Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Erstes Jahr des französischen Revolutionskrieges.[]

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(Von der Kriegserklärung gegen Oesterreich an, den 20sten April, bis zum 26sten Dezember 1792, da Ludwig der 16te, mit seinen Vertheidigern zum letztenmal vor dem Nationalconvent erschien.)

Die französische Nation wußte beym Anfange des 1792sten Jahres nur zu gewiß, daß es nicht mehr möglich sey, ohne Krieg mit Deutschland, die neue Constitution aufrecht zu erhalten, weil die Emigrirten bey den deutschen Fürsten nicht bloß einen Zufluchtsort sondern auch Unterstützung gefunden hatten, und jetzt Miene machten, ihr Vaterland mit bewaffneter Hand anzugreifen. Man hatte in Paris erfahren, daß sie Truppenkorps versammelten und von einigen Höfen sogar Geldunterstützungen erhielten, und alle diese Nachrichten veranlaßten einen sehr lebhaften Courierwechsel besonders zwischen Wien und Paris.

Die Convention die am 27sten July 1791, zwischen dem Kayser Leopold, dem Könige von Preussen und den Churfürsten zu Sachsen in Pillnitz war geschlossen worden, und welcher noch mehrere europäische Mächte beitraten, war für Frankreich jetzt kein Staatsgeheimniß mehr, und nur viele Deutsche schienen hiervon noch nicht unterrichtet zu seyn; wenigstens muthmaßten sie den künftigen Erfolg nicht eher, als bis Preussen im Anfange des 1792sten Jahres die Fürstenthümer Anspach und Bayreuth ziemlich schnell in Besitz nahm und bald darauf auch ein förmlicher Allianztraktat zwischen Oesterreich und Preussen geschlossen wurde.

Die Minister der auswärtigen Angelegenheiten mußten mit dem Kayser über die Entschädigungen der deutschen Besitzungen in Elsaß unterhandeln und Einstellung der Kriegszurüstungen verlangen, aber man beschuldigte die Minister der Verrätherei und die Nationalversammlung sah deutlich, daß ohne Krieg zu führen, nicht abzukommen sey. Daher verlangte man vom Kayser eine entscheidende Erklärung, und setzte hinzu: daß wenn er diese nicht zum 1sten März ertheilt hätte, man sein Stillschweigen als eine förmliche Kriegserklärung ansehen würde.

Kayser Leopold schien eben nicht sehr zum Kriege geneigt zu seyn, und bedachte sich daher eine bestimmte Antwort zu ertheilen. Ehe sie noch erfolgte, starb er den 1sten März, grade an dem Tage, den die Nationalversammlung zum Termin bestimmt hatte. Der Umstand, daß er noch immer zweifelhaft gewesen war, welche Parthey er ergreifen wollte, und sein plötzlicher Tod, gaben zu dem Gerüchte Anlaß, er sey von Aristokraten vergiftet worden, in Hoffnung, daß sein Nachfolger sich gegen die neue französische Constitution erklären werde.

Franz der Zweite war ihm kaum in der Regierung gefolgt und Dumourier in Frankreich zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt worden, so war dessen erstes Geschäft, von dem Fürsten Kaunitz eine Erklärung zu fodern, wie der neue Kayser gesinnt sey, und er verlangte solche noch vor dem 15ten April zu wissen.

Das kaiserliche Ultimatum erfolgte schon am 18ten März. In solchem wurde erklärt: daß der neue Kayser gesonnen sey den Verbindungen anderer Mächte von Europa gegen Frankreich beizutreten und zu unterstützen. Kaum war diese Antwort des Wiener Hofes erfolgt, so beschloß man französischer Seits die Kriegserklärung. Der König erschien zu dem Ende den 20sten April in der Nationalversammlung und brachte selbst den Krieg gegen Oesterreich in Vorschlag, welcher auch nach heftigen Debatten durch Mehrheit der Stimmen dekretirt wurde.


Dumourier hatte den Plan des ersten Feldzuges entworfen, welcher offensive geführt werden sollte. Er bestand darinn: daß Rochambeaus Armee, unter welchen Biron und Dillon kommandirten, vorrücken und in die Niederlande eindringen, Luckner das Bißthum Basel in Besitz nehmen und Lafayette einen Angriff auf Luxemburg und Namur machen sollte. Dieser erste Plan scheiterte bald, denn als Biron und Dillon vordringen wollten, wurde Ersterer von den Oesterreichern zurückgetrieben und letzterer nicht nur in die Flucht geschlagen, sondern auch, weil man ihm Feigheit und Verrätherei beschuldigte, von seinen eignen Soldaten ermordet.

Das Volk in Paris war über diese traurige Nachrichten äusserst aufgebracht und Rochambeau sah sich genöthigt seine Stelle niederzulegen und Lucknern das Kommando der Armee zu überlassen.

Bei so kritischen Umständen fand Dumourier für rathsam, selbst zur Armee zu gehen, aber er konnte Anfangs wenig ausrichten, denn er fand die Armee und Vertheidigungsanstalten nicht im besten Zustande; besonders nahm die Dessertion sehr überhand.

Die Nationalversammlung hatte zwei Dekrete gegeben; eines betraf die unbeeidigte Priester, und das andre ein Lager von 20000 Mann, das man zur Deckung der Hauptstadt zusammenziehen wollte. Beiden Dekreten verweigerte der König den 19ten July seine Zustimmung. Das Volk war darüber aufgebracht und die Einwohner der Vorstädte St. Antoine und St. Marceau versammelten sich den Tag darauf unter Aufführung des Bierbrauers Santerre und des Lakayen Alexanders auf dem Platz der Bastille. Sie verlangte Eintritt in die Nationalversammlung, der ihnen bewilligt wurde. Hier hielten sie ihren Durchzug, der drei Stunden dauerte und gingen dann nach dem Schlosse, wo sie in die Zimmer des Königs drangen, um ihn zu Sanctionirung der beiden Dekrete zu zwingen; allein er verweigerte es standhaft. Man setzte dem König eine Jacobinermütze auf, beschenkte die Königin und übrige Familie mit Nationalkokarden und verließ endlich das Schloß, nachdem der König versprochen hatte, das Verlangen des Volkes in Betreff, beider Dekrete in Ueberlegung zu nehmen.


Den andern Tag beklagte sich der König bei der Nationalversammlung über diesen gewalthätigen Vorfall, und diese bestimmte, daß die Wachen des Schlosses verdoppelt werden sollten; den Nationalgarden aber ertheilte man Befehl, bei ähnlichen Angriffen von Seiten des Pöbels, Gewalt zu gebrauchen.

