Francesco Ballesteros.[]
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Ballesteros (Francesco), ein berühmter spanischer General im Kriege gegen Bonaparte's Usurpation, geboren zu Saragossa 1770. Er stand schon 1793 als Oberlieutenant bei den Freiwilligen von Aragonien im Regiment der leichten Infanterie, wo er sich in dem sogenannten catalonischen Feldzuge durch Tapferkeit zum Hauptmann aufschwang. Im J. 1804 wurde er wegen Unterschlagung von 3000 Rationen angeklagt und entlassen, aber auf Verwendung des Friedensfürsten wieder als Befehlshaber über die Mauthen von Asturien angestellt, wo er noch 1808 beim Einfall der Franzosen diente. Nun übertrug ihm die Junta von Asturien den Befehl über ein Regiment. Bald erhob er sich zum Brigadegeneral und endlich zum Maréchal-de-camp, in welcher Eigenschaft er sich mit den Armeen von Castilien unter Blake und Castannos vereinigte. Ueberall zeichnete er sich durch kühne Tapferkeit aus, ohne jedoch, große Talente als Oberfeldherr zu entwickeln. Aus Aerger über die Ernennung des Lords Wellington zum Oberfeldherrn sämmtlicher Armeen in Spanien durch die Cortes, nahm er seine Entlassung und suchte nun erst durch eine Schrift sich von den Vorwürfen öffentlich zu reinigen, als habe er aus Eifersucht mehrere bedeutende Unternehmungen gehemmt oder ganz gehindert. Ferdinand VII. bezeigte ihm nach seiner Rückkehr eine besondere Liebe und ernannte ihn 1815 zum Kriegsminister. Allein in der Streit der Liberales und der Königsparthei verwikelt, beiden verdächtig und gehässig, wurde er 1816 wieder entlassen, auf halben Sold gesetzt und nach Valladolid gleichsam verwiesen.
Schreiben von Ballesteros, Oktober 1812.[]
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General Balleysteros ist entlassen worden, man glaubt wegen der Unzufriedenheit, die er laut über Wellingtons Erhebung zum Generallissimus der spanischen Macht in einem Schreiben an den Kriegsminister geäussert hat. Nachdem er in diesem Schreiben den uneigennützigen Eifer, mit welchem er seit dem Eintritt der Franzosen in Spanien die Revolution zu bewirken gesucht und vertheidigt habe, bezeigt, fährt er fort:
"Ich erstaunte bey der Nachricht, dass ein Engländer durch einen Beschluss der Generalstände zum Chef der spanischen Armeen ernannt worden, und ich würde mich selbst der Ehre, ein geborner Arragonier zu seyn, nicht werth achten, wenn ich Ew. Excellenz nicht ersuchte, dem Gouvernement anzuzeigen: dass ich einen Entschluss nicht billigen kann, der die Ehre des spanischen Namens befleckt, und die Militärchefs unserer Nation herabwürdigt, indem er die Ueberlegenheit eines Volkes anzuerkennen scheint, dessen Freundschaft wir gesucht haben, und dessen Unredlichkeit vielleicht von keinem besser gewürdigt werden kann, als von dem Herzog von Infantado, dem Präsidenten der Regentschaft."
"Ich habe mit dieser Nachricht zugleich Ordre erhalten, meine Armee in Bewegung zu setzen, eine Ordre, welche die Ehre aller Mitglieder dieses Heeres als Militärs und Bürger beleidigt. Dies kann ich, ohne die Rechte der Armee zu verletzen, bey der Ernennung des Lords Wellington nicht verhehlen, und da dieser Punkt für das allegemeine Beste des Landes von der äussersten Wichtigkeit ist, so erwarte ich den Bescheid Ewr. Excellenz, um einen weitern Entschluss zu fassen."
"Ewr. Excellenz haben wir auch Nachricht von der Dankadresse gegeben, die Lord Wellington an die spanischen Generale wegen ihrer Anstrengungen, durch welche sie den glücklichen Erfolg der Alliirten bewirkten, erlassen hat. Wem soll also nun die bewaffnete Macht der Nation anvertraut werden? Soll Spanien aus einem gleichen Gesichtspunkt behandelt werden, wie das kleine Königreich Portugal? Ist der Urspruch unserer Revolution nicht ganz ein anderer? Ist der Ruf unseres Widerstandes nicht in aller Welt erschollen? Können wir einem Fremden das Oberkommando unsers Heeres anvertrauen? Ungeachtet des jetzigen Zustandes der Dinge hat Spanien noch Hülfsmittel. Die Generale, die Chefs, die Officiere und Soldaten können die Engländer, und selbst die Franzosen überzeugen, dass sie am Schlachttage eben so viel Tapferkeit und Disciplin, als die beyden Völker, beweisen; dass ihre Generale geschickt genug sind, sie zum Siege zu führen."
