Lucca.[]
Die kleine Republik Lucca [1] war bis zum Jahre 1799 den Umbildungen entgangen, welche der Zeitgeist über Italien brachte. Als aber in Rom eine Republik gestiftet, der König von Neapel aus dem Kirchenstaate zurückgeworfen, und Piemont, durch Verzichtung des Königs von Sardinien (Dec. 1798) an Frankreich überlassen worden war, besetzte der General Serrurier (Febr. 1799) auch das Gebiet der Republik Lucca, und gab ihr, nach einer kurzen provisorischen Regierung, eine Constitution, nach welcher ein Directorium von 5 Mitglieder, und zwei Räthe von 48 und 24 Repräsentanten die Angelegenheiten des Staates leiten sollten. Doch schon im Sommer 1799 bewirkten die Siege der Russen und Oestreicher in Italien die Wiederherstellung der alten Ordnung der Dinge in Lucca, bis auch hier der Tag von Marengo (14 Juny 1800) das Uebergewicht des französischen Einflusses von neuem begründete. Die eingesetzte provisorische Regierung ward am 30 Dec. 1801 durch eine neue Constitution aufgehoben, welche ein Gonfaloniere als Präsident, mit einer zweimonatlichen Regierung, an der Spitze eines Vollziehungsrathes von sechszehn Mitgliedern aufrecht erhalten sollte. Gewählt wurden die Mitglieder dieser Behörden von einem hohen Rathe, der aus 300 Personen (200 Grundeigenthümern, und 100 Individuen aus Kaufleute, Gelehrten und Künstlern) bestand. Doch während Napoleons Anwesenheit in Mailand versammelte am 4 Juny 1805 der Gonfaloniere Belluomini den Rath der Alten zu einer außerordentlichen Sitzung, welcher decretirte »den Kaiser zu bitten, daß er geruhen wolle, dem Staate von Lucca eine neue Verfassung zu geben, und dessen Regierung einem Prinzen aus seiner Familie und dessen natürlichen Nachkommen anzuvertrauen.« Diesen Beschluß bestätigte der große Rath am 14 Juny; die Bürger von Lucca unterzeichneten ihre Zustimmung in die geöffneten Register. Eine Deputation von Lucca überreichte zu Bologna am 23 Juny diese Wünsche dem Kaiser, welcher seinen Schwager, den Fürsten Bacciochi, den Gemahl der Prinzessin Elisa, dem er schon am 18 März 1805 das Fürstenthum Piombino ertheilt hatte, zum Fürsten von Lucca ernannte. Als Fürst von Lucca, dem ein Senat von 36 Mitglieder zur Seite steht, schwört er, die Integrität und Unabhängigkeit der Republik Lucca aufrecht zu erhalten, und erhält eine Civilliste von 300,000 Franken, und Landgüter mit einem Ertrage von 100,000 Franken. Als Fürst von Piombino schwört er aber dem Kaiser der Franzosen den Unterthaneneid, so wie der Erbprinz nur nach erhaltener Investitur des Kaisers succediren darf. -- Durch ein späteres kaiserliches Decret vom 30 März 1806 wurden Massa, Carrara und Garfagnana mit Lucca vereinigt; doch sollten in diesen Ländern große französische Reichslehen errichtet werden.
Lucca..[]
Lucca [2] war ursprünglich eine Colonie der Römer, welche mit den Sturze des langobardischen Reichs 774 unter Carl den Großen an Frankreich und nachher durch Otto I. (den Großen) an Deutschland fiel. Ludwig der Bayer ernannte 1327 den verrufenen Castruccia Castracani zum Herzoge, welche Würde jedoch bei dessen Tode wiederum erlosch. Darauf erkaufte der Genueser Spinola die Herrschaft über die Stadt, trat sie aber hernach bei Heinrichs VII. Anwesenheit in Italien an diesen ab. Dieser verkaufte sie an das parmesanische Haus Rossi, aus welches der Veroneser Scaliger folgte, der aber ebenfalls nach kurzer Zeit die Herrschaft an Franz verkaufte. Unter Carl IV. erhielt sie 1370 ihre Freiheit, welche sie auch unter der Staatsleitung eines Gonfaloniere und eines Staatsraths, bis in die neuesten Zeiten behauptete. Nachdem ihr im Jahre 1797 die Franzosen unter Serrurier eine neue Verfassung aufgedrungen hatten, ward Lucca 1805 in ein Fürstenthum verwandelt und, mit Piombino vereinigt, dem Schwager Bonaparte's, Bacciocchi, gegeben. Der Wiener Congreß theilte das Land der Königin von Etrurien zu, welche aber dasselbe noch nicht in Besitz genommen hat, weil sie an ihm kein Aequivalent für ihre verlornen Staaten findet. Dieser kleine Staat gränzt an das Genuesische, Florentinische, an die vormalige Lombardei und an das ligustische Meer und hat auf 23 Quadratmeilen 120,00 Einwohner. Es hat nicht hinlänglich Getreide, aber Wein, Oel und Castanien im Ueberflusse. Vier geogr. Meilen von der Stadt liegen die berühmten und stark besuchten Bäder von Lucca. Die Religion ist die römisch-katholische und der dortige Erzbischoff steht unmittelbar unter dem Papste. Die Manufacturen, besonders die in Seide, sind ausnehmend blühend; das Hauptproduct des Gebietes besteht jedoch in Baumöl, von welchen die seine Sorte weltberühmt ist und weit, insonderheit nach England hin, ausgeführt wird. Die Bevölkerung der Stadt Lucca hat in den letzten Jahren sehr abgenommen; man zählt nur etwa 22,000 Einwohner. Seit 1802 ist daselbst auch eine Universität errichtet worden.