Im Anfange des Julymonats kamen aus allen Gegenden Frankreichs Freywillige an, um am 14ten July, das Bundesfest mit zu feiern, ehe sie zur Armee abgehen wollten. Man besorgte bei dieser Gelegenheit einen neuen Aufruhr, aber es ging überaus ruhig ab, obgleich der König selbst mit dabei gegenwärtig war.

An Frankreichs Grenzen hatte sich eine sehr ansehnliche Armee versammelt, die aus 80090 Oesterreichern, 50000 Preußen und 30000 Emigranten bestand, und dem Herzoge von Braunschweig, der am 3ten July zu Coblenz eingetroffen war, hatte man das Generalkommando dieser Armee übertragen.

Den 6ten July kam der König in die Nationalversammlung, um anzuzeigen, daß er von Preussens Theilnahme an den Kriege, Nachricht erhalten habe. Gleich darauf erließ er eine Proklamation an alle Mächte Europens, und erklärte, daß er an den Kriegszurüstungen seiner Brüder gar keinen Antheil nähme sondern willens sei, die Konstitution ernstlich zu vertheidigen.

Der König von Preussen traf den 25sten July zu Coblenz ein, und an eben diesem Tage erschien das 2te Manifest des Herzogs von Braunschweig, dessen wesentlicher Inhalt folgender war: daß der Kayser und König von Preussen willens wären, den frevelhaften Angriff auf Thron und Altar, in Frankreich zu steuern und die gesetzmässige Macht wiederherzustellen! daß niemand es wagen solle, sich entgegen zu setzen und wenn die geringste Beleidigung gegen den König und seine Familie statt finden würde, wolle der Herzog eine exemplarische und auf immer denkwürdige Rache nehmen und die Stadt Paris einer militairischen Execution und gänzlichen Zerstörung überliefern. Der König wurde eingeladen eine Stadt zu bezeichnen die den Grenzen am nächsten wäre, wohin ihm der Herzog sichre Begleitung zu schicken willens sey. In einem Zusatze, zu dieser Erklärung, vom 27sten July, glaubte der Herzog der Entführung des Königs nach den südlichen Provinzen die man damals vermuthete, durch die Drohung: vorzubeugen, allen Oertern, welche in diesem Falle sich beim Durchzuge nicht widersetzen würden, gleiches Schicksal wie der Stadt Paris erfahren zu lassen. Der ganze Weg, welchen die Räuber des Königs und der königlichen Familie nehmen würden, solle mit einer Reihe von Strafen bezeichnet werden, deren die Urheber solcher Majestäts-Verbrechen werth wären.

Dieses Manifest, welches der Herzog allen Gliedern der Nationalversammlung zuschickte, wurde in öffentlichen Blättern zu Paris bekannt gemacht; allein die Wirkung war ganz entgegengesetzt von der, die man sich in Deutschland wahrscheinlich davon versprochen hatte, denn die Pariser, statt sich vor diesen Drohungen zu fürchten, erklärten grade zu, sie wollten lieber das äusserste wagen, als von fremden Mächten sich Gesetze verschreiben lassen. Viele Mitglieder der Nationalversammlung wollten nicht einmal glauben, daß dieses Manifest, seines Inhaltes wegen echt sey und vom Herzoge herrühre. Der König selbst, als er am 3ten August der Nationalversammlung durch seine Minister ein Schreiben zuschickte, welches das Manifest des Herzogs betraf, erklärte, daß er dessen Aechtheit bezweifle und versicherte zugleich, man werde ihn nie von Fremden oder irgend einer Partei Gesetze annehmen sehen sondern er sei willens, nur die Nation zu hören und deren Unabhängigkeit aufrecht zu erhalten.

Auch dieser königliche Brief hatte nicht die Wirkung, welche man vermuthet hatte. Man erklärte ihn für Verstellung und zwar aus folgenden Gründen; weil der König die Beschlüsse gegen schwärmerische Priester nicht habe genehmigen wollen; weil er den Pillnitzer Traktat schon längst gekannt und doch nichts dagegen gethan habe; weil er versprochen, 150000 Mann gerüstete Soldaten ins Feld zu stellen, und dieses nicht geschehen, vielmehr der Vertheidigungs-Zustand so beschaffen wäre, daß es schiene, als ob man mit Vorsatz den Preussen und Oesterreichern ihren Einmarsch in Frankreich erleichtern wolle.

Den 30sten July kamen die Marseiller Föderirten in Paris an. Sie waren 7 bis 800 Mann stark und bestanden aus Lastträgern, Matrosen und Galeerensklaven. Sie verlangten die Absetzung des Königs; das nemliche foderte auch am 6ten August der Maire Pethion in einer Addresse von 47 Sectionen der Pariser unterzeichnet.

Von Seiten der Jakobiner wurden Anstalten getroffen, die einen wichtigen Vorfall vermuthen ließen; das nemliche bemerkte man auch an der Hofpartey, aber niemand wußte, was man eigentlich zu befürchten hatte, bis man aus dem Betragen der Marseiller wahrnehmen konnte, daß alles auf einem Angriff gegen das Schloß gerichtet war. Die Marseiller geriethen mit Nationalgarden oft in Händel und behielten gewöhnlich die Oberhand, daher die Nationalversammlung selbst, ihre Unzufriedenheit über das Betragen der Marseiller äusserte und den Beschluß faßte, sie aus der Hauptstadt zu entfernen. Diese warteten bloß auf eine günstige Gelegenheit, ihr Vorhaben auszuführen und es dauerte nicht lange, daß sich solche ereignete.

Der Hof nemlich, weil er die Marseiller fürchtete, hatte den Garten der Thuillerien verschließen lassen, worüber das Volk sehr aufgebracht war. Selbst die Nationalversammlung verlangte die Oeffnung des Gartens in einem besondern Dekrete, worauf aber die Hofparthey gar nicht zu achten schien. Vielleicht wäre dieses noch ruhig hingegangen; allein, was der Sache den Ausschlag gab, war: daß man das Brod der Föderirten mit Glas vermengt gefunden hatte, und weil diese Thatsache, bey mehrerer Untersuchung, nicht konnte abgeleugnet werden, so war es sehr natürlich, daß dieses Signal, zum längst gedrohten Aufruhr abgeben mußte, weil die Marseiller besonders, für Wuth außer sich waren.

