Nachrichten den französischen General Miranda betreffend.[]
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Miranda ist ein Eingebohrner von Caracos in Süd-America, wo er sehr ansehnliche Besitzungen hat. Zu Anfang des americanischen Krieges war er Adjutant (und in der Folge auch Oberster in Spanischen Diensten) des Gouvernörs von der Havannah. Der Gouvernör ward zurückberufen; und bey seiner Ankunft in Cadix ins Gefängniß geworfen. Dieses ist das gewöhnliche Schicksal der Minister und Gouvernöre jenes Landes. Die Regierung hält es, nach den Hofmaximen, für gut, solche Leute nach einer gewissen Zeit zu entfernen; und Verhaftnehmung ist die beste Art, um alle Klagen und Rechtfertigungen zum Schweigen zu bringen; sie ist beynahe so wirksam, als die Enthauptung in der Türkey. Miranda aber, der immer, obgleich er in einem Lande von Sclaven gebohren ward, dennoch hohe Begriffe von der Freyheit hatte, hielt es nicht für rathsam, sich der Gefahr auszusetzen, in Cadix oder Madrid in ein Gefängniß eingesperrt zu werden, wegen eines Vorwandes, oder wegen einer Ursache, wovon er vielleicht nie Kenntniß bekommen haben würde; er gieng daher nach Nord-Amerika, um den dasigen Einwohnern in der Erlangung ihrer Unabhängigkeit beyzustehen; in der Hoffnung, daß diese das Vorspiel der Unabhängigkeit seines eignen Vaterlandes seyn würde. Seit dieser Periode wohnte er, nachdem er vorher alle Länder von Europa, Rußland und die Türkey nicht einmahl ausgenommen, besucht und durchreiset hatte, in England. Er erhielt wiederholte Einladungen, nach Spanien zurückzukommen; er ist aber en zu großer Freund der Freyheit, um sich der Macht der Despoten anzuvertrauen.
Miranda's Eifer für die Freyheit vermochte ihn natürlicher Weise, in dem Laufe des vorigen Sommers, ein Augenzeuge des Kampfes für dieselbe in Frankreich zu seyn. Seine militärischen Talente waren allgemein bekannt und anerkannt; er wurde daher gebeten, dieselbe zum Dienste dieses Landes anzuwenden, in einer Sache, welcher er so sehr ergeben war.
Dem zufolge nahm er im letzten August die Stelle eines Marechal de Camp bey der Armee der Republik an; gieng unmittelbar zum Lager des General Dumourier; und war bei den verschiedenen Actionen zugegen, welche sich zwischen dem 12ten und 20sten September ereigneten, und die Preussen zum Rückzuge zwangen. Wegen seines Betragens und seiner Verdienste bey dieser Gelegenheit ward er zum General-Lieutenant befördert; und begleitete in diesem Charakter Dumourier nach Belgien. Nichts kann Dumourier's Zufriedenheit mit einem so geschickten Assistenten mehr beweisen, als die Ehrenvolle Art, wie er seiner in seinen öffentlichen Depeschen erwähnt. In seinem ersten Briefe aus Brüssel sagt Dumourier, "daß er das Hauptcorps unter Commando des weisen und tapfern Generals Miranda gelassen habe, der in den Augenblicke als die Cannonade anfieng, damit vorrückte." Bey dem Abgange des Generals Labourdonnaye, sagt er: "Dieser Theil der Armee ist jetzt dem General Miranda anvertrauet, einem Manne, der wegen seiner militärischen Talente und seiner Philosophie geschätzt wird;" und nach den Depeschen, die eben von der Eroberung der Citadelle von Antwerpen ankamen, scheint es, daß Miranda hier als Chef commandirte.
Diese Thatsachen beweisen, daß Miranda in einem ganz andern Charakter als dem eines geheimen Secretärs sein Amt bekleidet, und seine Talente gebraucht hat. Welchen Höfen er seine Dienste angeboten haben mag, weiß ich nicht; aber so viel getraue ich mich zu sagen, daß wenn die englischen Minister in den letzten Zwistigkeiten mit Spanien wegen Nootka Gebrauch davon gemacht hätten, die Nation, nachdem sie drey Millionen Pf. St. zur Bewaffnung der größten Flotte, die je existirte, verwendet hatte, nicht zuletzt mit einem höchst unbedeutenden Vertrag abgespeiset worden wäre. Das unermeßliche Süd-America wäre, wie es jeder unabhängige Mann in der Welt wünscht, von Despotismus, Tyranney und Sclaverey befreyet worden; es würde jetzt die Rechte der Natur und der Menschen, und Europa würde seinen Handel genießen. -- r.
Franzisco de Miranda.[]
[2]
Franzisco de Miranda,
ein französischer Feldherr und amerikanischer Insurrektionschef.
Er stammte aus einem adeligen Geschlecht in Altspanien ab, und wurde zu Caracas, einer Provinz im spanischen Südamerika, geboren, wo sein Großvater die Stelle eines Gouverneurs bekleidet hatte. Seinem Vater wurde aber diese Würde von der spanischen Politik verweigert, entweder weil sie die Erblichkeit hoher Staatsämter oder die Erhebung Eingeborner zu vermeiden suchte. So that Miranda's Familie, im Besitz eines beträchtlichen Vermögens, in den Privatstand zurück.
Ein Zwist mit seinem Vater bewog den jungen Miranda sein elterliches Haus zu verlassen, und kaum zwanzig Jahre alt, den ganzen Kontinent des spanischen Amerika in der Tracht eines Landmannes zu Fuße zu durchwandern. Er hatte dabei die Absicht, sich eine vollständige Kenntniß des Landes zu erwerben.
Indeß war der nordamerikanische Krieg ausgebrochen. Er begab sich sogleich nach dem Kriegsschauplatze und nahm als Freiwilliger Dienste. Hier machte er Bekanntschaft mit mehreren französischen Offizieren, deren vertrauter Umgang zur Ausbildung seiner angebornen Talente vieles beitrug. Seine Begierde, Welt und Menschen kennen zu lernen, bewog ihn nach eingetretenem Frieden, dem französischen Heere zu folgen. So durchreiste er Frankreich, England und Italien, zuletzt das ihm verhaßte Spanien. Hierauf kehrte er, mit neuen Kenntnissen und Ansichten bereichert, nach Carracas zurück. Sein versöhnter Vater empfing ihn liebreich, starb aber wenige Wochen nach der Ankunft des Sohnes, dem er ein großes Vermögen hinterließ: Miranda verwendete sogleich einen Theil desselben zu einer neuen Reise nach Süd- und Nord-Amerika, mit dem Unterschiede jedoch, daß er beim ersten Male mehr Gegenden durchwandert hatte, jetzt aber mehr die Städte durchreiste, und sie besonders in militärischer Hinsicht wegen ihrer Lage und Befestigung würdigte.
