Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Collectie Rijksmuseum Amsterdam.


Friedrich Wilhelm der II.[]


[1] Die Welt sah diesen König von Preussen an den Begebenheiten, welche die politische Gestalt von Europa veränderten, den ersten thätigsten Antheil nehmen, dann vom Kampf-Schauplatze zurücktreten, dann noch in fortdauernder Wirkung auf die politischen Umstände und Ereignisse, die eben in den letzten Tagen seines Lebens zu den entscheidenden Katastrophen kamen. Eine genaue, umständliche, unparteiische Geschichte kann jetzt noch kein Mensch von dem Leben und der Regierung dieses Monarchen schreiben; wir begnügen und daher folgenden Schattenriß gezeichnet zu haben.

Collectie Rijksmuseum Amsterdam.

Friedrich Wilhelm der II. wurde den 25. September 1744 gebohren. Er war der Sohn August Wilhelms, welcher ein Bruder Friedrichs des II. und Statthalter von Pommern war. Seine Mutter war Louise Amalie, Herzogs Ferdinands Albrecht von Braunschweig-Lüneburg Tochter. Zu Ende des Jahrs 1758 wurde er von seinem Oheim, Friedrich dem II. zum Prinzen von Preussen, das ist zu seinem Nachfolger erklärt, welchem er auch den 17. August 1786 succedirte. Seine erste Gemahlin war Elisabeth Christine Ulrike, Herzogs Karls von Braunschweig Wolfenbüttel Tochter, mit welcher er am 12. Julius 1765 vermählt wurde. Als er sich hernach von ihr im Jahr 1769 scheiden ließ, heirathete er zum zweitenmale, den 14. Julius 1769, die Prinzeßin Friderike Louise, Landgrafs Ludwig des IX. von Hessen-Darmstadt Tochter, welche jetzt zu Charlottenburg ihren Wittwensitz hat.

Die eilfjährige Regierung dieses Monarchen übertraf, in Verhältniß des kurzen Zeitraums, an Mannigfaltigkeit von Merkwürdigkeiten und Abänderungen, die sechs und vierzigjährige Regierung seines grossen Oheims, Friedrich des II., und sie hatte mit ihr frappante Aehnlichkeiten. Im Anfange war Friedrich Wilhelm, wie Friedrich der II. der Gegner Oesterreichs, und mit einer furchtbaren Armee an Böhmens Grenzen, im Begriffe den Krieg anzufangen. Er wurde Freund und Alliirter Oesterreichs, wie Friedrich zur Zeit der ersten pohlnischen Theilung. Seine Freundschaft veränderte sich in jene Zurücktretung, und bedeutungsvolle Beobachtung Oesterreichs, wie man sie bei Friedrich in den baierischen Tauschungs-Planen sah. Er war ein Alliirter von England, wie Friedrich, und ging wieder, wie jener, von der Subsidien-Allianz ab. Er führte Krieg mit Frankreich, wie Friedrich, und schloß einen Partikular-Frieden mit Frankreich, wie jener gegen Ende des siebenjährigen Krieges.

Mit Rußland war er Alliirter zur Theilung Pohlens, wie Friedrich, und beobachtete, wie jener die circumspecteste Vorsicht in seinen Verhältnissen mit dem Petersburger Hofe. Wie Friedrich bot er seinen Protekzions-Bund den Fürsten Deutschlands, nach dem Baßler-Frieden an. Die Preußische Monarchie erweiterte und vergrösserte er, mehr noch als sein grosser Vorgänger. -- Die Herstellung der Ruhe in Holland, die Rettung Schwedens, die wohlthätige Friedensstiftung für die Ottomanische Pforte -- waren Auszeichnungen seiner eilfjährigen Regierung, die Friedrichs lange Regierung nicht hatte.

Ein Viertheil der sechs und vierzigjährigen Regierung Friedrichs war kriegerisch. In der nur eilfjährigen Regierung Friedrich Wilhelms war beinahe die Hälfte kriegerisch.