Der Hof, der den Angriff voraus sah, suchte alle mögliche Vertheidigungsanstalten zu treffen. Den 9ten August, versammelte sich eine Menge Exadeliche im Schlosse, die unter dem Namen Dolchritter bekannt waren; man schickte Patrouillen, als Nationalgarden verkleidet, aus, um die Bewegungen des Volks zu beobachten. Diese List wurde entdeckt, und die Gährung allgemein. Man rührte die Lärmtrommeln, läutete die Sturmglocken, und die ganze Stadt war im Aufruhr. Der 10te August war der merkwürdige Tag, an welchem mitten im königl. Schlosse, eine Schlacht geliefert wurde, denn man rechnete auf 4000 Menschen, theils Soldaten, theils Hofleute, die hier geblieben waren. Es würde nie zu einem so großen Blutbade gekommen seyn, wenn nicht folgender Vorfall die Wuth des Volks aufs äußerste gereizt hätte. Die königliche Familie, als sie sah, daß es nicht möglich sey, das Volk zu besänftigen, war genöthigt gewesen, sich in den Versammlungssaal zu retten, worauf man das Thor eröffnete, um die wüthende Menge hereinzulassen, und ihr einen Vergleich anzutragen. Dieser Versuch schien zu glücken, und schon sah man, wie sich Marseiller und Schweitzer brüderlich umarmten, als in dem Augenblicke, von den Schweitzern mit Kartätschenkugeln gefeuert, viele Marseiller todt zur Erde gestreckt, und dadurch selbst diejenigen Truppen empört wurden, deren Absicht gewesen war, das Schloß zu vertheidigen.


Die Marseiller, an der Spitze, drangen nun mit andern ins Schloß, und je wilder sich die Schweitzer vertheidigten, desto mehr stieg die Wuth des beleidigten Volks. Was im Schlosse ergriffen wurde, stieß man ohne Gnade nieder, und der Sieg war auf Seiten der Marseiller und ihrer Anhänger entschieden. Dieser wichtige Vorfall, veranlaßte in der Folge, die Anschaffung des Königs, und legte den Grund, zur Umschaffung Frankreichs in eine Republik.

Tages darauf, erklärte der Gemeinderath, daß er nicht für die Sicherheit der königlichen Familie stehen können, wenn solche nicht in eine sichre Verwahrung gebracht würde, und so beschloß man also, den Tempelthurm zu diesem Zweck einzurichten, wo selbst die königlichen Gefangenen von dieser Zeit an, sehr streng bewacht wurden.

An alle Armeen wurden Deputirte abgeschickt, um diese mit den so wichtigen Pariser Vorfällen, bekannt zu machen. Natürlich erregten diese Nachrichten, viele Sensation; aber auch selbst die Generale, die königlich gesinnt waren, durften es nicht wagen, ihre Gesinnungen laut werden zu lassen. Lafayette war der einzige, der kühn genug war, die Kommissarien der Nationalversammlung, nicht nur arretiren zu lassen, sondern auch eine Schrift unter die Soldaten zu vertheilen, um sie für den König zu stimmen. Sein Plan scheiterte, denn die Armee, so bald sie seinen Hang zum Royalismus bemerkte, weigerte sich, ihm zu gehorchen, und die Nationalversammlung erklärte ihn für vogelfrey. Lafayette, als er aus der Stimmung der Armee bemerkte, daß er nicht durchdringen könne, faßte den Entschluß, schnell zu emigriren, in den Absicht, nach Amerika zu gehen; kaum aber hatte er das Lüttichsche erreicht, so wurde er von den Oesterreichern arretirt, und den Preußen übergeben, die ihn zuerst nach Wesel, und dann nach Magdeburg brachten. Endlich, kam er, wie bekannt, auf die Festung, nach Glaz. Auch General Luckner, wurde zu eben dieser Zeit suspendirt, weil er ähnliche royalistische Grundsätze, wie Lafayette, geäußert hatte. Kellermann kam an Luckners Stelle, weil man aber sah, daß die Armee über Luckners Absetzung, sehr unzufrieden war, so berief man ihn wieder zurück, und ernannte ihn zum Generalismus der drey Armeen; doch wurde seine Macht so eingeschränkt, daß er eigentlich nur den Titel behielt, und, als Dumourier in der Folge, sich als Held hervor that, wurde er gar nicht mehr geachtet, und sogar nach Paris gerufen, um sein bisheriges Betragen zu vertheidigen.

Die deutschen Armeen, in Verbindung mit den Emigrirten, machten wirklich einige bedeutende Fortschritte. Am wichtigsten war die Eroberung der Festung Longwy, die mit sehr guten Vertheidigungswerken versehen war. Kaum war sie vom Herzog von Braunschweig aufgefodert worden, so kapitulirte sie auch schon am 22sten August, und den Grafen von Provence, empfing man mit Lorbeerkränzen. Den Parisern war diese Vorfall sehr auffallend. Sie vermutheten Verrätherey, und daß die Minister mit Vorsatz alles so eingerichtet hätten, um eine so wichtige Festung den Deutschen in die Hände zu liefern; denn man war reichlich mit Kriegsmunition und Lebensmitteln versehen, so, daß tausend Mann, wenigstens ein Jahr sich hier hätten behaupten können. Die ganze Besatzung bestand nur aus 2600 Mann.

Der Plan des Herzogs von Braunschweig, gieng dahin, grade auf die Hauptstadt loszugehen, sie zu bezwingen, oder wenigstens einzuschließen und auszuhungern, in Hoffnung, daß die Linientruppen, und die große Menge der Aristokraten, sich mit der deutschen Armee vereinigen würden.

Am 30sten August, nahmen die Preußen die Festung Verdün ein. Der Kommandant Beaurepaire war willens, sich aufs äußerste zu vertheidigen, allein er wurde überstimmt, und rief, als er sah, daß nichts zu thun war, in der Versammlung aus: ich habe geschworen, ich nicht zu geben, und will lieber frey sterben. Bey diesen Worten zog er ein Pistol aus der Tasche und erschoß sich. man hatte einer Kirche in Paris, den Namen Pantheon gegeben und beschlossen, daß dies der Begräbnißort aller Franzosen seyn sollte, die sich durch ihre ausgezeichneten Thaten, um das Vaterland verdient machen würden. Man hatte bereits Mirabeau, Voltaire und Montesquien daselbst beygesetzt. Auch Beaurepairens Sarg, wurde hierher gebracht, und ihm zu Ehren, Trauerspiele gegeben, um den Namen eines Helden, zu verewigen.