Als im Jahre 1789 die französische Revolution ausbrach, eilte er sogleich nach dem Schauplatze derselben. Nachdem er sich einige Zeit in Frankreich aufgehalten hatte, trug ihm die herrschende Partei eine geheime Sendung nach England auf. Er wurde dadurch mit William Pitt bekannt, und es entspann sich zwischen beiden ein fortwährendes vertrautes Verhältniß. Bei seiner Rückkehr nach Frankreich ward er in der Armee angestellt, schwang sich bis zum General empor, und kommandirte unter Dümouriez's Oberbefehl zuerst in Champagne, nachher die Nordarmee in Belgien (1792.) Hier ermunterte er den Obergeneral, sich für die Sache der damals so genannten Freiheit zu erklären, und seine Armee gegen die Machthaber in Paris zu führen. Als aber die Ausführung mißlungen und Dümouriez entflohen war, wurde Miranda verhaftet und vor das Revolutions-Tribunal geführt, fand aber zu seinem Glücke einen Vertheidiger und Retter in dem beredten Engländer Thomas Payne, welcher damals Repräsentant bei dem National-Konvente war. Seine volle Freiheit erhielt aber Miranda dennoch erst im nächsten Jahr (1794.) Da nach Roberspierre's Hinrichtung der Moderantismus an die Stelle des Terrorismus getreten war.
Von nun an scheint einige Zeit hindurch zwischen Miranda und dem National-Konvent sogar ein so gutes Verhältniß obgewaltet zu haben, daß er von dem letzten sogar den Auftrag erhielt, die Empörung einiger Pariser Gemeinden zu dämpfen. Da er aber dieses nicht nach Wunsch des Konvents zu Stande brachte, wurde er neuerdings verhaftet. Er wurde zwar wieder auf freien Fuß gesetzt, aber bald darauf eines Einverständnisses mit Pichegrü gegen die Direktorial-Regierung beschuldiget, und zur Deportirung nach Cayenne verurtheilt.
Er rettete sich durch die Flucht nach England. Sein unstates Geschick trieb ihn 1803 nachmals nach Frankreich, und erlegte dem damaligen ersten Konsul Bonaparte einen geheimen Entwurf vor, welche, wahrscheinlichen Vermuthungen nach, die Losreissung des südlichen Amerika vom Mutterlande Spanien betroffen haben soll, aber nicht angenommen wurde. Miranda begab sich daher unvorzüglich wieder nach England, wo er sein Projekt neuerdings in Vorschlag brachte, indem er mit 10,000 Mann das ganze Süd-Amerika von Spanien loszureißen versprach. Es wurden ihm zu diesem Ende 60,000 Pfund Sterling bewilligt, und er erschien im Jahr 1806 wirklich mit 9000 Mann in seinem Vaterlande Caracas, um dessen Selbstständigkeit zu erkämpfen. Da aber die gleichzeitige Expedition der Engländer gegen Buenos-Ayres nicht gelungen war, mußte auch Miranda das kaum betretene Caracas mit seinem Corps wieder räumen. Allein im Jahre 1809 trat er auf dem verlassenen Schauplatze unter günstigern Umständen mit Glück auf. Man kam ihm jetzt selbst entgegen, und bot seinem Unternehmen von allen Seiten die Hände. Er wurde zum Anführer der bewaffneten Macht ernannt, und es gelang ihm, jene sieben Provinzen zu vereinigen, welche die Republik von Venezuela bilden, welche den wichtigsten Theil von Caracas ausmacht.
Als die Einwohner des ganzen Caracas im Jahre 1811 alle Kräfte aufboten, sich von Spanien unabhängig zu machen, wurde Miranda zum Präsidenten der neuerrichteten Regierungs-Junta, und, nachdem auch mehrere benachbarte Provinzen diesem Unternehmen beigetreten waren, zu ihrem General-Gouverneur ernannt.
Bei dem entsetzlichen Erdbeben von welchem Venezuela im Jahre 1812 verwüstet wurde, rühmt man Miranda's menschenfreundliche Thätigkeit vorzüglich. In diesem Jahre gelang es auch der spanischen Regierung, durch politische und militärische Maßregeln über die von Miranda befehligte Insurrektions-Armee so bedeutende Vortheile zu erringen, daß Miranda einen Waffen-Stillstand und endlich eine Unterwerfungens-Kapitulation einging. Dadurch zog er sich den Haß der Insurgenten zu. Mehrere Glieder der Regierungs-Junta wollten sich im Hafen von la Gayra einschiffen; es wurde ihnen verwehrt, da die dort befindlichen Fahrzeuge bereits im Namen des spanischen Generals Monteverde in Beschlag genommen waren. Als nun Miranda selbst dahin kam, und den Beschlag aufzuheben befahl, erklärte ihn der Hafen-Kommandant, den spanischen Maßregeln beitretend, für einen Verräther, und ließ ihn verhaften; auch wollten spanische Zeitungen die Hinrichtung des Insurgentenchefs als zuverlässig verkünden. Glaubwürdigeren Nachrichten nach soll Miranda jedoch aus den Gefängniß entkommen seyn, und hält sich gegenwärtig ohne Zweifel in Neu-Spanien verborgen.
Miranda nähert sich nun dem Alter von sechszig Jahren. Ein wohlgebildeter, kraftvoller Körper, braungelbe Gesichtsfarbe, tiefe Züge und ein feuriges Auge verkünden eben sowohl seinen kühnen Unternehmungsgeist, als die Weisheit vieljähriger Erfahrung, nebst welcher er auch viele wissenschaftliche Kenntnisse, besonders im Ingenieurfache, besitzt.