Ein sanftes, gefühlvolles, zur Liebe, zum Wohlwollen geschaffenes Herz machte die Grundlage des Charakters Friedrich Wilhelms des II. Kaum hatte er den Thron bestiegen, so bewirkte dieses Gefühl eine grosse, unvergeßliche Begebenheit. Er sah eine geliebte Schwester leiden. Er sprach; und Holland war erobert. Die Eroberung der ganzen grossen Republik Holland war ein Werk von 18 Tagen für den Herzog von Braunschweig. Europa bewunderte den neuen Glanz des Ersten seiner Feldherrn. Deutschland stolz auf ihn, überlieferte seinen Ruhm der Ewigkeit, und hielt das Wortgepränge eines exaltirten Enthusiasmus zu gering für ihn. Dergleichen Belohnungen in Phraseologien überlassen die Deutschen den Franzosen. Der Kenner der Zeitumstände weiß, daß Pichegrü in Holland leichtere Arbeit fand, als der Herzog von Braunschweig. Und die Eroberung Pichegrüs machte Holland zum Sklaven von Frankreich; die des Herzogs von Braunschweig gab im seine reine Selbstständigkeit und Integrität wieder. Frankreichs Herrscher nahmen der Republik Holland ihre schönsten Provinzen weg, und mehr als 100 Millionen an baarem Gelde. Preussens Monarch verlangte nichts, auch selbst nicht die ansehnlichen Kosten des Feldzugs. Sein Lohn war die Zufriedenheit seines brüderlichen Herzens. Er hatte eine geliebte Schwester gerettet.

Die Wiederherstellung der Rechte des Oranischen Hauses in Holland hatte eine Triple-Allianz zwischen Preussen, England und Holland zur Folge. Der Graf von Herzberg hielt diese neue Allianz für eine der wichtigsten Begebenheiten zur Sicherheit von Europa, wie er in einem Briefe selbst schrieb. Kaum fünf Jahre waren vergangen, und alle Folgen des Allianz-Systems waren nichts. So hängt alles von dem Schicksale der eintretenden Umstände, von einer höhern Macht an.

Sechs Tage nachdem Franz der II. zum Kaiser gekrönt ward, am 21. und 22. Julius 1792, besprachen sich der neue Kaiser und der König von Preussen zu Mainz. Der König eilte zu seiner Armee, welche in Verbindung mit einem Korps österreichischer Truppen, und einem andern von bewaffneten Emigranten in Frankreich eindrang, dessen Demagogen schon im Aprilmonathe Franz dem II. den Krieg erklärt, und mit einem Ueberfalle in den österreichischen Niederlanden angefangen hatten. Nicht die Deutschen also, noch weniger der König von Preussen, sondern die Franzosen hatten den Krieg angefangen; man muß alle Facta leugnen, wenn man das Gegentheil behaupten will.

Der König, und der Oberbefehlshaber der kombinirten Truppen, der Herzog von Braunschweig, drangen bis gegen Chalons in Frankreich vor. Am 20. September kam es, nach der Eroberung von zweien Festungen, und der Einschliessung eines französischen Korps, zu einer Akzion bei Valmy, die aber nur eine Kanonade blieb, und keine Schlacht wurde.