Nach Eroberung dieser Festung, drangen die Preußen in die engen Pässe von Champagne, aber ihr weiteres Vorrücken war mit sehr vielen Schwierigkeiten verbunden. Die Dörfer, wo sie durchkamen, waren leer von Einwohnern, welche sich geflüchtet und ihre Haabseligkeiten mitgenommen hatten. Es fehlte ihnen also an Bedürfnissen aller Art, und hierzu kam noch ein anhaltendes Regenwetter, welches allen Transport des Lebensmittel erschwerte. Theils durch üble Witterung, theils, weil die Deutschen des Klimas und der Nahrungsmittel nicht gewohnt waren, wurden die Soldaten krank, so daß die meisten in den Hospitälern zurückbleiben mußten, und die fechtenden Truppen immer schwächer wurden; die französische Armee dagegen, sich von Tag zu Tag verstärkte.


Dumourier behauptete mit ohngefähr 20000 Mann, eine sehr vortheilhafte Stellung bey Menehoud. Er suchte sorgfältig eine Schlacht zu vermeiden, weil er gegen die Tapferkeit seiner neuorganisirten Armee mißtrauisch war, und die Nationalgarden besonders, noch gar nicht im Feuer gewesen waren. Endlich wurde er von den Preußen angegriffen, und dieses Treffen bey Clermont, fiel grade so aus, wie Dümourier besorgt hatte, denn die Franzosen geriethen in Unordnung, und wurden in die Flucht geschlagen. Dümouriers Beredsamkeit wußte sehr bald die Furcht seiner Soldaten zu besiegen; er vereinigte sich mit Kellermann und Beurnonville, und erhielt dadurch eine Armee von 60000 Mann, mit welcher er jeden Angriff der Preußen zurückhalten konnte. Der Herzog von Braunschweig, machte am 20sten Sept. einen Versuch, den General Kellermann in seinen Verschanzungen anzugreifen: Dumourier aber und Beurnonville unterstützten ihn so nachdrücklich, daß die Preußen nach einer Aktion von vierzehn Stunden sich genöthigt sahen, mit großem Verlust in ihr Lager zurückzuziehen.


Auch die Oesterreicher waren nicht müssig. General Clairfait rückte von einer andern Seite in Champagne ein, schloß sich an das Korps des Prinzen von Hohenlohe an, und gab wahrscheinlich zu dem falschen Gerüchte Anlaß, Dumouriers Armee sey eingeschlossen worden. Den Preussen gieng es indeß in Champagne, wegen übler Witterung, Krankheit und Mangel an Lebensmitteln sehr übel.


Die Belagerung von Thionville, die am 24sten August ihren Anfang nahm, gieng nicht erwünscht von statten. Der Kommandant Felix von Wimpfen, vertheidigte sich mit solcher Standhaftigkeit, daß man am 15ten October unverrichteter Sache abziehen mußte.

Mit der Belagerung der Festung Rüssel, unter Kommando des Herzogs von Sachsen Teschen, gieng es nicht besser. Die Emigranten hatten sich von Eroberung dieser Festung sehr vieles versprochen, denn, ihrem Plane gemäß, sollte alsdann die kayserliche Armee, die Kriegsoperationen des Herzogs von Braunschweig unterstützen, und den Marsch nach Paris mit beschleunigen helfen.

Wie es weiter damit gieng, werden wir bald hören, denn, um chronologisch zu verfahren, müssen wir und einige Augenblicke nach Paris wenden, und die dasigen Hauptvorfälle bemerken.

Robespierre und Marat, zwey der eifrigsten Jacobiner arbeiteten mit ihren Parteien unabläßlich, um in Frankreich eine Republik zu gründen, und das Königthum ganz abzuschaffen. Die Einrichtung einer republikanischen Regierungsform, wurde um deswillen in Vorschlag gebracht, um, wie man sagte, durch Abschaffung der Königswürde, allen Kandidaten der französischen Krone ihre Hoffnung zu vereiteln.

Die Nachrichten, von der Einnahme des beyden Festungen, Longwy und Verdün, hatten in Paris üble Wirkungen hervorgebracht, und waren die Veranlassung zu vielen Mordscenen gewesen, worunter die, am 2ten September am merkwürdigsten war, wo in der Karmeliter Kirche allein, an 200 ungeschworne Priester, und in der Abtey und verschiedenen Gefängnissen, alle des Royalismus wegen verdächtige Personen ermordet wurden.

Bis zum 20sten Sept. hatte die Nationalversammlung ihre Sitzungen fortgesetzt, indessen die Deputirten der Nation, aus allen Provinzen in Paris angekommen waren, um hier einen Nationalconvent zu bilden. Sie versammelten sich am 21sten September im Saal der Thuillerien, erklärten sich zum Nationalconvent, und wählten Pethion zum Präsidenten. Dieser Convent eröffnete seine feyerliche Sitzung im Saale der bisherigen Nationalversammlung.

Collot d'Herbois, war der erste, der auf gänzliche Abschaffung der Königswürde antrug. Sein Vorschlag fand so vielen Beyfall, daß er allgemein angenommen, und Frankreich für eine Republik erklärt wurde, welchen Beschluß des Convents man in alle Gegenden des Reichs verschickte. Auch wurde verordnet, daß zu den Münzen und Assignaten neue Stempel verfertigt, und statt des Königs Brustbild, das Sinnbild der Freiheit, eine Pike mit Jakobinermütze, gewählt werden sollte. In der nächsten Sitzung beschloß man, statt der bisher gewöhnlichen Jahrzahl sich der Formel zu bedienen: im vierten Jahre der Freiheit, und im ersten Jahre der Republik. Es folgte bald darauf auch das Dekret, daß die neue Republik einzig und untheilbar seyn sollte, und fast alle Dekrete der ersten Sitzungen, hatte Projekte künftiger Einrichtungen, zum Gegenstande, um eine bessere Regierung dieses neuen Freistaates zu bilden.


Mit dieser allgemeinen Staatsumwälzung, hörten auch alle Titel auf, die man vor den Namen zu setzen pflegte, und der Bürgername wurde durchgängig eingeführt, so , daß man sogar Bürgergeneral und Bürgerminister sagte.

In dieser Epoche, wurden auch die bisherigen Factionen immer lebhafter. Die heftigsten Jakobiner, die ihren Platz im Conventsaale auf der einen Seite genommen hatten, die etwas erhöht war, erhielten den Namen der Bergparthey, und ihre Gegner die Girondisten, saßen ihnen gegenüber.