Don Francisco Miranda.[]
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Miranda (Don Francisco), der erste Gründer der Freiheit im spanischen Amerika, ward geboren in Caraccas, und stammte aus einer alten spanischen Familie. Sein Großvater war Gouverneur der Provinz Caraccas. Zwanzig Jahr alt, durchwanderte er Amerika zu Fuß, um es kennen zu lernen; hierauf erhielt er im spanischen Heere den Grad eines Obersten, und wurde von dem Gouverneur von Guatimala zu besondern Aufträgen gebraucht. Dann diente er als Freiwilliger im nordamerikanischen Kriege, durchwanderte nachher England, Frankreich und Italien zu Fuß, auch Alt-Spanien, das er glühend haßte; hierauf durchzog er aufs neue, in militärischer Hinsicht, Süd- und Nordamerika. Im J. 1789 befand er sich in Petersburg, wo ihn Catharina vergebens in ihre Dienste zu ziehen suchte. Der Ausbruch der französischen Revolution bewog ihn, sich nach Paris zu begeben. Hier erhielt er eine Sendung an den Minister Pitt; ward auf Petions Verwendung zum Generalmajor ernannt, und kommandirte als zweiter Befehlshaber unter Dumouriez in Champagne 1792 und in Belgien. Da er als Ingenieur und Taktiker ausgezeichnete Kenntnisse mit seltenen Talenten vereinigte, so wurde er von der Armee eben so sehr geachtet, als er in Paris die Gunst der Republikaner besaß. Als Dumouriez gegen Holland vordrang, erhielt er den Auftrag Mastricht zu belagern, mußte aber, von dem General Valence zu wenig unterstützt, die Belagerung aufheben. In der Schlacht bei Neerwinden, die Dumouriez verlor, kommandirte er den linken Flügel. Dumouriez legte ihm den Verlust derselben zur Last, allein er rechtfertigte sich durch eine eben so gründliche als nachdrückliche Vertheidigungsschrift. Er hatte sich damals, eben so wie Dumouriez gegen die Partei der Jacobiner erklärt. Jetzt erschien ihm Dumouriez selbst verdächtig, und er theilte seinem Freunde Petion, der Mitglied des Wohlfahrtsausschusses war, seine Besorgnisse mit. Dies schützte ihn vor der Anklage, und man gab ihm den Auftrag, den Oberbefehlshaber zu verhaften. (S. Dumouriez.) Als aber darauf der Berg die Girondisten vernichtet hatte, ward auch der General Miranda vor das Revolutionstribunal gestellt; jedoch rettete ihm noch Thomas Payne's Beredsamkeit das Leben. Robespierre's Sturz öffnete auch ihn das Gefängniß. In der Folge ward er abermals verdächtig, und auf Befehl des Directoriums (30. Vendemiaire 1795) verhaftet. Als Ausländer sollte er verbannt werden; allein er machte sein Recht als französischer Bürger geltend, und lebte eine Zeitlang im Verborgenen, bis das Directorium ihn, nach dem 18. Fructidor (4. Sept. 1797), aufs neue zur Deputation verurtheilte, und da er sich derselben durch die Flucht nach England entzogen hatte, im Jahre 1799 auf die Emigrantenliste setzen ließ. Im J. 1803 kehrte er nach Paris zurück, ward aber von neuem, weil er sich in Verbindungen gegen den ersten Consul eingelassen haben sollte, verbannt. Jetzt beschloß er mit der vollen Energie seines Charakters die Ausführung des längst gefaßten Gedankens, die spanische Herrschaft auf dem festen Lande von Amerika umzustürzen. In dieser Absicht begab er sich nach Jamaika und Trinidad, hierauf nach Neuyork, wo er im Jahre 1806, im Geheimen von England unterstützt, mit einer Summe von 60,000 Pf. drei Schiffe ausrüstete, und 900 entschloßne Männer zur Befreiung seines Vaterlandes Caraccas vereinigte. Allein das Unternehmen mißglückte. Die Spanier eroberten den 28. April 1806 zwei seiner Schiffe; mit dem dritten entfloh er. Indeß von seinen geheimen Freunden unterstützt, bewerkstelligte er am 1. August d. J. eine Landung in Venezuela; sein Aufruf zur Freiheit machte aber so wenig Eindruck auf das Volk, daß er sich schon den 13. mit Verlust wieder einschiffen mußte. Erst am Ende des J. 1810 gelang es ihm, die Fahne der Freiheit in Caraccas aufzupflanzen. (S. das Weitere unter Westindien.) Nach mehreren Triumphen und noch größeren Unfällen, verfolgt vom Hasse der Priester und gedrängt durch Finanznoth, Abfall und Verrätherei, sah er sich zuletzt durch die Siege des spanischen Generals Monteverde genöthigt, die (a. a. O. erwähnte) Capitulation vom 26. August 1812 abzuschließen, gegen deren Inhalt ihn der spanische General treuloser Weise als einen Gefangenen behandelte. Man brachte ihn endlich in das Gefängniß La Caraca, den furchtbarsten Kerker der Inquisition bei Cadix, in welchem er nach einer vierjährigen harten Einsperrung gestorben ist. Die Mönche ließen seine Körper unbeerdigt hinwerfen, und übergaben sein Geräth den Flammen. Miranda war ein wohlgebildeter Mann, voll Kraft und Feuer, nach Thaten dürstend, im Wollen fest, im Handeln kühn; dabei von ausgebreiteten Kenntnissen. Er schätzte Wissenschaften und Künste, besaß viel Theorie und Praxis, hatte einen scharfen Blick und viel Geschmack, schrieb bündig und leicht, und war mit der Verfassung, den Gesetzen, der Literatur und den Sitten jeder Nation, vorzüglich mit ihrer militärischen Verfassung genau bekannt. Plutarch und Livius waren seine Lieblingsschriftsteller; Timoleon, Thrasybul und Epaminondas seine Helden. Ob er wohl in seinem politischen Verhalten in Venezuela jacobinische Formen nachahmte, so hat er doch ohne Selbstsucht, aus reinem Eifer für die Sache, einem großen Ziele mit eben so viel Beharrlichkeit als Geist und Muth Vermögen, Kraft, Glück und selbst das Leben geweiht.
Zeitungsnachrichten.[]
1806.[]
Großbrittanien. [4]
Nach Zeitungen aus Jamaica soll General Miranda mit seiner Expedition Jaquemel nicht eher, als am 16. April verlassen haben, nachdem von Dessalines Seite einige Verstärkungen an Mannschaft, und von Jamaica der Schooner Echo zu ihm gestossen waren. Indessen hatten sich auch einige Americanische Freywillige von seiner Expedition, welchen das Unternehmen zu gewagt vorkam, entschlossen, in St. Domingue zurückzubleiben. Seine ganze Macht wird in diesen Zeitungen auf höchstens 500 Mann geschätzt. Dagegen schätzen sie die Bevölkerung der zu der Statthalterschaft Caraccas (welche einige deutsche Zeitungsschreiber, sonderbar genug, noch immer mit der Provinz las Charkas in Südperu verwechseln) gehörigen Provinzen folgendergestalt: Venezuela hat 500,000 Einwohner, Maracaybo 100,000, Cumana 80,000, der Spanische Antheil von Guiana 34,000, und die Insel St. Margarita 14,000. Summe aller Einwohner 728,000, wovon die Weissen 2∫10, die Negersclaven 3∫10, die freygelassenen Neger und ihre Kinder 4∫5, und die Nachkommen der eingebohrnen Americaner 1∫10 ausmachen.
