzer Dauer ihr Reich war, das sehr bald scheiterte. Sie wurden von Pitts Jüngern schnell wieder verdrängt und Sir Georg Canning, Oberster der Freiwilligen, trat muthvoll als Staatssekretair der auswärtigen Angelegenheiten auf die Stätte seines großen Meisters.
Welche Begebenheiten seit seinem Ministerium die Gestalt des Kontinents zum ungeheuren Schaden Englands veränderten, wie Großbrittannien nun im ganzen Europa nur noch zwey schwache Königreiche, Schweden und Sizilien, zu Alliirten hat, denen sie Hülfe geben müssen aber keine zu erwarten haben, das ist bekannt genug.
Wie Canning am Steuerruder sein leckes Staatsschiff mit Ruhm aus dem stürmischen Ocean der Politik retten, in welchem Hafen er es retten werde -- und ob er es könne? dies ist das Geheimniß der Zukunft.
Canning wird als Mann geschildert, der Pitts Grundsätze und Thätigkeit, nicht aber dessen Scharfblick hat, wiewohl ihm große Klugheit nicht abgesprochen werden kann, insofern Klugheit mit einer Leidenschaft vereinbar ist, die zur andern Natur geworden. Und diese Leidenschaft heißt: Haß gegen Frankreich. Unbiegsam hängt er Pitts Maximen an. Sein Wahlspruch, zu dem er sich öffentlich bekannt, ist: "Besser irren mit Cato, als recht gehen mit dem Troß der Welt." In geselligen Leben ist er angenehm, geistreich, ein warmer Freund, im Verfolgen seiner Ziele unermüdlich, im Kampfe ohne Hinterlist.
George Canning.[]

The Right Hon. George Canning.
Canning (George), brittischer Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten, ward um 1770 gebohren und stammt von einer angesehenen Familie in Irland. Er studirte zu Oxford mit ausgezeichnetem Fleisse, und ward schon 1793 zum Parlamentsglied erwählt. Grenville zog ihn in eben diesem Jahre ins Büreau seines Ministeriums. Von jetzt an ward Canning, was sein Meister, Lord Grenville, war, - Pitts Organ und eifrigster Anhänger. Als letzterer 1801 resignirte, zog sich auch Canning zurück. Im Jahre 1800 heirathete er eine von den Töchtern des verstorbenen Generals Scott, und diese brachte ihm reiche Besitzungen zu. Nach fünf Jahren ward er durch Pitts Einfluß, Schatzmeister der Marine,mit 4000 Pfund Sterling Gehalt. Seine Stellen und sein Einfluß verschwanden mit Pitts Leben. Aber nach Foxens Tode trat er muthvoll als Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten auf die Stätte seines Meisters Pitt. Welche Begebenheiten seit seinem Ministerium die Gestalt des Continents veränderten, ist bekannt genug.
George Canning..[]
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(Staats-Secretär.)
Dieser Mann, der nach dem Tode der Minister Pitt und Fox die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten für England, und die Verbindlichkeit übernahm, den großen Kampf gegen Frankreich und dessen zahlreiche Verbündeten so vortheilhaft und ehrenvoll als möglich fort zu führen; dieser Mann, der die Geistesstärke besaß, dieß in einer Zeit zu unternehmen, als England, vom europäischen Continent gänzlich getrennt, und mit der Mehrzahl seiner Bewohner im Kriegszustande war, als auch in den übrigen Welttheilen Fürsten und Volksvorsteher den Britten trotzten: dieser Mann gehört nicht zu den Alltagsgeschöpfen.
