Friedrich Carl Joseph.[]
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Friedrich Carl Joseph, Churfürst von Mainz und Erzkanzler des deutschen Reichs, starb den 25. Juli 1803 zu Aschaffenburg. Er stammte aus dem Hause der Freiherren von Erlach, und wurde am 3. Januar 1719 geboren. Den 24. Juli 1774 wurde er zum Erzbischof von Mainz und den 26. zum Bischof von Worms erwählt. Er war ein trefflicher Regent, ein Beschützer und Kenner der Wissenschaften, und ein edler Mensch. Der hervorstechendste Zug seines Charakters war Gerechtigkeit, er setzte der Willkür der Beamten Schranken, und verschaffte der gedrückten Unschuld mit edlem Eifer Recht. Er belohnte und munterte das Verdienst auf, wo er es fand; mehrere Protestanten, wie Joh. von Müller, von Seckendorf, standen in seinen Diensten. Er erwarb sich Verdienste um die Cultur seines Landes durch Prämien, Abschaffung der Leibeigenschaft, Begünstigung der Colonisten. In Mainz errichtete er Armenversorgungsanstalten, ebendaselbst und in Erfurt Hebammen- und Rettungsinstitute und Arbeitshäuser. Für die Aufnahme der Wissenschaften that er an beiden Orten viel. Er rief G. Forster, Sömmerring und Andere nach Mainz und behandelte jeden Gelehrten mit Auszeichnung. In dem Nunciaturstreit zeigte er sich als einen warmen Vertheidiger der Kirchenfreiheit, und durch seinen Beitritt zum Fürstenbunde als einen Beschützer der deutschen Fürstenrechte. Obgleich seine Einkünfte sehr geschmälert wurden, so ließ er doch allen Wittwen und Waisen die ausgesetzten Gnadengehalte und seinen Staatsdienern auf dem linken Rheinufer ihren Gehalt ferner auszahlen. Durch diese und viele andere Züge von Seelengröße und Edelmuth erwarb er sich den Dank seiner Unterthanen und die Verehrung der Mit- und Nachwelt.
Von Reisenden.[]
Johann Nikolaus Becker.[]
- [1792]
Ich komme auf den Fürsten, der gewiß in jeder Rücksicht ein bedeutender Mann ist. Die öffentlichen Nachrichten, die man auswärts von ihm bekömmt, sind die widersprechendsten und lächerlichsten, die man hören kann. Einige haben ihn mir als einen tiefblickenden, Andere als eine oberflächlichen, und noch Andere als einen der besten Männer Deutschlands geschildert. Diesen letzten konnte ich nicht anders antworten, als daß die Zahl von guten Männern in Deutschland mehr als schätzbar als groß sey. Ich will dir nun seinen ganzen Karakter, so wie ich ihn aus Thaten und Beobachtungen zusammengesetzet habe, getreu darstellen, und dann magst du selbst daraus einen Blick über das Ganze werfen.
Der Kurfürst von Mainz ist nicht nur ein ausgebildeter, sondern auch ein auf seinen Staat äußerst aufmerksamer Mann. Er liebt die Künste und Wissenschaften; das bezeugen die vielen schönen und trefflichen Anstalten, die er nach dem erhabnen Beispiele seines Vorfahrers in dieser Rücksicht gemacht hat; das bezeugen die großen Gelehrten, die seine Stadt schmücken; das bezeugen die großen Vorsprünge, die Mainz vor seinen Nachbarn in allen Fächern der Wissenschaft gemacht hat. Er ist zugleich ein Beweis, daß die Meinung verschiedner Eifersüchtigen ungegründet ist, die ihm vorwerfen, als habe er seit einigen Jahren die besten Männer von seinem Hofe entfernet, um desto ungestörter im Trüben zu fischen. Dummer und unverschämter kann der Fürst nicht gelästert werden. Ich sah ihn einmal im Theater, und ich muß gestehen, er könnte einen tiefblickenden Lavater vielen Stof zu physionomischen Betrachtungen geben. Er hat eine starke und gebogene Nase, scharfe Züge, und überhaupt ein viel bedeutendes Gesicht. Als er hereintrat, ward er von allen Seiten mit einem Getöse und Geklatsche bewillkommet, worüber er gar höflich gegen das Publikum dankte. Er scheint aber nicht vieles Vergnügen am Theaterwesen zu haben, denn ich sah ihn die ganze Zeit über mit einem Kammerherrn sprechen, und selten einen Blick auf die Akteurs werfen, aber bei einer guten Darstellung recht herzlich zuklatschen. Er besucht das Schauspiel nie, und die Oper nur höchst selten. Man will die starken Ausdünstungen der vielen Lichter und zahlreichen Zuschauer als die Ursache davon angeben, die seinem hohen Alter nicht zuträglich sind. -- Er stammt aus der Familie von Erthal, und hat am kaiserlichen Hofe mehrere Jahre als mainzischer Gesandte gestanden, wo er sich eine große Welt- und Menschen-Kenntniß erworben hat, die ihm hier gut zu statten kommt. Er wurde bei der letzten