Miscellen. [5]
Ueber den Abentheuer Miranda hat man folgende nähere Nachrichten. Er ist 1752 in Mexico geboren, kühn, äusserst unternehmend, ein Mann von vielen Talenten, der seine frühern Jahre in den vereinigten Freystaaten von Nordamerica zugebracht hatte. 1786 gieng er nach Europa, zuforderst nach Paris, wo er von der Russischen Kaiserin Katharina mit dem Antrag ihrer Seedienste, und dem Ruf zu einer geheimen Unternehmung, 80,000 Rubel erhalten haben soll. 1791 hielt er sich in London auf, und ward von dem verewigten Pitt in den Streitigkeiten über den Nootka-Sund mehrmals zu Rathe gezogen. In den ersten Monaten des Jahrs 1792 kam er nach Paris, und wurde als Brigade-General bey Dumouriez's Armee angestellt. Nach den Niederlagen aber, welche dieses Heer 1793 im März bey Aldenhofen, Mastricht, Tirlemont und Neerwinden erlitt, wurde er verhaftet nach Paris gebracht. Der Conventsdeputirte Thomas Paine, auf den er sich berief, sagte aus, daß es das leidenschaftliche Bestreben Miranda's sey, sein Vaterland Mexico frey zu machen. Miranda ward darauf freygesprochen. Vom Pitt hatte er einmal 1200 Pf. erhalten, und in neuerer Zeit nach Neu-York einen Credit an dasige Personen von 60,000 Pf. mitgebracht.
Großbrittanien. [6]
Einige Nachrichten sagen, daß General Miranda die Provinzen Margaretha, Cumana, Barcellona und Caraccas, letztere beyde ohne Widerstand, eingenommen habe, und daß 16,000 Landeseinwohner zu ihm gestossen wären. Directe Nachrichten aus Laguira vom 28. April schweigen hievon, und sagen, daß der Allarm sich lege. In verschiedenen Gegenden des Spanischen America's waren 3000 Mann regulärer Truppen und 20,000 Mann Miliz gegen die etwannigen Unternehmungen Miranda's unter die Waffen gestellt.
Miscellen. [7]
Die Spanische Goelette, die Hoffnung welche von Caraccas zu St. Ander angekommen ist, hat Nachrichten von Mirandas berüchtigter Expedition überbracht. Unter der grossen Anzahl von Briefen, welche alle die Wegnahme von 2 Goeletten bestätigen, die einen Theil der Expedition ausmachten, ist das Nähere hierüber Folgendes: "Am 28. April um 1 Uhr wurden die beyden Goeletten von Miranda genommen; die Corvette, der Leander, nahm die Flucht. Drey Personen warfen sich ins Meer; einer von ihnen schlug die Hilfe aus, welche man ihm darbrachte, die beyden andern nahmen sie an, und wurden aufgenommen und nach Puerto Cabeillo gebracht, wo sie am nähmlichen Tage, am 29. Abends, anlangten. Unsere Schiffe, jedes mit einer Besatzung von 150 Mann, verfolgen die Corvette. Unsere Einwohner sind sehr zufrieden, allein sie würden es noch mehr seyn, wenn man so glücklich wäre, Miranda zu erwischen. Wir haben einen Todten und 2 Verwundete auf der Brigg. Die Gefangenen sind unter Wegs nach Leon: man glaubt, sie würden alle ohne Barmherzigkeit hingerichtet werden. Das nähmliche Schicksal trifft Miranda und die andern Abentheurer, welche mit ihm auf der Corvette Leander sind, wenn sie in unsere Hände fällt." (Nachrichten aus Neuyork vom 22. May hingegen sagen, daß General Miranda von Caraccas wirklich Besitz genommen habe, und dabey von den Engländern unterstützt worden sey, welche ihm Kriegs- und andere Bedürfnisse zuführten.)
Großbrittanien. [8]
Die neuesten Americanischen Zeitungen enthalten wenig von Bedeutung. Ueber Miranda's Expedition war bey ihrem Abgange nichts Gewisses bekannt. In einem Briefe aus Neuyork vom 22. May heißt es: "Gestern von Westindien angekommene Briefe bringen verschiedene Gerüchte über die Expedition unter Miranda mit. Capitain Egory von Tortola sagt, das Brittische bewaffnete Schiff Retloy, Capitain Carr, habe an dem Tage, wo er jene Insel verließ, nach Antigua absegeln sollen, um daselbst auf 6 Monate Lebensmittel einzunehmen, und alsdann zu Miranda's Geschwader zu stossen. Capitain Hinton, vom Schiff Jason, in 20 Tagen von Trinidad kommend, berichtet, man habe daselbst von Barbadoes Depeschen erhalten, des Inhalts, daß General Miranda mit Beystand der Engländer gelandet sey, und sich der Carraccas bemächtigt habe. Ein Brief aus Curacao vom 1. May meldet bloß, daß Mirandas Geschwader 8 Tage zuvor jenen Ort vorbey windwärts gesegelt sey, und daß alle Geschäfte am Lande stille stünden, da man sich stündlich seiner Landung versehe. In London fieng man bereits an, auf den wahrscheinlichen Erfolg dieser Expedition, und jener unter Sir Home Popham gegen Buenos Ayres zu speculiren, und den Einfluß eines glücklichen Ausgangs auf den Handel zu berechnen.
Miscellen. [9]
Die Americanischen Nachrichten bis zum 13. Jun. bestätigen es, daß zwey Schooner der Expedition von Miranda genommen worden. Die Leute auf denselben sind nach Porto Cavello ins Gefängniß geführt, und sollen nach einigen schon hingerichtet seyn. Hr. Smith, Sohn des Americanischen Obersten, ward nach Caraccas transportirt. Das Schiff Leander, worauf Miranda sich befand, ist entkommen, und man weiß nichts Näheres über sein Unternehmen. Auf den gedachten beyden Schoonern hatten sich viele Munition, Waffen und gedruckte Proclamationen befunden.
[10]
Großbrittanien.Aus Südamerica wird gemeldet, daß 8 Leute von der Mannschaft des Mirandaschen Schooners in Ketten gestorben, und daß 5 Officiers (die ganze Anzahl gehenkt sind, die Gemeinen aber frey gelassen werden sollten.
Bis jetzt hat es sich noch nicht bestätigt, daß Miranda von Trinidad abgesegelt sey. Er macht indessen noch fortdauernd die Anstalten dazu.
