Prinz Ludwig von Preußen.[]
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Er war der Bruder des jetzt regierenden Königs von Preussen, und wurde den 5. November 1773 gebohren. Von seiner Kindheit an beobachtete man viele Lebhaftigkeit und Heiterkeit des Geistes an ihm, so wie eine gewisse Innigkeit und Herzlichkeit, die er vorzüglich gegen seine Eltern und gegen seinen Bruder, den jetzigen König, äußerte. Auch bemerkte man von seiner ersten Jugend an in ihm die herrlichsten Keime und Anlagen; er faßte eben so leicht, als er das einmal Gefaßte behielt, und weiter bearbeitete. Seine rege, immer lebhafte Einbildungskraft wußte sich jeden interessanten Gegenstand von den verschiedensten Seiten vorzustellen, und dadurch gewissermaßen immer neu zu erhalten. Vorzüglich fand er an der Geschichte, den schönen Wissenschaften und der Naturlehre Vergnügen, in denen er auch nicht unbeträchtliche Fortschritte machte; außerdem studirte er Sprachen, Geographie, und in der Folge Mathematik. Man soll selbst mehrere wissenschaftliche Aufsätze, die er in spätern Jahren bearbeitet, und von denen einige noch unvollendet gewesen, bey seinem Tode in seinem Pult gefunden haben.
Vermöge der Lebhaftigkeit seines Temperaments war er ein großer Freund von gymnastischen Übungen, bey denen er sich stets durch Unerschrockenheit auszeichnete. Wohlthätigkeit war ein Hauptzug in dem Charakter dieses Prinzen. Als ihm die Königinn, seine Mutter, den ersten harten Thaler zum freyen Gebrauch gab, schenkte er ihn einem armen kranken Mann, und ließ ihm seine fernere Unterstützung zusichern.
Alle Preußische Prinzen widmen sich dem Kriegsstande; der Pflicht, ihren König, ihr Vaterland zu schützen; für beyde gegen die Anfälle der Feinde zu fechten, und dem allgemeinen Wohl Leben und Blut zu opfern. Sie ehren den Stand der Beschützer des Vaterlandes durch ihren Heldenmuth und ihre Unerschrockenheit bey Gefahren; sie gereichen ihm zur Zierde durch Gerechtigkeitsliebe und Humanität, durch Kaltblütigkeit und überlegende Klugheit. Auch unser Prinz Ludwig war in dieser Hinsicht ein musterhaftes Beyspiel. Er schätzte den Soldaten, behandelte ihn gerecht, und munterte seinen Muth durch eigenen persönlichen Muth, durch Tapferkeit und Klugheit auf, aber er war auch sein unerbittlicher Richter, wenn er statt gegen den Feind zu fechten, eine Geißel der Unbewaffneten werden, und durch ein unwürdiges Betragen seinem Stande zur Unehre gereichen wollte.
Einen Beweis von seinem Heldenmuth mag folgendes Beyspiel geben. Als der Herzog von Braunschweig den 23. März 1793 über den Rhein gieng, und den französischen General Custine bis in den Bienenwald zurückschlug, wurde der Prinz Ludwig beordert, mit dem Regiment Anspach Baireuth nach Worms zu marschieren, wohin er sich auch den 28. März mit zwey Eskadrons von Alsheim aus in den Marsch setzte. Als er hinter Mettenheim kam, wurde er eine etwa 1000 Mann starke Colonne Franzosen gewahr, die ihren Marsch nach Rheintürkheim auf der Chaussee von Mainz nehmen wollten. Sie erblickten die Preussen, ließen sich aber, da es nur 2 Eskadrons waren, in ihrem Marsch nicht aufhalten. Der Prinz, dessen militärische Auge gleich das Terrain überlegte, ließ die Colonne bis auf die Pläne bey dem Wiedertäuferhof hervor marschieren. Nun sagte er: Burschen! es ist Zeit, wer ein braver Kerl ist, der folgt. Er setzte sich an die Spitze der Eskadrons, und machte einen Choc. Wie er dem Feind bis auf 100 Schritt nahe gekommen war, bekam er eine feindliche Gewehrsalve. Aber noch ehe dieser wieder geladen hatte, hieb der Prinz mit beyden Eskadrons in selbigen ein, und sprengte ihn auseinander. An 100 Mann wurden niedergehauen, 900 zu Kriegsgefangenen gemacht, und die Kriegskasse, nebst einigen Kanonen erbeutet.
