F. A. von Charette de la Contrie.[]
Charette de la Contrie (F. A. von), General in der Vendee, gebohren zu Couffé in Bretagne im Jahre 1763, aus einer reichen und alten Familie. Er diente vor der Revolution bey der Marine als Schiffslieutenant, und bey der Errichtung der Nationalgarden ward er Legionschef von seinem Bezirk. Er befand sich in den ersten Tagen der Unruhen bey seiner Gemahlin zu Fond de Close, in der Nähe von Machecoult, und ward im Sturm zum Kantonschef an Saint-André's Stelle ausgerufen, der so eben vor den Republikanern schändlicher Weise die Flucht ergriffen hatte. Den 10. März 1793 war schon Pornic, ein kleiner Hafen, 10 französische Stunden von Nantes, in seiner Gewalt und einige Tage später auch Machecoult. Kurze Zeit darauf ward er angegriffen und zeigte sich nicht viel tapferer und glücklicher als St. Andre; seine Soldaten waren auf dem Punkte, ihn niederzuhauen. Von der Zeit an nahm sein Charakter und sein Glück eine andere Miene an, und bald machte er sich wieder zum Meister von Machecoult. Im Anfange Augusts wendete sich Charette im Einverständniß mit d'Elbée gegen Lüçon, kommandirte den dritten Angriff und ward zurückgeworfen. Er sammelte sich von Neuem, gieng Beysser entgegen, schlug ihn förmlich und verfolgte ihn bis an die Brücken von Nantes. Hierauf wurde er von Beysser, zu dem Canclaux gestossen war, angegriffen und genöthigt, sich zurückzuziehen. Mit Bonchamp theilte er den glücklichen Ausgang des Gefechtes von Torfou, dem bald der Sieg von Montaigü folgte. Sie wendeten sodann ihre Macht gegen St. Fulgent, wo sich die Trümmer der republikanischen Armee von Sables mit der von Niort vereinigt hatten. Sie überfielen sie bey der Nacht und trieben sie auseinander. Als d'Elbée zum General en Chef der Vendee gewählt wurde, erweckte diese Ernennung, so wie die Gunst, in der Bonchamp und Bernard de Marigni standen, Charette's Eifersucht; er trennte sich daher von ihnen, errichtete eine Armee für sich in Unterpoitou, und veranlaßte sowohl durch seine Unthätigkeit in den Operationen der grossen Armee manchen Mißfall. Der Konvent hatte den Royalisten eine Amnestie vorgeschlagen; man kam über einen Waffenstillstand überein, und Charette begab sich in Begleitung der übrigen Befehlshaber nach Nantes, um einen Vertrag zu schliessen, der kaum unterzeichnet, aber schon wieder gebrochen ward. Von diesem Zeitpunkte an verließ ihn sein Glück gänzlich. Er wollte zu Ende des Februars 1796 ein neues Treffen liefern, ward geschlagen und gieng von der einer Niederlage zu der andern, bis zum 23sten März, wo ihn der General Travot zum Gefangenen machte. Man machte ihm zu Angers den Prozeß und führte ihn nach Nantes, wo sein Urtheil vollzogen werden sollte. Ein geschworner Priester begleitete ihn nach dem Richtplatze; er wollte weder knieen noch sich die Augen verbinden lassen, sah, ohne die Gesichtsfarbe zu verändern und ohne die geringste Unruhe zu verrathen, die Soldaten in Bereitschaft auf ihn Feuer zu geben, und gab selbst das Zeichen. Seine Weste und seine Pantalons wurden für 27 Louisd'or verkauft. Er war mittlerer hagerer Statur, hatte eine stolze Miene und starren Blick.
Charette wird gefangen genommen.[]
[2]
Der drey und zwanzigste März 1796.