Demohngeachtet machte dieser Tag eine neue Welt-Epoche. Alles änderte sich. Von Preußischer Seite unterhandelte man mit Dumouriez. Die Unterhandlungen zerschlugen sich. Aber die kombinirte Armee ging zurück, verließ Frankreich, und eilte nach Deutschland. Dringende Umstände hielten den König vorerst von seinen neuen Planen ab, indem dieser Rückzug die dritte Epoche in dem politischen Systeme Friedrich Wilhelms gemacht hatte. Er mußte Deutschland retten. Ein Korps von 12,000 Mann Franzosen hatte, während seines Rückzuges aus Champagne, die wichtige Festung Mainz überfallen, durch Verrätherei eingenommen, Frankfurt besetzt und drohte ins Herz von Deutschland einzubrechen. Nie war das deutsche Reich in grösserer Gefahr. Custine, mächtiger durch die geheimen Verständnisse und Aufwieglungen in vielen deutschen Staaten, als durch die Zahl seiner Truppen, hatte nichts geringeres zur Absicht, als alles in Deutschland zu revoluzioniren. Da setzte ihm der muthige Fürst der Hessen sein treues Volk entgegen, und hielt ihn auf, bis die Preussen herankamen, und ihn zurücktrieben, worauf der König selbst, an der Spitze einer Abtheilung von Preussen und Hessen, am 2. Dezember Frankfurt mit Sturm einnahm, und dann die französische Armee nahe an Mainz zurücktrieb.

SectieMainzKapitulation8

Vorstellung der, unter Höchster Anführung Se. Kö. Maijestät Friedrich Wilhelm Königs von Preusen durch die Kombinirten Armee Belagert, und von denen Franzosen nach 9. Monatlichem Besiz Derselben den 22. Juli 1793. mit Accord wieder erobert Stadt und Festung Mainz.

Im folgenden Jahre eroberte der König die Festung Mainz, nach einer schweren Belagerung; ein Theil seiner Armee unter dem Oberbefehle des Herzogs von Braunschweig schlug die Franzosen, und sie wurden ganz aus Deutschland vertrieben. Landau wurde hierauf von den Preussen berennt, und bombardirt.

Die Kriegskosten am Rheine wurden dem Könige von Preussen in Pohlen bezahlt, wo, vermöge eines neuen Allianz-Traktats mit Rußland, diejenigen Provinzen, die den Nahmen Süd-Preussen bekommen haben, von einem preußischen Korps in Besitz genommen wurden. Der König selbst verließ die Armee am Rheine, um sich nach den neuen Besitzungen in Pohlen zu begeben. Die neuen Verhältnisse mit Rußland, und neuere mit England, welches grosse Subsidien an den König zahlte, erhielten noch seine Theilnahme an dem französischen Kriege, so sehr sich auch sein System hierbei geändert hatte, im folgenden Jahre 1794, aber nicht länger. Im März des Jahrs 1795 hörten alle Feindseligkeiten zwischen den Franzosen und Preussen auf, und am 5. April wurde zu Basel der Friede unterzeichnet.

Der König hatte wegen den Beschäftigungen in Pohlen seinen Wunsch nach einem Frieden mit Frankreich verdoppelt. Die erstere Besitznehmung 1793 hatte Unruhen und einen Krieg zur Folge, in welchem der König selbst seine Armee anführte, mehrere Siege erfocht, und bis nach Warschau vorrückte, sich aber nachher zurückzog, um die in Süd-Preussen ausgebrochenen Insurrekzionen zu vertilgen. Die rußischen Truppen vollendeten indessen den pohlnischen Krieg, und Friedrich Wilhelm erhielt bei der gänzlichen Theilung Pohlens, noch einen grossen Theil dieses Landes, im Jahre 1795.

Die gesammten Erwerbungen von Pohlen betrugen mehr als ein Drittheil der ganzen preußischen Monarchie, an neuer Volksmenge, und zwei Drittheile an Grösse und Umfang. Friedrich Wilhelm bekam einen Zuwachs von 2050 Quadratmeilen, und 2 Millionen 75 tausend Menschen. Die vorigen Einkünfte dieser Länder waren gegen 8 Millionen pohlnische Gulden gestiegen. Daß sie unter der preußischen Regierung gar viel mehr eintragen, ist einleuchtend. Unter den vielen schönen neuerworbenen Städten befand sich die in macherlei Betrachte wichtige Stadt Danzig, und die herrliche Residenz Warschau.