Erledigung des erzbischöfflichen Stuhles von dem kaiserlichen Hofe dem hiesigen Domkapitel empfohlen, das auch kein Bedenken trug, ihn zu wählen. Daß dies ganz ohne Absicht von jener Seite geschehen sey, kann ich keineswegs glauben, denn wer nur einigermaßen einen Blick in das Staatsrecht geworfen hat, wird leicht einsehen, wie vortheilhaft die Freundschaft eines hiesigen Kurfürsten jedem deutschen Hofe seyn könne, und wie leicht der Sprung auf den kaiserlichen Thron ist, wenn man den Direktor der Wahl auf seiner Seite hat. Wirklich hat auch der Kurfürst unter Theresiens Regierung mit warmer Freundschaft am Kaiser-Hofe gehangen, ja sogar einige seiner Grundsätze in Erzbisthum in Ausübung gebracht. Sobald aber Joseph an's Ruder kam, war plötzlich alles verschwunden. Dies schien sich nun unter Leopolds Regierung wieder ein wenig geändert zu haben. Was es aber ferner für eine Wendung nehmen möchte, kann allein die Zukunft entscheiden. Indessen schien der Mainzer über die Wahl des itzigen Kurfürsten sehr erfreut zu seyn, denn wie mich ein Augenzeuge versicherte, hat man ihm, als er das erstemal als Kurfürst ausfuhr, alle Wege mit Blumen bestreut; eine Ehre, die noch selten einem Großen widerfahren ist! Nun scheint sich aber Vieles verändert zu haben. Man findet in der Stadt wenige Bürger, die gut auf ihren Landesherrn zu sprechen wären, wovon dieser dann auch unterrichtet ist, und ich möchte es seine schwache Seite nennen, daß man ihn so leicht in Furcht setzen kann. Besonders ist er bei der alten Geistlichkeit gar nicht gelitten. Kennt man aber die Anstalten, die in Rücksicht dieser gemacht worden, so wird man leicht die Ursache davon finden können. Reformationen der Klöster, neue Schuleinrichtungen, Eifer gegen Aberglauben und Bigotterie sind die Sachen, wodurch man sich den ganzen Groll dieser Halbmenschen auf den Hals laden kann.
Nichts als Prachtliebe und Verschwendung kann man dem Fürsten zur Last legen. Es ist wahr, dieser Fehler kann einem Lande sehr gefährlich und verderblich werden; dies sieht man deutlich, wenn man die Ausgaben berechnet, die der hiesige Hof auch bei der äußersten Simplicität und Sparsamkeit zu bestreiten hat. Man ist einig, daß der Kurfürst hierinn sehr zu entschuldigen sey; man schreibt Alles kriechenden Räthen und Damen auf die Rechnung. Dies kann derjenige, der nur vor Ferne mit der Regierung des Landes vertraut ist, leicht glauben, und das um so mehr, wenn er die Einflüsse einer E*** und eines H** kennt. Unterdessen häufen sich die Schulden, und der Unzufriedenen werden immer mehr im Land. Durch diese Verschwendungen kommen dann alle Laster mehr in Gang; Untreue gegen den Fürsten, und Bestechungen sind die ersten Folgen davon; das Verdienst wird unterdrückt, weil es dem Minister nicht schmeichlen, und der Dame sich nicht kriechend unterwerfen will.
Der Hofstaat des hiesigen Erzstiftes begreift alte und wichtige Familien; Erbmarschall ist der Landgraf zu Hessen, Erzbaumeister der Pfalzgraf zu Zweibrücken, Erbküchenmeister der von Greifenklau zu Vollraths, Erbschenk der Graf von Schönborn, Erzkämmerer der Graf von Stollberg, und Erbkämmerer der Graf von Metternich Winneburg. Die übrigen Personen des Hofstaates machen ohngefähr 500 Personen aus.
Die Einkünfte des Hofes sollen ohngefähr 1,700,000 Fl. betragen, wovon nach Büschings neuer Erdbeschreibung die Weinzölle allein 150,000 Fl. abwerfen und nach Schlözers Briefwechsel der Eichsfelder Staat 180,000 Fl. einträgt. Von diesem letztern hat man im vorigen Jahrhunderte folgenden Steuerfuß festgesetzt. Dem zu Folge muß die Ritterschaft von jedem 1,500 Fl. 327, die Städte Heiligenstadt und Duderstadt 237, und die Geistlichkeit 150 Fl. eintragen.
Die Finanzen werden von folgenden Dikasterien verwaltet: 1) durch die Hofkammer zu Mainz, 2) die Rechnungsrevisions-Kammer, 3) die Kammer zu Erfurth und 4) durch die Kammer auf dem Eichsfeld.
Zeitungsnachrichten.[]
1793.[]
Frankfurt, vom 13. Herbstmonat [3]
Am 9. dieses Nachmittags gegen 4. Uhr hat der Churfürst von Mainz unter dem Geläute der Glocken und dem Donner der Kanonen seinen Einzug in Mainz gehalten. Innerhalb der Stadt spannten 20. Mezger die Pferde aus, und zogen den Wagen bis in das deutsche Haus. Tags darauf fuhr der Churfürst in das Gartenfeld spaziren, und hatte Mittags die sämtliche Generalität und alle garnisonirende Staabsofficiers bey sich zur Tafel.