Zu Ende des Decembers 1795 war die Macht des bisher so furchtbaren Charette, Generals der Vendeer, bis auf ohngefähr 500 Mann zusammen geschmolzen. Nun konnte dieser Krieg kein Krieg mehr heissen, es war eine Räuberrotte, die um so leichter zu bezwingen war, da das Volk nicht mehr zusammenhielt. Der Oberbefehlshaber der sogenannten "katholischen und königlichen Armee" Stofflet, wurde am 24. Februar gefangen, und gleich am folgenden Tag zu Angers erschossen. Charette allein war unter den Furchtbaren noch übrig, allein seine eigenen bisherigen Freunde verließen ihn nicht nur, sondern versprachen auch zu seiner Gefangennehmung behilflich zu seyn. Es war so weit mit ihm gekommen, daß er unter freyen Himmel bald in diesem, bald in jenem Walde, nur von den Kühnsten und Getreuesten der Seinigen bewacht, übernachten mußte. Dem General Hoche war so sehr daran gelegen, ihm in seine Gewalt zu bekommen, daß er ohne dieses den Vendee-Krieg nicht für beendigt hielt. Er stellte daher in der ganzen Gegend, wo man ihn vermuthete, Posten aus, so daß ihm zu entkommen nicht möglich war. Endlich am Morgen des heutigen Tages entdeckte ihn der General-Adjutant Valentin zwischen la Guiomere und Sabland, wo er ohngefähr fünfzig Mann um sich hatte. Mit Hundert Grenadieren grief ihn Valentin an, aber ohngeachtet eines hitzigen Gefechtes, das über eine Stunde dauerte und in dem Charette zehn seiner Verteidiger verlor, konnte Valentin doch nicht mit ihm fertig werden. Endlich, wie ein Wild gejagt, ganz entkräftet, fiel Charette in die Kolone des General-Adjutanten Travot. Er war am Kopf, auch an einem Arm verwundet und hatte sich auf zwey der Seinigen gestützt, die unter den Kugeln der Republikaner fielen. So blieb dem einst gefürchteten General der Vendeer nichts mehr übrig, als sich seinen Feinden zu ergeben. Den Erfolg dieser Geschichte wird der Leser weiter unten am 29. dieses Monats finden.
Charette's Hinrichtung.[]
[3]
Der neun und zwanzigste März 1796.
Franz Athanasius Charette de la Contrie, Generalissimus der Vendéer wurde am 23. März, am Kopf und dem einen Arm verwundet, gestützt auf zwey seiner Soldaten, von Travot, dem Generaladjutanten des Generals Hoche, gefangen genommen, *) nach dem Hauptquartier zu Angers und von da nach Nantes geführt. Hier brachte man ihn am heutigen Tag, Vormittags gegen 9 Uhr, vor ein Kriegsgericht unter dem Vorsitz des Generals Dutilh. Alle Fragen, die man ihm vorlegte, beantwortete er mit Ruhe und Fassung, und während die Richter sich entfernt hatten, um abzustimmen, sprach er mit den Umstehenden, denen er die nähern Umstände seiner Gefangennehmung erzählte. Er wurde verurtheilt: erschossen zu werden, welche Sentenz er, ohne daß sich nur einer seiner Gesichtszüge veränderte, anhörte. Um 5 Uhr Abends wurde er zum Tode geführt; fünftausend Mann bildeten einen Kreis um ihn und ein geschworner Priester, Namens Guibert, stand ihm in seinen letzten Augenblicken bey. Er wollte nicht niederknien, ließ sich auch die Augen nicht verbinden. In muthiger Stellung, den linken Arm auf der Binde ziehend, mit festem unverwandtem Blick gab er denen, die ihn erschiessen sollten, durch eine Bewegung mit dem Kopf das Zeichen, daß er bereit sey. Man gab Feuer, und er stürzte todt zur Erde.
Charette war einer der kühnsten und gefährlichsten Feinde der französischen Republik. Gegen eine Armee von 30,000 Mann führte er einen Winterfeldzug mit kaum sechhunderten, und hielt sich durch schlaue Bewegungen so lange, bis er wieder ohngefähr 15000 Mann beysammen hatte, und er wußte den Feind durch einzelne Gefechte dergestalt zu ermüden, daß nichts Großes gegen ihn ausgerichtet werden konnte. Erst nach seiner Hinrichtung erklärte Hoche: daß die republikanische Armee nun ihre Bestimmung auf dem linken Ufer der Loire erfüllt habe.
- *) Man sehe oben unter dem 23. März.
Quellen.[]
- ↑ Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
- ↑ Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
- ↑ Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.