Eine andere Vergrösserung des preußischen Staats erhielt der König durch die Vereinigung der fränkischen Fürstenthümer Baireuth und Ansprach mit der Krone. Der Flächeninhalt dieser Länder wird zu 145 Quadratmeilen, und die Bevölkerung zu 350,000 Menschen angegeben.

Also auf dritthalb Millionen Menschen, und 2200 Quadratmeilen belief sich der Zuwachs der preußischen Staaten unter der Regierung Friedrich Wilhelms. Er fand beim Anfange seiner Beherrschung 6 Millionen Menschen, und hinterließ neunthalb Millionen, er erbte 3600 Quadratmeilen, und hinterließ 5800. Die erworbenen neuen Länder waren höchst fruchtbar, und noch vieler Cultur fähig. Ihre Einkünfte für den Staat vermehrten sich jährlich. Sie gaben ein Arrondissement mit einer Grenze, die die Natur durch die Weichsel formirte.

Unter allen diesen weitausgebreiteten kriegerischen und politischen Beschäftigungen in, und mit dem Auslande, verlohr Friedrich Wilhelm die innern Angelegenheiten nicht aus den Augen. Er ließ das neue, unter Friedrich dem II. entworfene Gesetzbuch vollenden und einführen, machte in den innern Staatsverwaltung viele neue Verbesserungen und Einrichtungen, und ließ die neuerworbenen Länder nach preußischer Ordnung organisiren, unterstützte die Armuth, die Freigebigkeit und durch mehrere neue Anstalten, ermunterte den Handel, die Industrie, und die Künste durch Prämien und vielfache Belohnungen. Er wurde der Stifter einer neuen Akademie der mathematisch-mechanischen, und bildenden Künste, welche unter der Curatel des verdienstvollen Heinitz in kurzer Zeit zu einem hohen Ruhme empor kam. Er bezeigte den deutschen Gelehrten, die von seinem Vorfahrer ihnen oft ungerecht entzogene Achtung, ehrte die deutsche Sprache, und schätzte die Wissenschaften. -- Vorzüglich strebte er dahin, die Religions-Lehrer zur Beobachtung des gesetzlichen Systems anzuhalten, und zu verhüten, daß nicht Jedermann, alles was ihm einfiel und was ihm dünkte, zu Religionsgrundsätzen für Andere machte. Aber er übte die Toleranz mit der ihm immer eigenen Güte aus. Niemand wurde wegen seiner eigenen Religions-Meinungen verfolgt. Nur andern sollte er sie nicht, unter gesetzlicher Autorität eines vom Staate bezahlten Lehrers, und mit Verletzung geleisteter Verpflichtung, aufdringen, und so die Ruhe stöhren. -- Zur Erziehung und Bildung der Jugend ließ er verschiedene neue Anstalten einrichten. Die Städte Berlin, Charlottenburg, und andere verschönerte er, besonders in den ersten Jahren seiner Regierung, mit vielen, zum Theil prächtigen Gebäuden. Alle Zweige der Staatsverwaltung erhielten von ihm Verbesserungen.

Der persönliche Charakter Friedrich Wilhelms beruhte auf Menschenfreundlichkeit, und Güte des Herzens, wie schon oben bemerkt worden. Dieser Sanftmuth stand martialischer Muth und Tapferkeit zu Seite. Bei der heftigen Kanonade vor Valmy in Champagne, ritt er, um seinen Truppen Muth zu machen, vor die Linie, und rief: "Kinder! seht, ich bin hier viel höher wie ihr, und die Kugeln thun mir, und dem Pferde nichts, habt also keine Furcht." -- So wenig er sich selbst im Kriege schonte, so sehr schonte er sein Volk. Auch hat dieß Sentiment: nicht mit grosser Aufopferung von vielen Menschen Siege zu erkaufen, grosse Siege, die zu gewinnen waren, hintertrieben, Der französische, und der polnische Krieg, vornehmlich die Belagerung von Warschau, gaben davon Beweise.