Die republikanische Leibwache von Piombino, Fürst der Republik Lucca.[]
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Es kann uns zwar, in politischer Hinsicht ganz gleich sein, wie die Leibwache des neuen Franz. Vasallen organisirt ist; auch schwankt Europens Wagschale nicht, wenn ein Paar Musketenläufe und Kaskets mehr darauf liegen, und wenn einige lange Schnurrbärte so schnell hervorsprössen, dass man glauben sollte, sie wären angeleimt. Dies kann uns, wie gesagt, nicht kümmern -- allein (um mit den Franzosen zu sprechen) pour la rarité du fait -- wird der Leser es immer passiren lassen. Es gehört solch Wesen wenigstens der Geschichte an, die nie leugnet, was geschieht, so wie die Naturgeschichte jedes Geschöpf beachtet, es möge noch so schnell entstehn und wieder vergehn.
Die Leibwache des Fürsten besteht aus 400 Mann, in 4 Compagnieen vertheilt, und man könnte sie adeliche Leibwache nennen, da der Fürst die Jünglinge aus den vornehmsten Familien selbst dazu wählt. Der monatliche Gehalt beträgt 20 Franken *). Die Kosten der ganzen Leibwache sollen sich höchstens auf 100000 Franken oder 25000 Rthl. belaufen. Nur geborne Lucceser werden aufgenommen, und auch nur dann, wenn einer einen monatlichen Zuschuss von wenigstens 30 Franken 0der 1½ Rthl. aufweisen kann. Wer in dieser Leibwache 5 Jahre gedient hat, erhält in den Miliz-Nationalgarden Unterlieutenants-Rang, die 4 Capitains Obersten-Rang, die Lieutenants Bataillonchef-Rang, und die Sergeanten erhalten den Rang des Capitains. –
Die hohen Titel kann man hier also sehr leicht erringen. Wahrscheinlich versorgt auch diese Leibwache die ganze National-Miliz hinlänglich mit Officieren, und ist gleichsam als Vorschule bestimmt. Für eine neue Regierung ist diese Idee so übel nicht.
- *) Der Franke zu 6 Gr.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1812]
Lukka, den 19ten November. [4]
Gestern Abend brach der durch beständige Regengüsse schnell angeschwollene Fluß Serchio die Dämme und überschwemmte unsere ganze Ebene bis zu den benachbarten Gebirgen. Unsere Stadt selbst konnte nur durch die eben so schleunig als kräftig getroffenen Mittel vor der Ueberschwemmung bewahrt werden. Sie bildet gegenwärtig eine Insel mitten in einem See, der da, wo er am kleinsten ist, beynahe drittehalb italienische Meilen im Umfange hat. Unsere Lage ist um so kritischer, da wir anstatt Lebensmittel von dem Lande, das uns damit versah, zu ziehen, im Gegentheil genöthigt sind, ihm welche zuzusenden. Man verlor eine große Anzahl Vieh, und es heißt, es wären einige Kinder umgekommen. Man schätzt allein die durch die Ueberschwemmung an den Dämmen, an der Straße der Bäder, an jener von Pescia, die erst vor einigen Tagen beendigt wurde, und an jener von Pisa, auf welcher beynahe alle Brücken fortgerissen wurden, verursachten Verwüstungen auf 400,000 Franken. Der Fürst und Fürstin von Lukka, welche sich zu Pisa befanden, begaben sich auf der Stelle in die überschwemmten Felder, wohin man nur mit zerbrechlichen Nachen gelangen konnte, und trafen wohlthätige Anstalten.
Quellen.[]
- ↑ Das Zeitalter Napoleons, ein historisches Gemählde von Karl Heinrich Ludwig Pölitz, ordentlichem Professor der Geschichte auf der Universität Wittenberg und des akademischen Seminariums Director. Leipzig bei J. C. Hinrichs. 1813.
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Mars. Eine allgemeine militärische Zeitung. Berlin, 1805. In der Himburgischen Buchhandlung.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 309. Mittewoch, den 25. December 1812.