Sir Georg Canning ward um das Jahr 1770 geboren, und stammt von einer angesehenen Familie in Irrland ab; doch befand sich diese nicht in den glänzendsten Vermögens-Umständen. Sein Vater, George Canning Esq, starb am 11ten April 1771. Der Sohn wurde nun seinem Oheim, einem begüterten Kaufmanne, der in der City von London wohnte, zur Erziehung übergeben, welcher dann den Erwachsenen auf die Schule von Eton sandte. Hier entwickelten sich in ungewöhnlich kurzer Zeit die hervorstechendsten Talente des jungen Menschen. 15 0der 16 Jahr alt, trat er bereits als Dichter und Schriftsteller auf. Mit diesen außerordentlichen Anlagen vereinigte sich eiserner Fleiß, als er auf die Universität nach Oxford kam, wo er sich den Studien der Rechtsgelahrtheit widmete, welche ihm die besten Aussichten auf einstige Bedeutendheit in seinem Vaterlande gab. Er bildete in den Sälen von Middle-Temple sich zum Redner, der vor den Schranken der Gerichtshöfe glänzen und die Augen der Nation auf sich zu wenden fähig sey, und hier war es, wo er sich die Freundschaft mehrerer junger Männer aus den Häusern vom ersten Range erwarb. Durch diese gelangte er schneller, als andere, ans Ziel, denn schon im Jahre 1793wurde er zum Parlamentsgliede für den Flecken Newton in der Insel Wight erwählt.
Nicht lange, und er wurde zu den Geachtetsten im Unterhause gezählt. Seine männliche kunstlose Beredsamkeit, seine vielseitigen Kenntnisse, seine unerschütterliche Festigkeit alt- englischer Grundsätze machten ihm bald die ganze Menge der Oppositionsglieder zu Freunden, erwarben ihm eine einträgliche Stelle um die andere, und ließen ihn nicht wieder von den Bänken der brittischen Volksrepräsentation. Bey der folgenden allgemeinen Parlamentswahl ernannte ihn die Ortschaft Wendover in Bukshire, dann wieder ein Flecken in Irland zum Repräsentanten.
In die diplomatische Laufbahn trat Canning fast eben so früh als ins Parlament. Lord Grenville, damahls Staats-Sekretär der auswärtigen Angelegenheiten, Frankreichs heftigster und unversöhnlichster Gegner, eben der, welcher immer nichts als den Offensivkrieg predigte, und nur in Pitt den Heiland Englands erkannte, zog ihn im Jahre 1793 in das Büreau seines Ministeriums, wo er als Vice-Secretär eine geraume Zeit arbeitete. Als solcher ward er mit den Geheimnissen der brittischen Staatspolitik sowohl, als mit den Schwächen der Continentalmächte vertraut, und von dieser Zeit an ward Canning, was sein Beschützer und Meister, Lord Grenville, längst war, Pitts leidenschaftlicher Anhänger: alles von und für Pitt. Frankreichs Revolution erschien ihm als der wahre Hebel, Alt-England zum Weltbeherrschenden Karthago, zum Centrum des Handels, zu machen; und da Frankreich einst Rom werden konnte, so mußte alles Mögliche gegen Frankreich gethan werden. In dieser Ansicht begann er denn auch zu handeln.
Unter Pitts Führung studierte Canning sich so in das Subsidiensystem ein, daß der Meister in demselben ihn selbst oft berieth. Eingeweith in die Kabinetsmysterien, schritt er auch eben so bald in Aneignung der Hauspolitik vor. Er lernte, und übte die difficile Kunst, sich zu popularisiren, ohne dem Ministerium zu mißfallen.
In seiner ersten Parlamentsrede, am 31sten Januar 1794, bey Gelegenheit der Discussionen über einen Tractat mit dem Könige von Sardinien, predigte er Krieg, weil jeder Alt-Britte damals keinen süßern Ton kannte. "Hätten wir jetzt keinen Krieg" -- rief er -- "so säße vielleicht auf den Bänken dieses Hauses schon eine correspondirende Revolutionsgesellschaft, und statt von einem Allianztractat hörte man vielleicht Debatten über erzwungene Anleihen, die eine proconsularische Deputation des französischen Nationalconvents einfordern würde."
Als Wilberforce gegen den Sclavenhandel aufstand, nannte auch Canning diesen Handel barbarisch, ungerecht, unpolitisch, und erwarb sich mit diesen Aueßerungen seiner Humanität die Gunst derer, welche Anspruch auf Empfindsamkeit machten.