Friedrich Wilhelm war einer der längsten, und einer der schönsten Menschen seiner Staaten. Sein Kopf schien nur, wegen der grossen Corpulenz seines Körpers, etwas kleiner. Eben diese Corpulenz verursachte ihm manche Beschwerden, und war ihm, besonders in der spätern Zeit, im langen Reiten hinderlich. Er konnte nicht zwei Stunden ohne unangenehme körperliche Empfindung zu Pferde seyn. Desto verdienstvoller waren die Mühseligkeiten und Anstrengungen, die er in den Feldzügen mit immer heitern Gemüthe, ausstand. Er hatte zur Belohnung das seltene Glück, daß Er, und seine Truppen viele Siege erfochten, und nie eine Schlacht verlohren.

Er liebte die Religion, ohne ein Bigott zu seyn zu wollen. Wenn die liebreichen Regungen seines Herzens ihn zu Vergnügungen gereitzt, zur Geselligkeit herablassend machten, so wurde doch dadurch den Staats-Kriegs- und Regierungs-Geschäften die erforderliche Zeit entzogen. Er war bei der Tafel ungemein enthaltsam, trank äusserst wenig, und sprach mit besonderer Bedachtsamkeit.

Die charakteristische Güte, die ihm auszeichnete, ging so weit, daß er selbst diejenigen Personen, denen er durch Verabschiedungen, oder auf andere Weise seine Unzufriedenheit bezeigt hatte, nachher, wenn er sie ohngefähr sah, freundlich anredete, und überhaupt keine Merkmale eines wirklichen Hasses, oder langen Grolles blicken ließ. Die Urtheile der Justiz milderte er fast immer und den zum Verhaft Verdammten erleichterte er ihren Zustand auf alle mögliche Art.

Er hatte zwar niemals eine eigentliche schwere Krankheit gehabt; aber sein starker Körper gab ihm keine feste Gesundheit, und die Beschwerden der Feldzüge untergruben sie. Er starb am 16. November 1797 an der Wassersucht auf seinem Schlosse bei Potsdam, im 54. Jahre seines Lebens, nach einer Regierung von 11 Jahren und drei Monathen.

Die Geschichte wird einst von diesem Monarchen mit unparteiischer, treuer Wahrheit sagen, daß er mit grosser Leutseligkeit und Milde regiert, und die Glückseligkeit seiner Länder vom ganzen Herzen gewollt und befördert habe.


Gebohren Friedrich Wilhelm II., König von Preußen.[]


Der fünf und zwanzigste September 1744. [2]

Friedrich II., den Europa als Helden und weisen Regenten bewunderte, den seine Unterthanen mit Stolz verehrten, der sein Land auf eine so hohe Stufe der Kultur in jeder Rücksicht gebracht hatte, die bey seinem Regierungsantritte kaum zu erwarten war, kurz -- der Einzige -- starb am 17ten August 1786, und Friedrich Wilhelm II. bestieg den preußischen Königsthron. In dem baierischen Erbfolge Krieg hatte er sich den Beyfall seines grossen Vorgängers erworben. Er hatte sich Sprachkenntnisse und vielerley Wissenschaften zu eigen gemacht, besonders liebte er Geschichte, die wahre Lehrerin der Könige. Von Friedrich erbte er eine treffliche Armee, eine vollgefüllte Schatzkammer, wohlverwahrte Festungen, angehäufte Magazine aller Art und ein Land voll der herrlichsten Einrichtungen.

Das Ende des polnischen Krieges vermehrte sein Reich um zwey Drittheile Landes und ein Drittheil an Volksmenge. Danzig und Warschau wurden preußische Städte. Ansbach und Baireuth vergrösserten den Staat um 145 Quadratmeilen und 350,000 Seelen. Er übernahm von Friedrich 6 Millionen Menschen und hinterließ neunthalb Millionen; er hatte 3600 Quadratmeilen Landes und hinterließ 5800. Unter ihm wurde die Ruhe in Holland hergestellt und der Krieg gegen Frankreich in Verbindung mit Oesterreich und dem deutschen Reiche begonnen, dem von preußischer Seite der Friede zu Basel ein Ende machte.

