Von Bastille bis Waterloo. Wiki

Beschreibung der Festung Mainz.[]

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Mainz liegt auf dem linken Rheinufer in einer sehr einladenden Gegend in einem Halbcirkel, dessen Durchmesser der Rhein selbst 2500 Schritt beträgt. Auf dieser Seite gegen den Rhein sind 8 Thore, das Bocksthor, Roththor, Holzthor, Schmiedepförtchen, Fischerthor, Eisenthor, Kanzlei- und Raimundthor. Längst dem Rheinufer sind folgende 14 Werke; Nikolaibastion, Kapuzinerbastion, Bockbatterie, das daran liegende Rondel, das Holzthorrondel, die Holzthorbatterie, die gesenkte Flanke, die Neuhäuselbatterie, das Fischerbastion, das Eiserthorbollwerk, die Roththorbatterie, das Neuewerk, die Schlossbatterie und das Raimundsbastion. Diese verschiedenen Werke sind mit 8 Fuss hohen und gemauerten Kourtinen zusammengehängt, die Batterien sind 10 Fuss hoch und von Quadersteinen erbauet. Es wird über Bank gefeuert. Die Schiffbrücke die Mainz mit dem rechten Rheinufer, besonders mit dem Flecken Cassel verbindet, ist zwischen dem rothen und Kanzleithor. Gegen die Landseite hat Mainz 3 Thore. Das Münsterthor, Gauthor und Neuthor. Von Raimund bis zum Münsterthor befinden sich folgende Bastions: das Raimundsbastion, das Damianbastion, das Felicitasbastion, das Leopoldbastion und Paulbastion. Das Raimundbastion ist zum Theil, die übrigen aber sind gar nicht revetirt. Zwischen 2 Bollwerken liegt ein halber Mond, ausser zwischen Raimund und Damian, wo ein Hafen angelegt, in welchem in Winter die Rheinschiffe eingelegt werden. Alle diese genannten Bastionen van Raimond bis zum Münsterthor haben einen 10 Ruthen breiten Wassergraben, der um die halben Monde gehende Graben hat 5 Ruthen Breite. An den ausspriugsnden Winkeln der Bollwerke Felicitas und Paul befinden sich Batardeaux um das Wasser in seiner Höhe zu erhalten. An den Eishafen ist eine Schleuse angebracht, um das Wasser abzuhalten. Die Schleuse liegt aber ganz frei und kann leicht durch feuern von rechten Rheinufer verdorben werden, wodurch der Graben das Wasser verlieren kann. Der von Hechtsheim kommende Wildbach vereinigt sich bei Zahlbach mit dem Bretzenheimer Wasser und beide geben den Festungswerken Wasser. Diese Seite der Festung hat auch noch Contregarden, Lünetten, einen bedeckten Weg und eine enveloppe, auf deren ausspringenden Winkeln sich Batterien befinden. Die enveloppe ist 5 Fuss hoch revetirt, und hat einen 5 Ruthen breiten Graben, der auch sein Wasser aus dem Zahlbach erhält. Vor diesem Theil der Festung liegt auch das sogenannte Gartenfeld, welches, ehe die Franzosen Mainz hatten, ganz mit Gartenhäusern, Mauern, Hecken und Bäume überhäuft war. Vor dem Münsterthor ist ein 20 Ruthen breiter Wassergraben und ein halber Mond mit einem dergleichen 5 Ruthen breiten. Ueber beide Graben sind Zugbrücken. Von Münster bis zum Gauthor liegen folgende 4 Bastions: Georgbastion, Alexanderbastion, Bonifaz und Martinbastion. Der Wassergraben von Münsterthor läuft bis zur Spitze von Georgbastion. Hier fängt das Terrain zu steigen an, so dass das Alexanderbastion das Höchste der ganzen Festung ist, und Stadt und Festung beherrscht.

Die Graben sind von hier an 10 Rutbhen breit, aber trocken.

Vor dem Gauthor ist ein halber Mond und eine Zugbrücke. Vom Gathor bis zum Neuthor liegen: Bastion Philipp, Iohannes, die Citadelle, Bastion Alban und Katharina. Alle diese Bastions und das Neuethor haben halbe Monde. Die Citadelle hat 4 Bollwerke, wovon 2 gegen das Feld und 2 gegen die Stadt gekehrt und alle mit guten Kasematten versehen sind. An das Neuthor, das eine Zugbrücke hat, stösst das Nikolaibastion, welche den Rhein und einen Theil der Strasse nach Weissenau bestreicht. Vom Rhein bis zum Thor geht ein 19 Ruthen breiter Wassergraben. Der halbe Mond hat wieder einen mit einem Batardeau versehenen Wassergraben von 10 Ruthen. Die Werke vom Münsterthore bis auf eine kleine Strecke vom Neuthor sind alle revetirt.

Die ganze Stadtmauer ist keiner Vertheidigung fähig.

Die äusserste Linie der Aussenwerke von der Karlsschanze bis zum Hauptstein und dessen enveloppe beträgt 3000 Schritt. In dieser Linie liegen die Karlsschanze, Welscheschanze, Elisabeth und Philippsschanze, das Tenaillenwerk, der Linsenberg und der Hauptstein.