Die deutschen Armeen, standen zwar noch immer auf französischen Boden, allein es gieng ihnen gar nicht nach Wunsch, und der Herzog von Braunschweig, sah bey den vielen Wiederwärtigkeiten, mit denen er zu kämpfen hatte, wohl ein, daß er unmöglich seyn würde, seine bisher für möglich geglaubten Plan, wegen Eroberung der Hauptstadt Frankreichs, auszuführen. Besonders hatte man die Vertheidigung der Festung Thionville gar nicht erwartet; die französische Armee wurde immer mehr verstärkt, und auf Gegenrevolution in Paris, war unter gegenwärtigen Umständen, gar nicht mehr zu rechnen.

Preußen bot in dieser mißlichen Lage, dem General Dumourier eine Unterhandlung an, und dieser war um deswillen wahrscheinlich dazu bereit, weil er dann Hoffnung hatte, seinen Lieblingsplan, eine Diversion in Brabant zu machen, desto leichter auszuführen.

Er bemühte sich daher sehr, Preußen dahin zu bewegen, die Partei der Oesterreicher zu verlassen, und sich mit Frankreich zu verbünden; allein er konnte doch, obgleich er den König von Preußen, mit vieler Beredsamkeit dazu zu überreden suchte, seine Absicht nicht erreichen. Er erhielt am 28sten September, vom Herzog von Braunschweig, eine abermaliges Manifest, das ganz das Gegentheil eines freundschaftlichen Briefwechsels enthielt. In solchem erklärte derselbe, daß der Kayser und König von Preußen, bey ihrem festen Entschluß, Ludwig XVI seine Freyheit und königliche Würde wieder zu geben, bleiben, und an denenjenigen, die sich unterstehen würden, sich länger an den König zu vergreifen, eine auffallende Rache nehmen würden. Kurz, man bestand darauf, den König und seine Familie in Freyheit zu setzen, und die königliche Würde wieder herzustellen. Auffallend mußte ein solches Manifest, grade zu einer Zeit seyn, wo man glauben konnte, daß Krankheit und andre widrige Vorfälle, die deutsche Armee sehr geschwächt hätte, und die Ausführbarkeit ihres bisherigen Plans, eben nicht mehr wahrscheinlich war.

Dumourier antwortete darauf, daß Inhalt dieses Manifestes, der Waffenstillstand aufhören müsse, weil es gar nicht die rechte Art, zu unterhandeln sey, und eine freie Nation sich nimmermehr dergleichen Gesetze könne vorschreiben lassen. Der Generaladjutant des Herzogs, schlug zwar eine nochmalige Unterrednng vor, allein Dumourier blieb bey seiner Erklärung: daß weder an Fortsetzung des Waffenstillstandes, noch an Unterhandlung zu denken sey, so lange das Manifest des Herzogs, als gültig angesehen werden sollte.

Man konnte dieser Correspondenz zufolge, nun sehr wichtige und kriegerische Auftritte vermuthen; aber statt dieser bangen Erwartung, sah man auf einmal, daß den andern Tag nach Erscheinung des erwähnten drohenden Manifestes, das Lager der preußischen Armee abgebrochen wurde, und die Deutschen ihren Rückzug antraten.

Einen sichern Aufschluß dieser räthselhaften Erscheinung, am politischen Harizont, hat man in der Geschichte nicht auffinden können, ob gleich es an Vermuthungen aller Art nicht fehlte, um solche zu erklären.

Dumourier ließ unter Beurnonvilles Kommando, einige Truppen nach Flandern marschieren, und übertrug den Generalen Kellermann und Valence, die Verfolgung der preußischen Armee, so wie dem General Arthur Dillon, die Oesterreicher und Hessen zu beobachten. Die Festung Verdün wurde aufgefodert, und übergab sich durch Kapitulation, an den General Kellermann. Gleiches Schicksal hatte auch Longwy.

Die Belagerung von Rüssel, hob der Herzog von Sachsen Teschen, am 8ten October freywillig auf, und ein gleiches geschah auch am 15ten Oct. mit der Festung Thionville.

Dumourier eilte schnell nach Paris, um den Verfolg seines Kriegsplans dem Convente vorzulegen. Man war mit dem, was er bisher gethan hatte, sehr wohl zufrieden, nur die Bergparthey, und unter dieser Marat besonders, tadelte, daß er die deutschen aus Frankreich habe entkommen lassen, ohne sie gehörig zu verfolgen. Dumourier entschuldigte sich mit dem Zustande seiner Armee, klagte über Mangel an Lebensmitteln, und vertheidigte sich auf eine Art, daß auf Marats Anklage wenig geachtet wurde.


Zu eben dieser Zeit war auch General Cüstine in Deutschland eingedrungen, und hatte zuerst Speier angegriffen, oder vielmehr die dasige Besatzung, die aus Oesterreichern und Mainzer Truppen bestand, überrascht, und sie zu Gefangenen gemacht. Er fand hier sehr ansehnliche Magazine, die er nach Landau bringen ließ, und schickte eine Colonne Truppen nach Worms, um hier ebenfalls viele Kriegsbedürfnisse zu erbeuten. Speier mußte 50000 Gulden, und Worms 60000 Gulden Brandschatzung erlegen, worauf er sich nach Landau zurückzog, aber in kurzem wieder kam, und mit seiner unterdessen verstärkten Armee bis Mainz vordrang.

Die Mainzer Garnison war nur schwach, und konnte durchaus auf keine Vertheidigung denken. Sie kapitulirte den andern Tag nach Cüstines Ankunft, und dieser hielt schon am 21sten October seinen feyerlichen Einzug.

Den General Neuwinger schickte Cüstine nach Frankfurt, um 2 Millionen Brandschatzung einzufodern, und ließ hier, unter Kommando des General Helden, eine Besatzung von 2300 Mann zurück. Die Preußen, die sich unterdessen in etwas erhohlt hatten, giengen bey Coblenz über den Rhein, und mit ihnen vereinigten sich auch die Hessen, um Frankfurt anzugreifen. Den 28sten November ließ General Kalkreuth die Stadt auffodern; den 2ten Dezember rückten die Hessen an, und beschossen Frankfurt. Der Kommandant, der auf Unterstützung von Cüstine hoffte, wollte sich zwar halten, allein ein Haufen Handwerksbursche, die gegen die Franzosen sehr eingenommen waren, öfneten die Zugbrücken, und ließen die Hessen herein.