[11]
Großbrittanien.Nach Berichten aus Jamaica hatte endlich Gen. Miranda am 2. Aug in der Bay Coro, unter Bedeckung eines Englischen Schiffs, gelandet. Er bemächtigte sich sofort zweyer Spanischer Batterien von 10 Canonen, und rückte hierauf in die Stadt Coro ein. Die Englischen Zeitungen liefern bereits eine Uebersetzung der Proclamation, welche er als "Obergeneral der Columbischen Armee" unterm 2. Aug. aus dem Hauptquartier zu Coro an die "Einwohner vom Columbischen America" erlassen hat, um sie zur Theilnahme an seinen Entwürfen aufzufordern. Es sind 19 Artikel mit Vorschriften für die Einwohner über das von ihnen zu beobachtende Betragen beygefügt. Unter anderem sollen alle Mannspersonen von 15 bis 55 Jahre sich unter seinen Fahnen versammeln. Wer sich die Spanische Regierung ficht, soll als Verräther behandelt werden.
1807.[]
Großbrittanien. [12]
Gen. Miranda befand sich am 27. Nov. noch zu Trinidad. von dem größten Theile seiner Gefährten verlassen, und von seinen Gläubigern auf den Englisch-Westindischen Inseln verfolgt, welche ihn, als er unmittelbar nach der mißlungenen Expedizion gegen Carraccas zu Barbadoes landen wollte, schon am Ufer mit Gerichtsdienern erwarteten, um ihn in Verhaft zu nehmen, und ihn dadurch nöthigten, nach Trinidad zu gehen. Er hatte seinen vornehmsten Offizier, de Rouvroy, nach England abgeschickt, um die Regierung um Unterstützung zu bitten. Einige Monate früher hatte er von dem Commodore Popham über England ein Schreiben erhalten, worin derselbe ihn zu gemeinschaftlichen Operazionen gegen das Spanische Südamerika aufmunterte.
1808.[]
Großbritannien. [13]
London den 14. Jan. Miranda soll sich anheischig machen, mit 4 Kriegsschiffen und 7000 Mann Truppen alle Spanischen Provinzen in Amerika zu einem unabhängigen Föderativstaat unter Englischem Schutze zu bilden.
1812.[]
London, den 29sten August. [14]
Am 26sten April ist der General Miranda von der vollziehenden Macht der Generalunion zum Generalissimus der gesammten Konföderation von Venezuela ernannt, und mit der Vollmacht bekleidet worden, alle Maßregeln zu ergreifen, die er für die Sicherheit ihres Gebiets für nothwendig halten wird.
Edinburgh Review.[]
- [1812]
Wien, den 30sten April.
(Fortsetzung der Uebersicht aus der Wiener Zeitung.)
"Ein englischer in dem Edinburgh-Review vom Januar 1809 erschienener Aufsatz, der mit diesem Journal zufällig unter dem nach der Schlacht von Talavera erbeuteten Gepäcke eines englischen Officiers in die Hände eines Officiers von den Bundestruppen gerieth, und von diesem dem Herausgeber des verdienstvollen Journals, Geist der Zeit (IV. 3.), mitgetheilt, ausserdem aber wahrscheinlich auf dem Kontinent wenig oder gar nicht bekannt wurde, enthält über Miranda umständliche Nachrichten, aus welchen folgende Thatsachen ausgehoben sind: Miranda war schon in seinem siebenzehnten Jahre von Karakkas nach Spanien gekommen. Zu einer der angesehensten Familien seines Landes gehörig, erhielt er gleich die Stelle eines Hauptmanns in der spanischen Armee. Er wünschte zu seiner Ausbildung nach Frankreich zu reisen, und erhielt dazu keine Erlaubniß; er ließ sich französische Bücher kommen; sie wurden ihm durch die Inquisition angenommen und verbrannt. Bald darauf ward er mit den spanischen Hülfstruppen, die gemeinschaftlich mit den französischen wirkten, nach Nordamerika geschickt, um den empörten englischen Kolonien Freyheit und Unabhängigkeit zu verschaffen. Da schon reifte in ihm der Gedanke, ein gleiches Schicksal seinem Vaterlande zu bereiten, und diese Absicht hat ihn seither in allen Schritten geleitet, und nie mehr verlassen. Daher gab er, nach geendigtem Kriege in Nordamerika, die spanischen Kriegsdienste auf, um Europa zu bereisen. Er ging zuerst nach England, und hierauf nach Preussen, Oesterreich und Italien. Dann durchreiste er Griechenland und einen Theil der Türkey, begab sich hierauf nach Rußland, und ging endlich über Frankreich wieder nach England, wo er im Jahre 1790 dem Minister, Herrn Pitt, vorgestellt wurde, und diesem den Plan zur Befreyung von Spanisch-Amerika vorlegte. Damals war England eben wegen des Nootka-Sunds mit Spanien im Streite, und daher war der Mann und sein Plan dem Minister willkommen; aber der Streit ward beygelegt, und der Friede hergestellt, sonach Miranda auf einen günstigeren Zeitpunkt vertröstet. Inzwischen war die französische Revolution ausgebrochen, und Miranda hoffte nun durch Frankreich seine Absichten erreichen zu können. Er ging nach Paris, erneuerte die Bekanntschaft mit seinen vormaligen Kriegsgefährten, kam bald in Verbindung mit den Machthabern jener Zeit, und ließ sich, als der Krieg ausbrach, bereden, eine Befehlshaberstelle anzunehmen. Es ist allgemein bekannt, daß er mit Dümouriez diente, und sich vortheilhaft auszeichnete. Als damals Spanien und die spanischen Kolonien in Südamerika zu revolutioniren. Man hat darüber ein von Brissot am 28sten November 1792 an Dümouriez erlassenes Schreiben, worin er sagt: "Der Erfolg dieser Revolution hängt von einem einzigen Menschen ab; Sie kennen und schätzen ihn, es ist Miranda. -- Seine Name gilt für eine Armee; seine Talente, sein Muth, sein Genie, Alles bürgt uns für den Erfolg. Die Minister sind ganz einverstanden ihn zu erwählen." Er sollte nach St. Domingue als Generalgouverneur gesandt werden, und dort eine Armee von 12,000 Linientruppen und 10 bis 15,000 Mulatten finden, auch die Flotte zu Gebote haben. Man machte sich von ihm die glänzendsten Versprechungen. Doch Miranda selbst betrachtete die Sache aus einem andern Gesichtspunkte, schien wenig Vertrauen auf den damaligen Stand der Sachen zu setzen, und machte Gegenvorstellungen. Die Umstände bewiesen bald, daß er richtig geurtheilt hatte. Jene Machthaber fielen unter dem Beile der Guillotine, und Miranda selbst ward verhaftet. Erst nach Robespierre's Fall erhielt er seine Freyheit wieder; man bot ihm auch wieder Dienste an; allein er erklärte mündlich, und öffentlich durch eine zu Paris im Jahre 1795 herausgegebene Flugschrift: er wolle zwar für die Freyheit, aber nicht für Eroberungen kämpfen."