Wenn er auf diese Weise es auch nicht dahin bringen konnte, der Mann des Volks zu seyn, in dem Sinne wie Fox es gewesen, so war er doch in kurzer Zeit der Mann der Herrschenden in der Nation, der Vertraute der Minister, ihre Stütze im Parlament, und selbst der Liebling John Bulls, in so fern er, vielleicht diesem zu Gefallen, mit unbarmherziger Strenge gegen alles, was französisch hieß, und selbst gegen den damahligen ersten Consul des französischen Volkes, Bonaparte, eiferte.
Als Pitt im Jahre 1801 resignirte, zog sich auch Canning vom Departement der auswärtigen Angelegenheiten zurück; denn bey seiner Denkart war ein Friedensschluß mit Frankreich ein Selbstmord Großbritanniens; sobald aber der gewandte Staatsmann das Steuerruder aus Addingtons schlaffer Hand zurück nahm, war Canning wieder einer der Ersthervortretenden.
Unterdessen hatte er ein bedeutendes Vermögen erhalten, denn er hatte im Jahre 1800 eine von den Töchtern des verstorbenen Generals Scott geheirathet, welche ihm reiche Besitzungen zubrachte.
Später (im Jahre 1805) wurde er durch Pitts Einfluß, Mitglied des Handels- und Anbau-Comité und Schatzmeister der Marine mit dem gewöhnlichen Gehalt von 4000 Pfund Sterling jährlich.
Alle seine Aemter, seine Einflüsse auf das Parlament und das Cabinet verschwanden, als Pitt, den 23sten Januar 1806 starb; jetzt trat Fox's Parthey siegend in's Ministerium; aber ihre Gewalt war bekanntlich von sehr kurzer Dauer und scheiterte an der katholischen Bill für Irland. S e wurde von Pitts Jüngern verdrängt, und Sir George Canning, jetzt Oberster der freywilligen von Sommersethouse, trat muthvoll als Staats-Secretär der auswärtigen Angelegenheiten an die Stätte seines großen Meisters.
Nach der gescheiterten Expedition auf Antwerpen ereignete sich ein Vorfall, welcher Herrn Canning vor der Hand um sein Staatsamt brachte. Es fand nämlich ein Duell zwischen ihm und dem Kriegsminister Lord Castlereagh Statt, wozu folgendes die Veranlassung gab: Schon um Ostern 1809 machte Canning den Premier-Minister, Herzog von Portland, auf die Nothwendigkeit einer Veränderung im Personale des Kriegsministeriums, vorzugsweise in Rücksicht auf die Person des Kriegsministers, aufmerksam, und der Premier-Minister fand seine Bemerkung wohl gegründet; jetzt als die Schelde-Expedition verunglückt war, trug er von neuem auf die Entlassung des Kriegsministers an, und Portland bewilligte sie; Castlereagh, der auch überdieß von seinem Gegner mit bittern Ausdrücken nicht geschont worden war, und nun die ihn betreffende Verhandlung Cannings mit Portland erfuhr, forderte von ersterem Genugthuung. Sie ward in hergebrachter Manier gegeben.
Mit charakterisirender Kürze antwortete Canning:
- "Mylord! Der Ton und der Inhalt des Schreibens, welches ich diesen Augenblick von Ew. Herrlichkeit empfangen habe, machen von meiner Seite jede andere Antwort auf die Misdeutungen und Misverständnisse, wovon es voll ist, überflüssig, als daß ich Ew. Herrlichkeit gern die Genugthuung geben werde, welche Sie verlangen."
Am 21sten September 1809 duellirten sich die beyden Minister auf der Haide bey Pultney, und Herr Canning wurde bey dem zweyten Pistolenschuß im Schenkel verwundet. Da der Herzog von Portland seine Stelle als Premier-Minister niederlegte, so wurden beyde Duellanten, da man sich über die neue Ministerial-Einrichtung nicht einigen konnte, bestimmt, ihre Stellen zu resigniren.
Am 10ten October legte der von seiner Wunde hergestellte Herr Canning die Siegel des auswärtigen Departements wieder in die Hände des Königs nieder, so wie auch Lord Castlereagh die des Kriegsministeriums zurück gab.