1100 wurden zu Gefangenen gemacht, 800 retteten sich durch die Flucht, und die übrigen wurden niedergehauen. Cüstine war genöthigt sich nach Mainz zurückzuziehen, und diesen Ort so zu befestigen, daß er für jeden Ueberfall der Deutschen sicher seyn konnte. Er errichtete hier auch einen Jakobinerclub, der sehr ansehniich wurde, denn die Zahl derjenigen, die das französische System der Gleichheit und Freyheit, sehr eifrig fortzupflanzen suchten, belief sich auf 500.


Noch war man im Convent sehr zweifelhaft was man eigentlich mit dergleichen eroberten Provinzen anfangen wollte, besonders da man sich anfangs so feyerlich erklärt hatte, gar keine neuen Eroberungen zu machen. Es kam darüber zu lebhaften Debatten. Einige Glieder waren dafür, lauter Freystaaten aus diesen Provinzen zu bilden, die sich ihre eigne beliebige Regierungsform geben sollten; andre wieder glaubten, durch Vergrößeruug der Repnblik, die französische Nation furchtbarer zu machen, und noch andre waren der Meynung, daß man sie als Eroberungen betrachten, und sie so gut benutzen solle als man könne, um sich dadurch wegen gehabter Kriegskosten zu entschädigen. Endlich, nach vielem und heftigen Streit, wurde man dahin einig, beyde Projekte mit einander zu vereinigen; d. h. die Reichthümer dieser Eroberungen, indem man das Vermögen der Geistlichkeit, mit zum Staatsvermögen schlug, aufs beste zu benutzen und eine völlige Vereinigung mit Frankreich zu bewirken.

Auf Cambons Vorschlag, wurde den 15ten Dezember ein Dekret gegeben, nach welchem in den Ländern, die die Republik bereits besetzt hätte und künftig noch besetzen würde, alle bisherigen Abgaben, als Zölle, Imposten und dergleichen, auch alle Privilegien, Unterschied der Stände xc., aufgehoben seyn und die Bürger solcher Provinzen, ohne Ausnahme den Eyd der Freyheit und Gleichheit schwören sollten. Man wollte eine provisorische Administration einsetzen, und drohte, diejenigen als Feinde zu behandeln, die sich weigern würden, den neuen Bürgereid zu leisten. Dagegen versprach aber auch die französische Nation, ihre Waffen nicht eher niederzulegen, bis sie die Freyheit dieser Länder, vollkommen hergestellt habe. Die Mainzer Clubbisten waren mit einer solchen Erklärung sehr wohl zufrieden, besonders weil sie hofften, sich nun auf den Schutz der Republik ganz verlassen zu können, aber ein großer Theil der übrigen Bürger, äußerte Bedenken, die neue Freyheitslehre, nach dem Willen der Franzosen anzunehmen. Viele emigrirten freywillig, und die Geistlichen und churfürstlichen Räthe, die sich weigerten, den Eyd zu leisten, wurden mit verbundenen Augen zur Stadt hinausgeführt, und der preußischen Armee übergeben.


Dumouriers Projekt, die belgischen Provinzen zu erobern, welches das ausübende Conseil genehmigt hatte, wurde schnell ausgeführt. In dieser Absicht kam er mit den Generalen Bourdonays, Beurnonville und Valence, nach Valencienne, um den Feldzug in Belgien zu eröffnen. Es konnte dieses um so leichter geschehen, da die Niederländer ohnedies, über verschiedene Verordnungen des Kaysers sehr unzufrieden waren, und hierzu besonders auch ein Edikt vom 25sten Februar 1791, Anlaß gegeben hatte. Die österreichische Armee, war durch Strapazen und mancherley Unglücksfälle sehr geschwächt, und die Franzosen hatten also von dieser Seite wenig Widerstand zu fürchten; dagegen befand sich ihre Armee, gegenwärtig in besten Zustand, und ihre Artillerie besonders, zeichnete sich vor der deutschen aus.

Dumourier hatte sich bis zur Mitte des Octobers in Paris aufgehalten, und feyerlich versprochen, das Dreykönigsfest in Brüssel zu feyern. Um sein Versprechen zu erfüllen, sammelte er eine Armee von 60000 Mann, und beschloß das Aeußerste zu wagen.

Graf Clairfait zog ging Mons, und vereinigte sich mit den Truppen des Herzogs von Sachsen-Teschen. Er nahm seine Stellung bey Gemappe, wo er sich verschanzte. Da erhielt dieser Feldherr ungefähr 24 Stunden vor dieser so merkwürdigen und so sehr entscheidenden Schlacht, durch französische Ueberläufer die Nachricht, daß Dumourier auf Nichts, als die schwere Artillerie, und Verstärkung seiner Kavallerie warte, um mit Erfolg angreifen zu können. Sogleich theilte Graf Clairfait dem Herzog diese äußerst wichtige Nachricht mit. jede Zögerung mußte von nachtheilige Folgen seyn; er rieth daher, sogleich den nicht zur Reise gediehenen Plan des feindlichen Heerführers, durch einen raschen Angriff zu vereiteln. Welche Ursachen auch der kayserliche General en Chef haben mochte -- genug, er erwartete den Angriff, anstatt anzugreifen; vielleicht trotzte er auf die dreyfach über einander hinaussehenden Redouten, von denen Mündung an Mündung auch dem tapfersten Krieger der gewisse Tod gedroht wurde; vielleicht erwog er den ungleich größeren Vortheil des Terrains, den seine des Karthaunendonners gewohnteren Streiter über die zusammengeraften Haufen der Franzosen, hatte.

Die so sehnlich erwartete Verstärkung langte endlich im Lager des General Dumourier ungehindert an; denn, war dieser geschlagen, so fiel jene unstreitig in die Gewalt der Kayserlichen. Unvorzüglich stellte sich das französische Heer in Schlachtordnung. Dieser merkwürdige Tag war der 5te November. Dumourier durchlief mit forschendem Blicke die Reihen seiner Krieger: er sprach von den großen Erwartungen, zu denen die Nation, auf ihre Heldentugenden sich stützend, berechtigt sey; indeß fand er aber doch für Heilsam, im Rücken seiner Bayarde kreuzweis Kartätschen aufführen zu lassen, und ein Kavalleriekommando stand mit gezücktem Säbel; denn der General hatte befohlen, jeden Zurückweichenden niederzuhauen, oder durch die Kartätschen zu zerschmettern. Dem gallischen Sanscülottenhelden blieb keine Wahl übrig. Vorwärts hatte er noch die Aussicht, troz allen schrecklichen Gefahren, auf die Möglichkeit eines ehrenvollen Sieges; hinter ihm harrte der gewisse schimpfliche Tod, wenn die Furcht sich dem eisernen Zepter der Pflicht widersezte, welche Vorwärts geboten hatte.