Mitten unter den Kriegen wurde das unter Friedrich angefangene Gesetzbuch für die preußischen Staaten vollendet, manche schöne Einrichtung in der innern Landesverfassung gemacht, der Handel ermuntert, die Industrie neu belebt; die Wissenschaften und Künste fanden an ihm einen liberalen Unterstützer und die vorhin ganz französische Akademie der Wissenschaften zu Berlin wurde grossentheils mit würdigen deutschen Männern besetzt. Berlin und Charlottenburg verschönerten sich immer mehr, und Friedrich Wilhelm würde die Bewunderung seiner Zeit mit ins Grab genommen haben, wenn er nicht durch so Manche aus seinen nächsten Umgebungen gemißbraucht worden wäre. Unzeitige Religionseiferer nützten seine Schwäche zur Unterdrückung der Denk- und Preßfreyheit, die unter Friedrich in ihrem höchsten Glanze strahlten; Religionsedikte drohten das vorhin hell denkende Land zu verfinstern; Geisterseher hielten den König durch Mummereyen gefangen, und Verschwender plünderten seine Schatzkammer.

Er starb an der Wassersucht auf seinem Schloß bey Potsdam am 16ten November 1797 und hat nur ein Alter von 54 Jahren erreicht.


Einige charakteristische Heldenzüge Friedrich Wilhelms.[]


[3] Es ist bekannt, daß Friedrich Wilhelm mit dem besten Herzen, welches je ein Monarch hatte, diejenigen soldatischen Eigenschaften verbindet, die immer große Fürsten auszeichnen. Man kann sicher sagen, daß er die Gefahren so wenig scheut, als sein unsterblicher Onkel, daß er es demselben an persönlichen Muthe, an Unerschrockenheit gleich thut, und sich mehr noch den Gefahren, bey geringen Vorfällen aussetzt, als Friedrich der Zweyte zu thun pflegte. Wenn er sich aber weniger schont, so schont er die Soldaten weit mehr, wovon man viele Beyspiele anführen könnte. Er schätzt das Leben seiner Soldaten höher, als den Ruhm des Sieges. Sonst wäre die Action bey Valmy eine große Schlacht, ein sichrer großer Sieg geworden. Sonst wäre die Festung Königstein längst erstürmt, da sie zwar eine Bergfestung, aber schwach besetzt war.

Den Grund dieses Heldenmuths gab der erhabne Fürst einst selbst an, da man ihm vorstellte, daß man Argwohn von hinterlistigen Nachstellungen auf sein Leben habe. -- "Mein Leben ist in Gottes Hand --" antwortete er ruhig und heiter.

Hier sind einige Anekdoten von dem noch nicht geendigten Feldzuge, die in der Geschichte aufbewahrt werden müssen. In der eben erwähnten Action bey Valmy in Champagne, bemerkte man, daß einige, vermuthlich neue, Soldaten im ersten Gliede sich vor den herumfliegenden Kugeln bückten. Da ritt der König vor die Spitze, und rief den Soldaten zu: "Schämt euch Kinder! wozu dieß Bücken? Ich bin hier zu Pferde ja viel höher, und die Kugeln schaden mit nichts." Man kann sich die Wirkung dieser königlichen Worte vorstellen.

Ein Officier schrieb am 20sten December. "Wir sind abgehärtet genug, im Felde zu bleiben, da unser König immer Selbst an der Spitze ist. Er setzt sich der schlimmsten Witterung aus, und theilt alle Gefahren und Beschwerden mit seinen Soldaten. Bey der erstern Affaire bey Hochheim sahe ich ihn bey jedem Angriffe. Es war unbeschreiblich übles Wetter. Schnee und Wind stürmten unaufhörlich. Ich sahe den König munter und vergnügt Schnee, und Eis von seinem Rocke abschütteln. Die Scene war rührend. Die Soldaten schrieen: Es lebe der König! Wir wollen alle gern für ihn sterben! Ich glaube, in diesem Augenblicke hatten wir den Himmel gestürmt. Die Leute lieben den König wie ihren Vater." -- .