Bald nachher kamen Abgeordnete aus Mexiko und andern vorzüglichen Provinzen des spanischen Amerika's nach Paris, um mit Miranda die Maßregeln zu erwägen, ihrem Vaterlande die Unabhängigkeit zu verschaffen. Sie wurden einig, daß Miranda in ihrem Namen abermals nach England gehen, und der brittischen Regierung Anträge machen sollte. Es ward sogar ein vorläufiger mit Großbrittannien abzuschließender Traktat entworfen, und zu Paris am 22sten December 1797 von allen dortigen südamerikanischen Abgeordneten unterzeichnet. Man verlangte von England Beystand, eine Defensivallianz und einen Handelstraktat, versprach dagegen 30 Millionen Pf. St., große Handelsvortheile, und die Verbindung des atlantischen Meeres mit der Südsee, durch die Landenge von Panama. Den vereinigten Staaten von Nordamerika, um sie zum Beytritt zu vermögen, sollten die beyden Provinzen von Florida überlassen werden xc. Miranda ward in London sehr gut aufgenommen, und Pitt nahm dessen Anträge mit großer Bereitwilligkeit an. Es wurde Alles zu derselben Ausführung verabredet, und indessen auch mit dem Präsidenten der vereinigten Staaten von Nordamerika unterhandelt. Im Oktober 1798 schrieb Miranda an ein Mitglied des Kongresses: "Der Augenblick unserer Unabhängigkeit scheint gekommen zu seyn. Die einzige Gefahr, die ich vorsehe, ist die Einführung der französischen (Revolutions-) Grundsätze, welche die Freyheit in der Wiege vergiften, und endlich in Nordamerika selbst untergraben würden. -- Man ist hier übereingekommen, daß die Hülfstruppen zu Lande bloß aus Amerikanern bestehen, anderer Seits zur See bloß englische Schiffe angewendet werden sollen. Man erwartet nur das Fiat des Präsidenten." Die nordamerikanischen Staaten sollten 10,000 Mann stellen, und England übernahm die Sorge für Geld und Schiffe. Allein der Präsident des Kongresses verzögerte die Antwort, und somit ward das Geschäft verschoben. -- Die weitere Geschichte des Generals Miranda, wie sie der erwähnte Aufsatz in dem Edinburgh Review (der jedoch nur bis zu dessen erstem Landungsversuch reicht) und die in der Zeitgeschichte zerstreuten einzelnen Angaben darstellen, gewährt folgende Ansicht: Seit langer Zeit lag es in den Planen des Londoner Kabinets, die spanischen Provinzen in Südamerika zu erobern, oder doch von ihrem Mutterlande unabhängig zu machen. Man kannte die Abneigung dieser Völker gegen die spanische Regierung, und suchte sie zu benutzen. Schon im Jahre 1797, noch bevor Miranda seine Unterhandlungen in London angeknüpft hatte, sandte der damalige Staatssekretär, Lord Melville, dem englischen Gouverneur auf Trinidad eine an den Küsten von Spanisch-Amerika häufig vertheilte Proklamation zu, worin die Einwohner aufgefordert wurden, "sich der Unterdrückung der spanischen Regierung zu widersetzen," mit der Zusicherung, "daß ihr Beginnen mit der brittischen Seemacht würde unterstützt werden, und man ihnen Waffen und Munition verschaffen würde, einzig um ihre Handlungsunabhängigkeit zu behaupten, ohne irgend eine Absicht des Königs von England, ein Recht der Oberherrschaft über sie zu erhalten, oder sich in ihre innern Angelegenheiten zu mischen, es wäre denn, daß sie selbst sich Sr. Majestät Schutz erbitten wollten." Bey einer solchen Anlage mußte natürlich der General Miranda, als er mit seinen Landsleuten und Anträgen in London erschien, eine willkommene Person seyn; aber seine Plane mit Nachdruck zu unterstützen, wurde das englische Ministerium immer durch die politischen Verhältnisse, oder durch die Besorgniß verhindert, selbst den Geist der Insurrektion zu erwecken, der einmal in Bewegung gesetzt, unaufhaltsam über alle Berechnung hinausschreitet. In einer Instruktion der englischen Regierung an den nachmals in die Länder am la Platastrome abgeschickten General Crawfurd heißt es ausdrücklich: "Was Se. Majestät am längsten abgehalten hat, des Feindes Besitzungen in Südamerika anzugreifen, ist die Betrachtung, daß wegen der wohlbekannten Unzufriedenheit der Einwohner mit der bisherigen Regierung ein Geist der Insurrektion geweckt werden möchte, der zu den blutigsten Excessen führen könnte." Das war selbst, wie schon gemeldet worden, auch Miranda's Besorgniß, und war, wie die neueste Geschichte bewährt, nicht ohne Grund.
Seit den mit dem Präsidenten der vereinigten Staaten von Nordamerika, Herrn Adams, eingeleiteten und ohne Erfolg gebliebenen Unterhandlungen, war Herr Pitt aus dem englischen Ministerium getreten, und durch Herrn Addington (Lord Sidmouth) ersetzt worden. Auch dieser gab dem General Miranda zu Anfang des Jahres 1801 die günstigsten Hoffnungen; aber die schon am 1sten Oktober abgeschlossenenen Friedenspräliminarien, und der am 27sten März 1802 zu Amiens zu Stande gekommene Definitivfriede, in welchem Spanien mit begriffen war, entrückte alle weitere Aussicht. Doch es zeigte sich bald, daß der eben geschlossene Friede von keiner Dauer seyn werde. Wirklich brach der Krieg mit Frankreich schon im Jahre 1803, und folgendes Jahr auch mit Spanien von Neuem aus, und Herr Pitt trat wieder in das Ministerium. Der nachmals, wegen seiner mißrathenen Unternehmung auf Buenos-Ayres und Monte-Video, vor ein Kriegsgericht gezogene englische Admiral, Sir Home Popham, führte in seiner Vertheidigungsschrift viele zur Erläuterung der vorliegenden Geschichte dienende Thatsachen an: "Eine Unternehmung gegen das südliche Amerika, sagte er, war immer des Herrn Pitt Lieblingsprojekt. Lange schon sann er darauf, und hatte dazu noch unter seiner vorigen Administration Maßregeln genommen. Nie gab er diesen Gedanken auf, und nur politische Gründe hielten ihn ab, denselben zur Ausführung zu bringen. Im Jahre 1804, als ich mit der Blokadeflotte vor Boulogne war, unterhielt ich einen eifrigen Briefwechsel mit Lord Melville, damaligen Chef der Admiralität, über Miranda's Entwürfe. Ich wurde nach London berufen, um mit diesem General selbst mich zu besprechen, und mit ihm einen Aufsatz über die Mittel einer Expedition gegen die spanischen Besitzungen in Südamerika zu entwerfen. Einige Tage darauf legte ich unsere Ausarbeitung dem Herrn Pitt vor, und alle Maßregeln zur Ausführung wurden festgesetzt. Wirklich erhielt ich im December das Kommando des Kriegsschiffs Diadem, von 40 Kanonen, welches zu dieser Expedition bestimmt wurde xc."