"Die vierte Armee, die ich kommandire, kann der Nation sagen, dass sie, in keiner militärischen Rücksicht, irgend einer nachsteht, und dass sie, ohne sich herabzuwürdigen, sie nie einfallen lassen kann, den Ruf, den sie erworben, und die Dienste, die sie geleistet, zu verdunkeln, einem Lord Wellington zu schmeicheln, mit dem sie in Uebereinstimmung zu handeln noch stets geneigt ist."
"Endlich bitte ich Ew. Excellenz, die allgemeine Stimmung der Nationalarmee und der Bürger zu befragen, und wenn sie für die erste Ernennung sind, so werde ich mich an meinem Heerd zurückziehen, um auf diese Art die Welt zu überzeugen, dass bloss die Ehre und das Wohl meines Vaterlandes, nicht aber ehrgeizige und habsüchtige Absichten, von welchen Bosheit, ohne Rücksicht auf meinen so wohl gegrúndeten patriotischen Ruf, auf meine Ausdauer und meine ausgezeichneten Dienste, diese Darstellung ableiten möchten, sie veranlasst haben."
- Balleysteros.
Nach einer solchen Vorstellung konnte der General freylich nicht bey der Armee bleiben. Gewiß ist unter allen spanischen Generalen, so brav sie auch seyn mögen, keiner, der sich mit Wellington vergleichen könnte. Auch die spanische Regierung ist noch neu und bedarf Leitung. Balleysteros war übrigens tapfer und patriotisch, aber, wie unsere Blätter sagen, übel berathen. Es heißt, der Graf von Bisbel (O'Donnel), der bisher in Andalusien kommandirt, sey zu seinem Nachfolger von der Junta ernannt.
Englische Blätter enthalten folgende Antwort des General Ballasteros auf das Schreiben, worin ihm seine Absetzung angekündigt wurde: [3]
Excellenz! Ich habe diesen Morgen, während ich die gewöhnlichen Geschäfte besorgte, die Depesche Ew. Excellenz erhalten, worin mir meine Entsetzung von dem Amte eines General-Capitäns der vier Königreiche von Andalusien, und von dem Commando der 4ten Armee gemeldet wurde, und Ew. Excell. mich sogleich zu Pferde, um zu erfahren, woher eine dem Geiste der militärischen Befehle und der Disciplin, die ich bei der Armee stets zu verbessern bemüht gewesen bin, und wovon ich so viele Beweise gegeben habe, zuwiderlaufende Maaßregel rühre. Als ich aus dem Dorfe herauskam, stieß ich aus ein Piket von den königlichen Garden, deren Schildwachen hervortraten, und ihre Gewehre gegen mich anschlugen; eine große Menge Bauern waren in der Nähe. Bestürzt über diese neue Erscheinung, fragte ich den Offizier, was sie zu bedeuten hätten. Er, so wie die Schildwachen, gaben mit zur Antwort, daß sie Befehl hätten, mich nicht passiren zu lassen. Hierauf langte ein Oberst an, dem ich sagte, wie sehr mich eine Behandlung der Art, die ich als eine Ungnade ansähe, kränkte. Die Bauern führten hierauf eine sehr derbe Sprache, die auf die Soldaten, denen zu Liebe ich, wie sie wußten, so viele Opfer gebrachte hatte, einen Eindruck machen konnte. Ich gebot ihnen jedoch Stillschweigen, und befahl ihnen fortzugehen.
Ich begab mich hierauf nach Hause, lebhaft gekränkt durch eine Behandlung, die bei den spanischen Armeen, wie ich glaube, selbst der schuldigste Subalternoffizier nie erfahren hat. Bald darauf erschien das nämliche Bataillon vor meiner Wohnung, an deren Thüre eine Wache ausgestellt worden war. Aufgebracht über ein Verfahren der Art, drückte das Volk seine Unzufriedenheit durch Klagen aus, und schien zu fürchten, daß man im Sinn habe, einige Gewaltthätigkeiten gegen meine Person auszuüben. Die Gefühle der Anhänglichkeit, welche mir diese guten Spanier bewiesen, machten weit mehr Eindruck auf mich, als diese Militäranstalten, von denen ich glaubte, daß sie dem Range, den ich bekleidet, wenig angemessen seien; und es läßt sich unmöglich denken, daß alles dieses auf Befehl Ew. Excell. Statt gefunden haben sollte.
Von diesem Augenblicke an, hatte ich Schildwachen an meiner Thüre stehen, und erhielt vom Brigadier Viruès Befehl, den andern Morgen früh nach Ceuta, dem Orte meiner Bestimmung abzugehen, was ich thun werde, indem ich dem Chef des Generalstabs die Sorge überlasse, eine Armee zu übergeben, die, wie ich glaube, von keiner in Europa übertroffen wird; eine Armee, die binnen 14 Tagen organisirt, equipirt, exercirt und disciplinirt worden ist. Ich muß Ew. Excell. die Vorstellung machen, daß ich, wenn meine Dienste einige Berücksichtigung verdienen, wünsche, mich statt nach Ceuta, an irgend einen andern in der Provinz Estremadura oder in der umliegenden Gegend gelegenen Ort, begeben zu dürfen; denn meine Gesundheit ist in sehr schlechtem Zustande. Dort würde ich, trotz meines Mißgeschicks, ehrenvoll leben können, und meine Existenz würde meinem Vaterlande nicht zur Last fallen.