Bey der zweyten Affaire in Hochheim am 6ten Jan. führte der König eine Colonne an, und bey den meuchelmörderischen Schützen der 30 versteckten Franzosen auf dem Thurme, wovon im vorhergehenden Artikel Erwähnung geschehen, sagte er ganz gelassen: "Nun muß man dem Spiele ein Ende machen; drauf Bursche!" worauf auch jene Franzosen alle niedergemacht wurden.

Bey der Einnahme von Frankfurt war der König an der Spitze der zweyten Colonne, und kam gleich hinter den ersten eindringenden Heßen in die Stadt, indem noch auf den Straßen gefeuert wurde, und noch viele bewafnete Franzosen in die Stadt waren, sie sich nicht ergeben wollten, und wüthend fochten.


Zeitungsnachrichten.[]

1793.[]

Frankfurt, vom 30. Herbstmonat. [4]

Diesen Nachmittag gegen 2. Uhr sind Se. Maj. der König von Preussen in allerhöchstem Wohlseyn auf ihrer Rückreise nach Berlin dahier eingetroffen, und im Gasthofe zum grossen rothen Hause abgestiegen. Allerhöchst Dieselben werden heute Abend dem Theater beywohnen.

Frankfurt, vom 3. Weinmonat [5]

Heute Morgen sind Se. Maj. der König von Preussen, in Begleitung des Prinzen von Nassau Siegen und des Marquis von Luchesini, unter vielen tausend Segenswünschen, von hier wieder nach Berlin abgereist. Gestern Nachmittags um 4. Uhr begaben sich Se. Maj. in Höchsteigener Person nach dem neuen Lazareth auf dem Wall, nahmen daselbst alle Veranstaltungen für die Kranken und Blessirten allergnädigst in Augenschein, und äusserten darüber Höchstdero Zufriedenheit. Indem Se. Maj, das ganze Lazareth durchgiengen, unterhielten Sie sich mit verschiedenen Kranken und Bleßirten in den gnädigsten Ausdrücken, und beschenkten allergnädigst sämtliche sich hier in denen Lazarethen befindende Preußis. und Oesterreichis. Kranken mit 58. Friedrichsd'or, welche Summe gleichmäßig unter sie vertheilet worden ist.

Berlin, vom 28. Herbstmonat. [6]

Der König wird heute oder morgen über Frankfurt am Mayn abreisen, sich über Erfurt, Leipzig, Frankfurt an der Oder xc. nach seinen Süd-Preußischen Staaten begeben, und dann nach Berlin zurückkommen. Vorigen Dienstag kam deßhalb eine Estafette hier an, und es ward sogleich ein Post-Sekretair als Kourier abgeschickt, um die chursächsischen und Reichspostämter wegen der Bereithaltung der nöthigen Relaispferde zu requiriren. -- Die Equipage und die Reitpferde des Königs sind bereits von Berlin abgegangen.

Leipzig, vom 8 Weinmonat. [7]

Gestern Nachmittags gegen 3 Uhr sind Se. Majest. der König von Preussen in höchstem Wohlseyn von der Armee hier eingetroffen und im Hotel de Saxe abgetreten. Des Abends erhoben sich Allerhöchstdieselben in das Schauspielhaus, und sezten heute früh um halb 6 Uhr Dero Reise nach Frankfurt an der Oder weiter fort. Vorgestern Abends hatte unsere Stadt auch das Glük, Se. Hochfürstl. Durchl. den Landgrafen von Hessen-Cassel hier eintreffen zu sehen; Höchstdieselben sind bey Dero Hrn. Sohn, dem Durchl. Erbprinzen von Hessen-Cassel, abgetreten.