Das schwere Geschütz der Franzosen, eröffnete den Angriff auf die Redoute der Kayserlichen, unter deren furchtbarer Antwort, die Erde erbebte; dieser Kampf, so schrecklich er auch war, entschied nicht. Dumourier griff hierauf mit dem Bajonet an, aber vergebens! Der Tod wüthete unter den Stürmenden; vergebens füllten sie mit ihren zerschmetterten Brüdern die Gräben der Redouten, um diese zu überspringen -- auch sie fielen als Opfer ihrer Entschlossenheit. Ihr Feldherr sah diese Verwüstung, und beorderte zum zweyten Angriff, die Kavallerie mußte sich auf die unerschrockenen Oesterreicher stürzen; sie führte den Befehl mit aller Auszeichnung aus, dennoch wurde sie genöthigt, sich zurückzuziehen. Fast wäre die Verwirrung allgemein geworden, wenn nicht Baptista, Kammerdiener des Generals Dumourier, sie wieder gesammelt hätte. "Ihr seid Franzosen!" rief er und deutete auf die Verschanzungen, auf die sie nun mit solcher Heftigkeit eindrangen, daß Dumourier einen neuen Angriff wagen durfte. Die Donner Oesterreichs hatten ganze Rotten ihrer Feinde niederstreckt; immer wurde der Angriff durch frische Truppen erneuert, bis endlich ihre Todten die Mündung ihrer Kanonen bedeckte -- man schließe hieraus auf die Anzahl der Gefallnen -- da war es, als der Befehlshaber der Franzosen, zu Fuße den Hauptangriff, gegen die Unüberwindlichscheinenden, wagte. Sieg oder Tod, war hier die Losung. Obgleich das Geschütz der Angegriffenen, aus oben angeführtem Grunde, schweigen mußte, so blieb dennoch der Sieg noch lange unentschieden, bis die Ueberzahl der Angreifenden nach und nach denselben unter Strömen von Blut ihrer Kompatrioten, errang. Nie hat man französischer Seits gewagt, die Anzahl, der in dieser unvergeßlichen Schlacht Gebliebnen, genau anzugeben, aus Besorgniß, eine allgemeine Furcht in ihren Armeen dadurch zu verbreiten.

Diese erste gewonnene Feldschlacht der Franzosen, war von den wichtigsten Folgen; Mons mußte sich den Tag darauf ergeben, eben so auch Tournay, Ypern, Cortryk, Menin und Gent, weil die Oesterreicher viel zu sehr geschwächt waren, um einigen Widerstand leisten zu können.

Bey diesen Fortschritten der Franzosen, sah sich die Generalgouverneurin, Erzherzogin Christina, genöthigt, Brüssel am 9ten Nov. zu verlassen, denn das Waffenglück der französischen Armee, ließ keinen Zweifel übrig, daß Dumourier sehr bald seinen Einzug in Brüssel halten werde. Bey ihrem Abschiede wünschte sie die Stände von Brabant zu beruhigen, und sich mit ihnen, verschiedener Mißverständnisse wegen, zu versöhnen, in Hoffnung, die Brabanter für die kayserliche Regierung geneigter zu machen. Sie ließ daher folgende Erklärung zurück: Seine kayserliche Majestät hätten ihr zu wissen gethan, daß sie bereit wären, die Constitution von Brabant unabänderlich in ihrer Gesetzkraft fortdauern zu lassen, und man also die Deklaration vom 25sten Februar 1791, als nicht geschehen, zu betrachten habe. Die Hoffnung, durch diese Nachgiebigkeit andre Gesinnungen in der Nation zu erwecken, war vergebens; denn die Brabanter waren damals von dem französischen Freyheitssystem so enthusiastisch eingenommen, daß Dumourier und seine Armee überall mit offnen Armen empfangen wurde.

Zwar hatte sich 10000 Mann unter Commando des Prinzen von Würtemberg, in der Nähe von Brüssel zusammengezogen, um die Einnahme dieser Hauptstadt zu verhindern, allein auch dieser letzte Versuch mißglückte, und Dumourier zog den 14ten November in Brüssel ein so wie ein Theil seiner siegreichen Armee Ostende, Antwerpen, Löwen und Mecheln in Besitz nahm. In den meisten dieser Städte fand man ansehnliche Magazine, einen großen Vorrath von Kriegsgeräthen, als Kanonen, Flinten und Pulver, so daß also auch in dieser Hinsicht die neuen Eroberungen für die französischen Armeen überaus vortheilhaft wurden.

Die Kayserlichen machten noch einen Versuch, sich wenigstens im Lüttichschen halten zu können, aber umsonst; das bedeutende Gefecht bey Tirlemont, in welchem die Franzosen abermals siegten, hatte die Folge, daß auch Lüttich am 27sten November von den Oesterreichern geräumt wurde. Den 3ten Dezember nahm General Valence Namur, und die Besatzung von 3000 Mann, ergab sich zu Kriegsgefangenen.


Dumourier war bey den Brabantern noch immer sehr beliebt; allein diese Stimmung war nicht allgemein, es befanden sich unter ihnen viele Aristokraten, die mit den neuen Einrichtungen nicht sehr zufrieden waren, und es entstanden fast in allen Provinzen Unruhen, die endlich in blutige Thätigkeiten ausbrachen. Er war daher noch zweifelhaft, ob er den Weg der Güte oder Strenge wählen sollte, als unvermuthet das Dekret vom 15ten Dezember erschien, in welchem die Einführung des demokratischen Systems von dem Pariser Convent ernstlich anbefohlen wurde. Es erschienen Kommissarien, um diese Umschaffung des Staats zu bewirken. Das Vermögen der Geistlichkeit wurde eingezogen; sogar die Kirchengeräthe genommen und die Klöster aufgehoben.

Verschiedene Städte schickten Deputirte an den Convent, sich über dergleichen Gewaltthätigkeiten zu beschweren, und um Aufhebung dieses Dekrets zu bitten. Dumourier selbst, als er Erlaubniß bekam, nach Paris zu kommen, wandte seine ganze Beredsamkeit an, dem Convente vorzustellen, wie gefährlich es sey, die Belgier mit Gewalt zur Annahme des Dekrets vom 15ten Dezember zu zwingen; auch machte er Vorschläge, wie alles zur Zufriedenheit der Brabanter und zum Vortheil der Republik einzurichten sey; allein sie wurden nicht angenommen. Die Bergparthey hatte ein entgegengesetztes System. Dumourier gieng unverrichteter Sache nach Brabant zurück, und die Unruhen dauerten fast ununterbrochen fort.