Doch verzog es sich damit abermals, weil Spanien mit beygezogen werden sollte. Bis daher das Kabinet von Madrid sich nicht erklärt hätte, sagte Herr Pitt, könne jene Unternehmung nicht in Gang gebracht werden; im Fall aber Spanien den Beytritt verweigerte, würde man nicht mehr säumen, es in allen seinen südamerikanischen Besitzungen anzugreifen. Ueber diese von der Politik gebotenen Zögerungen scheint es, dass endlich der General Miranda, so wie seine Freunde und Anhänger, alle Geduld verloren. Diese hatten sich inzwischen in die vereinigte Staaten von Nordamerika und nach Trinidad begeben, hier neuen Anhang geworben, und den General Miranda vermocht, London zu verlassen. Er erhielt bey seiner Abreise die tröstlichsten Zusicherungen, Empfehlungen und ansehnliche Geldsummen. In Nordamerika mehr als in England hatte man Absichten auf die südamerikanischen Ländereyen. Es waren hier in dieser Hinsicht zwey stark erklärte Parteyen: die sogenannten Föderalisten, welche England ganz ergeben waren, und in alle Absichten des englischen Ministeriums eingingen, und die Demokraten, welche unabhängige Staaten stiften wollten. Zur ersteren Partey gehörte der damalige Präsident Adams, der nur aus Furcht vor Frankreich und Spanien die ersten Anträge des Generals Miranda offenbar anzunehmen sich weigerte; zur zweyten der bekannte vormalige Vicepräsident, Sir Aaron Burr, der einige Jahre hindurch eine so merkwürdige Rolle spielte, und offenbar schon damals damit umging, die nördlichen Theile im spanischen Südamerika zu revolutioniren. Derselbe Gedanke hatte fast alle jugendlichen Köpfe in Nordamerika eingenommen, und so hatte Miranda, da er mit englischer Empfehlung und mit Revolutionsprojekten ankam, sich von beyden obgenannten Parteyen Unterstützung und Anhang zu versprechen. Es ging wirklich in Nordamerika Alles nach Wunsch. In wie weit Miranda's Absichten dem Präsidenten und dem Ministerium der vereinigten Staaten unbekannt blieben, oder von denselben unterstützt wurden, ist nicht genau bekannt geworden. Gewiss ist, dass Sir William Smith, des Präsidenten Adams Schwiegersohn, mit Miranda gemeinschaftliche Sache machte, und seinen Sohn mit Miranda ziehen liess; gewiss ist, dass, als nach des Letztern Abzug der spanische und der französische Gesandte dem in der Zwischenzeit erwählten Präsidenten der vereinigten Staaten, Jefferson, ihr Missfallen zu erkennen gaben, und dieser die Herren Ogden und Smith, als diejenigen, welche Miranda's Unternehmen am wirksamsten unterstützt hatten, in Verhaft setzen und zur Verantwortung ziehen liess, sie vor Gericht erklärten, die nordamerikanische Regierung habe von Allem gewusst, und dass sie sich darüber auf das Zeugniss des Kriegsministers Dearburn, des damagen Staatssekretärs Maddison, und des Präsidenten selbst beriefen, diese aber vor Gericht zu erscheinen sich weigerten; dass die gerichtliche Untersuchung nie einen Erfolg hatte. Gewiss ist, dass in den spanischen Staatsschriften die nordamerikanische Regierung der Mitwissenschaft beschuldigt worden ist, und nicht zu begreifen wäre, wie ihr hätte unbekannt bleiben können, dass Miranda ein Kriegsschiff, den Leander von 18 Kanonen, erkauft, im Hafen von New-York ausgerüstet, Waffen und Munition von allen Seiten zusammengebracht, und zu New-York sowohl als zu Washington viele junge Amerikaner zu seiner Unternehmung angeworben, und mit Officiersdekreten versehen hatte.
Also ausgerüstet, fuhr Miranda, zu Ende Februars im Jahre 1806, an Bord seines Schiffes Leander, Kapitän Lewis, von New-York ab; mit ihm gingen noch zwey Goeletten. Er ging zuerst nach Jakmel auf Domingo. Als er hier verweilte, traf einer von Miranda's Anhängern, Thomas Donohun, von Port-au Prince mit zwey Schoonern und einiger Mannschaft, zur Verstärkung ein. Zugleich aber kam auch von Karakkas eine spanische Goelette an, durch die sie verrathen zu werden besorgten, und deren sie sich bemächtigten. Allein der spanische Kapitän wurde durch den Eigenthümer eines Schiffes von Baltimore in Schutz und an Bord genommen, und sobald Miranda am 27sten März abgesegelt war, eilte der Spanier nach Hause, um den Generalkapitän von Karakkas von der drohenden Gefahr zu benachrichtigen. Nun wurden hier gleich alle Anstalten gegen einen Ueberfall getroffen. Miranda hatte also eine Flotille von 5 Schiffen, 28 englische und amerikanische Officiere, und höchstens 300 Mann. Er führte eine Fahne der Inkas von Peru mit sich. Am 10ten April langte er auf der Insel Oruba an. Von hier näherte er sich der Küste, setzte bey Okumare obgenannten Donohun mit vier Personen aus, er selbst aber segelte gegen Karakkas. Er hatte auf einen zahlreichen Anhang im Lande zu rechnen, und glaubte also nur Officiere zu brauchen, um die Insurgenten zu organisiren; er hatte unfehlbar Einverständnisse mit dem amerikanischen Obersten Burr, der zu gleicher Zeit Mexiko angreifen sollte, und Kenntniß von der englischen Unternehmung, welche unter Sir Home Popham im la Platastrom angekommen war, und bey Buenos-Ayres die Aufmerksamkeit der Spanier beschäftigen sollte. So war den Miranda's Unternehmen nur ein Theil eines grössern Planes; aber er selbst ward zu frühzeitig verrathen, Burr ward verhaftet, bevor seine Unternehmung reifte, und Sir Home Pophams Unternehmung mißglückte. Solchemnach konnte Miranda allein nichts ausrichten, und er wurde als ein unbesonnener Abentheurer angesehen. Kaum nahte er sich Karakkas, so kamen ihm aus Porto-Kavallo drey spanische Kriegsschiffe entgegen, die nach einem heftigen Gefechte zwey von Miranda's Schoonern nahmen, und an deren Bord Miranda's Fahne, Papiere, Proklamationen xc. fanden, auch 52 Mann von der Besatzung zu Gefangenen machten. Miranda selbst, mit den übrigen Schiffen, floh nach der Insel von Buenayres. Unter diesen Umständen zeihte sich kein Anhang, und ach Donohun mit seinen Begleitern ward bald gefangen. Vielmehr, als auf Miranda's Haupt ein Preis von 20,000 Piastern gesetzt wurde, drängten sich alle Einwohner herbey, um durch Subskription jeden Verdacht eines Einverständnisses von sich abzulehnen. Indessen wurden 57 Gefangenen zur Strafe gezogen, Donohun mit 9 Mitschuldigen wurde hingerichtet, die andern für zehn Jahre auf die Galeeren gesandt. Alle mußten der Hinrichtung der erstern beywohnen. Miranda's Bildniß, Fahne, Proklamationen xc., wurden durch Henkershände verbrannt. Allein Miranda ward durch diese Unfälle nicht abgeschreckt. Kaum hatte er auf Buenayres seine Schiffe einigermaßen ausgebessert, so begab er sich nach Grenada, wo es scheint, daß er von Seite Englands neue Zusicherungen erhielt, und am 29sten May, unter Bedeckung der englischen Korvette Lily, nach Barbadoes. Hier lieferte ihm der englische Admiral 50 gefangene Spanier aus, um diese gegen seine an der Küste zurückgelassenen Unglücksgenossen auszuwechseln, und gab ihm 4 Schiffe zur Begleitung. Am 19ten Juny segelte Miranda nach Trinidad ab, wo er neuen Anhang warb und fand. Um nicht wieder verrathen zu werden, bewirkte er, daß ein Embargo auf alle Schiffe gelegt wurde. Vom festen Lande kamen indessen mehrere Anhänger, und versicherten, daß dort mehr als 15,000 Mann bereit wären, den General Miranda, sobald er gelandet hätte, wirksam zu unterstützen.