Aus dem Brandenburgischen, vom 8 Weinm. [8]

Gestern Abend sind Se. Königl. Majest. in Frankfurt an der Oder eingetroffen, werden sich heute daselbst aufhalten, morgen nach Posen abreisen, und den 13ten dieses in Petrikau eintreffen. Wohin die Reise weiter geht, ist noch nicht bekannt; man glaubt aber, daß der König bis nach dem Kloster Czenstochow gehen, und von da nach Berlin zurükkommen werde.

Der Kronprinz ist gestern in Brandenburg erwartet worden. Man weiß aber noch nicht, ob er vorerst in Potsdam oder in Berlin auf dem Schloß sich aufhalten werden, indem das Palais noch nicht fertig ist.

Berlin, vom 9. Wintermonat. [9]

Gestern Abend sind Se. Maj. der König zur Freude aller Einwohner, in allerhöchstem Wohlseyn hier eingetroffen.

Berlin, vom 12 Wintermonat. [10]

Am Samstag beehrten Se. Maj. das Nationaltheater mit Ihrer Gegenwart. Als Se. Maj. in Ihre Loge traten, brach das ganze, äusserst zahlreich versammelte Publikum, das schon seit 2 und 3 Uhr Nachmittags alle Pläze eingenommen hatte, in ein lautes Freudengeschrey, und in ein unzähligemal wiederholtes: es lebe der König! es lebe unser guter König! aus. Se. Maj. dankten dem Publikum für diesen lauten Beweis seiner aufrichtigen Liebe und Verehrung durch wiederholte Verbeugungen, und mit der huldreichsten Miene. Es ward ein musikalisches Vorspiel in Versen, das Opfer der Treue, von Hrn. Carl Herkloz aufgeführt, und besonders wegen seines Gegenstandes mit lautem Beyfall aufgenom'en. Als das darauf folgende; zum erstenmal gegebene Stück von Iffland; der Vormund, beynahe geendigt war, schein es, als ob Se. Maj. sich in der Stille entfernen wollten. Aber das Publikum, das ununterbrochen mit den Augen an seinen so lange entfernt gewesenen, und nun mit Ruhm bedeckt zurückgekehrten Könige gehangen hatte, bemerkte die Bewegung Sr. Maj. augenblicklich, und drang aufs neue in den vorigen Freudentaumel aus. Se. Maj. traten nun sogleich in Ihrer Loge etwas vor, bezeugten abermals durch wiederholte Verbeugungen, daß Ihnen die Liebe Ihres treuen Volkes nicht gleichgültig ist. Erst nach geraumer Zeit, und mitten unter dem lautesten Jubel der Freude, verliessen Se. Maj. das Schauspielhaus.

Gestern Morgens um 8 Uhr, reißten Se. Maj. der König nach Potsdam, wo Allerhöchstdieselben mit eben dem frohen Verlangen erwartet wurden, wie in ihrer Residenz Berlin.



Collectie Rijksmuseum Amsterdam.


Quellen.[]

  1. Charakteristische Lebensgemälde unserer denkwürdigsten Zeitgenossen. Herausgegeben von Julius Gustav Meißner. Zweiter Band. Wien, 1800. Im Verlage bei Anton Doll.
  2. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  3. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1793. Herausgegeben von einer Gesellschaft von Gelehrten. Hamburg, auf den Post-Aemtern und in der Hoffmannschen Buchhandlung 1793.
  4. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 5. Weinmonat, 1793. Num. 80.
  5. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 9. Weinmonat, 1793. Num. 81.
  6. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 12. Weinmonat, 1793. Num. 82.
  7. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 16. Weinmonat, 1793. Num. 83.
  8. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 23. Weinmonat, 1793. Num. 85.
  9. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 20. Wintermonat, 1793. Num. 93.
  10. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 27. Wintermonat, 1793. Num. 95.
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