In einem Dekrete des Convents vom 16ten November, war die freie Schiffahrt auf der Schelde und der Maas beschlossen worden, welches die Stadt Antwerpen sehnlichst gewünscht hatte, und am 2ten Dezember wurde dieses Dekret durch fünf französische Fahrzeuge wirklich in Ausübung gebracht.

Kayser Joseph hatte, wie bekannt, schon ehemals dieses Projekt, war aber durch die Holländer an der Ausführung desselben verhindert worden. Diese konnten es nun freylich gegenwärtig den Franzosen nicht wehren; dagegen aber erregte dieser Vorgang im englischen Kabinette sehr vieles Mißvergnügen, und Pitt beschleunigte nun seine längst projektirten Zurüstungen gegen Frankreich. Sich auf eine bedeutende Seemacht verlassend, sah er es für einen sehr günstigen Zeitpunkt an, die französischen Besitzungen in Ost- und Westindien eben so schnell zu erobern, als die neue Republik die bisher gesperrte Schelde eröffnen zu können.


Englands feindliche Gesinnungen zeigten sich nicht allein dadurch, daß man Frankreich die Zufuhr aus Italien, der Schweiz, Dännemark, Schweden und Amerika zu versperren gedachte, und die bisher neutralen Mächte durch Drohungen zur Theilnahme an der Verbindung gegen Frankreich zu bewegen suchte, besonders aber in einer Proklamation, vermöge welcher die Ausfuhr des Getraides verboten, und alle neutrale mit Früchten beladnen Schiffe angehalten werden sollten.

Frankreich sucht zwar die Ursachen der Scheldeeröffnung dem englischen Ministerin auseinander zu setzen; allein alle dergleichen Erklärungen, so wie die Versuche, in freundschaftlichen Vernehmen zu bleiben, waren umsonst. England zog sich von seiner bisherigen Neutralität zurück.

Dem Könige von Sardinien hatten die Franzosen bereits am 10ten September den Krieg erklärt, und Savoyen war durch den General Montesquiau sehr schnell erobert worden, aber man wollte sich mit diesem Eroberungen noch nicht begnügen; das französische Conseil hatte sogar den Plan entworfen, die Stadt Berghin an der genuesischen Küste in Besitz zu nehmen. Dies sollte durch die Eskadre des Admirals Truguet bewirkt werden; das Projekt wurde jedoch vereitelt, und die Franzosen mußten schnell nach Toulon zurückkehren, um ihre durch Sturm verheerte Flotille wieder auszubessern. Montesquiau wurde seiner Feldherrnstelle entlassen, man beschuldigte ihn der Parteylichkeit und des Royalismus. Aus Besorgniß, es möchte nicht bloß bey der Entlassung bleiben, flüchtete er nach der Schweiz, und dem General Kellermann wurde an seiner Stelle das Kommando dieser Armee übertragen.

Das Schicksal der königl. Familie im Tempelthurme, wurde mit Ausgange des Jahres 1792 immer bedenklicher.

Den 21sten October wurde die Königin von ihrem Gemahl getrennt, und mit der Prinzessin Elisabeth in die Zimmer des zweyten Stockwerks gebracht. Dem Könige und dem Prinzen wies man das dritte Stockwerk an, und mit dem Anfang des Dezembers, mußten immer zwey Kommissarien in jeden Zimmer bleiben.

Die Anklage gegen Ludwig wurde nun fast von allen Seiten verlangt, und man beschäftigte sich daher im Convent am meisten mit seinem Schicksale. Die Girondisten waren mehr für Gefängniß als Todesstrafe; sie nahmen sich vor, im Fall sie überstimmt würden, an die Versammlungen zu appelliren, und die Nation aufzufodern, über Ludwig zu richten.

Die Einleitung des Prozesses gegen den König war 24 Deputirten vom Ausschusses übertragen worden. Valaze klagte im Namen dieses Ausschusses am 6ten November Ludwig förmlich an, weil, wie er sagte, die Papiere, die sie in Händen hätten, deutlich bewiesen: daß er den Emigrirten beträchtliche Summen zugeschickt; die Garde du Corps zu Coblenz noch bis jetzt von ihm bezahlt worden sey, und er den Kindern des Grafen Artois eine Pension von 200000 Livres ausgesetzt habe. Ueber diese Anklage entstanden sehr viele Debatten, und einige Mitglieder waren gar nicht zufrieden, daß man, wie sie behaupteten, Hauptsachen übergangen habe, die ihn eigentlich des Verbrechens gegen die Nation schuldig machen müßten.

Die Hauptfrage war indeß, ob Ludwig, und von wem er gerichtet werden könne? Endlich wurde dekretirt, daß es dem Nationalconvent zukäme, weil dieser die ganze Nation repräsentire.

Den 6ten Dezember wurde beschlossen, daß die Kommission der Zwölfe, die sich mit dem Prozeß gegen Ludwig beschäftige, durch 9 Mitglieder vermehrt werden, und diese Kommission eine Anklage aus fertigen solle. Sie erhielten nur zwey Tage Zeit, weil man willens war, Ludwig den 11ten Dezember vor den Schranken des Nationalconvents erscheinen zu lassen

Der Präsident legte dem Könige die Fragen vor, die aus der Acte genommen waren, und die er mündlich beantworten mußte, welches Verhör zwey Stunden dauerte.

Nach langen debattiren, ob man ihm einen Vertheidiger zugestehen wolle, ward endlich dekretirt, ihm zu erlauben, sich mehrere Sachwalter zu wählen. er wählte Target und Trouchet. Ersterer schlug es aus, wofür sich Malesherbes freywillig dazu aufwarf, und de Seze von beyden als Gehülfe erwählt wurde. Sie erhielten Erlaubniß, bis zum 26sten Dezember an des Königs Vertheidigung zu arbeiten, welches der zum letzten Verhör bestimmte Tag war. De Seze laß die Vertheidigung; man konnte aber lange mit sich nicht einig werden, wann das Endurtheil gesprochen werden sollte, bis man endlich dekretirte, dieses bis zum ersten Monat des folgenden Jahres auszusetzen.


Quellen.[]

  1. Geschichte des zehnjährigen Krieges in Europa. In chronologischer Ordnung und gedrängter Kürze unparteiisch dargestellt, nebst Einleitung über die Veranlassung und Entstehung der französischen Revolution. Von. F. W. von Schütz Churf. Sächs. Hofrath. Hamburg, 1802. Bey Friedrich Hermann Nestler.
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