Die Karlsschunze liegt ungefähr 120 Ruthen (600 Schritt) vom Neuthor entfernt, und ist ein sehr gutes mit Kasematten und Minengängen versehenes Werk, in welchem sich eine unterirrdische Retraite befindet, die bis in den Hauptgraben geht. Im Jahre 1792 war der Graben und das Glacis dieses Forts ausser allem Vertheidigungszustande.

Die Welscheschanze ist eine Tenaille zwischen der Karls- und Elisabethschanze.

Die Elisabethschanze ist bei weitem nicht das, was die Karlsschanze, doch befindet sich aber in ihrer Gorge ein Werk, welches sehr vortheilhaft angelegt ist, und von grossen Nutzen sein kann, wenn ein Feind zwischen der Welschen- und der Elisabethschanze oder zwischen der Elisabeth- und der Philippschanze durchgedrungen sein sollte.

Die Philippschanze hat ein gutes Glacis, guten Graben, Kasematten, Minengänge, ein Blockhaus im einspringenden Winkel zum Rückzuge.

Zwischen der Elisabeth- und Philippschanze läuft die Chaussée nach Marienborn, und rechts der letztern Schanze auch noch ein Feldweg nach Zahlbach. Zwischen der Philippschanze und dem Linsenberg liegt eine doppelte Tenaille.

Der Linsenberg ist ein gutes Werk, hat Kasematten, Minengänge und zur Deckung des Rückzuges ein Blockhaus. Vor dem auspringenden Winkel dieses Werks liegt eine grosse Flesche, um das Auräus-Thal, durch welches die Verbindung mit dem Hauptstein läuft, zu bestreichen.

Auf dem Hartenberge liegt das wichtigste Aussenwerk der Festung, der Hauptstein. Er beherrscht Stadt und Gartenfeld.

Er hat Kasemattten und Minengänge, und ist einer hartnäckigen Vertheidigung fähig, wenn er ausser dem gehörigen Geschütze mit 1200 Mann besetzt ist. Vom Hauptstein führt auch ein unterirrdischer Gang nach dem Münsterthore. Die Gemeinschaft zwischen diesem Werke und der Festung ist also sehr gesichert.

Mainz hat demnach eine doppelte Reihe von Werken. Die Bastions der Festung selbst und dann die Aussenwerke.

Zwischen dem Glacis der Festung und den Aussenwerken ist ein grosser freier Platz befindlich, der dazu dienen könnte, ein Corps hinter den Aussenwerken kampiren zu lassen. Auch der Theil der Festung selbst vom Neuthor mit der Citadelle bis zum Gauthor, und von da bis zum Münsterthor hat ebenfalls eine unterirrdische Befestigung, und mithin folgt, dass Mainz in jeder Betracht zu eine der stärksten Festungen des damaligen Kriegstheaters gehörte.

Vor dem französischen Kriege waren in Mainz 26000 bis 28000 Einwohner.

Die Strassen sind grösstentheils sehr enge. In der Stadt befinden sich ausser dem Zeughause und Kasernen noch eine Menge von öffentlichen Gebäuden, Kirchen und Klöstern, die zur Zeit einer Belagerung sehr gut benutzt werden können.

Vor dem französischen Kriege war der auf dem rechten Rheinufer liegende, und in genauer Verbindung mit Mainz stehende Flecken Kassel, ausser einem Tête de pont, das vor der Rheinbrücke lag, gar nicht befestigt.

Da Mainz auf der Operationslinie zwischen dem östreichschen Erbstaaten und den damaligen östreichschen Niederlanden lag, so war es allerdings für die Franzosen sehr wichtig, festen Fuss auf dem rechten Rheinufer zu fassen. Zu dieser Absicht wandten die französischen Generale in Mainz alles mögliche an, den Winter über Kassel in einen respectablen Vertheidigungszustand zu setzen. Zum Fundament der neuen Festung wurden die Quadersteine der Favorite, eines churfürstlichen Lustschlosses *) gebraucht. Die neue Festung bestand aus 3 ganzen und 2 halben Bastionen, und 4 Ravelinen. Allein wie die alliirte Armee Mainz einschloss, war diese neue Festung noch nich ganz fertig.

*) Wo die Favorite stand, war vor Zeiten ein Karthäuserkloster.

Auch die Marsschanze und die Ingelheimer und Petersaue verschanzten die Franzosen den Winter hindurch. Die letztere war vorzüglich für die Besatzung wichtig, denn kamen die Alliirten in Besitz derselben, so war Kassel in Rücken genommen, die Gemeinschaft zwischen diesem Ort und Mainz war verlohren und der grösste Theil des Mahlwerks zerstört, weil die Wassermühlen alle in Grund geschossen werden konnten.

Die Flecken Kostheim und Weissenau, das Dorf Zahlbach und das nahe vor den Werken der Festung liegende Kloster Dahlheim waren besetzt und verschanzt.

Die französische Besatzung von Mainz und Kassel bestand in 26000 Mann. Der Brigade-General d'Oyré war Kommandant daselbst, und unter ihm befahlen die Generale Dubayet und Meusnier. Die Festung war mit Allen hinlänglich versehen, ausser dass an Wurfgeschütz und Medicin Mangel war, und dass das Mehl in den Schiffmühlen und die Menge von Handmühlen so zu sagen von Hand zu Munde gieng.


Quellen.[]

  1. Geschichte der vier ersten Feldzüge des französischen Revolutions-Krieges; von einem deutschen Offizier. Deutschland 1807.