So trat Canning vom Schauplatz ab; doch sprach man von seiner nahen Wiederübernahme eines öffentlichen Amtes als von einer ausgemachten Sache.
Er wird als ein Mann geschildert, der Pitt's Grundsätze und Thätigkeit, nicht aber dessen Scharfblick hat, obwohl ihm kluge Umsicht nicht abgesprochen werden kann, in so fern Klugheit mit einer Leidenschaft vereinbar ist, die zur andern Natur geworden. Und diese Leidenschaft- heißt: Haß gegen Frankreich. Unveränderlich hängt er an Pitt's Maximen. Sein Wahlspruch, zu dem er sich öffentlich bekennt, ist: "Besser irren mit Cato, als recht gehen mit dem Troß der Welt!" Im geselligen Leben ist er angenehm, geistreich; ein warmer Freund; im Verfolgen seiner Ziele ist er unermüdlich, im Kampfe ohne Hinterlist.
Merkwürdiger Schluß der Rede des Herrn Cannings, gegen den Französischen Kaiser.[]
- [1808]
In beiden Häusern des Parlaments sind bisher sehr heftige Debatten vorgefallen, deren vornehmster Gegenstand die Unternehmung von Kopenhagen betraf, und besonders trug man darauf an, die Dänischen Schiffe nicht in Gebrauch zu nehmen, damit man sie im Frieden unversehrt wieder zurückgeben könne, aber es gieng auch in diesem Punkte wie gewöhnlich, und wenn Stimmen gesammelt wurden, so behielt die Ministerial-Parthei die Oberhand. Auch über die Möglichkeit eines Friedens mit Frankreich haben sich die politischen Fragen der Parlamentsglieder ausgedehnt, und so wichtig auch dieser Gegenstand ist, wollen wir ihn doch nicht weiter berühren, um Wiederholungen zu vermeiden, da man schon mehreres darüber in Deutschen Blättern gelesen hat. Etwas wichtiges das noch nicht erwähnt worden, ist eine Rede, welche Herr Canning gegen den Französischen Kaiser gehalten, und die nur zu deutlich des Redners Abneigung gegen den Frieden beweißt. Man hat schon öfterer diesem Staatsmanne vorgeworfen, daß er nicht blos heftig sondern gröblich sei, und selbst Englische Journale machen die Bemerkung, Herr Canning habe diesesmal in Unhöflichkeit alles übertroffen, was man nur von ihm erwarten können. Er schloß seine Rede damit, daß England sich bereiten müsse, so lange im Kriege zu bleiben, als das Uebergewicht Napoleons in Europa dauere. Einige Oppositionsglieder machten die Bemerkung, daß dieses Uebergewicht des Kaisers von dessen großen Genie abhängt, und daß folglich die Erklärung des Herrn Canning einen ewigen Krieg anzukündigen schien, worauf er folgende furchtbare Antwort gab: Nein, nicht einen ewigen, sondern nur einen lebenslänglichen Krieg. Hiernach zu urtheilen hätten wir, so lange dieser Staatsmann sich am Ruder befindet, wenige Hofnung zum Frieden, doch man braucht deshalb den Muth nicht sinken zu lassen, da oft ein einziges wichtiges Ereigniß auch hinreichend ist, den Frieden schnell genug herbeizuführen.
Zeitungsnachrichten.[]
1812.[]
London, den 15ten Oktober. [6]
- (Aus dem Morning-Chronikle.)
Herr Canning hatte nach seiner Rückkunft von Konstantinopel am verflossenen Dienstage beym Prinzen Regenten eine Audienz.
Quellen.[]
- ↑ Brandraketen, ein Feuerwerk für Engländer. In zwanglosen Heften. London, 1808. Im Büreau der Ausländer.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
- ↑ Cabinet von biographischen Gemälden der merkwürdigsten Personen aus der neuesten Zeitgeschichte. Gesammelt und herausgegeben von Karl Stein. Berlin 1811.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 283 Montag, den 25. November/7. December 1812.