Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Fürth.[]


SectieNürnberg

Charte vom Königreiche Bayern nach seiner neuesten Eintheilung vom Jahre 1808.

Fürth,[1] offene, sehr gewerbfleißige Stadt, im Rezatkreise des Königreichs Baiern, sonst zum Fürstenthum Ansbach gehörig, an dem Zusammenflusse der Pednitz mit der Rebnitz, auf einer zwar sandigen, aber durch Cultur fruchtbar gemachten Ebene, in der Nähe von Nürnberg, hat 860 Haupt- und Nebenhäuser und 13,000 Einwohner, darunter 2500 Juden, die hier eine bedeutende Synagoge, eine eigne hohe Schule, eine Buchdruckerei und andere wissenschaftliche Einrichtungen haben. Fürth ist zwar nicht regelmäßig gebaut, enthält aber viele ansehnliche Häuser, und ist in neuern Zeiten durch neue Anlagen ungemein verschönert worden. Es herrscht hier eine sehr große Industrie, und man zählt über 1000 Gewerkmeister, als: 130 Drechsler, welche vielerlei Waaren aus Metall, Horn, Elfenbein, Knochen und Holz verfertigen; 200 Gold- und Silberarbeiter und Uhrgehäusemacher; 40 Groß- und Kleinuhrenmacher; 50 Gürtel, welche Metallnägel, Knöpfe, Beschläge, Uhrschlüssel, Ketten xc. verfertigen; 40 Blei- und Rothstiftmacher; 150 Tischler und Ebenisten, welche nicht allein mehr als 150 Arten eingelegter und glatter Kunsttischlerarbeiten aller Gattungen, sondern auch Spiegelrahmen, Futterale, Kisten xc. in Menge verfertigen; 120 Schuhmacher; 80 Strumpf- und Mützenwirker; 50 Baumwollenweber; eine Menge Bildhauer, Goldschläger (jährlich 19,000 Buch Goldpapier), Vergolder, Spiegelschleifer, Schnallenmacher, Dosenmacher, Siegellackbereiter, Papierfärber, Maler xc. Man findet ferner hier bedeutende Spiegelfabriken, Schleif- und Polirwerke, Brantweinbrennerei- und Rosogliofabriken. Diese Waaren werden theils durch die hiesigen Einwohner, theils durch die nürnberger Kaufleute abgesetzt und nach allen Gegenden verführt. Auch treibt Führt einen beträchtlichen Speditions-, Wechsel- und Juwelenhandel. Desgleichen ist der Tabacksbau, Handel und Verarbeitung desselben bedeutend. Jährlich hält Fürth einen großen Markt, die Kirchweih genannt, welcher sehr besucht wird, und auf dem ansehnliche Geschäfte gemacht werden.


Von Reisende.[]

Friedrich Schulz. [2]

[1793]

Von Erlangen reisete ich auf Fürth (2. M.) Der Weg dahin führt immer noch in jenem Thale fort, das sich mehr und mehr erweitert, zum Theil auf einer gut unterhaltenen Straße, zum Theil auf stäubigten Feldwegen; denn der tiefe Sand, in welchen man vor Bairsdorf gerathen ist, hält noch immer an. Indessen hat ihn der Fleiß der Einwohner hier herum bezwungen, und auf beyden Seiten des Weges stand das treflichste Korn, sogar auch Weizen, und häufig Mais und Taback. Sobald man vor Erlangen heraus ist, hat man Nürnberg im Gesicht, und es thut eine gute Wirkung aus der Ferne, da dessen Burgfeste hoch über die andern Theile der Stadt hervorragt; aber Fürth sieht man nicht eher, als bis man davor ist, weil es, außer einem einzigen spitzigen Thurme, nichts hat, was ihm eine Ansicht geben könnte. Im Innern ist es sehr lebhaft. Das Aeußere der Einwohner verräth Mangel und Armuth, und der Geruch auf den Straßen, Juden, und den allerhöchsten Schmutz. Die Häuser sind dicht mit Fenster besetzt, und an denselben sieht man fleißige Leute, die mit irgend etwas beschäftigt sind, während vor den Thüren halbnackte Kinder zu Dutzenden herumspringen, oder sich herumwälzen. Die Häuser sind fast alle von Holz, einige Straßen der Stadt breit, lang und nicht unansehnlich. Ich brachte hier einen Tag mit Besuchen bey den mancherley Künstlern und Fabrikanten zu, die hier gleichsam einer auf dem andern wohnen und sehr fleißig, aber doch meist arm sind. Ausgezeichnet beträchtliche Fabriken findet man indessen doch nicht hier.

Es traf sich gerade, daß ein Theil des Kontingents, welches der fränkische Kreis zur Reichsarmee zu stellen hat, nicht weit von dieser Stadt in einem Lager beysammenstand. Es waren nur achtzehnhundert Mann, Nürnberger, Rothenburger, Eichsfelder und andere Truppen. Exerciren und marschiren konnten diese Leute freylich noch nicht; sie waren aber im Ganzen nicht so schlecht, wie man sich gewöhnlich die Reichstruppen denkt. Besonders bemerkte ich unter den Rothenburgern manchen jungen und festen Kerl, der kein preußisches Regiment verunstaltet haben würde.

Von Fürth aus auf Nürnberg (1 M.) ist der Weg eben so unangenehm und sandig, als von Erlangen auf Fürth. Ich legte ihn aber in weniger als drey Viertelstunden zurück.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Reise eines Liefländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau, Dresden, Karlsbad, Bayreuth, Nürnberg, Regensburg, München, Salzburg, Linz, Wien und Klagenfurt, nach Botzen in Tyrol. Berlin, 1795. bei Friedrich Vieweg dem ältern.
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