Am 24sten July lief Miranda aus. Er hatte nur eine Flotte von 10 kleinen, meist englischen Kriegsschiffen, zu denen sich noch die englische Korvette Bachante von 20 Kanonen gesellte, und etwa 1000 Mann, Officiere und Gemeine. Sie kamen den 2ten August vor dem Hafen von Vela de Coro an, setzten Mannschaft aus, eroberten eine Batterie von 19 Kanonen, zogen dann gegen Coro, und eroberten die Stadt ohne vielen Verlust. Hier erließ Miranda eine Proklamation voll Feuer und verschiedene Anordnungen zu Regulirung des Landes; allein so günstig dieser Anfang war, so widrig war der Erfolg. Noch hatte Miranda nicht mehr als 500 Mann ans Land gebracht, als der spanische Generalkapitän, der ihm gleich alle Gemeinschaft mit dem Innern abgeschnitten hatte, mit 4000 Mann entgegen kam, Miranda's kleinen Haufen am 11ten August angriff, und ihn nöthigte, nach einem Verlust von 20 Todten und 5 Gefangenen, sich wieder einzuschiffen. So war auch dieser zweyte Versuch mißlungen. Miranda entfloh Anfangs nach der Insel Oruba; von dort sandte er den 26sten September seine Flotte nach Trinidad zurück, er selbst begab sich am Bord der Seine nach Grenada. Hier durfte er nicht ans Land gehen, weil allenthalben, wegen der vielen dort gemachten Schulden, nur, nach dem Mißlingen seiner Unternehmung, die Häscher ihn erwarteten. Er fuhr also am folgenden Tage (22sten Oktober) nach Barbadoes ab, wo er mit dem englischen Admirale mehrere Konferenzen hatte, nach welchen er am 10ten November nach Trinidad zurückkam. Auch hier wollten ihn die Handelsleute nicht leiden, weil seine Gegenwart ihnen die Abneigung des spanischen Gouvernements, und Nachtheile im Handlungsverkehr zuzog; aber der englische Gouverneur nahm ihn in Schutz, und gab ihm neue Hoffnungen. Lange Zeit befand sich hier Miranda in einer kümmerlichen Lage, ohne Geld und Mittel, von seinen Anhängern beschimpft und mißhandelt; aber zu Anfang des Jahrs 1807 bekam er aus England Gelder, den Rang eines englischen Generalmajors, und die Zusicherung einer mächtigen Unterstützung. Der General Tucker sollte mit einer ansehnlichen Macht zu ihm stoßen; wahrscheinlich sollte er mit den englischen gegen Buenos-Ayres und Monte-Video erneuerten Angriffen sich in Verbindung setzen; aber diese mißlangen, und bald ward Englands Aufmerksamkeit und Macht in Spanien selbst beschäftigt, und so blieb es auch diesmal bey unerfüllten Verheissungen, und Miranda's Name war bis zum Jahre 1810 aus der Tagesgeschichte verschwunden. -- Was den früheren Insurrektionen und des Generals Miranda Bemühungen und wiederholten Versuchen nicht geglückt war, wurde durch die Entwicklung der Weltbegebenheiten endlich von selbst herbeygeführt.
Quellen.[]
- ↑ Minerva. Ein Journal historischen und politischen Inhalts. Herausgegeben von J. W. v. Archenholz. Hamburg 1793.
- ↑ Neuer Plutarch, oder Kurze Lebensbeschreibungen der berühmtesten Männer und Frauen aller Nationen von den ältesten bis auf unsere Zeiten. Nach dem Französischen des Peter Blanchard neu herausgegeben, vermehrt und fortgesetzt von Friedrich Kraft. Pesth 1815, bei C. A. Hartleben.
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Wiener Zeitung. Mittewoche, den 9. Julius 1806. Nro. 55.
- ↑ Wiener Zeitung. Mittewoche, den 9. Julius 1806. Nro. 55.
- ↑ Wiener Zeitung. Nro. 57. Mittewoche, den 16. Julius 1806.
- ↑ Wiener Zeitung. Nro. 60. Sonnabend, den 26. Julius 1806.
- ↑ Wiener Zeitung. Nro. 61. Mittewoche, den 30. Julius 1806.
- ↑ Wiener Zeitung. Nro. 62. Sonnabend, den 2. August 1806.
- ↑ Wiener Zeitung. Nro 78. Sonnabend, den 27. September 1806.
- ↑ Wiener Zeitung Nro 92. Sonnabend, den 15. November 1806.
- ↑ Wiener-Zeitung Nro. 18. Mittwoch, den 4. März 1807.
- ↑ Wiener-Zeitung Nro. 14. Mittwoch, den 17. Februar 1808.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 224. Dienstag, den 17/29. September 1812.
- Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 118. Donnerstag den 16. Juny 1812. / No. 133. Montag, den 3. Juny 1812.