Wie der König diese Tapfere That erfuhr, ernannte er ihn sogleich zum Obristen. Als der Prinz zurückkam, und noch ganz müde war, hörte er, daß ein Korps von 6000 Mann Kavallerie und Infanterie einen Anfall aufs Hauptquartier mache. Der Gedanke, sein König und sein Vater sey in Gefahr, gab seinen ermüdeten Gliedern und seinen angespannten Nerven, aus einmal wieder neue Schwungskraft. Er setzte sich auf und jagte mit den Dragonern dem Ort der vermeintlichen Gefahr zu. Der Feind war indessen gar nicht so weit gekommen, sondern schon im Zurückweichen begriffen. Aber auch auf diesem that er ihm vielen Schaden.
Auch in der Schlacht bey Seelze, welche den 6. Juni 1794 gegen Kosciusko geliefert wurde, war der verstorbene König mit den Maaßregeln des Prinzen, und der geschickten Ausführungen derselben so zufrieden, daß er ihn auf dem Schlachtfelde sogleich zum Generalmajor ernannte, und ihm die Freude gewährte, sich diese Stelle, so wie die bis dahin bekleidete, einzig durch eine ausgezeichnete Tapferkeit und rühmliche Entschlossenheit verdient zu haben.
Den 26. Dezember 1793 vermählte sich Ludwig mit der Prinzessinn Frederike Karoline Sophie Alexandrine von Mecklenburg-Strelitz. Daß diese Ehe glücklich war, daß Einigkeit, Liebe und Zärtlichkeit stets zwischen dem hohen Paare herrsche, ist allgemein bekannt gewesen. Ja es ist gewiß, daß ihr musterhaftes Beyspiel und ihr stets würdiges Betragen, Einfachheit und häusliche Freuden in manche Familien eingeführt haben, wo beyde sonst nicht zum Tone gehörten.
Im Sommer 1795 wurde der Prinz zum Koadjutor der Johanniter-Maltheser-Ordens-Ballei Brandenburg ernannt, und vom Prinz Ferdinand von Preußen zu Sonnenburg feyerlich zum Ritter geschlagen, und als solcher eingeführt. Lebhaft war die Freude über diese Wahl bey allen Rittern; der Orden rechnete es sich zur Zierde, ein so würdiges Mitglied erhalten zu haben, und so frohe Aussichten in die Zukunft eröffnet zu sehen. Leider! wollte es aber das Schicksal, daß er so, wie Prinz Heinrich Ferdinand, nicht zur Regierung kommen, sondern wie dieser, dem Orden bald wieder entrissen werden sollte.
Wollte ich ein Gemählde aller der Wohlthaten aufstellen, welche die Prinz Ludwig und seine Gemahlinn den Armen täglich erzeugten, so müßte ich noch viele Bögen anfüllen. Man kann mit Recht sagen, der Prinz entbehrte, zog sich selbst an Bequemlichkeiten ab, um nur die Armuth nicht weinen zu lassen. Ohngeachtet seiner vielen Wohlthaten, übertrat er aber nie seinen Etat, der jährlich aus 12,000 Thaler Schatullgeldern bestand, so daß nach seinem Tode noch mehrerere Gelder in seiner Schatulle vorhanden waren, ohne daß er irgend einige Schulden gehabt hätte. Sein Regiment liebte er vorzüglich, das seine Liebe auch redlich erwiederte, und gab nicht nur mehrere beträchtliche Zulagen, sondern nahm sich auch als wahrer Vater der Kranken, der Invaliden, der Wittwen und Waisen desselben an.
Der verewigte Prinz verließ sich nie auf andere, gab nie den Einredungen seiner Vertrauten alleiniges Gehör, sondern sah stets mit eigenen Augen, und urtheilte erst, wenn er eine Sache selbst untersucht, und sich von der wahren Lage der Dinge gehörig unterrichtet hatte. -- Als einst eine Wittwe von einem Bedienten abgewiesen wurde, und dieß der Prinz erfuhr, so sagte er: Nein! das darf nicht seyn, daß sich irgend einer meiner bedienten unterstehe, jemand den Vortritt zu mir zu versagen. Auch von den Ärmsten und Geringsten will ich mich stets sprechen lassen, und kann ich ihn nicht erhören, so will ich es ihm schon selbst sagen, ohne desfalls einem meiner Bedienten ein solches Recht einzuräumen.
Durch diese und tausend ähnliche Thaten erwarb sich der Prinz Ludwig, wie natürlich, nicht nur in Berlin, sondern auch in allen preußischen Staaten allgemeine Achtung, Ehrfurcht und Liebe. Alles war auch bey seinem frühen Tode, welche den 28. Dezember 1796 nach einem vier wöchentlichen Krankenlager erfolgte, so gerührt, daß jeder glaubte, ihm sey ein Vater, ein Sohn oder ein Bruder gestorben!
Quellen.[]
- ↑ Charakteristische Lebensgemälde unserer denkwürdigsten und berüchtigtesten Zeitgenossen. Herausgegeben von Julius Gustav Meißner. Wien, 1799. Im Verlage bey Anton Doll.