"So hat man mich in Rücksicht auf meine Person behandelt; aber weit mehr schmerzt mich der in dem beiliegenden, von Viruès bekannt gemachten Actenstücke, gegen meinen guten Ruf gerichtete Angriff, worin er voraussetzt, daß ich das Volk von Granada durch Erhebung von Contributionen, an die ich nie gedacht und wogegen ich mich im Gegentheile stets gesträubt habe, in Roth gebracht hätte; ich habe zwar von dem Intendanten Geld verlangt, allein er hat es mit abgeschlagen, wenn ich es nicht als Anleihe nehmen, und ihm von dem ersten Gelde, das ich erhielt, wieder erstatten wollte.
Ich werde mich an den Ort meiner Bestimmung begeben; wenn aber meine Unpäßlichkeit zunimmt, so werde ich in Coin bleiben, wohin Ew. Excell. mir Ihre Antwort senden können.
- Gott erhalte Ew. Excellenz lange Jahre hindurch.
- Unterz. Francisco Ballasteros.
(Nachstehendes ist das von Ballasteros erwähnte Actenstück:)
Nachricht an das Publikum.
Die Regentschaft des Königreichs hat für dienlich erachtet dem Señor Don Francisco Ballasteros das Obercommando der 4ten Armee, und die Stelle des Generalcapitäns der 4 Königreiche von Andalusien zu nehmen, und einstweilig an seine Stelle den Joachim Viruès, Brigadier der königlichen Armeen zu ernennen; demzufolge ist die Bezahlung der von ersterem auferlegten Contribution bis auf neue Befehle der Regierung hierüber, eingestellt. Das Publikum wird demnach benachrichtigt, die verschiedenen Zahlungen, die ihm zugetheilt sind, nicht zu leisten.
- Granada, den 30. October.
- Unterz. Viruès.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1812]
London, den 9ten May. [4]
Briefe aus Gibraltar vom 22sten April melden, daß Ballersteros den General Rey in seinem Lager bey Mallaga überfallen, und ungefähr 1200 Mann getödtet oder gefangen genommen hat. Man glaubte allgemein, daß dieser brave spanische General in Kurzem sich der Stadt Mallaga bemächtigen würde.
London, den 15ten May.Der General Ballasteros hat neulich 13 französische Soldaten todt schießen lassen, als Vergeltung für einige Spanier, die auf Befehl eines feindlichen Generals umgebracht waren.
Lissabon, den 5ten May. [5]Der General Ballasteros hat in Andalusien Proklamationen verbreitet, durch welche er den Juramentados, die die Fahnen ihres Feindes verlassen, Verzeihung verspricht. Seine Erwartung ist erfüllt. Wie es scheint, sind mehr als 1500 von ihnen, mit Waffen und Bagage, desertirt. Gewiß ist es, daß ungefähr 900 Mann, mit Inbegriff der Rekruten, zu Ayamunte nach Kadix eingeschifft sind.
Gibraltar, den 22sten September. [6]Den eingegangenen Nachrichten zufolge, befand sich General Ballasteros am 19ten dieses Monats zu Loxa, und Soult zu Grenada, woselbst er 2000 seiner Fuhren verbrannt hat. Kordova ist gänzlich vom Feinde geräumt. (Aus dem Zuschauer.)
London, den 10ten November. [7]Aus Kadix wird unterm 2ten Oktober geschrieben: der General Balleysteros war den 19ten vorigen Monats noch zu Grenada. Das Gerücht geht, er habe einige Hinrichtungen und geheime Justizakte im Alhambra vorgenommen. Dieser Umstand erfüllt alle Freunde der Ordnung und der Gesetze mit Schrecken. Wir hätten dergleichen hier weder vornehmen noch vornehmen lassen sollen. Unter dem Schleyer des Geheimnisses ist es sehr leicht, Ungerechtigkeiten und Gewaltthätigkeiten zu begehen, und Privatrache unter der Larve des gemeinen Besten zu verhüllen.
Quellen.[]
- ↑ Supplemente zum Conversations-Lexicon für die Besitzer der Stuttgarter Ausgabe in sieben Bänden. Stuttgart, bei A. F. Macklot. 1819.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 293 Freytag, den 6/18. December 1812.
- ↑ Oesterreichischer Beobachter. Nro. 351. Mittwoche, den 16. December 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 140. Dienstag, den 11. Juny 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 157. Montag, den 1. July 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 310. Donnerstag, den 26. December 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 285 Mittewoch, den 27. November/9. December 1812.